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20 Jahre TREND Onlinezeitung

Wir wollen nicht ein Stück vom Kuchen
wir wollen die ganze Bäckerei

 29.1.-31.1.2016: Ein Veranstaltungswochenende über Programm und Politik
K9 - Kinzigstr. 9, 10245 Berlin
(U-Bhf. Samariterstrasse)

Die Veranstaltungen anlässlich des 10- und 15jährigen Erscheinens von TREND dienten jeweils zur Beschäftigung mit Fragen, die nach Meinung von Herausgeber*innenkreis und Redaktion für eine sozialemanzipatorische Politik von zentraler Bedeutung sind. Dies soll auch die Leitlinie für die Veranstaltungen zum 20jährigen Bestehen von TREND sein.

Ausgehend von der Marginalisierung der radikalen Linken im Kontext von Alltagspolitik vertraten wir 2005 die Ansicht, dass es zur Überwindung dieses Zustands nötig sei, die nach 1989 entstandenen „kapitalistischen Verhältnisse und Strukturen“ einer „Analyse zu unterwerfen“, um dem Kommunismus eine Perspektive zu geben. Wir schrieben damals: „Dazu gehört vor allem auch eine Neueinordnung der praktischen und theoretischen Erfahrungen der internationalen ArbeiterInnenbewegung ein- schließlich der daraus abgeleiteten Revolutions- und Organisationskonzepte.“

Fünf Jahre später konstatierten wir 2011: „In vielen Teilkämpfen entwickelt sich derzeit der Wunsch nach Vernetzung. Es entstehen Bündnisse. Sie reichen von der Einpunkt-Aktion bis zu bundesweiten Kampagnen. Nun kommt es darauf an, anstelle pragmatischer Bündnisse eine dauerhafte Vernetzung für das Ziel der Aufhebung der kapitalistischen Produktionsweise schaffen“. Mit Veranstaltungen unter dem Titel „Reform und Revolution“ wollten wir die Organisationsfrage unter verschiedenen Gesichtspunkten beleuchten und mit Bezug auf grundlegende theoretische Einsichten vorantreiben.

Noch im selben Jahr konnten wir, wie vermutet, eine zunehmende Fokussierung auf die Organisationsfrage feststellen. Der Anstoß kam von einer Berliner Gruppierung mit trotzkistischen Wurzeln, die zur Gründung einer neuen antikapitalistischen Organisation aufrief, um das linksradikale Zirkelwesen zu überwinden. Einen anderen Ansatz verfolgte ein Personenkreis um Wal Buchenberg und Robert Schlosser, der das sogenannte „Bochumer Programm“ erarbeitete, mit dem ein Schlussstrich unter die „Niederlagen der sozialdemokratischen und kommunistischen Arbeiter*innenbewegung“ gezogen werden sollte. Innerhalb der Linkspartei formierte sich eine kleine Gruppe, die sich auf einer „proletarischen Plattform“ zusammenschloss. Sie verfolgt das Ziel , die „Sprachlosigkeit des Kommunismus“ zu überwinden und sieht sich als Teil der Linksparteifraktion „Antikapitalistische Linke“. Auch im sogenannten autonomen Spektrum kam es in der Folgezeit zu Umgruppierungen und neuen Organisationsansätzen, die von einem sozialemanzipatorischen, antikapitalistischen Impetus bestimmt werden.

Während die Erstgenannten ihre Organisationskonzepte grundsätzlich an gemeinsam erarbeitete programmatische Voraussetzungen knüpften, dominieren bei den Zweitgenannten Kampagnenpolitik und aus dieser Praxis entwickelte Strukturen als Einstieg in eine dauerhaft angelegte Organisierung. Auch die in der Tradition des Marxismus-Leninismus stehenden Organisationen kamen nicht umhin, sich mit grundlegenden Programmfragen zu beschäftigen, wodurch sich Änderungen in ihrer Praxis und ihren Organisationsvorstellungen ergaben. Exemplarisch stehen hier die DKP, die - nun entgegen ihrem ML-Parteikonzept - zwei offen Widersprüche austragende Fraktionen beherbergt; sowie die MLPD, die durch die programmatische Beschäftigung mit ökologischen Fragen zu Gründung einer „eigenen“ Umweltgewerkschaft geschritten ist.

Im Januar 2016 wollen wir unter dem Eindruck dieser hier knapp skizzierten Entwicklungen dem 20. Jahrestag von TREND ein Veranstaltungswochenende unter dem Titel Programm und Politik widmen. Vorträge und Diskussionen werden sich daher mit folgenden Fragen befassen:

  • Brauchen wir für eine sozialemanzipatorische Politik im „Hier und Jetzt“ als Orientierung einen Entwurf für eine nichtkapitalistische Gesellschaft, der sich aus der Kritik der herrschenden ökonomischen und politischen Verhältnisse ableitet? Braucht sozialemanzipatorische Politik ein Programm, damit sie sich nicht auf eine Politik der „ersten Person“ verkürzt? Auf welche Erfahrungen der Arbeiter*innenbewegung können wir dabei zurückgreifen?
     

  • Ist die Marxsche Kritik der politischen Ökonomie noch eine hinreichende Grundlage für die Arbeit am Programm? Oder muss es eine „neue Kapitallektüre“ geben? Wie verhält es sich mit den den sogenannten Haupt- und Nebenwidersprüchen? In welchem Beziehungsgeflecht stehen Marxismus und Feminismus?
     

  • Wie gehen wir mit dem Problem der Ungleichzeitigkeit von Theorieentwicklung und politischer Praxis um? Wie können wir vermeiden, dass unsere politische Praxis nicht durch programmatische Defizite zur Politikberatung der herrschenden Klasse verkommt, sondern widerständig und transformativ bleibt? Was heißt das für eine breite Bündnispolitik?

Gleichwohl wollen wir das Veranstaltungswochenende auch nutzen, um durch Erfahrungsaustausch mit anderen publizistischen Onlineprojekten unsere 20jährige TREND-Geschichte selbstkritisch zu bilanzieren.

TREND-Redaktion

PROGRAMM

Freitag 29.1.2016

19 Uhr
Eröffnung

19.30 - 21 Uhr
Internet & Politik
Gesprächsrunde

Georg Klauda von BLOGSPORT wird mit Leuten von LABOURNET, MXKS und TREND über aktuelle Webtendenzen und mögliche Auswirkungen auf linke Netzprojekte sprechen. Dabei werden die unterschiedlichen Erfahrungen der jeweiligen Projekte zur Diskussion stehen. Stichworte werden dabei sein: soziale Netze, Gegenöffentlichkeit, Veröfffentlichungsplattform, Gedächtnisspeicher. Entsprechende Erfahrungen mit der Beteiligung an praktischer Politik jenseits der Netze und Repression kommen ebenfalls zur Sprache.

21-22 Uhr
Ungemischt

Politische Tracks montiert von Sebastian Stegner und Matze Schmidt

"Mixmythen des Alltags", scheinbar endlos kombinierbare Playlisten und Netze halten aktuelle und vergangene politische Topics und Verweise bereit. In Bild und Ton sind sogar reale Diskurse nachvollziehbar. Nicht frontal und ungemischt werden hier aber keine neuen Gestaltungshöhen kreiert, sondern Tracks kurz kommentiert und ihre "Ikone" bereitgestellt. Von Che Guevaras Tinnitus bis zum 'kommerzialisierten' kritischen Hip Hop.

Sonnabend 30.1.2016

13 -15 Uhr
Unklares Programm - unklare Perspektive
Programm und Bewegung am Beispiel DKP
Frank Braun

In der DKP hat sich über die letzten zwei Jahre eine Führungscrew etabliert, die sich vorgenommen hat, die DKP in Theorie und Praxis auf den Weg zu einer Partei der Arbeiterklasse zu führen, die einen revolutionären Bruch mit den herrschenden Verhältnissen herbeiführen will und dies weltanschaulich gestützt auf Marxismus-Leninismus. Was als Aufbruch daher kommt, erscheint bei näherer Betrachtung der Beschlusslage eher fragil und unklar. Frank Braun wird in seinem Vortrag zeigen, dass v.a. diese theoretische Kopfgeburt die DKP anhaltend nicht befähigt, den dynamischen Teil der antikapitalistischen und antiimperialistischen Linken in Deutschland zu repräsentieren.

15 -17 Uhr
Haupt- und Nebenwiderspruch revisited
Georg Klauda

Die meisten K-Gruppen der 1970er Jahre übertrugen Maos dialektische Kategorien von Grund-, Haupt- und Nebenwiderspruch in ihre Politik. Bis heute werden in linken Spektren diese Kategorien als böse Menetekel aufgerufen, um vor einer angeblich drohenden „Hierarchisierung der Kämpfe“ zu warnen. Dem halten die Kritiker*innen eine Gleichordnung der Kategorien entgegen, die den für die Produktionsweise konstitutiven Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit über den Begriff des „Klassismus“ in eines von vielen unterschiedlichen Diskriminierungsverhältnissen umdeutet. Die im Neoliberalismus auf die Spitze getriebene Dialektik zwischen kulturellen Kämpfen und dem hinter dieser Fassade betriebenen stummen Umbau der ökonomischen Herrschafts- und Ausbeutungsordnung kann damit aber nicht einmal im Ansatz mehr erfasst und analysiert werden.

17-19 Uhr
Spezifität, Historizität und Materialität des Geschlechterverhältnisses

Detlef Georgia Schulze

Mit Bezug auf seinen Vortrag „Marxismus und Feminismus“ - veröffentlicht in TREND 4/2014 - und den Anmerkungen im Editorial dieser Ausgabe wird die AutorIn aufzeigen, dass Klassen- und Geschlechterherrschaft und -ausbeutung unter jeweils spezifischen historischen Umständen entstanden sind, dass sie historischem Wandel unterliegen und prinzipiell überwindbar sind. Allerdings sie sind nicht aus einander ableitbar. Sie sind zwar nicht von einander getrennt, sondern beeinflussen und modifizieren sich wechselseitig, aber sie sind Unterschiedliches und von einander unterscheidbar. Ihre Unterschiedlichkeit ist die Voraussetzung ihrer Wechselwirkung.

Imbiss-Time
Tresen- und Tischgespräche

20 – 22.30 Uhr
Der besondere Film
(wird noch bekanntgegeben)

Sonntag 31.1.2016

13-14 Uhr
Das Onlinearchiv des Arbeitskreises MXKS
N.N. (www.mxks.de)

Mehr als 15 Jahre arbeitete der Marx LeseKreis MXKS in loser Kooperation an einer selbst organisierten Rezeption des Marxschen Kapitals. Die dabei entstandenen Exzerpte und Konspekte der drei Kapitalbände verdichteten sich später zu einem Versuch der Kapitaldarstellung jenseits von Kapital.doc bzw. des von der Rosa Luxemburg Stiftung herausgegebenen Polylux in der Auslegung Michael Heinrichs.
Die Veranstaltung gibt einen Über- und Einblick in das Onlinearchiv von MXKS mit umfangreichem Kursmaterial zur Kapitalrezeption, der Handbibliothek mit Texten zur proletarischen Geschichte und dem Medienprojekt mit Präsentationen und Videoclips zu Kategorien der gesellschaftlichen Totalität.
 

14 – 16 Uhr
Krisen verstehen – Krisen verklären
Die Marxsche Krisentheorie und was daraus geworden ist
Guenther Sandleben

In seinem Referat wird Günther Sandleben die bürgerliche und die Marxsche Auffassung von Krisen thematisieren und dann schwerpunktmäßig auf die linksorientierte Finanzmarktkapitalismustheorie (FMK-Theorie) kritisch eingehen. Seine These wird sein, dass auch die linke FMK-Theorie ihrem Kern nach eine bürgerlich-affirmativ ausgelegte Theorie ist, die in den Lehren von Gesell und Keynes ihre Grundlage hat. Die Marxsche Krisentheorie wird keynesianisiert, banalisiert und damit untauglich gemacht, Krisen aus den Widersprüchen kapitalistischer Warenproduktion heraus zu erklären. Die monetäre Wertlehre von Michael Heinrich hat dazu beigetragen.

16-18 Uhr
Die Mühen der Ebenen
Gesprächsrunde über politische Intervention in Betrieb und Stadtteil

1949 textete Bertolt Brecht: „Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns - Vor uns liegen die Mühen der Ebenen“ In diesem Sinne werden Aktivist*innen von ihren Erfahrungen in der Betriebsarbeit (Amazon und Charité) und der Stadtteilpolitik (nicht nur Neukölln) berichten, indem sie auf das Verhältnis von Kämpfen und Organisieren im Hinblick auf eine antikapitalistisch revolutionäre bzw. transformative Perspektive eingehen. Das Gespräch wird von TREND-Redakteur Karl-Heinz Schubert moderiert.

18 Uhr
Schlusswort


 

Weitere Informationen folgen.