„Patrioten
aller Länder, vereinigt Euch“: Unter dieses Motto wollte der
Vizepräsident des Front National (FN), der
Europaparlamentarier Bruno Gollnisch, seine Reise nach Japan
gestellt sehen. Auf der Reise begleitete ihn auch der alternde
Parteichef Jean-Marie Le Pen, auch wenn der 82jährige nicht an
Gollnischs Pressekonferenz dazu teilnahm. Bei ihr hatte
Gollnisch die Pläne der Reisenden am Montag, den 09. August in
Paris angekündigt. Beide Herren weilten für die Dauer vom 12.
bis 18. August in dem ostasiatischen Archipelstaat.
In Japan nehmen
die beiden rechtsextremen Franzosen vom Donnerstag bis Sonntag,
12. bis 15. August an einer internationalen „Konferenz der
Nationalisten, Patrioten und Verteidiger der Identität ihrer
Völker“ teil. Organisiert wurde sie durch die japanische
rechtsextreme Vereinigung Issuikai, die 1972 gegründet wurde und
seit dem Jahr 2000 unter dem Vorsitz des 54jährigen Mitsuhiro
Kimura steht. Kimura hatte auch vor nunmehr sechs Jahren an
einer „Sommeruniversität“ des französischen Front National in
Nizza teilnahm.
Die kleine Partei, die nicht mehr maximal ein paar hundert
Mitglieder – manche Quellen sprechen sogar nur von einhundert -
haben dürfte, ist ein Bestandteil der zerklüfteten
ultranationalistischen Szene Japans. In dem Inselstaat existiert
keine vereinigte Partei der extremen Rechten. Wohl aber bestehen
eine Reihe von Splitergruppen, die gegen jede „Beschmutzung“ des
Andenkens an die japanische Kriegsführung im Zweiten Weltkrieg
eintreten und gegenläufige Veranstaltungen oder Demonstrationen
oft mit Gewalt attackieren. Eine wichtige Besonderheit von
Issuikai besteht dabei darin, dass sie – gleichzeitig zu ihrem
Ultranationalismus und neben ihm – auch eine ausgeprägt
„internationalistische“ Ausrichtung hat. Das bedeutet, dass die
Gruppierung das Bündnis mit anderen, ihr ideologisch nahe
stehenden Kräften weltweit sucht und dabei (wesentlich stärker
als das Gros der japanischen Rechtsextremen) über den Tellerrand
der „eigenen“ Nation hinausblickt.
Issuikai lehnt - wie vergleichbare Gruppierungen - das Bündnis
Japans mit den USA ab, das die konservativen Eliten nach 1945
eingingen, um ähnlich wie in Westdeutschland eine
innenpolitische Restauration zu ermöglichen. Die Gruppierung
leugnet oder verharmlost japanische Verbrechen im Zweiten
Weltkrieg wie das Massaker von Nanking (1937) oder die
Zwangsprostitution von 200.000 meist koreanischen Frauen in den
Armee. Auf internationaler Ebene hatte sie Kontakte zum früheren
irakischen Regime unter Saddam Hussein geknüpft.
An ihrer diesjährigen Zusammenkunft nehmen auch Vertreter der
österreichischen FPÖ, der ungarischen antisemitischen Partei
Jobbik, der britischen BNP – für die ihr Vizechef Adam Walker
anreiste -, des belgischen Vlaams Belang sowie rumänische,
ukrainische und portugiesische Rechtsextreme teil. Bei den
zweitägigen Debatten am Donnerstag und Freitag, 12./13. August
ging es um die „Souveränität der Nationen und den Einfluss der
Globalisierung auf sie“, um die Alterung der Bevölkerung in
Europa und Japan sowie deren „Auswirkung auf die Identität der
Völker“ sowie um den „psychologischen Krieg“, den die Gegner der
Nationalisten gegen dieselben führten.
Auf dem Besuchsprogramm stand auch, am vergangenen Samtstag, den
14. August, der Besuch bei dem umstrittenen Yakusuni-Schrein. An
ihm werden gefallene 2,5 Millionen japanische Soldaten der Jahre
1868 bis 1951 geehrt. Unter ihnen sind auch 14 Kriegsverbrecher,
die nach dem Zweiten Weltkrieg zum Tode verurteilt wurden und
von denen sieben hingerichtet wurden. Bruno Gollnisch erklärte
auf seiner Pressekonferenz dazu: „Es gibt die guten
Kriegsverbrecher, das sind die Sieger. Und es gibt die
schlechten Kriegsverbrecher: die Besiegten. 65 Jahre nach dem
Ende des Zweiten Weltkriegs werde ich mich nicht an dieser
Rhetorik beteiligen, sie interessiert mich nicht.“ Jean-Marie Le
Pen äußerte sich ähnlich und verwies dabei auf den Abwurf von
US-Atombomben auf die Städte Hiroshima und Nagasaki. Ihr Besuch
an dem Kriegsverbrecherschrein erfolgte am Vortag des 65.
Jahrestag der japanischen Kapitulation vom 15. August 1945.
Er wurde vor allem in China und Korea äußerst kritisch verfolgt.
Am Sonntag, den 15.08. folgte dann noch ein Besuch bei dem,
weniger umstrittenen, Kaiserschrein Meji (Medschi).
Ein Japankenner
Bruno Gollnisch war bis 2004 Universitätsprofessor für Jura und
für japanische Zivilisation in Lyon, bevor er infolge von den
Holocaust relativierenden Äußerungen zwangspensioniert wurde. Er
gilt als guter Japankenner und beherrscht mehrere ostasiatische
Sprachen – die er in den späten sechziger Jahren erlernte, weil
er als damaliger junger Marineoffizier zunächst für einen
militärischen Nachrichtendienst arbeiten wollte. Er ist ferner
mit einer Japanerin verheiratet. Neben Jean-Marie Le Pens
Tochter Marine, die auf der Reise nicht dabei war, ist einer von
beiden offiziellen Kandidaten für den Parteivorsitz auf dem
bevorstehenden Kongress am 15./16 Januar 2011. Der alternde
Parteichef, der den FN seit seiner Gründung im Oktober 1972
ununterbrochen anführte, wird dann offiziell in Pension gehen,
freilich noch „beratende“ Funktionen für die Parteiführung
einnehmen, und seine Memoiren zu Ende verfassen.
Die bevorstehende „Verrentung“ von Le Pen senior sei einer der
Gründe gewesen, so der japanische Gastgeber Kimura, warum man
die Konferenz noch in diesem Sommer habe durchführen wollen.
Aber schon im kommenden Jahr 2011 solle es eine Neuauflage
geben. Bruno Gollnisch bezeichnete die Zusammenkunft als eine
„weltweite Premiere“: „Wir haben viel Kontakte unter Europäern.
Aber wir haben nicht alle Kontakt zu außereuropäischen Ländern.
Ich denke, dies war der Beginn eines interkulturellen Dialogs
mit Ländern, die sich von den unseren sehr unterscheiden.“ Es
habe sich gezeigt, dass Japan ähnliche Probleme habe wie die
alten europäischen Nationen. Vor allem solche der Demografie,
die laut Jean-Marie Le Pen „ein wesentliches Problem der
Geopolitik“ darstelle.
Editorische Anmerkung
Den Artikel
erhielten wir vom Autor für diese Ausgabe.
|