Die Bauarbeiter der Lindsey
Oil Refinery (LOR), die über vierzehn Tage lang im Streik waren,
haben einen überragenden Sieg errungen. Sämtliche Forderungen
der KollegInnen sind erfüllt worden. Die 647 von den
Konzernchefs ausgesprochenen Kündigungen sind zurückgenommen
worden, die 51 Kündigungen sind aufgehoben und allen
Beschäftigten wird eine Weiterbeschäftigung von mindestens vier
weiteren Wochen garantiert. Das wäre auch der Fall gewesen,
hätte Blackett and Charlton sie eingestellt und bedeutet so viel
Arbeit wie möglich.
Erreicht wurde dieser Sieg durch die Kampfbereitschaft und
Entschlossenheit der LOR-ArbeiterInnen, die in einen wilden
Streik getreten waren, sowie durch die Solidaritätsarbeit von
KollegInnen an wenigstens 30 anderen Standorten (darunter auch
Kraftwerke und Produktionsstätten der petrochemischen
Industrie). Dieser ausgeübte enorme Druck auf die hauptamtlichen
Funktionäre der Gewerkschaften GMB (mit über 600.000 Mitgliedern
und Betriebsgruppen in 34 der 50 größten Firmen des Landes eine
der größten brit. Gewerkschaften für zahlreiche Branchen; Anm.
d. Übers.) und UNITE (eine der größten brit.
Industriegewerkschaften; Anm. d. Übers.), die den wilden Streik
anfangs ablehnten, zwang diese dann dazu, den Arbeitskampf zu
einem offiziellen Streik auszurufen, als den 647 KollegInnen
gekündigt wurde.
Entscheidend dabei war die Rolle, die die Betriebsräte und
Vertrauensleute sowie das Streikkomitee bei LOR spielten. Sie
übten eine eindeutige und kompromisslose Führung aus. Das
Vertrauensleutekomitee wurde auf Vorschlage des Socialist
Party-Mitglieds Keith Gibson in der zweiten Woche des Konflikts
zu einem Streikkomitee ausgeweitet. Am Ende gehörten ihm drei
Mitglieder der Socialist Party an.
Die Socialist Party produzierte ein fast täglich erscheinendes
Informationsblatt, das Vorschläge für das weitere Vorgehen
enthielt, von denen einige auch umgesetzt wurden. Diese
Informationsblätter wurden von Streikposten zu Hunderten auch
vor Betrieben verteilt, die so weit weg lagen wie z.B. Teesside,
Elsmere port, South Wales und Nottinghamshire. Da die
ArbeiterInnen nach Lösungsmöglichkeiten suchen und der Socialist
Party gegenüber ihre Unterstützung Ausdruck verliehen, konnten
in den zwei Wochen des Kampfes 93 Ausgaben von The Socialist,
der Wochenzeitung der Socialist Party an den Mann und die Frau
gebracht werden.
Gewerkschaftsfeindliche Gesetze
beiseite geschoben
Aus dem Konflikt können viele wichtige Lehren gezogen werden.
Die gewerkschaftsfeindlichen Gesetze wurden durch entschlossene
Streikmaßnahmen und Solidarität beiseite geschoben. Es war das
dritte Mal seit Jahresbeginn, dass Bauleute in einen wilden
Streik getreten sind.
Eine weitere wichtige Lehre ist aus der Rolle zu ziehen, die die
Betriebsräte und Vertrauensleute sowie das Streikkomitee
einnehmen konnten. Auch der Stellenwert der täglichen
Versammlungen aller KollegInnen, wo alle ArbeiterInnen sich in
die Debatte einbringen und Fragen stellen konnten, war und ist
wesentlich.
Es ist wichtig hervorzuheben, dass der wilde Streik
offensichtlich fest und stark war und dass dies die Grundlage
dafür legte, dass der Arbeitskampf schließlich auch offizielle
Unterstützung erhielt. Letzteres machte den ArbeiterInnen
natürlich noch einmal Mut und gab ihnen Selbstvertrauen.
Wenn der Januar-Streik diese Unterstützung von offizieller
Gewerkschaftsseite von Anbeginn gehabt hätte, dann hätten
Gewerkschaftsfahnen und -transparente die „BJ4BW“-Slogans in den
Hintergrund gedrängt („BJ4BW“ steht für die nationalistische
Forderung: „British Jobs for British Workers“, was auf deutsch
soviel bedeutet wie: „Britische Arbeitsplätze für britische
Arbeiter“; Erg. d. Übers.). Das unterstreicht, wie nötig
kämpferische Gewerkschaften sind und wie wichtig es ist, dass
die hauptamtlichen Funktionäre gewählt und mit einem
durchschnittlichen Facharbeiterlohn vergütet werden.
Eben wegen dieser „BJ4BW“-Banner wollten einige Linke den Streik
im Januar und Februar nicht unterstützen. Aber der Streik im
Winter war in erster Linie auf die Verteidigung
gewerkschaftlicher Rechte und gegen die Versuche der
Konzernherren ausgerichtet, die ArbeiterInnen aufgrund von
Staatsangehörigkeit zu spalten, indem sie ArbeiterInnen aus dem
Ausland zu Niedriglöhnen beschäftigen wollten. Damit wollten die
Arbeitgeber ein landesweites Abkommen mit dem „Wettlauf nach
unten“ untergraben.
Der im Februar und später noch einmal im Mai errungene Sieg, als
16 Produktionsstätten in Solidarität mit dem Betrieb in South
Hook in Wales eingriffen, gab den ArbeiterInnen bei LOR
Zuversicht, um nun diese Sache über zweiundhalb Wochen
durchzuziehen.
Im Januar stellten SozialistInnen aus dem Streikkomitee den
„BJ4BW“-Slogans Forderungen nach Klasseneinheit entgegen und der
nun zu Ende gegangene Konflikt appellierte an die KollegInnen
bei TOTAL im belgischen Antwerpen und führte auch zu
Unterstützung von dort.
Dennoch wird dieser Sieg nicht das letzte Wort bleiben. Die
Schlacht ist zwar gewonnen, der Kampf aber noch nicht vorüber.
Die Arbeitgeber werden weiterhin vorhaben, landesweite Abkommen
und auch die Gewerkschaften zu brechen. Dieser Sieg aber hat den
Widerstand der ArbeiterInnen gestärkt. Der Arbeitgeber - sowohl
bei TOTAL als auch die Subunternehmer - haben die Belegschaft
vollkommen unterschätzt. Die Massenentlassung machte deutlich,
dass es bei diesem Konflikt um schlagkräftige
Gewerkschaftsarbeit und das landesweite Abkommen ging.
Die Arbeitgeber haben vollkommen kapituliert, doch sie wollen
weiterhin das landesweite Abkommen aushebeln. Trotzdem sind sie
nun erst einmal geschwächt worden.
Es wird nun von beiden Gewerkschaften eine landesweite
Abstimmung vorbereitet, da die Arbeitgeber es ablehnen, ein
Lohnangebot vorzulegen oder überhaupt Arbeitsplatzgarantien im
Rahmen des NAECI-Abkommens bis 2010 zu geben.
Mit dem Auftrieb, den der jüngste Erfolg gebracht hat, ist bei
dieser Abstimmung ein eindeutiges „Ja“ zu erwarten. Arbeitgeber
und Regierung werden wissen, dass - sollten sie nicht nachgeben
- die Bauleute so lange streiken werden, bis ihre Forderungen
erfüllt sind.
Editorische
Anmerkungen
Der Text
erschien am 28.6.09 bei
sozialismus.info
Die Website
der SAV - Sozialistische Alternative
Wir
spiegelten von dort.
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