Gustav Adolf
Ein Fürstenspiegel zu Lehr und Nutzen der deutschen Arbeiter

von Franz Mehring (1908)

5. Gustav Adolfs schwedische Politik

Was den König von Schweden zum Einfall in Deutschland veranlasste, war ausschließlich eine weltliche Machtfrage: die Frage, wer über die Ostsee herrschen sollte. Gustav Adolf selbst hat in seinem Briefwechsel mit seinem Kanzler Oxenstierna, in seinen Verhandlungen mit den schwedischen Ständen niemals einen anderen Grund angegeben. Um den protestantischen Glauben in Deutschland zu retten, hätte er nicht einen Mann, nicht einen Taler geopfert. Was er diesem idealen Zwecke opferte, waren einige Ballen wertloser Makulatur, in denen er sich als Schirmherr des Protestantismus aufspielte, um die gärende Stimmung der deutschen Protestanten für seine Eroberungszwecke auszunutzen. Ähnlich wie es um mehr als hundert Jahre später der preußische Friedrich für ähnliche Zwecke trieb. Was der preußische König in der Instruktionsschrift für seine Generale sagt: „Man beschuldigt den Feind von den allerschlimmsten Absichten, so er gegen das Land hege. Ist solches protestantisch wie in Sachsen, so spielet man die Role eines Beschützers der Lutherischen Religion; ist das Land Catholisch, so spricht man von nichts als Tolerance. Was euch hierin noch übrig bleibt, ist der Fanatismus. Wenn man ein Volck wegen seiner Gewissens-Freiheit animiren, auch ihm beybringen kann, dass es von den Pfaffen und Devoten bedrücket wird, so kann man sicher auf dieses Volck rechnen; das heißt eigentlich, Himmel und Hölle vor euer Interesse bewegen", das verstand der schwedische König schon aus dem Effeff. Nur dass, dem Unterschiede der Zeiten entsprechend, der Schwede ebenso naiv verfahren mochte, wie der Preuße zynisch verfuhr.

Denn freilich waren die schwedischen Könige harte Lutheraner. Sie mussten es aus politischen Gründen sein. Von der mittelalterlichen Kirche hatte Schweden wenig Gutes, aber viel Übles erfahren. Die katholische Geistlichkeit war so reich, wie das Land arm war. Es erhob sich kaum irgendein Widerstand, als auf dem Raube ihrer großen Güter Gustav Wasa im sechzehnten Jahrhundert die neue Monarchie gründete. Er musste dabei mit dem mächtigen Adel teilen. Die Städte standen noch auf einer niedrigen Stufe; sie besaßen nichts als einen Haufen von Schärenbooten und andere Armseligkeiten, die, wie Gustav Wasa sagte, weder Hilfe noch Trost versprachen. Noch konnte er nicht daran denken, das Erbe der verfallenden Hansa, die Herrschaft über die Ostsee, anzutreten. Bei seinem Tode im Jahre 1560 betrieben erst 62 schwedische Schiffe auswärtigen Handel. In seinem Testamente erklärte Gustav Wasa die lutherische Religion als die Grundlage der schwedischen Monarchie und verpflichtete seine Nachkommen, nie von ihr zu weichen.

Die Notwendigkeit dieses Rats erprobte sich sehr praktisch, als Erich, sein ältester Sohn und Nachfolger, von Johann, einem jüngeren Sohne Gustav Wasas, mit Hilfe des Adels gestürzt und nach längerer Gefangenschaft vergiftet wurde. Johann wurde durch eine, an einem damaligen Fürsten sehr merkwürdige Sentimentalität, durch Gewissensbisse über seinen Brudermord, in die Arme der Jesuiten gejagt. Er betrieb eine katholische Restauration und ließ seinen Sohn Sigismund zum Könige von Polen wählen. Ein polnisch-schwedisches Reich schien die Herrschaft über die Ostsee sicher zu verbürgen. Aber die große Masse der schwedischen Bevölkerung war mit ihren ökonomischen Interessen an die Reformation geknüpft. Als Sigismund nach dem Tode Johanns von Polen herüberkam, um sein schwedisches Erbe anzutreten und die katholischen Restaurationsversuche seines Vaters fortzusetzen, stieß er auf einen unüberwindlichen Widerstand. Sein Oheim Karl, der jüngste Sohn Gustav Wasas, entriss ihm die Krone, um sie auf sein eigenes Haupt zu setzen. Es blieb dabei, dass, wer in Schweden herrschen wollte, ein harter Lutheraner sein musste.

Ein harter Lutheraner, denn wie die Voraussetzungen des Jesuitismus, so fehlten in Schweden auch die Voraussetzungen des Calvinismus. Der Adel war übermächtig und hatte die Zwistigkeiten innerhalb des Königshauses trefflich für seine Zwecke ausgenutzt. Die schwedischen Bauern waren im Mittelalter nicht leibeigen gewesen; sie in erster Reihe hatten Gustav Wasa auf den Thron erhoben. Aber wie dieser ihnen schon mit schnödem Undanke gelohnt hatte, so drückten seine Nachfolger sie gewaltsam in die Dienstbarkeit des Adels. An die Macht der Junker reichten die Städte nicht heran. Wohl waren die Nachfolger Gustav Wasas in den Kampf um die Herrschaft über die Ostsee eingetreten, und König Erich hatte aus dem Bankrott der geistlichen Ordensherrschaft in den baltischen Provinzen Estland erworben, während Livland an Polen fiel und Kurland von einem Ordensmeister als weltliches Herzogtum in die Tasche gesteckt wurde. Aber die inneren Wirren hinderten eine kräftige Machtentfaltung nach außen, und als König Karl die lutherische Monarchie wiederhergestellt hatte, warf er das Reich durch den unmöglichen Versuch, gleichzeitig den Adel durch blutige Strenge zu bändigen und im Kampfe mit Dänemark, Polen und Russland die Herrschaft über die Ostsee zu erringen, in neue Zerrüttung.

Karl starb im Jahre 1611, und ihm folgte sein Sohn Gustav Adolf im Alter von 17 Jahren. Er begann seine Regierung kläglich genug mit dem Frieden von Knäröd, den er durch demütigende Bedingungen von den Dänen erkaufte, die tief in das schwedische Reich eingedrungen waren. Noch aber schwebten alte Kämpfe mit Polen und Russland, noch hatte selbst der polnische König Sigismund seine Ansprüche auf die schwedische Krone nicht aufgegeben, er behandelte Gustav Adolf als Usurpator. Der junge König hatte nur einen Weg, seine Krone zu sichern: Er musste die Macht, die der schwedische Adel tatsächlich besaß, auch rechtlich anerkennen. Er gab der schwedischen Ritterschaft das entscheidende Wort auf den Reichstagen, er gab ihr neue Rechte über die Bauern, er gab ihr die Offiziersstellen des Heeres, er tat keinen Schritt ohne ihre Zustimmung in der auswärtigen Politik, kurz, die schwedischen Junker gewannen eine so überwiegende Stellung, dass sie mit ihren „fürnehmen Privilegien" verächtlich auf den deutschen Adel als einen „Sklaven der Fürsten" herabsahen und sich mit den reichsunmittelbaren Fürsten in Deutschland verglichen. Der Vergleich hinkte, denn das kleine Schweden besaß die Bedingungen nationaler Einheit, die dem großen Deutschland fehlten; die schwedischen Junker brauchten die monarchische Gewalt, welche die deutschen Fürsten unablässig zu zerstören trachteten. Aber in ihrer völligen Herrschaft über diese Gewalt mochten sie sich wohl als die wahren Souveräne des Landes betrachten.

Gustav Adolf selbst tat mit seinen Zugeständnissen an die schwedische Ritterschaft genau das, was er nicht lassen konnte. Die schwedische Monarchie musste ein starkes Heer besitzen, wenn sie auf die Dauer nicht die Beute der übrigen Ostseestaaten werden wollte. Ein starkes Heer konnte in Schweden aber allein auf dem Grundbesitze begründet werden. Das absolute Königtum, das von den Vorgängern Gustav Adolfs erstrebt worden war, hatte sich als unmöglich erwiesen; möglich war das schwedische Königtum nur als junkerliche Militärmonarchie. Wenn aber die schwedischen Junker die Kriege der Könige gewissermaßen in Entreprise nahmen, so waren sie selbstverständlich durchaus nicht geneigt, auch die Kriegslasten auf den eigenen Schultern zu tragen. Sie wälzten diese Lasten nach Möglichkeit auf die beherrschten Klassen ab. Die Steuern stiegen auf eine wahnsinnige Höhe; wer keine eigene Wohnung besaß und für Lohn arbeitete, war vogelfrei für die Aushebung; sonst bestand für die männliche Bevölkerung zwischen 18 und 30 Jahren eine Art Konskriptionssystem, dessen Hauptlast auf die ländliche Bevölkerung fiel. Doch darf man nicht übersehen, dass die Kriege Gustav Adolfs bei den ausgepressten Klassen deshalb noch nicht unpopulär waren. Sie alle und namentlich die Städte hatten ein lebhaftes Interesse an der schwedischen Herrschaft über die Ostsee. Zudem brachten siegreiche Feldzüge große Reichtümer ins Land. Die damaligen Kriege waren systematische Plünderungs- und Raubzüge; wie die Hugenotten, wie die Königin Elisabeth von England, so trieb Gustav Adolf den Seeraub in großem Stile. Es war namentlich seine Methode, verkehrsreiche Häfen zu erobern, sie stark zu befestigen und von den aus- wie eingehenden Schiffen Zölle von oft ungeheuerlicher Höhe zu erheben. Auf dem Kriegsdienste lastete noch nicht solche Schande wie hundert Jahre später; wenigstens für den besitzlosen Proletarier war er ein Glücksspiel, das manchen Gewinn enthielt. Man muss diese Verhältnisse im Auge behalten, um zu verstehen, wie ein armes Land von anderthalb Millionen Einwohnern – und mehr hatte Schweden im Jahre 1630 noch nicht, einschließlich aller bis dahin gemachten Eroberungen – jahrzehntelang blutige Kriege führen und die schwersten Lasten tragen konnte, weshalb der Reichstag, auf dem die Bürger und Bauern auch eine gewisse Vertretung hatten, Gustav Adolfs Einbruch in Deutschland mit seiner Zustimmung begleitete.

Nach und nach hatte Gustav Adolf sich rund um die Ostseeküste verbreitet. Schweden, Finnland, Estland hatte er von seinem Vater überkommen, von Russland eroberte er Kexholm, Kardien und Ingermanland, von Polen Livland und preußische Küstenstriche, namentlich die wichtigen Seeplätze Memel, Pillau, Elbing, sowie das Recht, von allen im Hafen von Danzig ein- und ausgehenden Waren einen Wertzoll von 3% Prozent zu erheben. Memel und Pillau waren die Haupthäfen des Herzogtums Preußen und gehörten unter polnischer Hoheit dem Schwager Gustav Adolfs, dem Kurfürsten von Brandenburg, der ihm nie das geringste Leid zugefügt hatte. Um ein Beispiel von Gustav Adolfs Kriegführung zu geben, sei kurz jene Eroberung Pillaus dargestellt. An einem schönen Sommertage des Jahres 1626 erschien Gustav Adolf mit einer starken Kriegsflotte vor Pillau und offenbarte dem nichtsahnenden Kommandanten der schwachen Besatzung, er solle sich erklären, ob er Freund oder Feind sein wolle. Er, Gustav Adolf, komme als Freund und werde von dem Gebiete seines Schwagers nicht eine Handvoll Erde mehr nehmen als diesen schlechten Sandplatz, den er eine Zeitlang zu seinem Rückhalt brauche; bei der geringsten Feindseligkeit aber, und wenn nur ein Schuss falle, werde er dieses Landes öffentlicher Feind sein und ihm rechtschaffen in die Wolle greifen. Vergebens bat der Kommandant um Aufschub, vergebens sandten die preußischen Behörden und Städte Botschaften mit der Bitte, die Ankunft des Kurfürsten abzuwarten: Gustav Adolf wies sie ab, wie eine alte Schrift sagt, „mit harten scharfen Reden, mit Blut und Hals in zweischlagen Bedräuungen". Er nahm den „schlechten Sandplatz" und machte aus ihm eine Goldgrube, die er nimmer wieder herausgab. Im Jahre 1629 warf der schwedische Zoll in Pillau eine halbe Million Taler ab, genauso viel wie der dänische Sundzoll, der in dem damaligen Europa den sprichwörtlichen Ruf einer Goldgrube genoss.

Sah man von Dänemark ab, mit dessen Könige Gustav Adolf natürlich trotz lutherischer Glaubens- und germanischer Stammesgemeinschaft wie Katz' und Hund lebte, war von dem ganzen Ostseegebiete wesentlich nur die mecklenburgisch-pommersche Küste noch frei von der schwedischen Oberherrschaft. Ebendeshalb war aber auch, sobald Wallenstein in diesen Gebieten eine starke Reichsgewalt aufrichtete mit dem ausgesprochenen Zwecke, das dominium maris baltici, die Herrschaft über die Ostsee, an sich zu reißen, der schwedischen Militärmonarchie die Frage gestellt: Sein oder Nichtsein. Seit Jahren beobachtete Gustav Adolf mit gespanntester Aufmerksamkeit die Fortschritte der kaiserlichen Waffen im nördlichen Deutschland. Er hatte sich sogar schon der antihabsburgischen Koalition, die sich in der Mitte der zwanziger Jahre bildete, als Feldhauptmann zur Verfügung gestellt; damals hatte ihm der dänische König den Rang abgelaufen, nicht zum wenigsten deshalb, weil er als Herzog von Holstein zugleich deutscher Fürst war und somit den inneren Krieg besser entfachen konnte als der schwedische König, der mit dem Deutschen Reiche nicht das geringste zu tun hatte. Trotz seiner Eifersucht auf Dänemark hatte Gustav Adolf dann gemeinsame Sache mit ihm gemacht, um Stralsund vor Wallenstein zu retten. In seinem polnischen Kriege verfolgte er zugleich antihabsburgische Tendenzen, denn Polen hing durch eine Reihe von Interessen, von denen hier nur die gleiche Bedrohung durch die türkischen Angriffe genannt sein mag, mit dem Hause Habsburg zusammen. Wallenstein hatte denn auch den Polen Hilfstruppen gesandt und wies die schwedischen Gesandten rücksichtslos ab, als Gustav Adolf in den Verhandlungen über den Frieden von Lübeck mitreden wollte. Die Gegensätze waren bereits hoch gespannt, als Richelieu seinen Feldzug gegen das Haus Habsburg unternahm. Er fand bei Gustav Adolf leichtes Gehör, als er sich zum Vermittler zwischen Polen und Schweden erbot und den schwedischen König zum Angriff auf deutsches Gebiet anstachelte. Er sprach nur aus, was Gustav Adolf längst selbst erwogen hatte.

Es war bei alledem ein gefährliches Unternehmen. Frankreich hatte mit dem italienischen Kriege vollauf zu tun und konnte nur Hilfsgelder leisten. Die Niederlande waren auch durch den Krieg mit Spanien viel zu sehr angestrengt, um zu einem Kriege gegen den Kaiser geneigt zu sein, ebenso wie Gustav Adolf wohl mit dem Kaiser, aber nicht mit Spanien anbinden wollte. Dazu kam heftige Handelseifersucht; die Niederlande verstanden sich zu nichts als zu geheimen Werbungen, die Gustav Adolf in ihren Gebieten vornehmen durfte, und denen setzten sie auch noch die größten Hindernisse entgegen. Von England war auch nicht mehr zu erlangen als die Erlaubnis zu Werbungen. Dänemark lag am Boden, was bei der gegenseitigen Missgunst freilich eher ein Vorteil als ein Nachteil für Schweden war. Hätte Gustav Adolf auf gütlichem Wege zu seinem Ziele kommen können, er hätte es gewiss vorgezogen. Er verschob sogar den formellen Abschluss des Bündnisses mit Frankreich, um noch einmal gütliche Verhandlungen zu versuchen. Immer aber handelte es sich für ihn um den Rückzug der kaiserlichen Macht von der Ostseeküste und aus der norddeutschen Niederung überhaupt. Von religiösen Fragen sprach er nie. Die Vorstellung, dass ein König einen Krieg unternehmen könne, um die Untertanen eines anderen Monarchen in ihrer Glaubens- und Gewissensfreiheit zu schützen, lag ganz außerhalb des Gedankenkreises, worin sich die damaligen Machthaber bewegten. Die damaligen wie die heutigen Machthaber, nur dass man damals heuchlerische Vorspiegelungen dieser Art nicht einmal verstand. Selbst aber wenn dem nicht so gewesen wäre, wo waren denn die Leiden der deutschen Protestanten, für die Gustav Adolf angeblich das Schwert ziehen wollte? Dass der Kaiser in seinen Erblanden die katholische Restauration in unbarmherziger Weise betrieb, war sein Recht, für dessen gehörige Verbriefung gerade Gustav Adolfs protestantische Glaubensbrüder gesorgt hatten. Woran aber Gustav Adolf unüberwindlichen Anstoß nahm, nämlich an der Aufrichtung der kaiserlichen Macht im nördlichen Deutschland, das war ohne jede Bedrückung der Protestanten erfolgt; Wallensteins Politik beruhte gerade auf einer Ausgleichung der religiösen Gegensätze. Und selbst das Restitutionsedikt lässt sich in diesem Zusammenhange nicht verwerten. Ehe es erlassen wurde, hatte sich Gustav Adolf schon zum Kriege entschlossen und sogar schon das später veröffentlichte Kriegsmanifest entworfen; nachdem es erlassen war, hat er noch einmal gütliche Verhandlungen mit dem Kaiser angeknüpft, ohne jede Bezugnahme auf das Edikt, immer mit dem Programm: Weg mit der kaiserlichen Macht von der Ostseeküste, und ich will Frieden halten.

Nun waren weder der Kaiser noch sein Feldherr die Leute, sich solchem Ultimatum zu unterwerfen. Wallenstein bedrängte vielmehr immer heftiger die Hansastädte. Der Krieg war unvermeidlich, und es fragte sich nur, wie er geführt werden sollte. In den letzten Oktobertagen des Jahres 1629 hat Gustav Adolf auf dem Schlosse von Uppsala noch einmal mit den schwedischen Reichsräten, den Führern der schwedischen Junker, die ganze Frage durchgesprochen. In den Protokollen findet sich wiederum kein Wort von Religion. Es heißt darin: Der Stein wäre auf sie gelegt worden nicht durch ihre, sondern durch des Kaisers Schuld, indem er Schweden zu nahe gekommen wäre. Entweder müssten sie erliegen oder den Stein abwälzen; entweder den Kaiser in Kalmar erwarten oder in Stralsund aufsuchen. Man entschied sich dann für den Offensivkrieg, wesentlich aus dem Grunde, weil Schweden die Kosten des Krieges nicht tragen könne, Deutschland sie tragen müsse. Gustav Adolf erklärte, der deutsche Krieg müsse mit deutschem Blut und deutschem Geld geführt werden. Er rief: Siegt der König, so werden die Deutschen die Beute sein. Er sagte, das deutsche Volk würde gegen sein eigenes Vaterland und gegen seine eigene Obrigkeit kämpfen müssen. Welch liebliches Programm für den „teuren Gottesstreiter", der aus zarter Sorge für das bedrängte Gewissen der deutschen Protestanten sie aus den jesuitischen Krallen erretten wollte!

Noch einige Zahlen mögen dies königliche Programm beleuchten. In den drei Jahren, wo Gustav Adolf selbst noch den Krieg führte, betrug in Schweden:


 

das Militärbudget

die Heeresziffer (nominell)

1630

9.535.625 Taler

40.000 Mann

1631

5.568.407 Taler

79.700 Mann

1632

2.220.198 Taler

198.500 Mann

Man sieht: Je höher die Heeresziffer steigt, umso mehr sinkt das Militärbudget. Dabei bezieht sich das Militärbudget auf die Gesamtheit der schwedischen Heeresmacht, eingerechnet die in Schweden, Finnland und den baltischen Provinzen zurückgelassenen Truppen, die sich im Jahre 1630 auf 37.000 Mann beliefen, während die von uns angegebene Heeresziffer sich auf die in Deutschland kämpfenden schwedischen Heere beschränkt. Diese Heere sind in Deutschland rekrutiert und von Deutschland verpflegt worden. Rechnet man dagegen nur die ungeheuren Brandschatzungs- und Kontributionssummen, die Gustav Adolf den deutschen Fürsten und Städten auferlegte, sobald sie in seine Gewalt fielen, und die Erträge der Zölle auf, die sofort in den eroberten Häfen erhoben wurden und sich nach zeitgenössischen Angaben „nicht nur auf 15 bis 30, sondern 40, ja sogar 50 vom Hundert" beliefen, so versteht man die Klage einer deutschen Flugschrift aus dem Jahre 1636: „Kupfer habt ihr aus eurem Lande geführt, Gold und Silber aber hinein. Schweden war vor diesem Kriege hölzern und mit Stroh gedeckt, jetzt ist's steinern und prächtig zugerichtet." Einer Flugschrift beiläufig, die von keinem einseitigen Parteistandpunkte aus geschrieben ist, sondern als „deutscher Brutus" der aufdämmernden Klarheit der deutschen Massen über die wunderbaren Erretter, die ihnen aus allen Himmelsgegenden erstanden, den ebenso richtigen wie trockenen Ausdruck gab: In Summa, ein jeder, er sei, wer er wolle, hat nur sein eigenes Bestes gesucht.

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