Nicht allein aus den Erscheinungsformen der Schulmisere und
aus den Widersprüchen der kapitalistischen
Produktionsverhältnisse ergeben sich strategische Überlegungen
zum Schulkampf. Anzuknüpfen ist bei einer Strategie des
kommunistischen Schulkampfs außerdem an dem Entwicklungsstand
der Auswirkung dieser Widersprüche auf die Schüler- und
Lehrermassen. Dabei muß besonders die Art und Weise der
Transformation des Bewußtseins der diesen Widersprüchen
unterworfenen Schüler und Lehrer in politisches Handeln
untersucht werden. Der Prozeß der organisierten politischen
Umsetzung des Wachsens der Widersprüche im Schulsystem im
Schulkampf wurde in der BRD u.a. auch behindert durch die
Politik der KPD/DKP. Anstatt den antikapitalistischen Schulkampf
zu vereinheitlichen und die Revolte bürgerlicher Schülermassen
einer revolutionären Führung zu unterstellen, spaltete die
KPD/DKP durch ihre revisionistische Gesellschaftsstrategie der
"friedlichen Überwindung des Kapitalismus" die Linke. Der
antikapitalistische Schulkampf wurde von der DKP öfters
zersplittert und abgewiegelt (1).
Daß dieser antiautoritäre Schulkampf sich über die Etappen
der Studentenbewegung hinaus dennoch zu einem revolutionär
kommunistischen entwickelte, ist deshalb keineswegs ihr
Verdienst. Diese Entwicklung ist der Transformation der
Studentenbewegung in ihren radikalsten Teilen und dem
Spontanesimus der Arbeiterjugend als revolutionärstem und
unterdrücktem Teil der westdeutschen Arbeiterschaft und ihren
Avantgarden geschuldet. "Erst Solidarität mit der Revolution im
Ausland, danach Neuentdeckung der revolutionären Problematik der
eigenen Gesellschaft" (2). Gegenüber allen, die die Entwicklung
der Studentenbewegung undialektisch als "bürgerlich-reaktionär"
denunzieren (3), ist nach unserer
Auffassung die Studentenbewegung in ihren Widersprüchen zu
begreifen: sowohl System
stabilisierend wie revolutionär. "In dem Maße ihrer
Entwicklung und der Entwicklung der Klassenkämpfe tritt die
erste Stelle hinter die zweite zurück" (4).
Auch die Schulpolitik der Studentenbewegung ordnet sich in
diesen Rahmen ein.
Die antiautoritäre Bewegung und ihre Schulpolitik.
Was der KPD seit 1945 nicht mehr möglich war, gelang der
Avantgarde der antiautoritären Bewegung, dem SDS 1967: die
Gründung einer sozialistischen Schülerbewegung, dem AUSS. Damit
entwickelte sich direkt an der Schulbasis, weit unterhalb der
bisherigen Schulkampfebene bloßer Thesen und papierener Proteste
eine radikale Schulkampfbewegung. Da diese Bewegung einmal im
Rahmen des vom SDS geführten Kampfes sich entwickelte, zum
anderen selbst in verschiedene Fraktionen zerfiel, ist bei der
Darstellung der Entwicklung der Schülerbewegung auf beide
Momente zu reflektieren. Besonders jedoch muß die Entwicklung
der antiautoritären Bewegung selbst zu einer sozialistischen und
ihre Rückwirkung auf die Schülerbewegung berücksichtigt werden.
Die antiautoritäre Bewegung ist, wie Karl-Heinz Roth vorschlug
"in zwei qualitativ unterschiedliche Phasen" einzuteilen. "Die
erste Phase (1965/66 bis zu den Osterunruhen) war die Periode
historisch bewußtloser (? ) Offensivpolitik gegen eine, die
gesellschaftswissenschaftlichen Fakultäten weitgehend noch
kontrollierende, aber im Sinn der neuen Bedingung der
Kapitalexpansion schon anachronistisch gewordenen Fraktion der
herrschenden Klasse die zweite Phase, mit
dem Zusammenbruch der Notstandskampagne beginnend und bis heute
fortdauernd, ist gekennzeichnet durch den allmählichen Übergang
zur antikapitalistischen, antitechnokratischen Defensivbewegung
gegen die großkapitalistische Fraktion der herrschenden Klasse (5).
Roth ist in seiner Phasenbestimmung durchaus zu folgen.
Allerdings muß mit dem Entstehen von kommunistischen
Kaderorganisationen seit 1969 aus der Studentenbewegung eine
dritte Etappe der nun nicht mehr als antiautoritär zu
verstehenden Bewegung angenommen werden. Unsere folgende Skizze
der Schulpolitik der antiautoritären Linken geht deshalb von
einem 3 Phasenmodell aus.
1. Etappe:
Die Phase der Offensivpolitik 1966-68.
Bevor der SDS, 1946 gegründet und 1961 wegen Linksabweichung
aus der SPD ausgeschlossen, zu einer radikalen politischen Kraft
wurde und in eine Periode der Aktionspolitik eintrat, durchlief
er eine Periode des praxislosen Seminarmarxismus. Die Periode
nach der Lostrennung von der SPD bis etwa 1965 ist vom SDS
sinnvoll unter der Überschrift "von der Bürokratie zur
Wissenschaft" zusammengefaßt worden (6).
Man versuchte in dieser Zeit die theoretische Neubestimmung
einer sozialistischen Politik im Nachkriegs-deutschland zu
leisten. Bewußt begriff man sich als Teil der "neuen Linken",
die nun außerhalb der traditionellen Arbeiterparteien eine
Remobilisation des Proletariats beginnen wollte. Im Rahmen einer
"Kongreß- und Bündnispolitik (7) rechnete
man sich durchaus zur internationalen Arbeiterbewegung. "Wir
haben immer betont", sagte Michael Schumann auf der 16.
ordentlichen Delegiertenkonferenz des SDS 1961, "daß wir uns als
ein Teil der internationalen Arbeiterbewegung betrachten, der an
der Verwirklichung sozialistischer Forderungen mitwirken will" (8).
Erst ab 1966 mit der großen Koalition in Bonn, mit der
beginnenden Kooperation der USA mit der Sowjetunion, der
krisenhaften Auswirkung der Automation und Rationalisierung der
Produktion auf das zurückgebliebene westdeutsche Bildungssystem,
mit der Notstandsdebatte einhergehenden wachsenden autoritären
Tendenzen des Staates und dem Aufflammen der Befreiungsbewegung
der dritten Welt, leitete der SDS auf dem Hintergrund der
Berliner Aktionserfahrungen die Phase der Offensivpolitik ein.
"Die Voraussetzung der voluntaristischen
Revolutionstheorie des SDS, die vor allem nach dem 2. Juni
genauer definiert wurde, war, daß die Bedingungen des
Spätkapitalismus in ihrer widersprüchlichen Natur nur durch
Aktionen bewußt gemacht werden können"(9).
Der SDS, begann nun von der Hochschule aus und mit studentischen
Potentialen seine Periode "der Aufklärung in der Aktion, der
Provokation der gesellschaftlichen Autoritäten" (10).
Die Einsicht in den Zusammenhang der Veränderung von Universität
und Gesellschaft trieb die studentische Avantgarde zur Offensive
gegen den "autoritären Staat", als dessen Produkt die die
Studenten unterdrückende Universität begriffen wurde. So schrieb
Jürgen Habermas beunruhigt: "Die mobilsten Gruppen in der
Studentenschaft verfolgen nicht mehr das Ziel einer
Hochschulreform, sie wollen unmittelbar die Umwälzung
gesellschaftlicher Strukturen" (11). 1967
brachte Rudi Dutschke diese Strategie in Hannover auf den
praktischen Nenner: "Ich fordere alle westdeutschen Studenten
auf, umgehend Aktionszentren in den Universitäten der BRD
aufzubauen, für die Expandierung der Politisierung in
Universität und Stadt durch Aufklärung
und direkte Aktion: sei es gegen Notstand, NPD, Vietnam oder
hoffentlich bald auch Lateinamerika" (12).
In dieser Phase wurde die von Hork-heimer, Adorno und Marcuse in
der Emigration entwickelte kritische Theorie zur Anleitung des
Handelns. Diese Theorie als "eine Intellektuellenideologie in
einer Phase der Ohnmacht des Proletariats" (13)
ermöglichte der Protestbewegung nach der scheinbaren Abschaffung
des Hauptwiderspruchs von Lohnarbeit und Kapital durch den
autoritären Planungsstab, die Kritik der Kritischen Theorie an
der "technischen Zivilisation" und den von ihr antizipierten
Angriff auf diese als individuelle und spontane Tat aufzufassen
und zur Legitimationsbasis für die eigene Politik heranzuziehen
(14). Als revolutionäres Subjekt galt
nicht mehr unmittelbar das Proletariat, sondern: die
Randschichten unter Führung der Studenten. In dieser Phase sah
Rudi Dutschke in den Studenten die Avantgarde der Revolution. Er
schrieb: "Es hängt von unseren schöpferischen Fähigkeiten ab ...
kühn und allseitig die Initiative der Massen zu entfalten"
15).
Im Zuge des Versuchs über die Universität hinaus Massen für
den Kampf gegen den autoritären Staat zu mobilisieren, begannen
im SDS Diskussionen über die Initiierung einer radikalen
Schülerbewegung. Im Januar 1967 wurde in der SDS-Korrespondenz
Nr. 5 über diese Schülerbewegung diskutiert "nicht als
Rekrutierungsfeld des SDS, sondern als eigenständige politische
Kraft mit ganz spezifischen Zielsetzungen." Reimut Reiche und
Peter Gang schrieben damals: "Die Schüler werden in dem Maße
eine relevante politische Kraft werden, indem sie an der Schule
demokratische Forderungen aufzustellen und einsichtig zu machen
in der Lage sind: als allererste das Recht sich zu organisieren.
Ihre Forderungen für Demokratisierung des Unterrichts, für
Mitbestimmung in Lehrplangestaltung und bei Zeugnisgebung, ihr
politisches Engagement für eine demokratisierte Schule in einer
demokratischen Gesellschaft sind, vertreten in einer
gesellschaftspolitischen Konzeption, nur als sozialistische
konsequent" (16). Im April 1967 konnten
sie über ihr radikaldemokratisches Schulkampfkonzept schreiben:
"Unsere Ideen vom Januar sind heute zur praktischen politischen
Wirklichkeit geworden" (17). Durch
direkten Einfluß des SDS und aufgrund der Auswirkung der
wachsenden Widerspräche im Bildungssystem war die
Schülerbewegung entstanden. Sie entwickelte sich im Protest
gegen den Vietnamkrieg und den autoritären Notstandsstaat mit
seinen repressiven Konsequenzen für die sinnlichen und
intellektuellen Interessen der bürgerlichen Individuen im engen
Kontext mit dieser Etappe der Studentenbewegung.
Die Schülerbewegung überwand formal sehr schnell die Phase
der Zirkelbildung. Die Unabhängige Schülergemeinschaft Berlin,
am 2. Februar 67 im Club Ca ira gegründet und der Unabhängige
Schülerbund Göttingen, gegründet am 17. Februar 1967 und viele
weitere lokale Gruppen konnten sich schon am 26. Februar 67 in
Frankfurt zu einer Besprechung treffen und vorläufig die
Gründung eines Dachverbandes: Das Aktionszentrum unabhängiger
und sozialistischer Schüler (AUSS) beschließen. Auf einer
AUSS-Konferenz am 18. und 19. März 1967 in Frankfurt wurde der
Gründungsaufruf des AUSS erlassen. Der Aufruf legt die Strategie
des Schulkampfes als autonome Schülerbewegung zur
Demokratisierung der Oberschule fest. Er fordert:
1. Eine demokratische Schule in einer demokratischen
Gesellschaft.
2. Einführung demokratischer Kontrollorgane an der Schule.
3. Verwirklichung des Rechtes auf politische Organisierung der
Schüler an der Schule selbst (18).
Schon auf dem ersten AUSS-Kongreß am 17. Juni 1967 in
Frankfurt zeigten sich auf der Basis der Einsicht in den
Zusammenhang von Gesellschafts- und Schulstruktur der
Widerspruch zwischen den Schülerpotentialen, die von ihren
Aktionen innerhalb der Schule eine Veränderung der Schule selbst
erhofften und denen, die von SDS-Positionen aus die Veränderung
von Schule und Gesellschaft in einem notwendigen Zusammenhang
sahen. Reinhard Kahl artikulierte am entschiedensten die
radikale Position, die auf eine Doppelstrategie hinauslief. Auf
der Basis von auf dem Kongreß verabschiedeten Resolutionen zur
Kriegsdienstverweigerung, zu den. Notstandsgesetzen, zur
vernünftigen Sexualerziehung, für eine Umfunktionierung der
SMV-s stellte er fest: "Unsere Forderungen können nur erfüllt
werden im Zusammenhang mit grundlegenden Veränderungen in
unserer Gesellschaft. Darum gehen auch unsere Aufgaben von
vornherein über die schulischen Probleme hinaus. Als Schüler
allein werden wir nichts erreichen, wenn wir uns auf uns selbst
beschränken, bleiben wir ohnmächtig" (19).
Damit war gleich zu Anfang bei den radikalen Potentialen der
Schülerbewegung das Bewußtsein von den Gefahren der Unfähigkeit
der Veränderung von Schule und Gesellschaft bei einer
Beschränkung auf die eigenen Schülergruppeninteressen und
Schülerpotentiale ausgebildet. Aber unter dem Einfluß der das
Proletariat vernachlässigenden Aktionsstrategie des SDS, die
sich nur am Emanzipationsinteresse der Individuen, am
autoritären Staat und nicht an den Klassenwidersprüchen
festmachte, konnte keine Bündnispartnerstrategie entwickelt
werden. So nahmen denn mit der kurzen Perspektive der
Offensivstrategie die AUSS-Schülerpotentiale an allen Aktionen
des SDS vom Vietnamprotest bis zur Notstandsaktion teil. In den
kleinen Städten wurden sie zum Kern der außerparlamentarischen
Opposition. So z.B. in Bremen, wo die radikalen Schüler im
Januar 68 eine Woche lang gegen die Erhöhung der
Straßenbahnpreise demonstrierten und deren Herabsetzung
erzwangen. Sie entlarvten mit radikalisierten und politisierten
Schülerzeitungen die autoritären und reaktionären Formen und
Inhalte der Gymnasialdressur. Mit der Forderung nach
wissenschaftlichem Sexualkundeunterricht fanden sie schnell eine
spontane aber schwer zu organisierende Massenbasis. Trotzdem war
dieser Einstieg über Sexualkampagnen für den Anfang der
Schülerbewegung wichtig. Der AUSS-Bundesvorstand schrieb 1969:
"Mindestens die Hälfte aller AUSS-Genossen haben ihren Ursprung
in einer Sexualkampagne" (20). Allerdings
hielten die Schüler das unabweisbare Bedürfnis nach sexueller
Befriedigung dann zu lange für eine vollständige Strategie der
gesellschaftlichen Umwälzung (21).
Die 2. Delegiertenkonferenz am 18. und 19. September 1967,
die auf der Basis von 52 Schülerbünden,
die 2.000 Schüler vertraten, in Frankfurt tagte, konnte als
herausragendes Ereignis eine umfangreiche Resolution zur
Schulreform ausarbeiten. Die Kritik der Schule wurde dabei im
Rahmen der Kritischen Theorie und der Hochschulkritik des SDS
vom Primat der Ausbildung "kritischer und mündiger
Gesellschaftsmitglieder", der Antizipation der "differenzierten
Gesamtschule mit maximaler Durchlässigkeit" und dem Streben nach
Abwehr der drohenden technokratischen Schulreform bestimmt. Es
wurde festgestellt: "Eine Schulreform unter der Perspektive
einer Modernisierung des Schulsystems zu einem perfektionierten
Leistungs- und Programmierungsapparat müssen wir entschlossener
bekämpfen als die augenblickliche Schulstruktur" (22).
Aber das AUSS war nicht in der Lage, genau zu bestimmen, in
wessen Interesse die technokratische Schulreform propagiert
wurde, welche Kräfte diese Schulpolitik verhindern könnten und
welche Rolle bei der Mobilisierung dieser Kräfte die
Schülerbewegung selbst spielen sollte. Die Kritische Theorie,
die apriori von der Ohnmacht des Proletariats ausging,
versperrte den Blick auf diese Grundfragen und das Endziel
sozialistischer Schulpolitik. Die Fraktionen innerhalb der
Schülerbewegung, die sich in der ersten Phase herausbildeten,
entwickelten sich in einer Weise, die wenig geeignet war, den
Schulkampf über radikalbürgerliche Schulforderungen zum Kampf um
die Arbeitseinheitsschule im Rahmen einer sozialistischen
Gesamtstrategie voranzutreiben. Es entstand auf der einen Seite
ein mit einem radikalen, auf der anderen Seite ein mit einem
liberalen Selbstverständnis versehenen Flügel. Der liberale
Flügel ging davon aus, daß die autoritäre Unterdrückung der
Schüler am Gymnasium aus dem Demokratisierungsrückstand des
Gymnasiums gegenüber einer durchaus schon demokratisierten
Gesellschaft herrührte. "Die elitäre soziale Funktion und die
autoritäre innere Struktur des Gymnasiuma widersprechen demnach
den herrschenden demokratisch-egalitären Prinzipien dieser
Gesellschaft" (23). Der liberale Flügel
der Schülerbewegung forderte deshalb eine Anpassung der
undemokratischen Schule an die scheinbar demokratische
Gesellschaft. Der sozialistische Flügel durchschaute die
Funktion des bürgerlich-parlamentarischen Systems als
Verschleierung der in der ökonomischen Struktur der Gesellschaft
begründeten herrschenden Machtverhältnisse. Er erkannte "im
heutigen Gymnasium den mehr oder minder adäquaten Ausdruck einer
Klassengesellschaft" (24).
Er antizipierte im Zusammenhang mit dem SDS nach dem
vermeintlichen Scheitern der Arbeiterbewegung ein die
Gesellschaft und damit auch ihr Schulsystem umwälzenden
politischen Kampf auf der Basis der Randgruppenstrategie. Die
Praxis der liberalen Schülergruppen erstreckte sich auf ein
Programm des Demokratisierungsversuchs einzelner Schulen. Sie
glaubten, mit verbalen Appellen "an demokratische Instanzen" und
friedliche Demonstrationen die postulierte Vernunft der
Herrschenden zu Schulreformen zu bewegen. So stellte die
Unabhängige Schülervertretung Frankfurt (USV) 1967 fest: "Keine
radikalen Änderungen der Gesellschaft sind unsere Aufgabe,
sondern zuerst müssen wir die bestehenden demokratischen
Möglichkeiten voll wahrnehmen" (25). Die
radikalen Gruppen, die von ihrem ge-sellschaftsveränderden
Anspruch eine überschulische und überregionale Organisation zu
verwirklichen suchten, neigten dazu, ihre politische Praxis im
Zuge der Strategie der direkten Aktion auf der Straße und auf
Kongressen zu entfalten. Sie wollten die Revolutionierung des
Bewußtseins der Schülermassen als beste Vorstufe für eine
gesellschaftsverändern-de Praxis, nicht die Schüler bloß
einschläfernde Reförmchen. Die Erfolge der liberalen
Schülergruppen blieben bescheiden. "Die liberalen Schülergruppen
haben weder bei den Autoritäten Einsichten erweckt und
tiefgreifende Reformen bewirkt, noch die Schüler im
nennenswerten Maße mobilisieren können" (26).
Sie existierten schon am Ende der ersten Phase der
Schülerbewegung nur noch am Rande derselben. Bei den radikalen
Schülerpotentialen machten sich aufgrund ihrer Schwierigkeit,
Schulkampfund politischen Kampf auf der Basis bloßer
Aktionsstrategie und mittelständischer Potentiale zu verbinden,
Auflösungserscheinungen breit. Die Avantgarde der
Studentenbewegung konnte außerdem keine geeigneten Methoden
entwickeln, um den Tendenzen der Verselbständigung der
Schülerbewegung zu begegnen. Die Schüler kritisierten vielmehr
die Studenten und wandten ein: "Die bisher angewandten
Arbeitsweisen, ob bei der Gründung einer sozialistischen
Dachorganisation der Schüler oder bei der Schulung in
sozialistischer Theorie, müssen hart kritisiert werden, da sie
meist von Studenten an die Schülerbewegung herangetragen wurden"
(27). Aus der Aneignung der Hauptthese
der Kritischen Theorie, die manchmal in dieser Phase um eine
abstrakte Schulung an sozialistischen Klassikern ergänzt wurde,
erwuchs keine Fähigkeit der konkreten Analyse kapitalistischer
Machtverhältnisse. Diese Analyse wurde durch die in der
Kritischen Theorie immanente Hypostasierung des Widerspruchs
zwischen dem Einzelnen und dem autoritären Staat zum
gesellschaftlichen Hauptwiderspruch versperrt. Ohne
revolutionäre Theorie gab es auch keine revolutionäre Praxis.
"In der Periode zwischen dem ersten und dritten AUSS-Kongreß
wandelte sich die hektische Aktivität in chronisches Nichtstun
und totale Desorganisation der Bewegung. Aktivität setzte man
gleich mit direkter Aktion, theoretische Arbeit existierte kaum"
(28). Eine selbsttätige Schülerbasis war
trotz aller Aktivität nicht entstanden. "Die Dachorganisation
wurde zur Organisation ohne Basis" (29).
In dieser Situation, in der eine langfristige Strategie nicht
bestand, gewann leicht das Interesse an individueller
Emanzipation und Theorieakkumulation wieder das Schwergewicht
über das Interesse an der kollektiven Emanzipation von Schule
und Gesellschaft. Die Erfahrung der "relativen Unveränderbarkeit
der Schule ohne gesamtgesellschaftliche Umwälzung" (30)
und das Ausbleiben dieser Umwälzung ließ die Freiraumtheorie an
Boden gewinnen. Die damals kaum adäquat reflektierte Grenze, die
die klassenspezifische Herkunft dem politischen Kampf der
Schüler in einer Phase noch nicht entfalteter Klassenkämpfe
setzt, machte sich bemerkbar. Der Widerspruch zwischen zentralen
Mobilisierungskampagnen und lokaler Basisarbeit von
Gesellschaftsveränderung und Kampf in der Schule, und der
Widerspruch von kollektiver politischer Befreiung und
individueller Emanzipation konnte weder auf der Basis kritischer
Theorie noch auf dem Hintergrund der Organisationsstruktur und
Strategie des AUSS vermittelt werden.
Am Ende der Phase _ier Offensivstrategie der antiautoritären
Bewegung tauchte im späten Frühjahr für kurze Zeit mit einigen
jeweils dreißig bis fünfzig Personen umfassenden sozialistischen
und radikaldemokratischen Lehrergruppen in Bremen, Frankfurt,
Berlin nach dem SDS ein weiterer Bündnispartner der
Schülerbewegung auf. Die Schüleraktionen innerhalb und außerhalb
der Schule hatten sie mobilisiert. Diese Lehrergruppen zerfielen
ebenso wie die Schülerbewegung in eine reformistische und eine
radikale Fraktion. Die reformistischen Lehrer plädierten für
einen "Abbau der autoritären Schulstruktur" (31)
durch "Bloßlegen und Diskutieren der bisher unreflektiert
hingenommenen Vorstellungen und Normen" (32).
Indem diese Lehrer von der Reformierbarkeit des bestehenden
Schulsystems ausgingen, erschien ihnen die "differenzierte
Gesamtschule als möglicher Weg zur wirksamen Demokratisierung
der Schule" (33). Die radikalen Lehrer
begriffen die Notwendigkeit der "Praxis revolutionärer
Veränderung" (34). Die Revolution der
gesellschaftlichen Verhältnisse war ihnen untrennbar verbunden
mit einer Revolution im Bildungswesen. Aber wie die
sozialistischen Schüler glaubten die Lehrer an die Herauslösung
der Schule aus dem Kapitalismus und an die Umfunktionierbarkeit
der Oberschule zur Ausgangsbasis für einen Zersetzungsprozeß der
autoritären Strukturen der Gesellschaft. Die radikalen Lehrer
kamen ihrem illusionären Ziel nicht näher.
Eine nennenswerte Kooperation mit der Schülerbewegung gelang
ihnen nicht. Eine nationale Organisation wie die Schüler konnten
sie nicht ausbauen. Sie blieben in der Masse der Gymnasiallehrer
isoliert. Nennenswerte Volksschullehrerpotentiale wurden von
ihnen nicht erreicht. So setzte sich bald innerhalb der
radikalen Lehrer die Standesinteressenpolitik durch, die sie auf
eine kritische Gewerkschaftspolitik festlegte. Sie gingen nun
von der Perspektive aus: "Institutionen (wie die GEW) werden
durch linke Randgruppen (teils organisiert, teils unorganisiert)
politisiert" (35). Mit der Illusion,
Gewerkschaften durch Zirkel ihrer systemstabilisierenden
Funktion zu entziehen, landete zum Beispiel der Frankfurter SLB
bei der Forderung: "Macht die GEW endlich zu einer progressiven
demokratischen Kraft" (36).
Reformistische wie radikale Lehrergruppen wurden von der GEW
aufgesogen (37). Von der Schülerbewegung
wie den Teilen der Studentenbewegung isoliert, die das
Proletariat als revolutionäre Kraft erkannten, mußten sie im
Widerspruch zwischen Standesinteresse und
gesamtgesellschaftlichem Interesse letzteres verfehlen.
2. Etappe:
Die Phase der Defensivpolitik 1968-69.
Für den SDS rückte nach der Phase massenhafter Mobilisation
"für Demokratie und gegen faschistische Tyrannei" (38)
die Frage der Organisation der Massen ins Zentrum setner
Aufgaben. 1968 auf der 23. Delegiertenkonferenz des SDS mußte
der Bundesvorstand feststellen: "Der SDS hat sich wesentlich in
die antiautoritäre Bewegung aufgelöst, deren nominelle Spitze er
darstellt. Das hat zwei Konsequenzen: Einmal ist die
antiautoritäre Bewegung die politische Weiterentwicklung und
Verallgemeinerung der isolierten Oppositionsansätze und damit
auch eine Überwindung der Isolation des SDS, zum anderen haben
sich bei der Überwindung der alten Organisationsstrukturen kaum
positive Formen der adäquaten Organisierung herausgebildet" (39).
Der SDS war an einem neuen Wendepunkt seiner Entwicklung
angelangt. Nach relativer Massenmobilisation nach dem Berliner
Vietnam-Kongreß, zum 1. Mai 68, und den
Oster-Kämpfen 68, nach der Gründung einiger
Stadtteilbasisgruppen in Berlin Anfang 68 erkannte der SDS, daß
nur unter der Perspektive der Ausrichtung der mobilisierten
Massen auf ihre organisierten Integration in eine remobilisierte
Arbeiterbewegung die Organisationsfrage und die Frage der
längeren Strategie richtig verbunden werden konnte. Im März 68
formulierte Rudi Dutschke: "Wir haben eine gefährliche
Übergangsphase, in der es entscheidend ist, die Basis an den
Universitäten zu erhalten und zu erweitern, aber es gleichzeitig
unerläßlich ist, Basisgruppen in den Betrieben zu bilden an
ihrem Aufbau mitzuhelfen, die Einheitsfront von antiautoritären
Studenten, Schülern, Lohnabhängigen in der Produktion und
Verwaltung praktisch werden zu lassen" (40).
Im SDS stellte sich das Problem der kritischen Relativierung der
Rolle der Intelligenz in der Revolution und ihre Funktion bei
der notwendigen Reaktivierung des Proletariats. Rudi Dutschke
schränkte im Mai 68 kritisch ein: "Wir geben uns nicht der
Illusion hin, als Studenten in der jetzigen Periode Revolution
machen zu können" (41). Als
längerfristige Strategie wurde für die Intelligenz die Arbeit
unter dem Proletariat in den Bereichen angegeben, wo Lohnarbeit
und Kapital sich direkt austauschen und den Hauptwiderspruch im
Kapitalismus ständig reproduzieren. Volkhard Mosler stellte 1968
in der August-Nummer der "Neuen Kritik" fest: "Sozialistische
Arbeiterpolitik muß in den Großbetrieben ansetzen" (42).
Unter der notwendigen Perspektive der Aufnahme der politischen
Arbeit der Studenten im Proletariat begann nun eine
Aufsplitterung des vorher relativ geschlossenen antiautoritären
Lagers (43). Besonders die Spaltung
zwischen Hochschulpraxis und Betriebspraxis entstand. Der
möglichen Massenmobilisation an den Hochschulen standen
vorsichtige Ansätze der Bildung von Arbeiterzirkeln in Betrieben
und Stadtteil gegenüber. Um die Widersprüche zwischen Studentenbewegung
und der ungleichzeitig zurückliegenden
Arbeiterbewegung zu vermitteln, mußte die bedingungslose
Offensivstrategie nun allgemein zugunsten der Ansätze von
defensiver Bündnis- und Einheitsfrontpolitik revidiert werden.
Fritz Kramer formulierte im SDS-Info 9 eine weitverbreitete
Meinung, wenn er schrieb: "Die antiautoritäre Phase unserer
Bewegung liquidieren" (44). Die
praktische Realisierung dieser Bündnispolitik wurde erstmals von
den Intellektuellen gegenüber den streikenden Arbeitern im
September 69 versucht. Der SDS-Bundesvorstand teilte am 5.9.69
mit: "Der SDS und die Basisgruppen der Arbeiter, Lehrlinge und
Schüler werden versuchen, die manipulative Isolierung der
Streikenden von ihren Kollegen durch Flugblattkampagnen überall
in der BRD zu durchbrechen" (45). Die
Septemberstreiks brachten für die Studentenbewegung die zentrale
Erfahrung ihrer relativen Isolierung von der derzeitigen
Arbeiterbewegung. Innerhalb der auf der Basis lokaler Praxis
völlig aufgesplitterten Linken, die 1970 den SDS auflöste,
stellte sich nun die Frage der Reorganisation unter den
Bedingungen der Latenz der Klassenkämpfe. Diese Phase ist
gekennzeichnet durch die Wahlniederlage der CDU/CSU bei der
Bundestagswahl 69, dem Sieg der SPD und ihre Bemühungen für eine
planifikatorische Reformpolitik im Interesse der progressiven,
monopolistischen Kapitalfraktion. Die Entstehung von
studentischen Parteiansätzen, wie z.B. den im Herbst 69
auftauchenden ML-Gruppen und der KPD/ML, der KPD AO, der
Proletarischen Linken/Parteiinitiative, der Proletarischen
Front, Hamburg, des Revolutionären Kampfes, Frankfurt zeigt, daß
ab 1970 jenseits-der Phase defensiver Massenmobilisation die
Ansätze sozialistischer Politik auf organisierter und in den
proletarischen Massen arbeitender Basis in ersten Ansätzen
sichtbar werden.
Die "Auflösung des SDS in die antiautoritäre Bewegung"
bedeutete trotz aller Einheitsfrontforderungen von Schülern und
Studenten seitens des SDS für die im AUSS organisierte
Schülerbewegung ein Zuwachs an Selbständigkeit, in der zugleich
mit der Zurücknahme der Offensivaktionen der Schüler seine
eigene Auflösung sich beschleunigte. Reimut Reiche stellte 1969
fest: "Im Nachhinein kann man sagen, daß durch die anfängliche
Gründungshilfe und durch die kurze Periode der Bevormundung, die
uns dabei unterlaufen ist, und den dann folgenden
Distanzierungsprozeß vom SDS eine Selbständigkeit der
Schülerbewegung erreicht wurde" (46). Als
zentrales Problem stellte sich dem AUSS, der immer noch davon
ausging, als autonome Schülerbewegung die Veränderung von Schule
und Gesellschaft erreichen zu können, die Strategie und
Organisationsfrage. Diese Probleme sollten auf dem dritten
AUSS-Kongreß am dritten Juni 1968 diskutiert werden. Jedoch
konnte der Kongreß, der wider Erwarten schlecht besucht wurde,
diese Aufgabe nicht lösen. "Seine Ergebnisse waren eine laue
Selbstkritik und eine vage Neubestimmung der Funktion des AUSS.
Seine künftigen Aufgaben: Ausarbeitung von Schulbroschüren,
Organisierung von bundesrepublikanischen Kampagnen,
Referentenvermittlung und Versendung von Informationsmaterial" (47).
Da mit den Kommunikationsvorschlägen des dritten Kongresses das
Organisationsproblem nicht gelöst wurde, der Vorschlag von
Kampagnen die unreflektierte Offensivstrategiebestimmung ohne
Vergewisserung einer dafür ausreichenden Basis perpetuierte,
ging auf dem vierten AUSS-Kongreß am 3.-5. Januar 1969 die
Organisations- und Strategiedebatte
weiter. Dieser Kongreß übernahm
von der Studentenbewegung die Konzeption der
Basisgruppenbildung. Er gab als strategische Perspektive die
Arbeit unter den Schülermassen in der Institution Schule an. Der
Widerspruch von kollektiver politischer Befreiung und
individueller Emanzipation, von Massenmobilisation und
Massenorganisation sollte nun in den an den Schulen
einzurichtenden Arbeitskollektiven aufgehoben werden. Die
anderen Widersprüche im AUSS zwischen lokaler Arbeit und
nationaler Mobilisation, zwischen Gesellschaftsveränderung und
Schulveränderung konnten mit der beschlossenen Auflösung des
Bundesvorstandes des AUSS und der Unfähigkeit der
Schülerbewegung,mit der Gewinnung einer Perspektive einer
Bündnisfunktion der Schüler für die Remobilisation des
Proletariats sich national zu reorganisieren, nicht gelöst
werden. Die vom AUSS auf dem Hintergrund des theoretischen und
praktischen Standes der Bewegung kaum leistbare Fundierung
seiner Strategie auf einer gesamtgesellschaftlichen Analyse
unter besonderer Berücksichtigung der nun von der progressiven
Kapitalfraktion eingeleiteten verbalen technokratischen
Schulreform und die fehlende Mobilisation proletarischer
Schülermassen rächte sich. Die Trennung des AUSS vom SDS
beschleunigte sein Scheitern. Der liberale Flügel des AUSS hatte
inzwischen völlig seine Funktion und seine Basis unter den
Schülern verloren. Die vom deutschen Bildungsrat unternommene
ideologische Offensive innerhalb der Schulreformdiskussion nahm
fast alle Argumente der liberalen Schülergruppen für eine
scheinbare Demokratisierung der Schule auf. Liberale
Schulreformpläne liegen allen vom deutschen Bildungsrat ab 1967
herausgegebenen Empfehlungen zugrunde. Hand in Hand damit
erließen die Kultusminister zwischen Sommer 68 und Sommer 69 als
vorläufig bezeichnete SMV-Erlasse (48).
Reformismus als Herrschaftsstabilisierung wurde eingesetzt, um
die Unruhe an den Schulen zu bekämpfen. Der antiautoritäre
Schulkampf der liberalen Schülergruppen ohne Resonanz bei den
Schülermassen fand Unterstützung bei den Reforminteressen des
Kapitalismus. Diese liberale Politik von Teilen der
Schülerbewegung "hat verwertbare Fortschritte auf dem neuen
staatsmonopolistischen Bildungsmarkt feilgeboten und sie wird,
wenn das Lamento über die einseitige Verwertung des propagierten
Fortschritts anhebt, nicht zu entschuldigen sein" (49).
Der Schulkampf der Schülerbewegung geriet wie die Politik der
Studenten aus organisatorischen und aus Gründen der fehlenden
Theorie, aber ohne die längere Perspektive der Studenten im
Proletariat, in die Defensive. Während die Studentenbewegung in
ihrem Versuch, Hochschule und Gesellschaft zu verändern, in
Hochschulpraxis und Praxis im Proletariat zerfiel, zog sich die
Schülerbewegung auf die überregional unvermittelte Praxis in den
einzelnen Schulen zurück. Die Schule selbst sollte nun "zum
primären Bezugspunkt der politischen Praxis der Schüler werden"
(50). Als Organisationsbasis der
radikalen Schülerbewegung begriff man nun dezentral
organisierte, von der kollektiven Selbsttätigkeit aller
Beteiligten getragene Basisgruppen innerhalb der Schule. Diese
als Ansatzpunkt einer schulinternen Strategie vorgestellten
Zellen wurden als Arbeitskollektive, Lernkollektive,
Studienkollektive oder Projektgruppen bezeichnet. Neben einigen
Schulstreiks lokalen Zuschnitts entwickelte sich in ihnen die
Aktivität der Schülerbewegung in ihrer zweiten Phase. Der
Rückzug auf die Schule offenbarte noch stärker als vorher die
Schwäche der radikalen Schülergruppen. Die Theoriedefizite des
AUSS machten sich bemerkbar.
Die Anleitung konkreter Schulpraxis und konkreter
Schülermassenarbeit während der verbalen Reformoffensive der
progressiven Kapitalfraktion scheiterte vor allem an diesem
Umstand. Weil unter den Schülern ein Mangel an theoretischer
Reflexion herrschte, "blieb die . . . entwickelte Strategie
abstrakt und unverbindlich" (51). Die
Lösung des AUSS vom SDS, die Isolation der Schülergruppen in der
Provinz von den großstädtischen Zentren der Studentenbewegung
unterband den Prozeß der ideologischen Vereinheitlichung und
theoretischen Vertiefung der Strategie der Schülerbewegung.
Dieser Umstand wurde zum Teil weitgehend verschleiert durch die
im AUSS noch herrschende, in der Studentenbewegung in dieser
Phase aber schon überwundene Euphorisierung der Intellektuellen
zum revolutionären Subjekt. Die Veränderung der Gesellschaft
schien 1969 AUSS-Gruppen aus Kiel, Frankfurt, Darmstadt,
Stuttgart und München immer noch mit den Schülern in der Schule
zu beginnen. Sie "setzt sich fort in den Universitäten und wird
schließlich von uns in alle anderen gesellschaftlichen Bereichen
getragen" (52). Die objektive
Schwierigkeit der Schüler, neben ihrer zeitlichen Beanspruchung
durch die Schule unmittelbar im Proletariat zu arbeiten, und die
gegenüber den Studenten größere Abhängigkeit der Schüler von
zumeist stark antikommunistischen Elternhäusern führte zur
Verdrängung der überfälligen Revidierung des voluntaristischen
Begriffs vom Intellektuellen als revolutionärem Subjekt. In der
Überschätzung der Macht der Schüler und der Bedeutung der
Schüler für das herrschende Großkapital gab man als Ziel des
Schulkampfes an, "den Herrschenden die Institution Schule und
damit auch deren Träger, die Schüler, zu entziehen" (53).
Dieses utopistische Ziel wurde in dieser Phase mit der gegenüber
der Kapitalmacht schwachen Schulerbasis und mit den völlig
unbrauchbaren Mitteln der inneren Schulreform zu erreichen
versucht. Die USSG Stuttgart und der AUSS Mannheim meinten die
Schule in einer Etappe, in der die Linke in die Defensive
gedrängt worden war, im Handstreich erobern zu können. "Diesem
Ziel entspricht eine Strategie der Direktangriffe auf den
Unterricht und die Lehrer durch die Sabotage des
Unterrichtsablaufes und durch Veröffentlichung der Lehr-und
Unterrichtsmethoden reaktionärer Lehrer" (54).
Die in der ersten Phase vernachlässigte Basisarbeit in der
Schule verhinderte, daß diese unrealistische Strategie nun
nennenswerte Mobilisation von Schülern bewirkte. Die radikalen
Schülergruppen, die sich in der Offensivphase der
Protestbewegung gebildet hatten, blieben in der Defeasivphase
von den Schülermassen isoliert. Angesichts der Reformoffensive
der progressiven Kapitalfraktion wurde es objektiv schwieriger,
diejenigen zu mobilisieren, die nur ihre Privilegien gegenüber
Einschränkungen verteidigen wollten. Den radikalen
Schülergruppen ist allerdings die Unfähigkeit, eine konkrete
Schulkampfstrategie und Taktik zu entwickeln, nicht anzulasten.
Auch Professoren, die der Schülerbewegung mit Theoriestücken zu
Hilfe kamen, überboten die Schüler mit absurden
Strategievorschlägen. Sie stilisierten in der Form der
Nachtrabpolitik die Oberschulfront zur Hauptschulfront im
Klassenkampf. So schreibt Lehrstuhlinhaber Gamm: "Die
Emanzipation der Gesellschaft über ihre Bildungseinrichtungen
wird zum zentralen Problem unserer Zeit" (55).
Gamm und Heydorn unterstützten in fahrlässige Weise den falschen
Avantgardeanspruch der Intelligenz, wenn sie behaupteten: "Die
Lehrer müssen ihre geschichtliche Rolle erst begreifen, nämlich,
daß sie die Geburtshelferschaft für ein neues Zeitalter mittels
Bildungsprozessen übernehmen können" (56)
Oder "die Befreiung des Lehrers ist eine Voraussetzung jeder
anderen Befreiung" (57). Auch Heydorns
Vorschlag für das Ziel im Schulkampf: "Ein militanter Humanismus
muß in die Gesamtschule hineingetragen werden" (58),
ist verblassener als jeder Schülervorschlag zum gleichen
Problem.
Der Kampf der radikalen Oberschülergruppen endete im
Gegensatz zu den führenden Gruppen der Studentenbewegung, die
damals begannen, statt eines bloßen revolutionären Anspruchs
revolutionäre Praxis im Proletariat zu entwickeln, in einer
Sackgasse. An allen Fronten einer sozialistischen Bewegung: an
der Frage der nationalen und lokalen Organisation, der richtigen
Theorie und Praxis, der Verbindung von Politik und
Privatinteresse, der Bündnisfrage hatten die radikalen
Schülergruppen die Widersprüche auf der Basis der
Randgruppenstrategie und mit mittelständischen Potentialen nicht
lösen können. Am Ende des AUSS, der sich im Herbst 69 auflöste,
steht die Einsicht des AUSS Heidelberg: "Die Schülerbewegung
wird demnach eine isolierte Reformorganisation bleiben müssen,
bis ihre Ziele schließlich von der Organisation der
Arbeiterklasse übernommen werden" (59).
Die Schülerbewegung, die von der Kritik der Autoritäten zur
Kritik am herrschenden Schulsystem fortschritt, hat kein
sozialistisches Bewußtsein bei den Schülermassen ausbilden
können. Die wirkliche sozialistische Wende innerhalb einer
kleinen Minderheit der Schülerbewegung zeigt, solange es ihnen
nicht gelingt, im jugendlichen Proletariat Fuß zu fassen, eines
ihrer Hauptprobleme, die Trennung der Aktivisten von den Massen
in Theorie und Praxis.
Über die radikale Oberschülerbewegung von 1967-69 hinaus
weisen nur die Versuche eines kleinen, zumeist nur verbal
radikalen Kerns der Schüler, die die seminar-marxistische Wende
von Teilen der Studentenbewegung nachvollzogen. Im Gegensatz zur
Mehrheit der Schüler begann er, noch im Kontakt mit dem
entsprechenden Stand der Studentenbewegung, sein Verhältnis zum
Proletariat und die Bedeutung des Proletariats für die Umwälzung
von Schule und Gesellschaft zu klären. Zu dieser kleinen Gruppe
gehörte die Schülergruppe "Neuer Roter Turm" in Berlin. Sie kam
gleichzeitig mit der studentischen Avantgarde zu der richtigen
Einschätzung: "Die einzige Möglichkeit für die
außerparlamentarische Bewegung der Jugend liegt also darin, das
Proletariat zum Verbündeten zu gewinnen" (60).
Diese Schülergruppe zog auch auf der Basis der Einsicht in die
Rolle des Proletariats als potentieller revolutionärer Basis der
Gesellschafts- und Schulrevolution die richtigen Konsequenzen
aus den Organisations- und Strategieproblemen des AUSS. Sie
betonte die besondere Bedeutung der proletarischen Jugend als
Avantgarde in der Phase der Remobilisation der Klassenkämpfe,
begriff den Oberschulkampf als einen Kampfabschnitt einer
mehrheitlich Arbeiterjugend organisierenden revolutionären
Jugendorganisation. Sie stellte fest: "Nur die revolutionäre
Jugendorganisation vermag die Auseinandersetzungen in den
einzelnen Schulen mit denen an den Universitäten und Betrieben
zu koordinieren und mit dem Ziel der sozialistischen Revolution
zu vermitteln. Diese Organisation kann natürlich nicht von heute
auf morgen gemacht werden, sie muß entstehen" (61).
Auch eine kleine Gruppe von marxistisch-leninistischen
Schülern im AUSS stellte unter dem Einfluß der
ML-Studentengruppen 1969 fest: "Die Schüler können sich nur
emanzipieren durch die Emanzipation des Proletariats" (62).
Sie bekämpften den Autonomismus und Syndikalismus der
Schülerbewegung. "Die Strategie der Schülerbewegung kann sich
nur begreifen als ein Teil der sozialistischen Gesamtstrategie"
(63). Diese Gruppe wies darauf hin, daß
ein das Schulsystem insgesamt angreifender Schulkampf nur von
der Theorie des Marxismus-Leninismus angeleitet werden kann. Die
Führung im Schulkampf wurde der "sozialistischen Avantgarde
aller Schichten der Gesellschaft" — als diese Avantgarde galten
damals die Stadtteilbasisgruppen — übertragen.
Als Aufgabe des Schulkampfes wurde nicht mehr das Hochspielen
von Autoritätskonflikten oder die Durchsetzung der inneren
Schulreform genannt, sondern die Loslösung der mittelständischen
Schüler von den Interessen des Kapitals angegeben (64).
Während aber die Gruppe "Neuer Roter Turm" in der Gründung der
trotzkistischen Spartakus-Jugendorganisation aufging, die die
Entfaltung des Schulkampfes noch vor sich hat, ist mit der
Transformation der Basisgruppen zu Grundeinheiten verschiedener
Parteiansätze und dem Zusammenbruch der organisierten
Schülerbewegung überhaupt das Schulkampfkonzept der
marxistisch-leninistischen AUSS-Gruppe hinfällig geworden.
3. Etappe:
Der Übergang vom antiautoritären Gymnasial- zum
kommunistischen Hauptschulkampf.
Nach der Auflösung von SDS und AUSS wurde auf dem Hintergrund
der Aneignung des Marxismus-Leninismus und der Überwindung der
Marcuseschen Randgruppenstrategie durch die Linken einerseits
und dem Versuch der nun regierenden Sozialdemokraten, die Krise
des Erziehungssystems durch Reformversprechen andererseits zu
entschärfen, die Frage des Schulkampfes von Roten Zellen,
studentischen Parteiinitiativen und proletarischen
Jugendorganisationen aus der Defensive vorangetrieben. Innerhalb
der Studentenbewegung entstand nach dem Wiedersichtbarwerden des
Proletariats als politischer Kraft in den Septemberstreiks 69
und unter der Einschätzung "daß nicht wir, sondern das
Proletariat den Klassenkampf führen wird" (65)
das neue Selbstverständnis der Studenten an den Hochschulen
unter der Perspektive der revolutionären Berufspraxis als
Bündnispartner des Proletariats.
Die Roten Zellen
Unter dem Ziele, sich schon im Ausbildungsprozeß auf eine
revolutionäre Praxis am späteren Arbeitsplatz einerseits
vorzubereiten, andererseits die Remobilisation des Proletariats
zu unterstützen, bildeten sich nun mit der Transformation von
losen ad-hoc Gruppen zu Roten Zellen feste Organisationsansätze
der sozialistischen Studenten an den Hochschulen. Diese
Organisationsansätze stellten den Versuch dar, Hochschulpolitik
und Arbeit im Proletariat zu verbinden. Es wurde so versucht,
den aufgebrochenen Widerspruch zwischen Hochschulkampfund der
Arbeit der Stadtteil-und Betriebsbasisgruppen zu vermitteln. Für
die Roten Zellen an Universitäten und Pädagogischen Hochschulen,
die in der Mehrzahl Lehrerstudenten organisierten, ergab sich
nun die Perspektive, Stadtteilarbeit von der Hochschule aus mit
dem Versuch der Politisierung von Hauptschülern zu beginnen. Die
Rote Zelle Germanistik (Rotzeg) an der FU Berlin stellte für
ihre Arbeit ab Herbst 1969 fest: "Innerhalb der Rotzeg fand eine
Bewegung statt, die aus dem zeitweiligen Einschlafen der
Oberschülerrebellion, aus den ersten Erfahrungen mit
Proletarierkindern, aus der theoretischen Anstrengung, die
proletarische Linie im Erziehungssektor zu finden, den Akzent
immer mehr von der exklusiven Arbeit mit Oberschülern auf die
Arbeit mit Grund-und Hauptschülern verlagerte
(Grundschulpraktika, Jugendlager, Schularbeitszirkel)" (66).
Diese Arbeit führte unter der Perspektive, das Schulsystem durch
die Mobilisation und Organisation der proletarischen
Schülermassen umwälzen, zum Entstehen von proletarischen
Schülergruppen, die in Schularbeitszirkeln oder in Schülerläden
organisiert wurden. Die Rotzeg Berlin erhoffte sich mit dieser
Arbeit, Bausteine "für die Prinzipien der Arbeit einer
proletarischen Jugendorganisation zu liefern" (67).
Die Perspektive der revolutionären Organisation der Lehrer im
Zusammenhang des Entstehens und des Kampfes einer proletarischen
Jugendorganisation an den Schulen eröffnete sich. Die Rote Zelle
an der PH Kiel stellte im Januar 1970 fest: "Unsere
Berufsperspektive ist nur im Zusammenhang mit einer
proletarischen Organisation und in Zusammenarbeit mit deren
Unterorganisation (z.B. sozialistische Jugendgruppe) zu denken"
(68). Als ein Abschnitt des Aufbaus einer
proletarischen Jugendorganisation erschien die
Hauptschulkampffront. Die Rotzeg an der Universität München
plante die Eröffnung des Hauptschulkampfes von
Schülerladenprojekten her. "Der Schülerladen sollte mit Schülern
der siebenten bis neunten Hauptschulklasse arbeiten, möglichst
in Verbindung mit an der Schule tätigen Genossen.
Anknüpfungspunkte: Hausaufgaben, Berufsproblematik,
Unterdrückungserfahrung in Schule und Freizeit (Familie,
Sexualität) politische Aufklärung. Bei Konflikten an der Schule
ist von Autoritätskonflikten weg und zu Konflikten um
Lehrinhalte hin zu agitieren" (69). Der
Versuch, über den Hauptschulkampf die proletarische Jugend zu
mobilisieren und im Schulkampf zu organisieren und sich selbst
als Intellektuelle in den Dienst des Proletariats zu stellen,
scheiterte. Der von einzelnen isolierten Schülerläden und von
Schülergruppen begonnene Hauptschulkampf kam über kleinere
Schulkonflikte nicht hinaus. Die Forderung "Der Schulkampf muß
besonders diejenigen Konflikte aufnehmen, die die Verbindung zum
Kampf des Proletariats aufzeigen und die Schüler in diesen Kampf
einordnen" (70)
konnte aus Gründen der noch unentfalteten Mobilisation des
Proletariats, der noch relativen Angepaßtheit der Hauptschüler
an die Schule und der fehlenden überregionalen
Organisationsansätze nicht eingelöst werden. Heute stellt sich
deshalb für die Rotzeg an der Universität München die Frage, was
eine Arbeit im Schulbereich zur Lösung der Hauptaufgabe, des
Aufbaus der proletarischen Partei, heute beitragen kann. Sie
antworten: "Schule kann derzeit nur begriffen werden als
Übergangsstadium, wo einzelne Jugendliche herausgelöst werden
und in Auseinandersetzungen in der Schule sich auf Kämpfe im
Produktionsbereich vorbereiten" (71),
Die von den Studenten versuchte Mobilisation der
Arbeiterjugend geschah fast isoliert von den seit 1968
beginnenden Kämpfen der Arbeiterjugend um die Verbesserung ihrer
Berufsausbildung. Der Spontaneismu's der Arbeiterjugend selbst
erst ergibt eine Hauptschulkampfperspektive. Mit ihr wird die
Entwicklung vom antiautoritären Gymnasialkampf zum
kommunistischen Hauptschulkampf als Ausdruck der Verschärfung
der Widersprüche im Schulsystem überhaupt praktisch.
Die Arbeiterjugendorganisationen
Seit 1968 sind Teile der Arbeiterjugend auch in
Westdeutschland und Westberlin aufgrund der Verschärfung der
Widersprüche der kapitalistischen Produktion und Ausbildung in
Bewegung gekommen. "In Hannover, Göttingen, Dortmund, Köln,
Frankfurt am Main, Ludwigshafen, Mannheim, Stuttgart und vielen
anderen Städten schlossen sich Lehrlinge und Jungarbeiter in
Aktionsausschüssen zusammen. In Karlsruhe und in Westberlin
legten Lehrlinge sogar vorübergehend die Arbeit nieder" (72).
Auf der Basis dieses Spontaneismus bildeten sich zahlreiche
Arbeiterjugend- und Lehrlingszentren (73),
und Ansätze von revolutionären Jugendorganisationen, wie z.B.
Spartakus, Junge Garde, Rote Garde, KJVD usw.. Bisher sind diese
Vorformen einer im nationalen Rahmen organisierten
kommunistischen Jugendorganisation noch nicht so weit
fortgeschritten, daß sie in der Groß- und
Mittelindustrie auf der Basis von Betriebszellen verankert sind.
Ihren Ursprung aus der Krise der beruflichen Ausbildung können
sie nicht verleugnen, deshalb beschränkt sich ihr Schulkampf
bisher auch weitgehend auf die berufliche Ausbildung.
Aber es gibt schon Ausnahmen. So verabschiedet z.B. die am
4.-5. April 1970 in Bochum gegründete "Junge Garde" eine
"Resolution zur Arbeit im Schulbereich". Die "Junge Garde"
fordert darin den gemeinsamen Kampf aller Fraktionen der Jugend
gegen die technokratische Unterwerfung des beruflichen
Ausbildungssystems unter das fortgeschrittene Kapitalinteresse.
Die "Junge Garde" zeigt auch, daß ein Teil der Arbeiterjugend
die Forderung, den Schulkampf im Rahmen einer revolutionären
Jugendorganisation als Teilfront im Klassenkampf zu führen,
richtig erkannt hat. Sie schreibt: "Indem sich die schon
politisch aktiven Schüler in der "Jungen Garde" organisieren,
mit ihr für den Aufbau der revolutionären Organisation der
Jugend kämpfen, nehmen sie teil am proletarischen Klassenkampf'
(74). Allerdings entwickelt die "Junge
Garde" nur Teilforderungen im Schulkampf, die über die
Forderungen nach Einheitslehrerausbildung und Bezahlung,
"Schülergehalt in der Höhe der Lehrlingsbeihilfe ab 15 Jahren" (75),
freie Lehrmittel, freie Fahrt und freier Kulturstättenbesuch
nicht hinauslangen. Die Vernachlässigung der Herausarbeitung des
Endziels der Arbeitseinheitsschule ebenso wie die fehlende
Analyse der technokratischen Schulreform und die Rolle der SPD
und DKP im Schulkampf zeigen den Opportunismus und Revisionismus
der "Jungen Garde". Die "Junge Garde" propagiert die gefährliche
Illusion, von einer SPD-Allein-Regierung unter Umgehung der
Umwälzung der Produktion, die Beseitigung des Schulnotstandes zu
erwarten. Sie schreibt: "Nur durch den Kampf für eine
Arbeiterregierung, das bedeutet heute eine SPD-Allein-Regierung,
mit einem Arbeiterprogramm, wird der Schulnotstand beseitigt
werden" (76). Das Beispiel der "Jungen
Garde" zeigt, wie notwendig heute eine Abklärung der Prinzipien
und Praxis im revolutionären Schulkampf ist. Um dem
Revisionismus bei der Organisierung der spontan sich
entwickelnden Arbeiterjugendbewegung zuvorzukommen, ist Eile
geboten. Mit dem Berliner Schulstreik im März 1970 und bei der
Berufsschulaktion in Hanau im Herbst 1970 hat sich gezeigt, daß
Tausende von Arbeiterjugendlichen heute in der Lage sind, den
Schulkampf aufzunehmen.
Die studentischen Parteiinitiativen
Im Jahre 1970 entwickelte sich die Studentenbewegung noch
weitgehend unvermittelt mit den anderen Protestpotentialen der
Gesellschaft weiter. Die Inangriffnahme der Lösung der
Organisationsfrage für sozialistische Intellektuelle, die sich
in den Dienst des Proletariats stellen wollen, ließ die
Forderung nach der Organisation einer Leninschen Kaderpartei von
Berufsrevolutionären aufkommen. Aus der Einschätzung, daß eine
revolutionäre Berufsperspektive entweder heißen kann
Berufsrevolutionär oder berufliche Bündnisarbeit fürs
Proletariat unter dem Schutz und nach Maßgabe der Entfaltung der
Klassenkämpfe, kristallisierten sich aus den Roten Zellen an der
Hochschule und den Basisgruppen in Stadtteil und Betrieb
Kaderparteiansätze heraus, wie z.B. die KPD-Aufbauorganisation,
die Proletarische Linke Parteiinitiative (beide Berlin), die
Proletarische Front (Hamburg), usw. heraus. Diese Ansätze traten
mit dem Anspruch der Organisation und Mobilisation des gesamten
Proletariats und der Bündnisschichten des Proletariats in
Kaderparteien und Massenorganisationen auf. Innerhalb ihrer
Klassenkampfstrategie und nach Maßgabe des Aufbaus von
Massenorganisationen wird der Kampf der Arbeiterjugend und ihre
Organisation in Betrieb und Schule einen wichtigen Stellenwert
in ihrer Arbeit gewinnen. Bisher haben sie allerdings noch keine
großen Anstrengungen gemacht, um die spontaneistische
Arbeiterjugend — und die Studentenbewegung in einer Kampffront
zu vermitteln. Obwohl z.B. die KPD-AO und die PL/PI schon seit
einem Jahr die Mobilisation des gesamten Proletariats in Angriff
nehmen wollten, haben sie es bisher versäumt, sich in der Phase
der kapitalistischen Offensive auf das Schulsystem und dem
Versuch der Vertiefung der ideologischen Fixierung der
Arbeiterjugend ans kapitalistische System, den kommunistischen
Schulkampf zum Bestandteil ihrer Strategie, innerhalb der
richtigen Etappenbestimmung, werden zu lassen. Auf die
"Radikalisierung der Jugend" (Mandel) konnten sie bisher nicht
hinreichend reagieren. Das Zaudern gegenüber der Organisation
der radikalen Jugend unter proletarischer Führung könnte "die
erste Chance für einen Durchbruch der revolutionären Linken seit
dem 1. Weltkrieg" (77) verspielen.
Lediglich die am 23. Jan. 1971 in Hamburg gegründete
Parteiinitiative "Proletarische Front" hat in ihrer
"Programmatischen Erklärung" darauf hingewiesen, daß zu den
"revolutionären Übergangsforderungen" der heutigen Kampfetappe
der "Kampf gegen die Inhalte und Institutionen der bürgerlichen
Kultur" zu zählen ist (78). Die
"Proletarische Front" stellt fest: "der proletarische Kampf um
Selbstbestimmung im Produktions- und Reproduktionsprozeß muß von
Anfang an mit dem Kampf für die Aufhebung jeglicher
Bildungsbarrieren verbunden werden" (79).
Damit hat die Proletarische Front erkannt, daß in der Phase der
massiven Subsumption von Erziehung und Wissenschaft unters
Kapital der Kampf im Ausbildungsbereich vom Kampf im Betrieb und
in der Gesellschaft nicht gelöst werden darf. Auf der Basis
dieser Einsicht könnte sie in der Lage sein, auch für den
Schulbereich die Radikalisierung der Jugend richtig aufzunehmen
und mit einer gesamtgesellschaftlichen Perspektive zu versehen.
Die Proletarische Front stellt die Forderung der Abschaffung des
dreigliedrigen Auslesesystems im
Westdeutschen Schulwesens auf und propagiert den Kampf
einer mindestens 12jährigen allgemeinen und
polytechnischen Ausbildung für Alle, die eng mit produktiver
Tätigkeit verbunden ist (80). Die
Proletarische Front hat erkannt, daß der Kampf für dieses Ziel
die verschiedenen sozialen Gruppen der Jugend vereinheitlichen
wird und ein Beitrag zur Herausbildung einer "neuen
revolutionären Jugendorganisation der Lehrlinge, Schüler und
Studenten" leisten kann (81).
Da zu erwarten ist, daß die in der BRD sich entwickelnden
linken Parteiinitiativen und Jugendorganisationen sich bald
umfassend dem Problem des antirevisionistischen Schulkampfes
zuwenden werden, viele proletarischen und bürgerlichen Schülern
und ihre Lehrer aufgrund ihrer bisherigen politischen
Erfahrungen großes Interesse am Schulkampfhaben und es heute
möglich ist, die Fehler des bisherigen Schulkampfes zu
kritisieren und zu überwinden, so soll es im folgenden darum
gehen, die Schwierigkeiten des Schulkampfes in der nächsten Zeit
zu diskutieren.
Über die Schwierigkeiten des Schulkampfs heute
Die sozialistische Bewegung hat in ihrer dritten Phase die
Tendenz, den Schulkampf syndikalistisch, illusionär und auf
inadäquater Basis zu führen, selbst berichtigt. Heute ist
abstrakt klar, daß der Schulkampf eine Teilfront im Klassenkampf
ist in der Remobilisa-tionsphase der Arbeiterjugend. Heute ist
unbestritten, daß der Schulkampf gegen die Schulpolitik der
progressiven Kapitalfraktion und der SPD einerseits und gegen
die revisionistische DKP andererseits zu führen ist. Man weiß,
daß der Schulkampf in seinen Forderungen und Zielen an die von
der Fortentwicklung der Produktivkräfte gesetzten objektiven
Notwendigkeiten der Veränderung des Schulsystems anzuknüpfen
hat, um zum Kampf um die Arbeitseinheitsschule fortzuschreiten.
Keiner wird mehr bestreiten, daß der Schulkampf von einer
kommunistischen Jugendorganisation im Rahmen einer
gesamtgesellschaftlichen Strategie geführt werden muß und die
revolutionären Lehrer den Schulkampf wesentlich unterstützen
können. Das zentrale Problem ist aber, wie heute vom
Organisations- und Mobilisationsstand der Arbeiterjugend aus
richtig ihr Spontaneismus und ihre Organisation im Rahmen der
Hauptschule zu entwickeln und zu entfalten ist. Viele
Oberschüler, Gymnasiallehrer und Lehrerstudenten werden außerdem
fragen, ob sie den Kampf der Arbeiterjugend unterstützen können.
Nach Lage der Dinge hängt die konkrete Beantwortung dieser Frage
ganz von der besonderen Lage der einzelnen lokalen
Mobilisationszentren der nichtrevisionistischen Arbeiterjugend
ab.
Es lassen sich hier verschiedene Möglichkeiten der
Unterstützung der Arbeiterjugend durch radikale bürgerliche
Jugend und Lehrer denken:
1. Beginn der Agitation der Arbeiterjugend am
Betriebseingang der Groß- und Mittelbetriebe dort, wo noch
keine Arbeiterjugendgruppen bestehen.
2. Die Übernahme von Schulungsaufgaben, Konfliktanalyse,
Strategieberatung dort, wo Arbeiterjugendgruppen in
Konsolidierungsprozesse eingetreten sind.
3. Der Eintritt in Arbeiterjugendorganisationen dort, wo
eine entsprechende Organisation besteht.
Das Vorantreiben der Organisation der Arbeiterjugend erhöht
mit Notwendigkeit die Möglichkeit des Kampfes um die
Arbeitseinheitsschule. Der Kampf um die Arbeitseinheitsschule
liegt im Interesse der Jugend aller Klassen, da sie alle Schüler
im Sozialismus von Unterdrückung, ideologischem Terror und
unproduktiver Ausbildung befreien wird. Allgemein lassen sich
folgende konkrete Aufbauschritte für die Schulkampffront
entwik-keln, die von einzelnen Organisationsansätzen in die
Praxis übersetzt werden können. Die Remobilisation des
Proletariats muß als Hauptkampffront im Betrieb beginnen, weil
im Betrieb die proletarischen Massen unter der Herrschaft des
Kapitals organisiert sind und die Übernahme der
Produktionsmittel die Basis für jede Veränderung der
Gesellschaft ist. Soll der Schulkampf im Zusammenhang mit der
heutigen Etappe der Organisation und Mobilisation des
Proletariats stehen, so muß er sich am Prozeß des Aufbaus von
Betriebsorganisationen orientieren. Dabei ist davon auszugehen,
daß die Arbeiterjugend überbetrieblich sich selbständig
organisiert, innerhalb des Betriebes aber Bestandteil der
Betriebsorganisation ist, um die Spaltungen von jugendlichem und
erwachsenem Proletariat aufzuheben. Bezogen auf den heutigen
Stand des Prozesses der Entwicklung von Betriebsorganisationen
in der Bundesrepublik und Westberlin muß man feststellen, daß
der Aufbau der Schulkampffront in mehrere Etappen zerfällt. Da
die Linke begonnen hat, in Berlin, Hamburg, Ruhrgebiet, München
usw. Betriebsorganisationen zu errichten, so ergäbe sich hier
für Jugendorganisationsansätze die Möglichkeit,die Betriebsfront
der Jugend von der Hauptschule her zu stärken. In dieser Phase
können deshalb die Mitglieder der Roten Zellen der
Lehrerstudenten sowie sozialistische Lehrergruppen mit
revolutionärer Berufsberatung und Aufklärung in den Endklassen
der Hauptschulen über revolutionäre Betriebsperspektive und
Organisation der Arbeiterjugend den Aufbauprozeß von
revolutionären Arbeiterjugendorganisationen auf
Betriebszellenbasis unterstützen. Sie könnten das in enger
Kooperation mit lokalen revolutionären
Jugendorganisationsansätzen tun. Die Hauptschüler können
mobilisiert von der organisierten Betriebsjugend dann, wenn
wirtschaftliche und politische Forderungen der Arbeiterjugend im
Betrieb erhoben werden, mit Beteiligung an Demonstrationen und
Streiks die Spaltung des jugendlichen Proletariats zwischen
Schule und Betrieb aufzuheben beginnen. Mit der Einführung der
Fächer Arbeitslehre und Sozialkunde verbessert sich die
Möglichkeit, daß die Arbeiterjugend innerhalb von Betriebskunde
und Betriebspraktika objektiv näher an den Hauptwiderspruch
herangerückt, sich ihren Klassenaufgaben bei entsprechender
Intervention des Lehrers bewußt wird. Wenn die ersten Schritte
der ideologischen und praktischen Vereinheitlichung zwischen
Schul- und Betriebsjugendkernen auf der Basis der
Betriebszellenorganisation in den lokalen Schwerpunkten in
Westdeutschland und Westberlin von den verschiedenen Ansätzen
kommunistischer Jugendorganisationen geleistet sind, kann die
zweite Phase an der Hauptschulfront eröffnet werden. In dieser
Etappe kann der Hauptschulkampfalle Schulklassen umfassen und
auf eine nationale Aktionseinheit und zeitliche
Vereinheitlichung hin ausgerichtet werden. Der Hauptschulkampf
in dieser Etappe hat die Politisierung der Arbeiterschuljugend
und zugleich die Verbesserung ihrer Lage unter der Perspektive
des Kampfes für die Arbeitseinheitsschule zum Ziel. In dieser
Phase müßte mit einer Voruntersuchung in den jeweiligen lokalen
Schulbereichen begonnen werden, um die konkreten Bedürfnisse der
Schüler und die besonderen Mißstände einzelner Schulen zu
ermitteln. Dabei könnten sozialistische Lehrer mit Unterstützung
der lokalen kommunistischen Jugendorganisationen
Untersuchungsaufgaben übernehmen. Nach Maßgabe der Ergebnisse
der Voruntersuchung ließen sich, anknüpfend an lokale Konflikte,
unter der Perspektive des Kampfes für die Arbeitseinheitsschule
folgende Teilziele propagieren: Einführung der 10. Klasse,
Unterricht im Fach Arbeitslehre durch ausgebildete Fachlehrer,
Senkung der Klassenfrequenzen, Schülergehalt,
Kampf gegen reaktionäre Lehrer und reaktionäre Lehrinhalte, für
die Vereinigung aller Schüler aller Schulen. Die revolutionären
Schüler könnten nach Maßgabe, ihrer politischen Entwicklung
innerhalb von Kämpfen Schulzellen bilden, die an die Stelle der
scheindemokratischen SMV's treten. Diese Schulzellen könnten
zentralisiert innerhalb einer kommunistischen Jugendorganisation
mit der Herausgabe von Schulzeitungen den Kampf an der Schule
intensivieren und den Kampf der Arbeiterjugend im Betrieb
unterstützen.
Die Gymnasiallehrer und Gymnasialschüler, die
der antiautoritäre Gymnasialkampf mobilisiert hat, können sich
schon heute in sozialistischen Schulungsgruppen
zusammenschlies-sen, die, wenn sie gleichzeitig politische
Konflikte am Arbeitsplatz aufzugreifen in der Lage sind, sich
soweit ideologisch festigen können, daß sie auch eine
Freizeittätigkeit für revolutionäre Arbeiterjugendorganisationen
übernehmen können. Fortführung und Wiederaufnahme der
Gymnasialkämpfe und die Reorganisation einer Oberschülerbasis
erhalten erst dann eine nicht-reformistische
Schulkampfperspektive, wenn sie zumindest unter Forderungen
geführt werden, die auch die Interessen der Arbeiterjugend
vertreten. Die Losung "Schüler aller Klassen vereinigt Euch
gegen den Kapitalismus unter der Führung der Arbeiterjugend"
darf aus dem Gymnasialkampf nicht mehr verschwinden.In diesem
Prozeß der Übernahme von Unterstützungs- und Bündnisfunktionen
gegenüber der Arbeiterjugend können auch die Ansätze einer
sozialistischen Lehrermassenorganisation entstehen. Nur als
Bündnispartner der Arbeiterjugend kann sich der desorganisierte
und desorientierte antiautoritäre Gymnasialkampf als
sozialistischer reorganisieren: "Die Kräfte, die die Umwälzung
der bürgerlichen Erziehung durchzuführen haben, sind die
revolutionären Schüler und Lehrer. Die einheitliche Schule der
Arbeit kann nicht das Werk irgendwelcher Dekrete und Thesen
sein. Ihre Errichtung ist in erster Linie Aufgabe der
revolutionären Schöpferkraft der Arbeiterjugend, die dem
proletarischen Befreiungskampf entspringt" (82).
Anmerkungen
1) Die Große Koalition polierte
ihr demokratisches Image auf, als sie ihren herrschaftlichen
Segen zur Neugründung einer sich endgültig bruchlos in die
parlamentarische Demokratie einreihenden DKP gab. Die Regierung
erhoffte sich vor allen Dingen einen spalterischen Einfluß der
DKP auf die außerparlamentarische Bewegung. Dieser Einfluß aber
blieb der DKP versagt, denn von Anfang an waren die Unterschiede
klar: "Wurde hier (in der Studentenbewegung, Anm. d. Verf.) in
den vergangenen Jahren die Debatte um entscheidende strategische
Fragen auf breiter Grundlage geführt, ... so drückt sich in der
organisatorischen Entwicklung und der Strategie der DKP die
Zerstörung der revolutionären Traditionen und die
Demoralisierung der deutschen Arbeiterklasse aus. Entsprechend
dem niedrigen Niveau der Klassenkämpfe in der Bundesrepublik
konnte sich noch einmal eine Arbeiterpartei etablieren, die alle
Fehler und Widersprüche der vergangenen Kämpfe in sich
vereinigt, ohne daß sie von radikalen Gruppen der Arbeiterklasse
selbst in Frage gestellt worden wäre." (DKP — eine neue
sozialdemokratische Partei. Berlin: 1969, S. 7, vgl. auch Reimut
Reiche: 5 Thesen und eine Schlußfolgerung zur DKP. In: AUSS-Info
Nr. 5/6 Anhang S. 4-6).
Die DKP tritt für eine "demokratische Erneuerung von Staat und
Gesellschaft" ein und verbreitet die Hoffnung auf eine
friedliche Überwindung des Kapitalismus. Ihr Programm ist
dementsprechend reformistisch. Das Bildungsprogramm der DKP, das
sie selbst als "reichen Fundus an Wissen, Erfahrung und
kämpferischen Elan" bezeichnet (UZ, 18.9.69, S. 13) reproduziert
diese politische Linie. Es unterscheidet sich in seiner
Zielsetzung und in seinen aktuellen Forderungen kaum von den
entsprechenden Programmpassagen bürgerlicher Parteien und
Gewerkschaften. Die DKP will durch demokratische
Bildungsreformen ein Bildungssystem schaffen, das die Menschen
befähigt, "durch Einsicht in die gesellschaftlichen
Entwicklungsgesetze ihr Leben bewußt zu gestalten und aktiv am
Kampf für den gesellschaftlichen Fortschritt teilzunehmen."
(Demokratischer Fortschritt kontra Großkapital. Düsseldorf o.J.,
S. 23). Mit der Durchsetzung folgender Teilziele will die DKP
dieses Bildungssystem erreichen: Mitbestimmung für Lehrer,
Eltern und Schüler, Einheit von demokratischen Bildungsinhalten
und demokratischen Strukturen im Bildungswesen, Einschränkung
der Rüstungsausgaben, stärkere Besteuerung des Großkapitals,
Einrichtung von Gesamtschulen und schrittweise Einführung der
Ganztagsschule, Ausbau des Sonderschulwesens, uneingeschränkte
Durchlässigkeit des Bildungssystems auf allen Ebenen (vgl.
Bildung — Gesellschaft — Zukunft, Düsseldorf o.J.). Nicht die
12-klassige proletarische Einheitsschule mit Internat, sondern
die 10-klassige "demokratische Gesamtschule" wird als Endziel
des Schulkampfes angegeben. Obwohl die DKP versucht, häufig in
Schülerstreiks und Elternproteste einzugreifen, bleibt sie mit
ihrer reformistischen Nachtrabpolitik von den Eltern- und
Schülermassen isoliert und völlig unwirksam.
Die 1968 von der DKP gegründete SDAJ (Sozialistische Deutsche
Arbeiterjugend) hat in richtiger politischer Einschätzung der
neuen Arbeiterjugendbewegung zunächst versucht, sich unter den
jugendlichen Arbeitern und Lehrlingen im Betrieb eine Basis zu
schaffen. Für die Lehrlings- und Berufsausbildung stellt die
Forderungen auf, die den Reformspielraum des Kapitalismus nicht
überschreiten, (vgl. Michels, Pfeiffer: Lehrlingsbuch. Frankfurt
1971, S. 53f).Aufgrund der Radikalisierung der heutigen
Arbeiterjugend ist es ihr gelungen, Lehrlingsdemonstrationen und
Streiks zu organisieren. In ihrer Schülerarbeit war die SDAJ
nicht so erfolgreich. Obwohl es ihr gelang, regionale
AUSS-Vorstände wie z.B. in Nordrhein-Westfalen und in Hamburg zu
übernehmen, scheiterten ihre Versuche, den AUSS-Vorstand in
Frankfurt zu besetzen. Die SDAJ hat es bis heute auch versäumt,
ein spezielles Schulprogramm auszuarbeiten. Sie übernimmt im
allgemeinen im Hinblick auf ein neues Bildungssystem die
Teilziele der DKP. Beide Organisationen glauben, mit einer
Strategie der Unterordnung der außerparlamentarischen Aktionen
unter das Primat des parlamentarischen Weges des Sozialismus,
eine Schule im Interesse der Arbeiterkinder durchsetzen zu
können. Der Schulkampf der DKP und SDAJ entbehrt jeder
revolutionären Perspektive. Er kann weder die Rechte der
Arbeiterkinder verteidigen noch erkämpfen, weil er lediglich
bürgerliche Schulreformpolitik im Proletariat verbreitet.
2) Ernest Mandel: Die Rolle der
Intelligenz im Klassenkampf, in: Alternative, 14. Jahrgang 1971,
Heft 77, S. 62
3) 4 vgl. Joscha Schmierer: Zur
Analyse der Studentenbewegung in: Rotes Forum, Heidelberg 1969,
Nr. 5, Berhard Dressler: Die Studentenbewegung als Krise der
Bourgeoisie in: Roter Kurs, Göttingen 1970, Sondernummer Juni/
Juli, Werner Hofmann: Zur Soziologie der Studentenbewegung in:
ders: Abschied vom Bürgertum, Frankfurt 1970, Hans G. Helms:
Linksradikalismus unter monopol- kapitalistischen Bedingungen
in: ders: Fetisch Revolution, Neuwied 1969
4) Zur anti-autoritären
Studentenbewegung in: Kommunistisches Forum, Göttingen 1971, 1.
Jahrgang Nr. 2, S.If
5) 26 Karl Heinz Roth: Joscha
Schmierers Marsch in die syndikalistische Sackgasse, in:
Strategie- und Organisationsdebatte, Hannover 1970, S. 58
6) Bernd Rabehl: Der SDS und
die Strategie der direkten Aktionen in Westeuropa, in: Neue
Kritik, 1968, Nr. 50, S. 36
7) Neue Kritik, 1968, Nr.
50, S. 83
8) Neue Kritik, 1961, Nr. 8, S.
5
9) Bernd Rabehl, a.a.O.,
S. 44
10) ebenda, S. 52
11) Jürgen Habermas:
Protestbewegung und Hochschulreform, Frankfurt 1969, S. 161
12) Bedingungen und
Organisation des Widerstands. Der Kongreß in Hannover, Berlin
1967, S. 82
13) Joscha Schmierer: Die
theoretischen Auseinandersetzungen vorantreiben, in: Strategie-
und Organisationsdebatte, Hannover 1970, S. 94
14) Zur marxistischen Kritik
der Kritischen Theorie vgl.: Hans G. Helms: Fetisch Revolution,
Berlin 1969, Hans Heinz Holz: Utopie und Anarchie, Köln 1968,
Robert Steigerwald: Herbert Marcuses dritter Weg, Köln 1969, Die
Frankfurter Schule im Lichte des Marxismus, Frankfurt 1970,
Antworten auf Herbert Marcuse, Frankfurt 1968
15) 36 Uwe Bergmann u.a.:
Rebellion der Studenten, Reinbek 1968, S. 93
16) Neue Kritik 1967, Nr.
41, S. 34
17) ebenda, S. 32
18) vgl. Haug/Maessen:
Was wollen die Schüler? Frankfurt 1969, S. 34f
19) vgl. ebenda S. 48
20) AUSS-Info 1969, Nr. 5/6, S.
5
21) vgl. Reimut Reiche;
Sexualität und Klassenkampf, Frankfurt 1968, S. 8ff
22) Haug/Maessen, a.a.O., S.
55f
23) Manfred Liebel/Franz
Wellendorf: Schülerselbstbefreiung, Frankfurt 1969, S. 96
24) ebenda, S. 97
25) ebenda, S. 98
26) ebenda, S. 102
27) IIan
Reisin: Über die Eigenständigkeit der Schülerbewegung
in: Günter Amendt u.a.: Kinderkreuzzug, Reinbek 1968, S. 68
28) Ezra Gerhardt: Über
die Praxis der Schülerbewegung, in: G. Amendt: a.a.O., S. 80
29) ebenda, S. 80
30) ebenda, S. 72
31) Haug/Maessen, a.a.O., S. 74
.
32) ebenda, S. 74
33) ebenda, S. 74
34) ebenda, S. 75
35) Informationsdienst des
Sozialistischen Lehrerbundes, Offenbach 1970, Nr. 4, S. 3
36) ebenda, S. 7
37) vgl. Gesucht: Organisation
für linke Lehrer in: Kooperative, Frankfurt
1969, Nr. l, S. 16
38) Antifaschistische
Bewegungen der Jugendlichen und Studenten stürmen durch
Westdeutschland und Westberlin, in: Peking Rundschau 1968, Nr.
16, S. 16
39) Neue Kritik, 1968, Nr. 50,
S. 68
40) Konkret, März 1968, S. 6
41) Rudi Dutschke in Prag, in:
Konkret, Mai 1968, Nr. 5, S. 23
42) Volkhard Mosler:
Bedingungen revolutionärer Betriebsarbeit heute, in: Neue
Kritik, 1968, Nr. 48/49, S. 17
43) vgl. Rudi Schmidt:
Betriebsarbeit und Organisationsfrage, in: Sozialistische
Politik, 1971, Nr. 10, S.100ff
44) SDS-Info 9 vom 20.3.1969,
S. 3
45) SDS-Info 21, S. l
46) Haug/Maessen, a.a.O.,
S. 58
47) Ezra Gerhardt, a.a.O., S.
81
48) vgl. Ulf Preuss-Lausitz:
Emanzipation der Schüler, in: Blätter für deutsche und
internationale Politik, 1970, Heft 2, S. l 57
49) Roth/Kanzow, a.a.O., S. 288
50) Manfred Liebel/Franz
Wellendorf, a.a.O., S. 104
51) AUSS-Info, a.a.O., S. 85
52) Zit. n. Liebel/Wellendorf,
a.a.O., S. 193
53) ebenda, S. 169
54) ebenda, S. 169
55) Hans-jochen Gamm: Kritische
Schule, München 1970, S. 105
56) ebenda, S. 223
57) Heinz-Joachim Heydorn: Über
den Widerspruch von Bildung und Herrschaft, Frankfurt 1970, S.
329
58) Heinz-Joachim Heydorn:
Ungleichheit für alle, in: Das Argument, 11. Jahrgang, 1969, Nr.
54, Heft 5/6, S. 388
59) Liebel/Wellendorf, a.a.O.,
S. 174
60) Peter Brandt: Über
die Bedeutung einer sozialistischen Schülerorganisation, in G.
Amendt: a.a.O., S. 124
61) ebenda, S. 126
62) AUSS: Sozialistische Praxis
im Schulkampf, Berlin 1969, S. 41
63) ebenda, S. 41
64) vgl. ebenda, S. 101
65) Rote Presse Korrespondenz,
Berlin 1970, 2. Jahrgang, Nr. 46/47, S. 9
66) ebenda, S. 8
67) ebenda, S. 9
68) Rote Skizze, Kiel 1970,
Januar Nr. l, S. 19
69) Rotes Blatt München, 1.
Jahrgang, Nr. 7/8, S. 19
70) Zur Kritik und Selbstkritik
der Arbeit in den Schülerläden Westberlins, Berlin 1970, S. 41
71) Rotes Blatt München, 2.
Jahrgang 1971, Nr. 28, S. 7
72) Rolf-Jürgen Priemer:
Arbeiterjugend nimmt den Kampf auf, in: Marxistische Blätter, 7.
Jahrgang 1969, Heft 4, S. 8f, vgl. Ernest Mandel: Die
Radikalisierung der Jugend, Mannheim 1970
73) vgl. Verzeichnis von
Lehrlingszentren bei Haug/Maessen: Was wollen die Lehrlinge? ,
Frankfurt 1971, S. 279-282
74) Junge Garde; Manifest,
Bochum 1970, S. 32
75) ebenda, S. 32
76) Die Junge Garde, 1970,
Oktober, S. 16
77) Ernest Mandel, a.a.O., S. 2
78) Programmatische Erklärung
der Proletarischen Front, in: Die Proletarische Front,
Hamburg, I.Jahrgang, 1971, Nr. l, S. 11
79) ebenda, S. 13f
80) ebenda, S. 14
81) ebenda, S. 14
82) Schulkampf l, Frankfurt
1970, S. 95