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Indymedia Recherche-Artikel vom 4.05.2004

1.Mai 2004: weltweit gingen Millionen auf die Strasse

von P.J. Collect
05/04

trend
onlinezeitung

Teil 1: Überblick Bundesrepublik
Teil 2: Europa (folgt)
Teil 3: weltweit (folgt)

Die stärker werdenden sozialen Bewegungen manifestierten sich auch in der enormen Beteiligung an den Demonstrationen, Blockaden und sonstigen Aktionen zum 1.Mai. Weltweit gingen viele Millionen Menschen auf die Straße. Allein in der Bundesrepublik, Italien oder Frankreich waren es jeweils Hunderttausende. In Europa fiel der 1.Mai mit der Osterweiterung der von Deutschland dominierten EU zusammen. An vielen Orten weltweit kam es um den 1.Mai zu Zusammenstößen mit sog. "Sicherheitskräften".
Im Folgenden nun ein kleiner, absolut unvollständiger Überblick zum 1.Mai.

1.Mai in Berlin-Kreuzberg
1.Mai in Berlin-Kreuzberg

Überblick Bundesrepublik:
Bundesweit gingen am 1.Mai Hundertausende auf die Straße - die Gewerkschaften sprechen von bis zu einer halben Millionen. In der Mainstream-Presse wurden nur einzelne Demonstrationen erwähnt, Zahlen wurden verfälscht wiedergegeben. Der größte Teil der gewerkschaftlich organisierten Demonstrationen übte staatstragende Kritik am Sozialabbau. Die Teilnehmerzahlen der einzelnen Demonstrationen schwankten zwischen einigen Hundert und mehreren Zehntausend.
In NRW war die Beteiligung an den DGB-Demonstrationen sehr schwach. Als bei der Kölner Kundgebung Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) sprechen wollte, wurde er mit Pfiffen und »Hau ab«-Rufen vertrieben (Artikel im ND), ähnlich erging es der DGB-Prominenz. Sozialrevolutionäre, autonome, linke oder anarchistische Demonstrationen fanden in Berlin (6 Demonstrationen, Strassenfeste usw), Nürnberg (1000), Hamburg (500), Oldenburg (500), Düsseldorf (450), Wuppertal (350), Stuttgart (300), Würzburg, Münster (250), Rostock (Hunderte), Augsburg (180), Bielefeld (150), Osnabrück, ..... statt.
  • Indymedia-Printausgabe zum 1.Mai 2004


    Berlin:
    In Berlin war diesmal alles anderes - aber irgendwie auch nicht. In den Wochen zuvor wurde mit einer Kampagne ("Mai-Steine") versucht, den 1.Mai zu repolitisieren und stärker bezug auf soziale Bewegungen zu nehmen. (Feature mit Sammlung der zahlreich gelaufenen Aktionen: Mai-Steine - Kampagne für sozialen Widerstand in Berlin)
    In der Mainstream-Presse wurde von Chaostagen, Krawall-Chaoten und Linksterroristen gehetzt. Besonders die Springerpresse und die Zeitungen des Berliner Verlag (Berliner Zeitung und Berliner Kurier) belogen ihre Leser systematisch und schürten Panik. Tage vor dem 1.Mai dominierte die Polizei das Stadtbild, kam es zu zahlreichen Schikanen und Verhaftungen. (siehe auch Artikel bei Telepolis)
    Erste Demonstrationen waren dieses Jahr bereits für den 30.4. geplant - Anlass: Die EU-Osterweiterung. Eine Kundgebung unter dem Motto "Reclaim Europa", zu der im Rahmen der "Mai-Steine" aufgerufen wurde, verhinderte die Polizei. Eine Demonstration zu der K-Gruppen aufriefen war mit 1000 Teilnehmenden eher mäßig besucht. Am Abend stürmte die Polizei mehrmals ein Konzert im Mauerpark und verletzte mehrere Menschen teilweise schwer. Dennoch gab es in der Nacht nicht die obligatorischen Walpurgisnacht-Randale.
    Am 1.Mai schafften es die etwa 2500 Nazis den Tag wesentlich zu dominieren. Bis zum Abend zogen sich die Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Antifaschisten in den Bezirken Lichtenberg und Friedrichshain hin. Nach einer Demonstration von 2500 Antifaschisten beteiligten sich mindestens 4000 an Blockaden und anderen Gegenaktionen. Die Polizei ging mehrmals sehr brutal gegen die Antifaschisten vor, konnte den Naziaufmarsch aber nicht durchsetzen. Gegen 18.00 brach die Polizei den Naziaufmarsch schliesslich ab.
    16.00 sollte vom Potsdamer Platz aus die revolutionäre 1.Mai-Demonstration starten, zu der zahlreiche Gruppen aufriefen. Durch die Aktionen gegen den Naziaufmarsch und weitere Faktoren beteiligten sich aber nur 3000 bis 4000 Menschen an dieser Demonstration, die friedlich am Kottbuser Tor endete. Zuvor fand am Alexanderplatz die DGB-Kundgebung mit 12.000 bis 20.000 (verschiedene Angaben) und eine Stalinisten-Demonstration mit 300 Teilnehmern in Kreuzberg statt. Ein Fest auf dem Mariannenplatz lockte mehrere zehntausend Besucher an. Gegen 19.00 fand eine Spontandemo in Kreuzberg gegen das Verbot von Demonstrationen im Kiez statt. Abends kam es zu mehreren kurzen Auseinandersetzungen mit der Polizei. Am 2.Mai liess die offensichtlich nicht ausgelastete Polizei ihren Frust ab, indem sie Gäste eines Fussballspiels verprügelte.

    Berichte bei Indymedia.de:
    30.4.2004: Reclaim Europa: knapp daneben ist auch vorbei | Kommunismus-statt-Europa Demo; Berlin | Kommunismus statt Europa - Demo in Berlin | Berlin: Mauerpark in der Walpurgisnacht | video - mauerpark, Berlin 30.04.2004 | Berlin-Prenzl.: Über 70 Festnahmen (30.4.)
    1.5.2004 - Naziaufmarsch: Fotos von der Antifa-Demo | Neues von der Frankfurter Allee (mit Fotos) | Bilder Antifademo Berlin 01.05.04 | Antifas halten Nazis in Schach + Bilder | videos - antifa widerstand, nazi-demo Berlin | Berlin: Naziaufmarsch behindert (Fotos) | 1:0 für friedrichshain | "Nazis muss weg!" | Bilder von Nasen 1. Mai in Berlin | NPD-Aufmarsch: Friedrichshain befreit | Nazidemo-Blockade und Kessel | Impressionen aus der Nazidemo | Berlin: Naziaufmarsch gekippt | Bericht von den Störaktionen in Lichtenberg | 1. Mai - Fotos von der Frankfurter Allee | Fotos der Nazidemo in Berlin am 1.Mai | 1.Mai Kesselbericht Demo Berlin-Lichtenberg
    1.5.2004 - Demonstrationen: videos - DGB demo 1.05.2004 Berlin | video - 16 uhr demo Berlin 01.05.2004 | video - 13 uhr demo | Kreuzberg 22.30 - eindrücke | verbotene demo in kreuzberg durchgesetzt | video - abends in Kreuzberg 01.05.2004 | SPONTAN: 800 auf 1. Mai Demo 20:30h Kreuzberg | REVOLUTIONÄRE 1. MAI DEMO 16h - Fotos | 30.04. Demo, Party, Polizisten (Fotos aus B.) | Fotos 1.Mai in Berlin | Kinderzimmer aufräumen | 1.Mai in Berlin - Fotos und Bilanzen
    2.5.2004: 2. Mai - Berlin, Rache am Mauerpark!?


    Polizei versucht vergeblich für die Nazis den Weg freizuprügeln

    Süddeutschland:
    In vielen Städten Bayerns und Baden-Württembergs fanden Aktionen zum 1.Mai statt. In Stuttgart gab es Übergriffe und Blockaden gegen Teilnehmer einer revolutionären Demonstration durch die Polizei. In München beteiligten sich etwa 1200 Menschen an einer Demonstration, die von Gewerkschaften und linken Parteien dominiert war. In Nürnberg beteiligten sich 1000 Menschen an einer Demonstration (von autonomen und kommunistischen Gruppen) mit anschliessendem Strassenfest. In Mannheim fand (neben einer DGB-Demonstration) unter dem Motto ?Auf zu linken Ufern!? eine Demonstration mit 350 bis 500 Teilnehmern statt. Das ?linke Ufer? war ein Haus in Mannheim, das Ende letzten Jahres für mehrere Tage besetzt und dann geräumt wurde. In Tübingen protestierten 400 bis 600 Leute gegen das traditionelle maisingen der Burschenschaften, in Heidelberg wurde am 30.4. ein antifaschistisches Strassenfest veranstaltet, in Augsburg und anderswo wurde zum 1.Mai ebenfalls demonstriert...

    Berichte bei Indymedia:
    Maikundgebung Muenchen 2004 | 1. Maidemo in Nürnberg | revolutionärer 1.mai nürnberg | Revolutionärer 1. Mai in Nürnberg | 1.mai nürnberg bericht | Stuttgart, Bilder vom Anfang der Demo | 1-Mai Demo. 6 Festnahmen in Stuttgart | Bilder und Video vom rev. 1. Mai in Mannheim | 1.Mai in Mannheim | Bilder vom 30.4. in Heidelberg | linksradikale 1.Mai-Demo in Augsburg (Bilder) | Krieg den Hütten - Paläste für Alle!! | Tübinger Maisingen 2004: Jede/R kanns besser!


    Nürnberg


    Mannheim

    Norddeutschland:
    Nach der spektakulären Besetzung der Hafenstrasse (siehe Feature dazu), fand am 1.Mai in Hamburg eine revolutionäre 1.Mai-Demonstration mit rund 500 Teilnehmern statt, die von einem Bündnis aus 22 autonomen, anarchistischen und sozialrevolutionären Gruppen organisiert wurde. Im Gegensatz zu früheren Jahren blieb alles absolut friedlich. Zuvor nahmen einige an der DGB-Kundgebung (4000) teil. In Oldenburg versuchte die Polzei erfolglos eine unangemeldete Demonstration (Motto: "Deutschland halt?s Maul! Alles für alle ? und zwar umsonst") mit 300 bis 500 Teilnehmern daran zu hindern, den Ort der Abschlusskundgebung zu erreichen. Dabei wurde auf die Demonstrationsteilnehmer eingeprügelt. In Rostock veranstalteten Antifas und DGB gemeinsam eine Demonstration. Weitere DGB-Kundgebungen fanden überall in Norddeutschland statt.


    Berichte bei Indymedia.de:
    Revolutionaere 1.Mai-Demonstration in Hamburg | 1.5.04 Hamburg sozialrevolutionäre Demo | Soz.-Rev. 1. Mai-Demo in Hamburg | Bilder: sozialrevolutionäre 1. Mai Demo in HH | Revolutionäre 1. Mai Demo in Oldenburg | autonome 1. Mai Demo in Oldenburg | - Aktionen zum 1. Mai in Oldenburg (Nds.) | 1. Mai in Rostock


    Hamburg


    Rostock

    sonstwo in Westdeutschland:
    In NRW nahmen an den DGB-Kundgebungen weniger Menschen teil als in den Vorjahren. Das mnag unter anderem an der Dominanz der konservativen, SPD-nahen Kreisen der dortigen Gewerkschaften liegen. In Köln wurde Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) mit Pfiffen und »Hau ab«-Rufen vertrieben. An der dortigen DGB-Kundgebung nahmen nur 2000 Menschen teil - 50.000 waren dafür beim Fussballspiel um die Ecke. In Bielefeld, wo ein Indymedia-Center eingerichtet wurde, beteiligten sich 150 Menschen an einer antikapitalistischen Demonstration ("Gegen Arbeitswahn und Kapitalismus") am 30.4., die von der Polizei unter Einsatz von Pfefferspray und Schlägen angegriffen wurde. An der traditionellen DGB-Kundgebung (1000 Teilnehmer) am 1.Mai beteiligten sich rund 100 Menschen mir antikapitalistischen Slogans, was den DGB-Bezirkschef Roland Engels dazu brachte, die Demonstration von der Polizei stoppen zu lassen, um den unsäglichen Zustand - 1000 GewerkschafterInnen hinter einem Transparent "Die Arbeit nieder!" - zu beenden. In Düsseldorf nahmen am 30.4. rund 450 Menschen an antikapitalistischer Demonstration teil, in Münster kamen statt der erwarteten 100 rund 250, in Wuppertal waren es 350. In Osnabrück sorgten etwa 70 Teilnehmer einer DGB-Demonstration für die Auflösung einer FDP-Kundgebung, die für neoliberale Politik warb. Derweil wurde in Wetzlar das Arbeitsamt umgestaltet.

    Berichte bei Indymedia:
    Mai in Köln | indymedia center in bielefeld | breaking news demobericht bielefeld | Antikapitalistische Demo in Bielefeld | Bielefeld: Kurzberichte und weitere Bilder | Düsseldorf: Bilder: Vorabend Demo zum 1.Mai | Rund 450 Menschen in Düsseldorf | Münster: unabhängige 1. Mai Demo | autonome 1. Mai Demo Wuppertal | 1. Mai Osnabrück: FDP-Demo angegriffen | Arbeitsamt in Wetzlar umgestaltet


    Düsseldorf


    Bielefeld

    sonstwo in Ostdeutschland:
    In Sachsen und Sachsen-Anhalt demonstrierten insgesamt 50.000 Menschen überwiegend auf DGB-Kundgebungen. In Brandenburg waren es dagegen oft nur wenige Hundert. In Schwerin waren dagegen 40.000. Berichte über die Veranstaltungen finden sich (bis auf wenige Aushnahmen) weder bei Indymedia noch in der bürgerlichen Presse. In Leipzig demonstrierten derweil 900 Nazis - begleitet von mehreren tausend Antifaschisten. Die Polizei prügelte wie üblich die Route für die Nazis frei. In Gera beteiligten sich 200 an einer Demonstration am 30.4..

    Berichte bei Indymedia:
    LEIPZIG am 1. Mai: Nazidemo und Gegenaktionen | 30.04.2004 Gera Fotos #1 | 30.04.2004 Gera Fotos #2


    Demonstration in Gera