Im Wartesaal Teil 3
Refugees in
der BRD 1953

Auszüge aus dem Bericht des Bundesministeriums für Vertriebene

01/2016

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Gesetzliche Grundlage für die Behandlung der heimatlosen Ausländer ist das „Gesetz über die Rechts­stellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet" vom 25. April 1951. Dazu tritt das „Internationale Ab­kommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge" vom 28. Juli 1951, das durch Gesetz der Bundesregierung vom 1. September 1953 Gesetzeskraft erhielt.
Im Wartesaal / Teil 1
Refugees in Nachkriegsdeutschland 1945 - 1957
Zahlen und Daten zur Unterbringung jüdischer Displaced Persons
Im Wartesaal Teil 2

Refugees in der BRD 1951
Bericht des Bundesministeriums für Vertriebene

Die Bundesrepublik hat dieses Abkommen als 5. Land rati­fiziert. Für die innerdeutschen Rechtsverhältnisse hat es 30 Tage nach der Verkündung Rechtskraft erhalten. International wird es erst nach Ratifizierung durch ins­gesamt 6 Länder in Kraft treten. Die Ausstellung der amtlichen Ausweise für heimatlose Ausländer wurde für den Bund einheitlich geregelt und hat begonnen.

Die Eingliederung der heimatlosen Ausländer und der ausländischen Flüchtlinge in das deutsche Wirt­schaftsleben vollzieht sich langsam. Ihre Verteilung auf die einzelnen Bundesländer erfolgt auf Grund der Verordnung über Anerkennung und Verteilung aus­ländischer Flüchtlinge vom 6. Januar 1953. Der Ver­teilungsschlüssel wurde am 23. Januar 1953 vom Bun­desrat festgelegt und ist für ein Jahr gültig. Die Über­nahme der heimatlosen Ausländer in die Länder ist wie folgt geregelt:

Baden-Württemberg 21 v.H.
Bayern 4 v. H.
Berlin ---
Bremen 2 v. H.
Hamburg 4 v.H.
Hessen 9 v. H.
Niedersachsen 4 v. H.
Nordrhein-Westfalen 42 v. H.
Rheinland-Pfalz 10 v. H.
Schleswig-Holstein 4 v. H.

Gesamt

100 v. H.



Die Umsiedlung der heimatlosen Ausländer und aus­ländischen Flüchtlinge ist für eine sinnvolle Einglie­derung unerläßlich. Ein gewisser Anfang der Umsied­lung ist durch die Bereitstellung von Wohnungen für heimatlose Ausländer im Zuge des Kasernenräumungs­programms erfolgt. Hierfür hat die Bundesregierung 90 Millionen DM verausgabt und dadurch etwa 7000 Familien von heimatlosen Ausländern eine neue gute Unterkunft, überwiegend in der Nähe von verfügbaren Arbeitsplätzen, geschaffen. Aus Kriegsfolgemitteln wur­den weitere 2 Millionen DM zur Förderung des Woh­nungsbaues für diesen Personenkreis gegeben. Ebenso wurden 2 Millionen DM für Existenzaufbaudarlehen der Vertriebenen-Bank, Abteilung für heimatlose Aus­länder, bereitgestellt. Aus den IRO-Liquidationsmitteln sind außerdem 3,8 Millionen DM der Vertriebenen-Bank für den gleichen Personenkreis zugeflossen. Aus diesen Mitteln hat im Jahre 1953 die Lastenausgleichs-Bank folgende Darlehen gewährt:

Insgesamt 334 Existenzaufbaudarlehen im Gesamt­betrag von 1 752 050,— DM.

Nach Volksgruppen geordnet verteilen sich die An­träge und die bewilligten Mittel wie folgt:


Darüber hinaus hat die Bundesregierung versucht, die Lage der heimatlosen Ausländer durch weitere Maß­nahmen zu erleichtern. Das Gesetz über Fremdrenten und Auslandsrenten vom 7. August 1953 führt die heimatlosen Ausländer als besondere Gruppe auf, der ein Leistungsanspruch zusteht.

Die Neufassung des Einkommensteuergesetzes hatte die heimatlosen Ausländer nicht mehr in den Personen­kreis einbezogen, dem ein steuerfreier Pauschbetrag für Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung zuge­billigt wurde. Im Einvernehmen mit dem Bundesmini­ster der Finanzen wurde die Regelung getroffen, daß heimatlosen Ausländern für die Kalenderjahre 1953/54 doch ein entsprechender Freibetrag genehmigt wird.

Das Bundesergänzungsgesetz zur Entschädigung der Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung ist am 1 Oktober 1953 in Kraft getreten. Sofern heimatlose Ausländer die Voraussetzung erfüllen, gewährt es ihnen einen Anspruch auf Entschädigung.

Ausländische karitative Organisationen haben auch in diesem Jahr bestimmten Personengruppen der hei­matlosen Ausländer weiterhin Fürsorge zuteil werden lassen.

Seit dem 1. Januar 1953 gewährt das amerikanische Hilfsprogramm für Flüchtlinge aus den Ostblockstaaten (USEP) heimatlosen Ausländern und ausländischen Flüchtlingen, die auswandern wollen, eine finanzielle Hilfe. Ebenso gewährt es auch Zuschüsse für ihren Unterhalt. Seit dem 1. Juli 1953 schaltete sich auch der Free Europe Citizens Service in diese Arbeit ein.
Aus den Mitteln der Ford-Foundation, deren Ver­waltung dem Hohen Kommissar für Flüchtlinge der Vereinten Nationen übertragen ist, wurden weitere Hilfsmaßnahmen zugunsten der heimatlosen Ausländer im Jahre 1953 durchgeführt.

Die Länderregierungen schufen und unterhielten Ein­richtungen für die kulturelle und gesundheitliche Be­treuung der heimatlosen Ausländer, wie zum Beispiel die Errichtung einer besonderen Unterkunft für tuber­kulosekranke heimatlose Ausländer in Augustdorf bei Detmold.

Die ständige Zusammenarbeit mit der Vertretung des Hohen Kommissars der UN in Bad Godesberg wurde im Jahr 1953 noch verstärkt.

Editorische Hinweise

Der Text wurde entnommen aus: DEUTSCHLAND IM WIEDERAUFBAU 1953, Tätigkeitsbericht der Bundesregierung 1953, Hrg.: PRESSE- UND INFORMATIONSAMT DER BUNDESREGIERUNG, S. 263-265