Widerstand unter Hartz IV

7 Jahre Hartz IV
und das Ende des monatlichen Rückblicks

von Anne Seeck

01/12

trend
onlinezeitung

Ja, das Elend der Welt. Vor kurzem sagte mir jemand: "Lieber innerhalb einer Mauer leben, als lebenslang Hartz IV." Ja, lieber lebenslang arbeiten innerhalb einer lebenslangen Mauer, als lebenslang Hartz IV, also Geld auch für Nichtarbeit.

Weltweit würden sie sich freuen, wenn sie wenigstens Hartz IV hätten, eine Krankenversicherung und ein Dach über dem Kopf. Statt lebenslang schuften zu müssen. Aufstehen und nach Arbeit suchen, um nicht zu verhungern. Ja, das Elend der Welt.

Und es gibt keinen Widerstand unter Hartz IV, auch wenn das diese Rubrik ankündigt. Höchstens individuelle rechtliche Gegenwehr und Tricks, um z.B. einen Ein-Euro-Job zu umgehen. Es ist eine bewegungsarme Zeit, was soziale Kämpfe in Deutschland betrifft.

Deshalb habe ich mich entschlossen, diese Rubrik nicht zu einem Ritual verkommen zu lassen, sondern neue Wege zu gehen. Nicht das ewige Gejammer, wie schlimm doch Hartz IV ist, sondern einzelne Personen und kollektive Proteste vorzustellen, die etwas bewegt haben.

So Rosa Parks, die am 1.12.1955 auf einem Platz für Weiße sitzenblieb, damit den Montgomery Bus Boycott auslöste, der neben den Protesten im Fall Emmett Till als Anfang der schwarzen Bürgerrechtsbewegung in den USA gilt. Sei es Emmely, eine Verkäuferin in Berlin, die mit Unterstützung einer Kampagne erfolgreich gegen eine Bagatellkündigung kämpfte. Sei es die Gegenmacht von unten in den städtischen Peripherien Lateinamerikas, wie sie Raul Zibechi in seinem Buch "Territorien des Widerstandes" beschreibt.

Mit der heutigen Ausgabe beende ich damit meinen monatlichen Rückblick zum Thema Hartz IV. Es war ein Rückblick ständiger "Grausamkeiten" und damit von ewigen Wiederholungen. Arm dran. Prekär arbeiten. Verdrängt werden. Krank sein. Hoffnungslos.

Die neue Rubrik soll Hoffnung geben. 

Was wäre zum Abschluß noch erwähnenswert? 

Anonymous droht Jobcentern mit Sanktionen

"Mit einer Videobotschaft hat sich das Hacktivistenkollektiv Anonymous an die deutschen Jobcenter gewandt. In dem auf "You Tube" verbreiteten Video nahm die Gruppe Stellung zur alltäglichen Hartz IV-Praxis der Schikane und Vermittlung in den Niedriglohnsektor. Die Hacker "können es nicht mehr verantworten, dass Arbeitsuchende vom Jobcenter schikaniert und in den Niedriglohnsektor vermittelt werden". Die Jobcenter sollten das als "Warnung" betrachten, denn man lasse sich "nicht länger versklaven und ausbeuten", so die Botschaft von Anonymous.

Sollte diese Praxis nicht aufhören, würden die Jobcenter "sankioniert". Die etwa 50 sekundige Botschaft endet damit, dass den Jobcenter mitgeteilt wird, dass "wir (Anonymous) sind viele. Wir vergeben nicht. Wir vergessen nicht. Erwartet uns". Ob Mitarbeiter in den Hartz IV-Behörden sich davon beeindrucken lassen, konnte zum jetzigen Zeitpunkt nicht festgestellt werden, da diese Botschaft wahrscheinlich noch nicht großartig bekannt ist." (Erwerbslosenforum 14.12.2011)

Wer sich weiter über Hartz IV informieren möchte, lese am besten: www.gegen-hartz.de

2011 

Eine Zeit der Aufstände
disziplinlos gegen Herrschaft
vielgestaltig das Chaos
ohnmächtig die Tyrannen
blanker Kampf um die Existenz
Demokratisierung das Ziel
ein Desaster die Wahlen
der Aufbruch bleibt
eingeschrieben in die Biographien
statt Stimmvieh
rebellisch sein 

Ein hoffentlich aufrührerisches Jahr 2012!

Editorische Hinweise

Wir erhielten den Text von der Autorin zur Veröffentlichung in dieser TREND-Ausgabe.