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Weitere Ergänzungen zur Textsammlung Aufruhr & Revolte
 

 Die Gründung der KPD/ML

Ganz in der Tradition der "MLPD" und "FSP/ML" erschien im Juli 1967 erstmals der "Rote Morgen", der sich als Zeitschrift "einer nicht unbedeutenden Gruppe Marxisten-Leninisten der Wasserkante" ausgab, was durchaus nicht den Tatsachen entsprach.

Seit der November-Nummer trat Ernst Aust als "Herausgeber und verantwortlicher Redakteur" auf. Der "Rote Morgen" konnte ebenso wenig wie seine Vorgänger eine inhaltliche Revisionismus-Kritik entwickeln. Statt die Geschichte und Politik der KPD zu analysieren, berief sich der "RM" auf die Kultur-Revolution und veröffentlichte zusammengestrichene Artikel aus chinesischen Broschüren.

Das Mißtrauen der Kommunisten gegen dem "RM" verstärkte sich noch dadurch, daß der Herausgeber und ehemalige Schauspieler von 1953 bis Ende 1966 Herausgeber des norddeutschen Revisonisten-Blattes "Blinkfuer" gewesen war. Dort war er allerdings keineswegs durch "jahrelangen antirevisionistischen Kampf" in Erscheinung getreten, wie uns die "KPD/ML" gerne weismachen möchte, (RM August 1970, S.5) sondern durch Lobhudeleien auf Kennedy und Chruschtschow, durch'Kampf gegen den Personenkult" und Verleumdung der VR China. Dies wäre nicht so schlimm gewesen, hatte er eben nicht den Versuch unternommen, sich als "alten Kämpfer" gegen den Revisionismus hinzustellen, statt eine politische Begründung seiner "Trennung" von Plen Revisionisten zu geben. Anders als1 seinen Vorgängern kam dem "RM" jedoch der Beginn der kleinbürgerlichen Studentenrevolte "zugute". Die Demonstrationen im Juni gegen den Schah-Besuch waten unmittelbarer Anlaß zur Herausgabe des "RM" gewesen. Auf der Welle der Studentenrevolte von Anbeginn an mittreibend, verband  sich der "RM" und später die Gruppe "KPD/ML" immer enger mit ihr, und wurde auf diese Weise zu derart trauriger Berühmtheit emporgespült.

Im April 68 fand ein erstes Treffen zwischen Gruppen aus Hamburg, Mannheim und Karlsruhe sowie der "FSP/ML" statt. Der Charakter dieses Treffens wurde von der "FSP/ ML" bestimmt, die darauf drängte, man "solle sofort eine Partei gründen oder alle In die FSP/ML eintreten". Die neue "Partei" dürfe aber " nicht kommunistisch heissen, weil das einen schlechten Klang hat". Eine politische Diskussion, wie sie von den Genossen aus Hamburg, Mannheim und Karlsruhe beabsichtigt war, kam unter diesen Umständen nicht zustande.

Als klar wurde, daß der Herausgeber des "RM" , Ernst Aust, in allen Fragen auf die Linie der "FSP/ML" einschwenkte und zur Befriedigung seines Geltungsbedürfnisses Hals über Kopf "eine Partei gründen" wollte, ohne auch nur ungefähre Vorstellungen von einem Programm zu haben, zog die "Gruppe Roter Morgen Hamburg" die Konsequenz: sie schloß den Herausgeber des "RM" aus und wandte sich mit einer Erklärung am 26. September 68 an die Gruppen in Mannheim und Karlsruhe. Es hieß da unter anderem: . "Die auf den Roten Morgen orientierten Gruppen sind weder organisatorisch noch ideologisch in der Lage, eine Partei zu gründen. Beweis dafür ist einerseits die innere Zerissenheit der Gruppen, andererseits die meist persönlich motivierten "Machtkämpfe" zwischen, einzelnen Gruppen". (Das bezog sich vor allem auf das Verhalten der "FSP/ML"). "Wir sehen darin einen klaren Ausdruck mangelnder politischer Reife. Würde dennoch eine Gründung vollzogen, so würde dadurch der Sache der Arbeiterklasse unabsehbarer Schaden zugefügt.... Die Bildung einer marxistisch-leninistischen Partei, die diesen Namen auch verdient und sich nicht etwa dem Gespott aussetzt, kann nur das Ergebnis eines langen Prozesses sein. Die Gründung muß genau zu dein Zeitpunkt vollzogen werden, wenn alle subjektiven und objektiven Bedingungen dafür herangereift sind, und nicht schon in einem Moment, der aus irgendwelchen anderen Gründen opportun scheinen mag."

Die Hamburger Gruppe schlug vor, "in allen Gremien, einschließlich des Roten Morgen, die offene Diskussion um eine Reorganisierung der westdeutschen Marxisten-Leninisten zu eröffnen. Dazu wird es nötig sein, sich nüchtern und illusionslos Rechenschaft abzulegen, welche Gruppen bisher wirklich existieren, wie stark sie sind, über welche Basis sie verfügen, usw. Die Hamburger Gruppe Roter Morgen verurteilt entschieden alle Versuche, die Probleme zu verniedlichen und phantastische "Erfolgsmeldungen" herauszugeben, die zur Wahrheit in keinem vernünftigen Verhältnis stehen." der Herausgeber des "RM" hatte an die bürgerliche Presse Phantasiemeldungen über "21 Gruppen" gegeben) Die Gruppe forderte die Erarbeitung einer programmatischen Erklärung als Grundlage für die Bildung einer marxistischleninistischen Liga. "Diese Erklärung sollte in allen Gremien, einschließlich des ROTEN MORGEN, umfassend diskutiert werden, "(alle Hervorhebungen wie im Original). Die Gruppe ROTER MORGEN Mannheim stimmte den Auffassungen der Hamburger Gruppe in einer Erklärung am 13. Okt. 68 zu: es folgten die Karlsruher Gruppe und eine kleine Tübinger Gruppe. Dagegen bezeichnete die "FSP/ ML" die Initiative der Gruppe Hamburg als "gesteuerten Zersetzungsakt der modernen Revisionisten" (19. Okt, 68).

Der Herausgeber des RM reagierte mit einem Spalter-Happening in Köln am 26. Oktober 68, an der außer der "FSP/ML" noch einige Studenten aus Kiel und Westberlin teilnahmen. Die Spalterkonferenz ernannte sich zum "vorläufigen Vorstand der sich neu konstituierenden KPD (ML)". Die Mannheimer, Hamburger und Tübinger Gruppen schlossen sich nun den seit November 68 in Mannhelm herausgeben "Rebell" (ehem. "Rote SDAJ-Opposition") zusammen.

Am 31. Dezember 1968 schließlich ging in Hamburg "die Gründung der KPD/ML" über die Bühne.

Das Problem der "KPD/ML" bestand in folgendem:

1. Es gab in der BRD nur wenig bewußte Kommunisten, und von diesen waren nur wenige bereit, sich offen zu engagieren. Die "KPD/ML" erhielt daher wenig Zulauf von Kommunisten, dafür umso mehr von "wild gewordenen" Kleinbürgern und eben "anpolitisierten" Studenten.

2. Der Marxismus-Leninismus insgesamt war In der BRD weltgehend unbekannt: Marx von den Bürgerlichen bis zur Unkenntlichkeit entstellt, Lenin überhaupt geächtet. Das kam im niedrigen politisch-theoretischen Niveau der "KPD/ML" zum Ausdruck.

3. Die Studenten-Revolte hatte "neu-marxistischen" und anderen kleinbürgerlichen Theorien Auftrieb gegeben. Der "Antirevisionismus" der Studenten-Revolte war stark antikommunistisch unterlegt. Vieles davon wurde auch in die "KPD/ML" hinübergeschleppt, deren Ideologen fast ausschließlich Studenten waren. Damals wäre es notwendig gewesen - wie die proletarischen Gruppen Hamburg und Mannheim vorschlugen - "in offener Diskussion die Plattform des Marxismus-Leninismus für die Bundesrepublik zu erarbeiten und sich In Unterordnung unter die Interessen der Arbeiterklasse und des Volkes auf dieser Plattform zu vereinigen und zu sammeln." (RM Januar 68, Brief eines Hamburger Arbeiters)

Die Gründung der Gruppe "KPD/ML" und Ihre Vorgeschichte machen deutlich, wo die historischen Wurzeln dieser Organisation liegen: 1. Zum einen in der "FSP/ML", einer Nachfolgeorganisation der "MLPD", die in der Tradition offen antikommunistischer Provokationen der Bourgeoisie stand und insgesamt nationalistisch-"links"-faschistischen Parolen nicht fernstand, 2. zum anderen der Studentenbewegung, an deren Schwanz sie sich von Anbeginn geklammert hat, deren westlich kleinbürgerliche Positionen sie in sich aufgenommen hat.

Die "KPD/ML" wurde "aufgebaut" durch wahlloses Einsammeln von Individuen und Grüppchen ohne vorherige politisch-theoretische Vereinigung. Dieses Verfahren führte notwendigerweise dazu, daß sich in der "KPD/ML" gerade nicht die Avantgarde der Arbeiterklasse und revolutionäre Intellektuelle zusammenfanden, sondern  - zumindest in der Anfangszeit -  Möchtegerne, Wirrköpfe und naive Kleinbürger.

Als sollte nicht eine Partei, sondern eine Supergewerkschaft gegründet werden, schrieb der Herausgeber des "RM": "Arbeiter, Bauern, Studenten vereinigt Euch zur Gründung einer marxistisch-leninistischen Parteil" "Alle, die Ihr sonst nichts besitzt als eure körperliche oder geistige Arbeitskraft" wollte der "RM" zu Parteimitgliedern machen. Damit übertraf er noch bei weitem die von Lenin verspotteten russischen Ökonomisten, die immerhin nur" jeden streikenden Arbeiter" zum Parteimitglied machen wollten, und die DKP, die "jeden denkenden Arbeiter" aufnehmen will ("jeder denkende Arbeiter gehört in eine Arbeiterpartei"). In der wahllosen Einsammlung von Individuen und Grüppchen lag auch schon eine Quelle des recht bald einsetzenden Zerfallsprozesses der "KPD/ML".

Die Gruppe "KPD/ML" konnte entstehen in einer Situation des politischen Vakuums, das einerseits seine Grundlagen hatte In der weltweiten Spaltung der kommunistischen Bewegung und andererseits den besonderen Bedingungen der Illegalität der KPD, sowie ihrer vorherigen Zerschlagung durch den Faschismus. Als politischer Ausdruck einer kleinbürgerlichen Bewegung, die einerseits ihre Wurzeln In offen antikommunistischen Provokationen der Bourgeoisie und andererseits in der politisch diffusen Intellektuellen-Revolte hatte, stieß die Gruppe "KPD/ML" In dies politische Vakuum zum Schaden sich herausbildenden kommunistischen Bewegung. Diese historischen Bedingungen erklären das Phänomen, wie sich eine politische Strömung des kleinbürgerlichen Revolutionärem« den Mantel des "Marxismus-Leninismus" umhängen konnte.

Anmerkung: Zwischen der  heutigen MLPD undt der hier erwähnten MLPD gibt es keinerlei Verbindung. Die heutige MLPD verschweigt die Existenz dieser namensgleichen Organisation, wahrscheinlich wegen deren damaliger politischer Orientierung, die eher dem rechten Spektrum zuzuordnen war.

  • Auszug aus der Broschüre

Die Broschüre ist komplett als PDF-Datei erschienen bei ENTDINGLICHUNG

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