Der Kampf zweier Linien in der DKP wird fortgesetzt
Referat von Walter Listl auf der Beratung von Genossinnen und Genossen am 19.12.2015 in Hann.-Münden zu Einschätzung des 21. Parteitages der DKP

01/2016

trend
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Vorbemerkung [kamue]: Am 14./15. November fand in Hannover der 21. Parteitag der DKP statt. In der November- und Dezemberausgabe dokumentierten wir Texte rund um den Parteitag, worin die beiden kontroversen politischen Hauptlinien in der Partei zum Ausdruck kamen. Der Kampf dieser beiden Linien ist nicht beendet. Die Minderheitsfraktion - die "marxistische Linke" - hat begonnen, ein "Netzwerk kommunistische Politik" in der DKP aufzubauen. Dazu fand am 19.12.2015 ein bundesweites Treffen in Hannover statt.

Frank Braun
wird auf die aktuelle Entwicklung in der DKP und deren Bedeutung für die BRD-Linke in seinem Vortrag auf dem Veranstaltungswochenende "20 Jahre TREND" eingehen.

Ellen Weber, bis 1989 stellvertretende Parteivorsitzende, später Mitglied im Parteivorstand, auch heute noch aktiv in der Friedensbewegung und Mitglied im Bundesausschuss Friedensratschlag schreibt an Patrik Köbele zum Grund ihrer Nichtteilnahme am Parteitag: ...Es ist die Sprachlosigkeit zwischen Teilen der Partei, die inzwischen gefüllt ist durch unsäglich verengende Radikalismen. Durch Selbstisolierung, durch Stalindebatten, durch Verdächtigungen der Genossinnen und Genossen, die das Nachdenken über neue und ungelöste Fragen der Politik und der Theorie der Partei angeregt und in die Diskussion gebracht haben....“.

Der Parteitag hat Ellens Kritik bestätigt.

Es war ein Parteitag der Positionierung in wichtigen Fragen außerhalb von Parteiprogramm und Statut, der Revision bisheriger politischer Positionen der DKP und der Ausgrenzung derer, die „Parteiopposition“ genannt werden.

Und es war ein Parteitag der falschen Themen.

Wichtige Beschlüsse und Orientierungen des Parteitags befinden sich mindestens in einem Spannungsverhältnis zu Programm, Statut und bisheriger politischer Positionen der DKP.

Zwei davon will ich benennen.

Mit dem Beschluss des Leitantrages wurde die DKP als marxistisch-leninistische Partei definiert.

Dies widerspricht dem Parteiprogramm und dem Statut. Darin heißt es:

... Die DKP orientiert sich an den Ideen von Marx, Engels und Lenin“ (DKP-Programm)
... Als marxistische Partei mit revolutionärer Zielsetzung orientiert sich die DKP an den Erkenntnissen des wissenschaftlichen Sozialismus, deren Weiterentwicklung sie fördert...“ (Statut der DKP).

Die Argumentation, die Formulierung marxistisch-leninistische Partei meine nichts anderes als die Formulierungen im Programm und Statut wirft die Frage auf, warum man dann so vehement für diese neue Formulierung eingetreten ist.

Es war ja fast das zentrale Diskussionsthema des Parteitages. Im Ergebnis haben von den 160 Delegierten 61 gegen diesen Passus gestimmt, und 41 gegen den LA, darunter auch die Genossin Nina Hager, die wie andere auch vorschlug, den Leitantrag wegen dieser Meinungsverschiedenheiten nicht zu verabschieden. Eine besondere Note bekam diese mehrheitliche Zustimmung zu dieser Formulierung, weil H.P. Brenner auf der 12. PV-Tagung Stalin als Kronzeugen für den ML aufrief und die Lektüre von Stalin Texten empfahl.

Das war eine deutliche Abkehr von der Position des Parteiprogramms, in dem Massenverfolgung, Repression und Verbrechen, die mit der Person Stalin verbunden sind, als Verletzung sozialistischer Prinzipen kritisiert werden.

Aus gutem Grund hat die DKP mit dem Parteiprogramm von 2006 und in ihrem Statut darauf verzichtet, den Marxismus-Leninismus als ihre weltanschauliche Grundlage zu bezeichnen, weil dieser Begriff eng verbunden ist mit der Missachtung sozialistischer Rechtsstaatlichkeit, mit Repression, Massenverfolgung und Verbrechen.

Das komplette Referat als PdF-Datei lesen.

Quelle: http://www.kommunisten.de/attachments/6041_Referat_WL_HannMuenden_Dez15.pdf