„Gebt uns unsere Freiheit
zurück!“
verlangte BDI-Chef Rogowski laut Spiegel-Online vom 26.11.200.
Durch die Freiheit des
kapitalistischen Privateigentums, die immer ungehemmtere
Entfesselung des sich darauf gründenden Privatinteresses soll
mehr „Wirtschaftswachstum“, Vollbeschäftigung und allgemeine
Wohlfahrt erreicht werden. Tatsächlich wird selbst das
„Wirtschaftswachstum“, diese günstigste Bedingung für
lohnabhängige Existenz im Kapitalismus, immer mehr zu einer
ökologischen und sozialen Bedrohung. Vielmehr noch zeigen die
aktuellen Entwicklungen in den USA wie nahe sich das Kapital an
eine soziale Katastrophe in Gestalt einer verheerenden
Weltwirtschaftskrise heran gearbeitet hat. Milliarden müssen
aufgebracht werden, um 2 Großbanken vor dem Zusammenbruch zu
bewahren und damit weitaus Schlimmeres zu verhüten oder doch
wenigstens hinaus zu zögern. Zitat Frankfurter Rundschau vom
15.07.2008
„So nah stand das
internationale Finanzsystem noch nie am Abgrund. Gerüchte über
die drohende Zahlungsunfähigkeit der beiden größten
US-Hypothekenbanken hatten in der vergangenen Woche Sorgen
geschürt, die sich am Montag in einer veritablen Panik zu
entladen drohten. Um diese zu vermeiden, hat die US-Regierung in
der Nacht zum Montag einen Rettungsplan für die beiden
öffentlich-rechtlichen Hypothekenginganten Fannie Mae und
Freddie Mac vorgestellt, der umfangreicher ist, der
umfangreicher ist, als alles bisher dagewesene. Denn die Banken
sind „too big to fail“, zu groß, um pleite gehen zu können, ohne
die US-Wirtschaft und vielleicht sogar die globale Wirtschaft in
eine Depression zu stürzen.“
Die bis zum Erbrechen gepredigte
Freiheit des kapitalistischen Privateigentums produziert
zunehmend das Versagen eben dieses Eigentums, dessen einzige
Funktion darin besteht, sich selbst zu vermehren, aber dabei die
gesamte gesellschaftliche Reproduktion der Menschen beherrschend
durchdringt. Eine Vermehrung des Privateigentums, die zunehmend
stimuliert und überlagert wird durch bloß spekulative Mehrung
von Eigentumstiteln- und Ansprüchen, die nicht eingelöst werden
dürfen, wenn das Kartenhaus nicht zusammenbrechen soll, kann
nicht unendlich fortgesetzt werden. Das maßlose Streben nach
maximaler Rendite stößt an Grenzen, die auf das „Kerngeschäft“
des produktiven Kapitals, dessen Rentabilität nicht durch
spekulative Zockerei sondern durch seine organische
Zusammensetzung bestimmt und beschränkt wird, verheerend
zurückschlagen muss. Je größer die Freiheit des Privateigentums,
je maßloser das dadurch entfesselte Privatinteresse nach
Rendite, desto rascher werden diese Grenzen erreicht.
Die „Wertschöpfungen“ der
Spekulanten sind die Hypotheken des produktiven Kapitals, die es
bedienen muss, und aus der Hypothekenkrise des „kleinen Mannes“
kann mir nichts dir nichts die Hypothekenkrise des produktiven
Kapitals werden.
Unabhängig aber vom weiteren
Verlauf der us-amerikanischen Finanzkrise und ihren Auswirkungen
auf die Weltmarktkonjunktur zeigt sich gegenwärtig allenthalben
das Versagen des Kapitals, weil seine Wirklichkeit die
Verheißung seiner Propheten unausgesetzt Lügen straft.
3 Beispiele:
- Das
verheißene Privateigentum des „kleinen Mannes“ und das
kapitalistische Privateigentum (Privateigentümer unter sich?)
Zu den Glücksversprechen der bürgerlichen Gesellschaft gehört
nicht zuletzt die Message an den „kleinen Mann“, dass auch er
Eigentum bilden könne und solle. Ein schnuckeliges privates
Häuschen oder doch wenigstens eine Eigentumswohnung für alle!
Auf jeden Fall ein Stück Privateigentum, damit die Perspektive
einer klassenübergreifenden Harmonie mindestens den Anschein
einer tatsächlichen Interessengemeinschaft hat.
Selbstverständlich ist es letztlich eine Horrorvision, dass
alle Kleinfamilien (womöglich auch noch alle Singles) dieser
Welt mit einem Stückchen Land und einem schnuckeligen Häuschen
ausgestattet werden. Doch das ändert nichts an diesem Traum
vom privaten Glück in einer kapitalistischen Marktwirtschaft.
Um so schlimmer für diesen Traum, wenn Millionen von
Kleineigentümern das ihnen „vergönnte“ Privateigentum
verlieren.
Die soziale Partnerschaft von Lohnarbeit und Kapital, die
allgemeine Abscheu vor Gemeineigentum und Kommunismus, hat
nicht nur in erfochtenen Sozialreformen eine materielle Basis
gefunden, sondern auch im privaten (Haus-) Eigentum vieler
Lohnabhängiger. Die jetzt in den USA stattfindende Enteignung
des lohnabhängigen „kleinen Mannes“ rüttelt an dieser Basis
und ist selbst auch eine Form des Versagens des
kapitalistischen Privateigentums. Das aber tritt erst deutlich
zutage im ökonomischen Kontext. Die Bewältigung der letzten
konjunkturellen Krise in den USA, Anfang dieses Jahrtausends
wurde auch vollbracht durch die „segensreiche“ Ausschüttung
von Krediten für den Häuslebau. Die Banken, diese Tempel des
Privateigentums, boten „günstiges“ Geld, dessen Rückfluss in
der Gestalt der Bedienung von Zinsen jetzt eher „ungünstig“
verläuft. So kommen die mächtigen Hypothekenbanken selbst ins
Straucheln. Nicht nur „der kleine Mann“ verliert seine kleines
Stückchen Privateigentum, sondern auch den großen Geldanlegern
droht Verlust auf der ganzen Linie. Plötzlich ist der Staat,
der sich doch besser aus aller Ökonomie heraushalten sollte,
gefragt. Die Hohen Priester von Privateigentum und Markt
schreien plötzlich nach ihm. Der Staat soll retten, was zu
retten ist, selbstverständlich im Interesse des Erhalts des
kapitalistischen Privateigentums, nicht im Interesse seiner
Überwindung. Würden aktuell die 2 großen Hypotheken-Banken,
die jetzt von der Pleite bedroht sind, tatsächlich Pleite
machen, drohte das ganze Bankensystem der USA zu kollabieren,
was wiederum verheerende Auswirkungen auf die gesamte
kapitalistische Weltwirtschaft hätte. Die Situation ist noch
lange nicht ausgestanden und sie bleibt ein lebendiger Beweis
für den Bankrott bürgerlicher Ideologie über die
Selbstheilungskräfte des Marktes durch die Freiheit des
Privateigentums!
-
Explodierende Preise, Spekulation und monopolitische
Strukturen
Angekündigt ist im feinen Deutschland erstmal eine Erhöhung
des Gaspreises um 25%. „Experten“ rechnen damit, das im Laufe
dieses Jahres der Gaspreis sich insgesamt verdoppeln wird. Die
Preise für Öl und Benzin klettern und klettern, dass es vor
allem auch hier dem „kleinen Mann“ in den reichen
kapitalistischen Zentren schwindelig wird. Für die „working
poor“ und die Lohnarbeitslosen wird die Situation immer
präkerer.
Aber nicht nur die Preise Gas, Öl und Benzin explodieren,
gleiches gilt für viele Grundnahrungsmittel, was besonders für
die verarmten Menschen in der Peripherie der internationalen
Kapitalakkummulation eine katastrophale Zuspitzung ihrer
sozialen Misere bedeutet. Das alles in Mitten des herbei
gesehnten Aufschwungs, als Produkt des Wohltat verheißenden
„Wirtschaftswachstums“.
Auch diese Entwicklungen sind ein Produkt der Freiheit des
gesegneten kapitalistischen Privateigentums und zeigen
gleichzeitig sein Versagen an. Es handelt sich deshalb um ein
Versagen des Privateigentums, weil das viel gepriesene
Wechselspiel von Angebot und Nachfrage keineswegs so
funktioniert, wie seine Apostel predigen. Es wird gepredigt,
dass die möglichst unbegrenzte Freiheit des Privateigentums zu
einer Konkurrenz führt, die beständig für harmonischen
Ausgleich sorgt, indem sie die Preise nach unten drückt und
die Einkommen wachsen lässt. Tatsächlich produziert die
Freiheit des Privateigentums eine Bereicherungsgier, die ihres
gleichen sucht. Die privatkapitalistische Spekulation reißt
alle Schranken ein. Sie ist die Spielsucht des Kapitals. Die
(noch) expandierende Weltwirtschaft, vor allem durch die
enormen Wachstumsraten in Ländern wie China, Indien, Russland
etc. ist der Motor für diese Spekulation, die jetzt vor allem
die Preise für Rohstoffe und Grundnahrungsmittel in die Höhe
treibt. Steigen die Preise allein deshalb, weil die
internationale Nachfrage sehr viel stärker wächst als das
Angebot, so ist das ein trefflicher Anlass für die
Spekulanten, darauf zu wetten, wie hoch die Preise noch
getrieben werden können, wie lange die starke Nachfrage anhält
etc. Also bemächtigen die Spekulanten sich der Rohstoffe und
Nahrungsmittel um höchste Renditen zu erzielen. Das auf dem
Privateigentum beruhende Privatinteresse tobt sich aus auf
Kosten der Gesellschaft. Die Zeche zahlen Millionen von
Menschen, die an diesem Spiel nicht teilnehmen können. Sie
zahlen jetzt die Zeche durch die enorm ansteigenden Preise und
die große Masse der lohnabhängigen Menschen zahlt erst recht
die Zeche, wenn die Spekulationsblase platzt, spätestens dann,
wenn die jetzige Konjunktur der Weltwirtschaft einbricht.
Die Freiheit des Privateigentums produziert nicht den viel
beschworenen „fairen Wettbewerb“. Das Privatinteresse
beherrscht die Aktionen der diversen Einzelkapitale. Aus den
kapitalistischen Produktionsverhältnissen, dem Privateigentum
an Produktionsmitteln, entspringt „der Wettbewerb“, die
Konkurrenz, aber es handelt sich dabei nicht um eine
Sportveranstaltung. Bei keinem sportlichen Wettbewerb büßt der
Verlierer am Ende seine Existenz ein. Dieser Verlust der
Existenz ist aber das notwendige Produkt kapitalistischer
Konkurrenz. („Leichen pflastern seinen Weg“ steht als Motto
über der „freien Marktwirtschaft“.) Dies gilt für alle
Bereiche der Wirtschaft, in denen eine Vielzahl von
Einzelkapitalen miteinander konkurrieren. Es geht ums
Überleben des Einzelkapitals, die erfolgreiche Behauptung von
Privateigentum durch seine Vermehrung.
Ein notwendiges Produkt der Konkurrenz ist auch der
Konzentrationsprozess des Kapitals, der zur Herausbildung
marktbeherrschender Großunternehmen wie etwa Microsoft führt.
(In bestimmten Bereichen der Wirtschaft hat es nie eine
Vielzahl konkurrierender Einzelkapitale gegeben.) Erlangt ein
Einzelkapital eine marktbeherrschende Stellung oder ist der
Markt nur auf eine kleine Anzahl von Kapitalen mit einer hohen
Marktzutrittsschranke begrenzt, dann wird die maximale Rendite
schon durch bloßes Drehen an der Preisschraube möglich.
Mineralölkonzerne und Energiekonzerne verstehen sich auf das
Geschäft und sie brauchen wahrscheinlich nicht einmal
wirkliche Absprachen. Warum sollten sie sich auf einen
„Verdrängungswettbewerb“ einlassen, wenn sie von den
Verhältnissen nicht dazu gezwungen werden (stark rückläufige
Nachfrage, kräftige Umsatzeinbrüche)? Dem Zweck der maximalen
Verwertung, der Befriedigung der Renditewünsche der Anleger,
dem Privatinteresse, kann durch kontinuierliche, allseits
betriebene Preiserhöhungen Genüge getan werden. Die Freiheit
des Privateigentums macht es möglich. Sie produziert nicht nur
Konkurrenz, „Wettbewerb“, sondern durch die Konkurrenz
zugleich die Aufhebung bzw. Einschränkung des Wirkens von
Angebot und Nachfrage.
Die enormen Preiserhöhungen für Öl, Benzin, Gas und in deren
Gefolge auch die Preise für Elektrizität sind zu einem nicht
unerheblichen Teil auf Spekulation und monopolistische
Strukturen zurück zu führen. Die angeblich so segensreichen
Wirkungen des Wettbewerbs, wonach alles immer billiger und für
die Masse der Menschen erschwinglich werden soll, bleiben aus.
Der Markt versagt den ihm zugeschriebenen Dienst und dieses
Marktversagen ist zugleich ein Versagen des Privateigentums,
dessen Freiheit sich in der Befriedigung des Privatinteresses
der großen Anleger austobt. Die Freiheit des Privateigentums
wird somit zum Gegenteil von dem wird, was sie sein sollte:
statt Schranken für die Entwicklung der „allgemeinen
Wohlfahrt“ einzureißen, wird diese Freiheit selbst zur größten
Schranke. Die große Welle, von der angeblich alle nach oben
geschwemmt werden, produziert eine immer größere soziale
Polarisierung. Schwindel erregenden Reichtum auf der einen
Seite und weltweites, teils maßloses Elend auf der anderen
bleiben zurück und setzen sich fest.
- Sozial sei was Arbeit
schafft
Tatsächlich ist asozial, welche Lohnarbeit das Kapital
schafft. Ich spreche jetzt nicht von von den elenden Zuständen
etwa in den Weltmarkfabriken Asiens. Ich spreche auch nicht
von den rapide zunehmenden sogenannten „präkeren Jobs“ in den
hochentwickelten kapitalistischen Ländern. Wovon ich spreche,
das sind die mehr oder weniger gut bezahlten Jobs hierzulande
und in anderen reichen Ländern.
Land auf Land ab liegen die Sachwalter des Kapitals, ob sie
nun Rogowski , Hundt oder „Experte“ Altbundeskanzler Schmidt
heißen, seit Jahren den Menschen damit in den Ohren, dass sie
wieder länger arbeiten und mehr leisten müssten. Denn neben
der Freiheit des Privateigentums erfordere das segensbringende
„Wirtschaftswachstum“ dieses mehr an Arbeit und Leistung. Im
Arbeits- und Leistungswahn dieser Menschen mit „ökonomischem
Sachverstand“ drückt sich nichts anderes aus, als der
Heißhunger des Kapitals nach unbezahlter Mehrarbeit. Die
soziale Bilanz des durch diese Mehrarbeit bewirkten
„Wirtschaftswachstums“ ist denn auch beeindruckend. Nicht nur
das die Reichen immer reicher, Armen ärmer werden und ihre
Zahl wächst, dieser entfachte Leistungswahn macht die
Lohnabhängigen zunehmen in neuen Formen krank.
Die
Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft Stress als eine der
größten Gefahren für das menschliche
Wohlergehen im 21. Jahrhundert ein. Stress gilt als
Krankmacher Nr. 1.
Einige Zahlen zum Krankmacher Stress im Arbeitsleben:
1.
In Europa klagen 30% über Stress am Arbeitsplatz und fühlen sich
durch das geforderte Leistungspensum und den Zeitdruck, das
Arbeitstempo ständig überfordert (Studie
aus dem Jahr 2000)
2.
EU-weite Studien weisen darauf hin, dass etwa die Hälfte der
Fehltage am Arbeitsplatz auf zu großen Stress zurückzuführen
sei.
3.
Nach einer deutschen Studie des Bundesverbandes
der Betriebskrankenkassen (BKK) lassen sich 31 %
aller Arbeitsunfähigkeitstage beruflichen psychischen
Belastungen zuordnen
(Zahlen von 1998). Und zwischen 2001 und 2006 haben nach Angaben
des BKK die Fehlzeiten durch Überlastungen und Stress um 17%
zugenommen –also auf etwa 50%!
4.
Schließlich noch: Man geht aufgrund von Untersuchungen von
15.000 Herzpatienten in 52 Ländern davon aus, dass dauerhafter
Stress das Herzinfarktrisiko verdreifacht und fast ein ebenso
hohes Risikopotential in sich birgt wie das Rauchen.
(Aus
einem Vortrag des „Stressexperten“ Gerd Wenniger beim „Bund der
Selbständigen“ vom 31.10.2007)
Und
was wird in aller Regel an diesen Folgen der „Mehrleistung“, ob
von den Krankenkassen oder von anderen „Experten“, beklagt?
Selbstverständlich die dadurch hervorgerufenen
„volkswirtschaftlichen Verluste“. Schlussendlich sind sie alle
„Ökonomen“, denen das durch die Lohnarbeitsbedingungen
hervorgerufene Leid von Menschen am Arsch vorbei geht! Statt zum
Klassenkampf aufzurufen, folgt der Appell an die ökonomische
Einsicht des Kapitals auf dem Fuß. „Schafft humanere
Arbeitsbedingungen, dann sprudelt der Profit noch besser und die
'Volkswirtschaft' erleidet weniger Verlust.“
Selbst in diesem Punkt, den Arbeits- und Lebensbedingungen der
„erfolgreichen Arbeitskraftunternehmer“ wird das Gesabbel von
den Segnungen der „freien Marktwirtschaft“ durch die Realität
lügen gestraft.
Es
ließen sich hier viele weitere Beispiele anführen, die den
Wahnwitz einer Fortsetzung gesellschaftlicher Reproduktion der
Menschen in den Formen der Kapitalverwertung illustrieren. Nicht
zuletzt die ökologischen Bilanz des „Wirtschaftswachstum“ ist
verheerend! Solange aber nicht ein Trommelfeuer der Kritik am
kapitalistischen Privateigentum eröffnet wird, solange nicht
offensiv um einer Vergesellschaftung der Produktionsmittel
gerungen wird, gibt es keinen Ausweg aus der Misere. Offenbar
reicht das Wandeln ab Abgrund nicht aus, es muss der Absturz
erfolgen, um frischen Wind in die Köpfe zu blasen.
Editorische Anmerkungen
Peter Trotzig schreibt ab der Nr. 1-05 in unregelmäßigen
Abständen seine Kommentare zum Zeitgeschehen.
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