Der Internationalismus der Nationalisten
Zwei Chefs des Front National bei japanischen Rechtsextremen zu Gast – Freunde der historischen Achsenmächte treffen sich

von Bernard Schmid

7-8/10

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„Patrioten aller Länder, vereinigt Euch“: Unter dieses Motto wollte der Vizepräsident des Front National (FN), der Europaparlamentarier Bruno Gollnisch, seine Reise nach Japan gestellt sehen. Auf der Reise begleitete ihn auch der alternde Parteichef Jean-Marie Le Pen, auch wenn der 82jährige nicht an Gollnischs Pressekonferenz dazu teilnahm. Bei ihr hatte Gollnisch die Pläne der Reisenden am Montag, den 09. August in Paris angekündigt. Beide Herren weilten für die Dauer vom 12. bis 18. August in dem ostasiatischen Archipelstaat.

In Japan nehmen die beiden rechtsextremen Franzosen vom Donnerstag bis Sonntag, 12. bis 15. August an einer internationalen „Konferenz der Nationalisten, Patrioten und Verteidiger der Identität ihrer Völker“ teil. Organisiert wurde sie durch die japanische rechtsextreme Vereinigung Issuikai, die 1972 gegründet wurde und seit dem Jahr 2000 unter dem Vorsitz des 54jährigen Mitsuhiro Kimura steht. Kimura hatte auch vor nunmehr sechs Jahren an einer „Sommeruniversität“ des französischen Front National in Nizza teilnahm.

Die kleine Partei, die nicht mehr maximal ein paar hundert Mitglieder – manche Quellen sprechen sogar nur von einhundert - haben dürfte, ist ein Bestandteil der zerklüfteten ultranationalistischen Szene Japans. In dem Inselstaat existiert keine vereinigte Partei der extremen Rechten. Wohl aber bestehen eine Reihe von Splitergruppen, die gegen jede „Beschmutzung“ des Andenkens an die japanische Kriegsführung im Zweiten Weltkrieg eintreten und gegenläufige Veranstaltungen oder Demonstrationen oft mit Gewalt attackieren. Eine wichtige Besonderheit von Issuikai besteht dabei darin, dass sie – gleichzeitig zu ihrem Ultranationalismus und neben ihm – auch eine ausgeprägt „internationalistische“ Ausrichtung hat. Das bedeutet, dass die Gruppierung das Bündnis mit anderen, ihr ideologisch nahe stehenden Kräften weltweit sucht und dabei (wesentlich stärker als das Gros der japanischen Rechtsextremen) über den Tellerrand der „eigenen“ Nation hinausblickt.

Issuikai lehnt - wie vergleichbare Gruppierungen - das Bündnis Japans mit den USA ab, das die konservativen Eliten nach 1945 eingingen, um ähnlich wie in Westdeutschland eine innenpolitische Restauration zu ermöglichen. Die Gruppierung leugnet oder verharmlost japanische Verbrechen im Zweiten Weltkrieg wie das Massaker von Nanking (1937) oder die Zwangsprostitution von 200.000 meist koreanischen Frauen in den Armee. Auf internationaler Ebene hatte sie Kontakte zum früheren irakischen Regime unter Saddam Hussein geknüpft.

An ihrer diesjährigen Zusammenkunft nehmen auch Vertreter der österreichischen FPÖ, der ungarischen antisemitischen Partei Jobbik, der britischen BNP – für die ihr Vizechef Adam Walker anreiste -, des belgischen Vlaams Belang sowie rumänische, ukrainische und portugiesische Rechtsextreme teil. Bei den zweitägigen Debatten am Donnerstag und Freitag, 12./13. August ging es um die „Souveränität der Nationen und den Einfluss der Globalisierung auf sie“, um die Alterung der Bevölkerung in Europa und Japan sowie deren „Auswirkung auf die Identität der Völker“ sowie um den „psychologischen Krieg“, den die Gegner der Nationalisten gegen dieselben führten.

Auf dem Besuchsprogramm stand auch, am vergangenen Samtstag, den 14. August, der Besuch bei dem umstrittenen Yakusuni-Schrein. An ihm werden gefallene 2,5 Millionen japanische Soldaten der Jahre 1868 bis 1951 geehrt. Unter ihnen sind auch 14 Kriegsverbrecher, die nach dem Zweiten Weltkrieg zum Tode verurteilt wurden und von denen sieben hingerichtet wurden. Bruno Gollnisch erklärte auf seiner Pressekonferenz dazu: „Es gibt die guten Kriegsverbrecher, das sind die Sieger. Und es gibt die schlechten Kriegsverbrecher: die Besiegten. 65 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs werde ich mich nicht an dieser Rhetorik beteiligen, sie interessiert mich nicht.“ Jean-Marie Le Pen äußerte sich ähnlich und verwies dabei auf den Abwurf von US-Atombomben auf die Städte Hiroshima und Nagasaki. Ihr Besuch an dem Kriegsverbrecherschrein erfolgte am Vortag des 65. Jahrestag der japanischen Kapitulation vom 15. August 1945.

Er wurde vor allem in China und Korea äußerst kritisch verfolgt. Am Sonntag, den 15.08. folgte dann noch ein Besuch bei dem, weniger umstrittenen, Kaiserschrein Meji (Medschi).

Ein Japankenner

Bruno Gollnisch war bis 2004 Universitätsprofessor für Jura und für japanische Zivilisation in Lyon, bevor er infolge von den Holocaust relativierenden Äußerungen zwangspensioniert wurde. Er gilt als guter Japankenner und beherrscht mehrere ostasiatische Sprachen – die er in den späten sechziger Jahren erlernte, weil er als damaliger junger Marineoffizier zunächst für einen militärischen Nachrichtendienst arbeiten wollte. Er ist ferner mit einer Japanerin verheiratet. Neben Jean-Marie Le Pens Tochter Marine, die auf der Reise nicht dabei war, ist einer von beiden offiziellen Kandidaten für den Parteivorsitz auf dem bevorstehenden Kongress am 15./16 Januar 2011. Der alternde Parteichef, der den FN seit seiner Gründung im Oktober 1972 ununterbrochen anführte, wird dann offiziell in Pension gehen, freilich noch „beratende“ Funktionen für die Parteiführung einnehmen, und seine Memoiren zu Ende verfassen.

Die bevorstehende „Verrentung“ von Le Pen senior sei einer der Gründe gewesen, so der japanische Gastgeber Kimura, warum man die Konferenz noch in diesem Sommer habe durchführen wollen. Aber schon im kommenden Jahr 2011 solle es eine Neuauflage geben. Bruno Gollnisch bezeichnete die Zusammenkunft als eine „weltweite Premiere“: „Wir haben viel Kontakte unter Europäern. Aber wir haben nicht alle Kontakt zu außereuropäischen Ländern. Ich denke, dies war der Beginn eines interkulturellen Dialogs mit Ländern, die sich von den unseren sehr unterscheiden.“ Es habe sich gezeigt, dass Japan ähnliche Probleme habe wie die alten europäischen Nationen. Vor allem solche der Demografie, die laut Jean-Marie Le Pen „ein wesentliches Problem der Geopolitik“ darstelle.
 

Editorische Anmerkung

Den Artikel erhielten wir vom Autor für diese Ausgabe.