zurück Septemberstreiks 1969
Materialsammlung zu den Filmveranstaltungen im September 2009
 


STREIK IN WESTDEUTSCHLAND

Basisgruppe Bochum & Ruhrkampagne, Westberlin
 

Entstehung und Verlauf des wilden Streiks im Ruhrgebiet, Bremen und dem Saarland geben Aufschluss über die Entwicklung der Widersprüche des bundesrepublikanischen Spätkapitalismus. Auszugehen ist von der Wirtschaftsrezession 1966/67, die bekanntlich mit folgenden Methoden der konzertierten Aktion aufgefangen werden konnte:

a) Einleitung einer Exportoffensive
b) Einfrieren der Löhne durch langfristige Tarifverträge und geringe Steigerungsraten der Löhne
c) Umschulungsmassnahmen, Abwiegelung und Disziplinierung der Arbeiter durch die Gewerkschaften
d) Infrastrukturmassnahmen des Staates zur Mobilisierung von Kapital und Arbeit
e) Intensivierung des Kapitalakkumulationsprozesses und der
Rationalisierung

Mittels dieses Katalogs "konzertierter Massnahmen" wurde der Konjunkturaufschwung eingeleitet, der sich inzwischen zu einer Überkonjunktur entwickelt hat. Der Umsatz der einzelnen Branchen stieg durchschnittlich um 15 %, der der expandierenden Industrien um über 20%. Infolge des Exports, der gesteigerten Inlandsnachfrage, einer enorm gesteigerten Ausbeutung milder eingefrorenen Löhne stiegen die Konzerngewinne drei ml schneller als die Nominallöhne.

Die sich abzeichnenden Widersprüche wurden zuerst als verschärfte internationale Konkurrenz der verschiedenen staatsmonopolistischen Gesellschaften sichtbar. Die permanente Währungskrise, insbesondere die Franc-Abwertung, war deutlicher Ausdruck hierfür. Die Nichtaufwertung der DM bedeutet, dass sich die expandierenden Industrien - und innerhalb dieser die Grosskonzerne.- durchgesetzt haben. Der Exportanteil dieser Konzerne beträgt zwischen 30 und 50%. Aufgabe der gegenwärtigen Warenexportoffensive ist die längerfristige Durchführung einer Kaitaloffensive, die gleichfalls begonnen hat.

Der neoimperialistischen Expansion nach aussen ging einher im Inneren eine gesteigerte Ausbeutung der Arbeiterklasse. Der durchschnittliche Produktivitätszuwachs betrug 8%, verbunden mit steigenden Arbeitsanforderungen, höheren Unfallraten, Überstunden - alles bei den inzwischen völlig unangemessenen Tariflöhnen. Es stellte sich heraus, dass die langfristig abgeschlossenen Tarifverträge durch Drückung der Lohnkosten Exportprofite garantierten.

Seit Juli/August mehrten sich im Ruhrgebiet kurzfristige Streiks, die jedoch überwiegend auf die jeweiligen Abteilungen beschränkt blieben. Gleichzeitig fand eine weitere Vorbereitungsphase statt, indem "plötzlich" zu geringe Hitzegelder, unzureichende Teeversorgung für die Hochofenarbeiter, die sanitären Einrichtungen Gegenstand verstärkter Kritik wurden. Diese Entwicklung blieb den Gewerkschaften nicht unbekannt. Der Chef der IG Bergbau bat am 15. August die Konzerne, doch die Lohnverhandlungen vorzuziehen (der Tarifvertrag läuft erst im Dezember ab). Am 18. August wurden die Arbeitsdirektoren beim Arbeitgeberverband Eisen/Stahl vorstellig, um über die steigende Unruhe unter den Arbeitern zu berichten; vergeblich! Insgesamt ist das eine bekannte Demonstration gewerkschaftlicher Mitbestimmung. Anfang September wurde für die metallverarbeitende Industrie ein neuer Tarifvertrag ausgehandelt, für den Brenner von den Konzernen gelobt wurde: 8% Lohnerhöhung, lange Laufzeit, nur sehr allmähliche Verlängerung der Urlaubs und Verkürzung der Arbeitszeit. Wie bekannt wurden die Verhandlungen zentral und geheim geführt. Mit diesem Vertrag wurden die Gewerkschaften Opfer ihrer eigenen bürokratischen Tarifpolitik. Zum einen regte sich Widerspruch innerhalb der metallverarbeitenden Industrie, zum anderen sahen die Arbeiterfraktionen, deren Verträge erst zum Jahresende kündbar waren, nicht mehr ein, warum sie aufgrund dieser rechtlichen Konstruktionen auf sofortige Lohnerhöhungen verzichten sollten. Der abgeschlossene Tarifvertrag stimulierte die Stellung eigener Forderungen. Die Streiks sind also einmal Konsequenz einer konjunkturell bedingten verschärften Ausbeutung, die sich besonders in der Stahlindustrie auswirkte. Nach mehreren mageren Geschäftsjahren versuchten die Konzerne die Gunst der Stunde durch verschärfte Produktionssteigerungen zu nutzen. Zum anderen sind sie insoweit gegen die Gewerkschaften gerichtet, als gerade durch die Praxis bürokratischen Aushandelns deutlich wurde, daß die Interessen der Arbeiter nicht mehr vertreten wurden.

Zu den konjunkturell bedingten und den von den Gewerkschaften selbst hervorgerufenen Ursachen der Streiks, kommen jedoch noch wichtige strukturelle. Die strukturellen Ursachen sind einmal für den Streikverlauf von Bedeutung, darüber hinaus legen sie einige Methoden der Gewinnung von Extraprofiten offen.

Beschleunigt durch die Rezession und die internationale Konkurrenz haben Kapitalakkumulationsprozesse durch Konzernvergrösserungen sowie innerhalb der Konzerne verstärkte Rationalisierungsmassnahmen stattgefunden. 1966 wurden die Hoesch AG und die Dortmund-Hörder-Hütten-Union fusioniert, ohne dass eine Lohnangleichung stattfand. Der fusionierte Konzern erwirtschaftete also zusätzliche Profite, indem er für gleiche Arbeit unterschiedliche Löhne zahlte. Da die Konzernleitung auf Verhandlungsforderungen des Betriebsrates, der für die Hoesch-Werke Westfalenhütte, Phoenix und Union eine einfache Angleichung verlangte, mit Hinhaltetaktik beantwortete, beschloss die Vertrauensleuteversammlung den Streik, nachdem eine erneute Dividendenerhöhung bei Hoesch bekannt wurde. Ähnlich gelagert ist der Rheinstahl-Konzern, der als nächster und am intensivsten bestreikt wurde. Der Konzern versuchte aus seiner schlechten Gewinnlage über eine Reorganisation der Produktion herauszukommen. Längerfristig wird diese Reorganisation die Stillegung einiger Abteilungen und Werke bedeuten; kurzfristig bedeutet sie eine verschärfte Konkurrenz der produktionsgleichen Betriebe untereinander. Die schwache Gewinnlage, die Tendenz, bestimmte Betriebe stillzulegen, sowie die Lohndifferenzierung durch betriebliche Konkurrenz führten zu unterschiedlichen und relativ zurückbleibenden Löhnen, also zu Erzielung von zusätzlichen Profiten in der gegenwärtigen Konjunkturlage.

Für Klöckner in Bremen und Osnabrück spielen regionale Lohndifferenzen für die dort besonders hart geführten Auseinandersetzungen ebenfalls eine Rolle. Aufgrund der günstigen Arbeitsmarktstruktur sind dort die Löhne hinter den Löhnen der Stahlarbeiter im Ruhrgebiet zurückgeblieben. Die streikenden Arbeiter in Bremen und Osnabrück wollen über den Streik einen gewaltsamen regionalen Lohnausgleich, herbeizwingen.

Ähnliches gilt für den Streik der Bergarbeiter im Saargebiet. Während der Rezession wurden die staatlichen Gelder vorwiegend in das Ruhrgebiet gepumpt, so daß im Saargebiet sehr viel geringere Strukturbereinigungen stattgefunden haben. Diese beibehaltene Strukturkrise, verschärft durch eine gewisse ländliche Reservearmee, führten zu einem allgemeinen Zurückbleiben der Löhne, insbesondere aber im Bergbau. Lohnangleichung und die Forderung nach vorgezogenen Lohnerhöhungen (der Tarifvertrag ist im Bergbau erst zum Jahresende hin kündbar). Dies dürfte dort mit wesentliche Ursache der Streiks gewesen sein. Insgesamt gehört das Saargebiet heute zu den strukturschwächsten Industriegebieten. Die Franc -Abwertung machte sich aufgrund der Absatzorientierung nach Frankreich am stärksten bemerkbar, Die Exporteinbußen lassen dem Saarland bei dem nächsten Konjunkturabschwung einen bevorzugten Platz zukommen.

Untersucht man nun Organisation und Klassenbewußtsein der streikenden Arbeiter, so ist die Einschätzung der Gewerkschaften einfach, die der DKP nicht sehr viel schwieriger.

Aus dem bislang Dargelegten ist deutlich geworden, daß diese Streiks zum Teil wenigstens gegen die Gewerkschaften geführt wurden. Sie sind derzeitig damit beschäftigt, durch radikale Forderungen (14 %ige Lohnerhöhung) und Vorverlegung der Tarifverhandlungen abzuwiegeln. Die Gewerkschaftsbürokratie hat an den Streiks keinen Anteil. Die Kompromißvorschläge, die die Betriebsräte ausgehandelt haben, sind von den Arbeitern abgelehnt worden (Hoesch, Eisenwerke Neunkirchen).

Die DKP war auf die Streiks insgesamt als Partei nicht vorbereitet, Arbeitskämpfe waren nicht ' geplant'. Die Analyse der im August erschienenen DKP-Betriebszeitungen ergibt, daß sich diese auf den Wahlkampf in Form von Anti-NPD-Agitation konzentrierten. Sekundär beteiligten sie sich an der anfangs beschriebenen 'Motzerei'. Von einer zentral vorbereiteten Lohnkampagne kann keine Rede sein.

Wichtig ist, daß die DKP-Betriebsgruppe tatsächlich Kaderaufgaben während der letzten Monate wahrgenommen hat. Sie war daher aktionsfähig, als die Forderungen des Betriebsrates nach Lohnangleichung vom Konzern erneut hinhaltend beschieden wurden und die Dividendenerhöhung bekannt wurde. (Einzelheiten siehe Hoesch-Bericht). Am Montagabend wurden die Vertrauensleute über telefonisches Schneeballsystem mobilisiert, am Dienstag früh der Streik ausgerufen, der schwerpunktmäßig in den Stahlwerken I und II sowie dem Walzwerk begann, Er war von vornherein nicht als Abteilungsstreik konzipiert. Die Eroberung eines werkseigenen Feuerwehrwagens mit Lautsprechern sowie die Bildung einer Delegation, die durch alle  Abteilungen zog, führte zur Durchsetzung des allgemeinen Streiks.

Insgesamt läßt sich die Dialektik von allgemeinen Entwicklung tendenzen, konzernspezifischer Konkretion, Aktionsbereitschaft der Arbeiter-Kader, Agitation der Vertrauensleute und Spontaneität der Arbeiter für Hoesch relativ gut beschreiben.
Zweifelsohne hatte der Streik in der Westfalenhütte für andere Betriebe Initialcharakter, die Spontaneität nahm mit der Ausweitung der Streiks zu gleichzeitig lassen sich jedoch gewisse überbetriebliche Organisationsstrukturen aufzeigen: Die DKP versucht seit längerem, konzernspezifische Beratungen ihrer Kader durchzuführen. Zumindest für Hoesch und Rheinstahl haben diese Beratungen lange vor Streikausbruch begonnen. Bei der völligen Isolierung der betrieblichen Vertrauensleute und Betriebsräte voneinander hat die DKP mit dieser Taktik den Erfolg: an diesen Beratungen nehmen zunehmend die Sympathisanten teil. Für die Streiks standen damit kommunikationsfähige informelle Kader zur Verfügung, allerdings unter strikter Kontrolle der Partei: Diese Organisation ermöglichte eine schnelle und gezielte Information und Agitation der anderen Hoesch-Werke und Konzerne.

Während des Streiks ist die DKP nicht als Partei aufgetreten, ihre Kader agitierten ausschließlich als Arbeiter. Des weiteren ist kennzeichnend für die Taktik der Partei, daß auftretende Konflikte zwischen Vertrauensleuten und der Streikführung einerseits, sowie den Betriebsräten und Gewerkschaften andererseits von ihr möglichst verkleistert wurden. Ansätze einer prinzipiellen Kritik des Betriebsrates wurden personalistisch gewendet: einzelne Betriebsräte haben versagt. Offiziell ausgegeben wurde eine Strategie der Arbeitsteilung zwischen Streikführung und Betriebsrat. Letzterer an die Betriebsfriedenspflicht gebunden, habe die Aufgabe mit den Konzernen zu verhandeln, die Streikleitung dagegen die Aufgabe der Agitation; ein Verfahren, daß der Strategie der Ausweitung der Mitbestimmung ebenso Rechnung trägt, wie der Verhinderung radikaler Aktionen.

Schließlich muß noch darauf verwiesen werden, daß die DKP im Laufe des Wahlkampfes stillschweigend eine Frontbegradigung vorgenommen hatte. Nachdem deutlich wurde, daß das Wahlbündnis ADF nicht viel taugt, wurde die Bündnispolitik im Betrieb als das zentrale Moment ausgegeben. Hierin mag die Ursache für die generelle Unterstützung der Streiks seitens der DKP liegen.

Zweifelsohne hat die DKP die Streiks mitgetragen, gleichwohl ist es falsch, ihre Kader und Organisation zu überschätzen. Einmal ist die Aktionsbereitschaft der Arbeiter hoch, zum anderen dauern die Streiks meist nicht sehr lange. Dort, wo die Auseinandersetzungen härtere Formen annahmen, spielte die DKP eine untergeordnete Rolle, wie in Bremen, Neunkirchen und Duisburg. Von einer Vermittlung zwischen Streikbereitschaft der Arbeiter und revolutionären Kadern kann also hier keine Rede sein.

Über das sich in den Streiks entwickelte Bewußtsein genaueres auszusagen, ist zur Zeit noch recht schwierig. Deutlich zeichnen sich lediglich Unterschiede zwischen Bremen, Saar und Ruhrgebiet ab. In den Klöckner-Werken besteht eine klassenbewußte Kadergruppe. Streikführung und Dauer lassen eine zunehmend anti-gewerkschaftlich und anti-kapitalistische Tendenz erkennen. Dabei ist die Zusammensetzung der Belegschaft von Bedeutung: ein Kern erfahrener kommunistischer Facharbeiter, der den Streik führt, und eine Belegschaft, die überwiegend aus angelernten Arbeitern, die erst seit "kurzem" von der Landwirtschaft und kleingewerblicher Tätigkeit in die Betriebe wechselte. Aufgrund der etwas größeren Arbeitskraftreserven ist bei Klöckner der während der Rezession erfolgte Lohnabbau noch nicht wieder rückgängig gemacht worden.

Im Saargebiet findet im Bergbau derzeit ein totaler Streik statt, das Bewußtsein der Bergarbeiter weist jedoch stark berufliche-ständische Momente auf. Symptome sind die Verbrennung roter Fahnen, antigewerkschaftliche Stimmung bei gleichzeitigem Beifall für den CDU-Ministerpräsidenten sowie Parolen: "Bergarbeiter wieder an die Spitze der Lohnskala, "Die an der Saar naheliegende Vermittlung von kapitalistischer Strukturkrise und Klassenbewußtsein der Arbeiter wird durch diese ideologischen Bewußtseinsstrukturen zur Zeit blockiert.

Im Ruhrgebiet ist ein spontanes Arbeiterbewußtsein feststellbar, Ausdruck der ökonomischen Bedingungen, dessen politische Entfaltungstendenzen noch nicht recht abzuschätzen sind. Mit allen Vorbehalten lassen sich folgende Charakteristika ausmachen:

a) Die Unzufriedenheit war vor Beginn der Streiks groß, wie die Arbeitsniederlegungen und die beschriebenen Motzereien belegen.
b) Die Streiks haben erstmals seit längerer Zeit die relativ private Verarbeitung von Konflikten durchbrochen und Ansätze von Selbstbewußtsein und Solidarität geschaffen, (letztere wird freilich weniger bewußt akzentuiert.)
c) Sämtliche Forderungen waren rein gewerkschaftliche Forderungen, im wesentlichen Lohnerhöhungen.

Dort, wo der Streik sich gegen Rationalisierung und Arbeitsplatzbewertung richtete (MTM), konnte er sich nur sehr ungenau artikulieren. Von Bedeutung ist die Einfachheit der Forderungen: generelle Lohnerhöhung, ausgedrückt in absoluten Forderungen und nicht in Prozentangaben. Die Forderung 30 Pfennig ist leichter vermittelbar und hat solidarischere Konsequenzen als arbeitsplatzspezifisch abgestufte Prozentforderungen.

d) Die Streiks werden kaum als politische begriffen, schon gar nicht als antikapitalistische. Parolen in diese Richtung werden zurückgewiesen.

Kritik an der sozialen Symmetrie, an Konzernen und Gewerkschaften, bleibt vorpolitisch, das heißt privat. Zur Zeit lassen sich relativ häufig verbalradikale Einzeläußerungen finden, die jedoch nicht in Aktionen umgesetzt werden.

Erwähnt werden müssen noch die Anti-NPD-Aktionen, die derzeit in dreierlei Spielarten vorgetragen werden:

Einmal einer staatlich verordneten, was sich in gemeinsamen Flugblättern von CDU, SPD und DGB ausweist, zum anderen in der bürgerlich-demokratischen Version der DKP und schließlich in antiautoritären und radikaldemokratischen Aktionen der Lehrlinge und Schüler. Teilweise deuten sich Aktionsbündnisse zwischen dieser Fraktion und Teilen der Vertrauensleute an auf der Grundlage: "Ihr seid doch die einzigen, die was tun. " Militantere Aktionen haben also die Funktion, Kontakte - wenn auch oft nur sporadische - zu klassenbewußten einzelnen Arbeitern herzustellen. Diese Tendenz kann jedoch nicht als durchgängig behauptet werden, was jedoch wohl auch an der mangelhaften Organisation dieser Aktionen liegt.

Die beschriebenen Aktionen ergeben eine eindeutige Aussage über die Situation der revolutionären Linken im Ruhrgebiet: sie ist miserabel schwach: das ist freilich nicht nur ein quantitatives Problem, sondern vor allem ein Kaderproblem. Schulung und Aktionen, die auf Schulung hinführen, sind die nächsten wichtigen Aufgaben. Diese Schulung hätte als notwendige Schwerpunkte Betriebsarbeit, Lehrlings- und Schüleragitation. Die spezifischen Ruhrgebietbedingungen weisen sich vor allem durch die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit revisionistischen Gruppierungen aus. Diese Auseinandersetzung ist bislang vorwiegend auf allgemein-theoretischer Ebene gefühlt worden, dagegen fehlen Vorstellungen, was realrevolutionäre Agitation und Aktionen sind, wie die Revisionisten exemplarisch zu entlarven sind. Beispielsweise ist die abstrakte Gegenüberstellung von Arbeiterkontrolle gegen Mitbestimmung recht nutzlos. Arbeiterkontrolle allein als Forderung besagt gar nichts, welche Forderungen zu stellen sind und in welchen Aktionen sie durchzusetzen sind.

Die Erfahrungen dieser Streiks lehren die Vordringlichkeit einiger theoretischer Arbeiten: insbesondere der konkreter Konzernanalysen, Entwicklung der Lohndifferenzierungen in der Arbeiterklasse, Widersprüche innerhalb der Gewerkschaften, Verhältnis von betrieblicher Agitation und außerbetrieblicher Angriffe gegen die verschiedenen staatlichen Institutionen, Entwicklung von Lehrlings- und Schülerkampagnen.

Die nächsten Aufgaben der Berliner sozialistischen Opposition sind durch die spontane Streikbewegung der Arbeiter in der Bundesrepublik gestellt.
 

 

Editorische Anmerkungen

Der Artikel erschien in
Rote Presse Korrespondenz
DER STUDENTEN-SCHÜLER-UND ARBEITERBEWEGUNG
1969, 1. Jg, Nr. 30, 12.9.1969, S. 1-4
Redaktion: Solveig Ehrler, Günther Matthias Tripp, Betriebsbasisgruppen. Ad-hoc-Gruppen an den Hochschulen, Internationales Forschungsinstitut des SDS (INFI), Berufsbasisgruppen im Republikanischen Club Berlin, Zentralrat der Sozialistischen Kinderläden, Aktionsgruppe Hannoverscher Lehrlinge

OCR-San by red. trend 

virtuell erstveröffentlicht in Trend 09/2004

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