zurück

sprengst.wmf (15318 Byte) In letzter Minute
01/99
trdbook.gif (1270 Byte)
trend
online
zeitung
Briefe oder Artikel:
kamue@partisan.net
ODER per Snail:
Anti-Quariat
Oranienstr. 45
D-10969 Berlin

Aus, Schluß, vorbei ?

 Das Akzo Nobel - Werk Berlin soll geschlossen werden, ginge es nach dem Willen des Managements. Nimmt die Belegschaft die Abwicklung hin, läßt sie sich "sozialverträglich" vertrösten, abfinden und in unsicherere Verhältnisse abschieben?

Ohne breiten öffentlichen Widerstand gegen die Produktionsverlagerung wird auch der Betriebsrat nicht einmal befriedigende Abfindungen für die von Arbeitslosigkeit bedrohten Kollegen aushandeln. Öffentlichkeit und nicht Geheimverhandlungen sind darum lebenswichtig für die Verteidigung der Arbeitsplätze und damit auch für die Existenz der Beschäftigten.

Die wichtigsten Forderungen der Belegschaft und ihrer Interessenvertretung müssen darum heißen:  

  • Keine Schließung des Berliner Akzo Nobel - Werkes !
  • Der Vorstandsbeschluß muß zurückgenommen werden !
  • Kein Gegeneinanderausspielen der Akzo Nobel Standorte Köln/Berlin, keine Spaltung der Belegschaften !
  • Weiterführung der Produktion !
  • Keine Entlassungen !
  • Erhalt aller Arbeitsplätze ! 
From: M.STROTMANN@VLBERLIN.comlink.de (Michael Strotmann)

Subject: akzo

Date sent: Wed, 13 Jan 1999 14:50:00 +0100

 hallo karl,

ich hoffe, die nachricht kommt bei dir an. deine email-adresse habe ich  von m. b. kannst du so gut sein und ein flugblatt ins internet stellen, was bei akzo nobel verteilt wurde. es ist ein weltweit operierender chemie-konzern, kaum jemandem bekannt (sympatex). in berlin werden farben und lacke (coatings) hergestellt. dort soll der betrieb geschlossen und ca. 150 leute entlassen werden. die produktion soll nach  köln verlagert werden, weil sie dort mehr gewinn abwirft. ich sende es dir im winword 6 format zu, es ist eine karikatur als grafik drin. ich selbst  habe namlich keinen internet-anschluß und weiss auch nicht, wie man so  eine Seite dort hinein stellt. 

das wäre nett. hoffe, von dir zu hören.
 
alles gute micha

Die geplante Produktionsverlagerung dient der Gewinnsteigerung für die Großaktionäre (share holder value) und geht auf Kosten der Berliner Arbeitsplätze. 

Die radikalen Rationalisierungsprogramme des Konzerns sind schon seit den 70er Jahren berüchtigt. Damals wurde der erste europaweite Streik der Enka-Glanzstoff-Belegschaften zur Verteidigung der Arbeitsplätze organisiert. Auch die Akzo Kollegen des Werkes in Kassel schrieben Arbeitskampfgeschichte. Sie kippten Mitte der 70er Jahre mit Betriebsbesetzungen und anderen Kampfmaßnahmen den Managegementbeschluß, das Werk dichtzumachen. Nach jahrzehntelangem Widerstand, gelang es zumindest noch, einen ziemlich guten Sozialplan mit hohen Abfindungen auszuhandeln.

Wer kämpft, kann verlieren - wer nicht kämpft, hat schon verloren. 

Doch sogenannte "Sozial"pläne retten keinen Arbeitsplatz und sind letztendlich eine Sachgasse für die Belegschaft. Auch sogenannte Auffang-, Beschäftigungs- oder Qualifizierungsgesellschaften haben die Aufgabe, den Widerstand gegen Schließungen zu verhindern. Sie machen der Belegschaft über ihre Zukunft nur falsche Hoffnungen.

Darum muß die Belegschaft fordern:

Der Betriebsrat darf einer Schließung des Werkes Berlin und Entlassungen nicht zustimmen ! Keine Verhandlungen und Vereinbarungen des Betriebsrats ohne eine öffentliche Diskussion !

Eine öffentliche Diskussion, an der auch Medien, externe Rechtsberater und Sachverständige teilnehmen können, um Unklarheiten über Nachteile bestimmter Regelungen für die Belegschaft zu klären. Zweck ist das verbindliche Festlegen über das Vorgehen des Betriebsrats gegenüber der Geschäftsleitung. Am Ende sollte die Belegschaft selbst über wichtige Entscheidungen abstimmen.

Nehmen wir unsere Sache selbst in die Hand und verlassen wir uns nicht unbedingt auf Betriebsräte und Gewerkschaften

Wir laden Euch zur Vorbereitung einer solchen öffentlichen Versammlung ein:
Am Sonntag, den 17. Januar 1999, um 16.00 in der Gaststätte Sahara-City, Ottostr. 19 in Berlin-Moabit, U-Bhf. Turmstr.

 Kolleginnen und Kollegen von Akzo Nobel und Unterstützer, u.a. der Gegenwehr (kritische Gewerkschafter) Emailkontakt: M.STROTMANN@VLBERLIN.comlink.de
ViSdP: Willi Hajek, c/o Gegenwehr, Rosa Luxemburg Straße 19

Dem Fluglatt lag folgendes Infomaterial bei:

Ein lehrreiches Beispiel:
Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft im Fall NARVA

Bei der Abwicklung von NARVA verkaufte die Treuhand den Betrieb an das Klingbeil-Konsortium (Trigon), das nur an der lukrativen Immobilie interessiert war.

Um eine schnelle Privatisierung zu erreichen, versuchte die Treuhand, die Immobilien vom laufenden Geschäft zu trennen. Die Narva-Belegschaft wehrte sich, da sie mit den Immobilien ein Pfand in der Hand hatten.

Aufgrund dieses massiven Drucks durch öffentliche Protestaktionen mußte sich die Immobilienfirma Klingbeil jedoch zurückziehen. Der von der Treuhand schon genehmigte Kauf wurde im September 1991 für nichtig erklärt. Im Nutzungskonzept des Käufers fand sich nur ein kleiner Absatz über die Lampenproduktion. Von den Beschäftigten sollten nur ca. 220 übernommen werden. Der Rest der ca. 4800 Arbeitsplätze sollten zu ABM-Stellen werden, was eine Kündigung voraussetzte. Für 300 000 Quadratmeter boten sie 30 Millionen DM.

In Übereinstimmung mit dem Betriebsrat vereinbarte die Treuhand ein Wirtschaftskonzept, das vorsah, 1.000 Arbeitsplätze unabhängig vom Käufer zu erhalten. Narva sollte sich dann auf wenige Gebäude konzentrieren und die anderen Gebäude vermieten. Da sich inzwischen durch Fluktuation usw. die Belegschaft auf 3.900 Mitarbeiterinnen reduziert hatte, bedeutete das noch die Kündigung

von 2500 Kolleginnen. Es fand die erste große Entlassungswelle statt, wobei versucht wurde, mehrere Abteilungen auszugliedern. Die zweite Entlassungswelle fand im September 1991 statt. Trotz großem Unmut und Zorn bei den Kollegen organisierte der Betriebsrat keinen Kampf, obwohl doch viel Öffentlichkeit und Druck gegen des Verkaufs an die Immobilienfirma Klingbeil aufgebaut worden war.

Für die, die gehen mußten, finanzierte die Treuhand ein Sozialplan. Der sah zunächst allerdings keine Abfindungen vor. Nach Verhandlungen mit dem Betriebsrat wurden dann doch 3.000 DM jeden in Zukunft betriebsbedingt Gekündigten zugestanden. Das sollte bezahlt werden aus dem Teil des Erlöses für die Immobilien und sozialen Einrichtungen. Die Summe für die Abfindungen sollte dann gestaffelt nach Betriebszugehörigkeit ausgezahlt werden (z.B. für 27 Jahre Narva-Zugehörigkeit 9.000 DM).

Die Treuhand wollte in erster Linie so schnell wie möglich an die Immobilien herankommen und sie verkaufen. Sie kümmerte nicht die Aufrechterhaltung der Produktion. Sie dachte auch nicht an die Weiterbeschäftigung und Qualifizierung der Kolleginnen. Da wurde auf Initiative von einigen NARVA-Betriebsräten in der Folge versucht, eine Auffanggesellschaft zu gründen. Am 1.April 1992 hatten sie mit großen Schwierigkeiten das Stammkapital zur Gründung einer GmbH (50.000 DM) zusammengetragen und ein Gesamtkonzept ausgearbeitet. So fing die Muttergesellschaft ABS BRÜCKE an, mit ABM-Maßnahmen für 60-70 Entlassene, in der Warschauer Straße zu arbeiten.

Im August 1992 übernahm der bayerische Investor Härti NARVA mit 1800 Mitarbeitern.

Im April 1994 wurde die vereinbarte Dreijahres-Beschäftigungsgarantie von den verantwortlichen Betriebsräten aufgehoben, mit dem Argument, "wenigstens einen Teil der Arbeitsplätze auf Dauer retten zu können". 480 Mitarbeiter wurden entlassen (mit einem Sozialplan) und weitere 260 Mitarbeiter gingen auf "Kurzarbeit Null". Das Arbeitsamt übernahm damit einen Großteil der Lohn- und Umschulungskosten.

Im September 1995 kam das endgültige Aus für das Narva-Modell. Die letzten Kollegen wurden entlassen. Der Betriebsrat verhandelte über einen Sozialplan. Nach wurden die Abfindungen nun immer geringer. Für 11 bis 12 Jahre Betriebszugehörigkeit wurden 4.000 DM Abfindung gezahlt. Härti blieb mit der Immobilie zurück und im Prinzip ist das Konzept der Treuhand, Narva totzumachen und die Immobilie zu veräußern, aufgegangen.

Die ABS-Brücke (gemeinnützige Arbeitsförderbetriebe) ist heute inzwischen als Sozialbetrieb mit 600 geförderten Beschäftigten in 11 Berliner Bezirken sowie im Land Brandenbürg tätig.

Die Leute werden der BRÜCKE in der Regel vom Arbeitsamt für ein Jahr zugewiesen.

In die geförderten Projekte kommen hauptsächlich Langzeitarbeitslose. Als ABMler erhalten sie Lohnkostenzuschüsse oder werden auf der Grundlage des Bundessozialhilfegeset-zes (BSHG) beschäftigt.

Die Frage nach dem Anteil der Kolleginnen, die von der BRÜCKE wieder in den regulären Arbeitsmarkt integriert werden, wird mit einer heutigen Vermittlungsrate von 10 % beantwortet. Das liegt an der geringen Aufnahmefähigkeit des Marktes.

Die Zermürbungspolitik der Treuhand zielte im Fall NARVA letztendlich auf die Vernichtung des gesamten Betriebes. Mit hinhaltenden Versprechungen wurde die Entschlossenheit der Kolleginnen gebrochen, die Arbeitsplätze zu verteidigen.

(frei nach Beck/Engelhard u.a.: Chance oder Falle ?)

Auffangsgesellschaften und Abfindung - Chance oder Falle?

Nach jeder Ankündigung einer Betnebsschließung wird als einziger möglicher Ausweg über Auffangsgesellschaft und Abfindung geredet. Doch ist das wirklich eine Lösung für die Kolleginnen?

Auffang- und Beschäftigungsgesellschaften (oft auch Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften BuQ genannt) sind seit 1990 wie Pilze aus dem Boden geschossen. Unterdessen ist eine ganze subventionierte Branche entstanden, die in Werbebroschüren ihre Dienste für die "sozialverträgliche Abwicklung notwendigen Personalabbaus" anbietet. Da werden als Vorteile für die Arbeitnehmer u.a. angepriesen: ,JEntscheidungshilfe bei der Vermeidung von Fehlentscheidungen für die weitere Karriereplanung(!)" .Zu den Vorteilen für das Unternehmen zählen: ,Abbau von Protestpotential, daß sich negativ auf die Öffentlichkeitsarbeit und das Image des betroffenen Unternehmens auswirken könnte". Aber die Erfahrung hat unterdessen gezeigt, daß BuQ fast immer nur einen Zwischenstop auf dem Weg in die endgültige Arbeitslosigkeit bedeuten. Viele der offiziell 4 Millionen Arbeitslosen waren hier "zwischengelagert". Angeblich sollen sie dazu dienen, die Kollegen weiter zu qualifizieren, damit sie dann woanders einen neuen Job finden können. Doch Tatsache ist, daß in sämtlichen Auffanggesellschaften, die in den letzten Jahren in Berlin gegründet wurden, nur kurzfristig Qualifizierungsmaßnahmen stattfanden. Oft gab es lediglich zweiwöchige Computerkurse oder ein Bewerbungstraining. Neue Arbeitsplätze entstehen auf diese Art und Weise nicht und die einmal verlorenen bleiben für immer verloren. Gleichzeitig drängt eine Masse von hochqualifizierten und jungen Arbeitskräften auf den Arbeitsmarkt und suchen vergeblich einen Job. Welche Chance haben da die älteren Kollegen, die aus einer Auffanggesellschaft kommen?

Aus einer wissenschaftlichen Untersuchung, die vor kurzem in Berlin durchgerührt wurde, ergab sich, daß so gut wie überhaupt kein Kollege, der in eine Auffanggesellschaft wanderte, nach der Beendigung der "Qualifizierungsmaßnahmen" wieder einen neuen Job gefunden hat. Kollegen, die zu ihrer Arbeitsplatzperspektive befragt wurden, antworteten: "Spielen Sie Lotto? Genauso sind unsere Arbeitsplatzchancen..." Und ein anderer Kollege antwortete nur kurz, "mit 40 Jahren hat man auf dem Arbeitsmarkt doch sowieso keine Chance mehr"

Bereits während der Zeit in der Auffanggesellschaft geht es den meisten Kollegen schon ziemlich schlecht. Da kaum wirkliche Qualifizierungsmaßnahmen stattfinden, sitzen sie in der Regel die meiste Zeit nur beschäftigungslos zuhause rum, verfallen in Depressionen oder dem Alkohol. Andere Kollegen, die einfach in Urlaub fahren, müssen mit einer fristlosen Kündigung rechnen. Im Grunde sind die Kollegen der Auffanggesellschaft unter Hausarrest gesetzt. Dort sind sie zum Abwarten verurteilt, d.h. dazu verdonnert, kurzfristig auf eine Aufforderung zu einem Computerkurs oder dergleichen zu warten. Viele BuQ verlieren die Finanzierung und stellen ihre Tätigkeit vorzeitig ein, da ihr erklärtes Ziel, die "Vorbereitung auf die Wiedereingliederung in den 'ersten Arbeitsmarkt'", keine Aussicht auf Erfolg habe. Schätzungen sprechen von durchschnittlich 9 Monaten Nach ein bis zwei Jahren - und wie gesagt häufig auch früher- ist dann Schluß und man wartet im Arbeitsamt. Nach dem erfolglosen Schreiben hunderter Bewerbungen wird man Langzeitarbeitsloser. Man bekommt dann vielleicht eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM). Unterdessen sind in Berlin Zehntausende in solchen ABM, viele sogar mit Diplom. Doch nach einem Jahr ist auch damit Schluß: vielleicht gibt es noch mal eine Verlängerung, aber dann geht die Spirale nach unten weiter. Ein Kollege, der im letzten Jahr aus dem von Massenentlassungen betroffenem Werk AEG-AMC-Moabit in eine Auffanggesellschaft wanderte, faßte den eigentlichen Sinn dieses "Angebots" zusammen:

"Ihre einzige Funktion besteht doch für die Unternehmer darin, einen Betrieb plattmachen zu können, ohne großes Aufsehen und Widerstand erwarten zu müssen. In der Öffentlichkeit wird das doch immer als 'Lösung' dargestellt und positiv bewertet, so als sei tatsächlich eine Lösung gefunden geworden. Dann finden keine Proteste mehr statt, die Öffentlichkeit verliert vollkommen das Interesse und Politik und Wirtschaft machen gar nichts mehr, stehen nicht in der Pflicht, neue Arbeitsplätze zu schaffen..."

Was bedeutet Abfindung?

Die Kolleginnen erhalten in der Regel als "Entschädigung" für ihren Arbeitsplatzverlust einen Betrag von mehreren tausend DM. Dieses Geld ist - egal wie hoch es zunächst erscheinen mag - nach kürzester Zeit aufgebraucht und wird zudem auf das Arbeitslosengeld zur Hälfte angerechnet. Gleichzeitig ist man gezwungen, nach sechsmonatiger Arbeitslosigkeit jede Art von Arbeit anzunehmen, auch unabhängig von der Qualifizierung, und in der Höhe des bisherigen Arbeitslosengeldes - jede Arbeit gilt dann als "zumutbar" -ansonsten gibt es gar kein Arbeitslosengeld mehr! Auch Fahrzeiten von 2,5 Stunden bis zum neuen Arbeitsplatz gelten unterdessen als "zumutbar"

Wer eine neue Arbeitsstelle findet - was angesichts der bestehenden Massenarbeitslosigkeit schon unwahrscheinlich genug ist - hat kaum eine Chance, das derzeitige Lohnniveau zu erreichen. Teilzeitarbeitsplätze und befristete Arbeitsverträge sind heute zur Regel geworden. Bei erneuter Arbeitslosigkeit ist das Arbeitslosengeld entsprechend geringer. Viele Beschäftigte und erst recht Arbeitslose sind unterdessen auf ergänzende Sozialhilfe angewiesen, bin zwangsläufiges Abrutschen in soziale Not ist die Folge.

Berechnungsbeispiel

Ein Arbeitnehmer mit Steuerklasse IV und 2600 DM netto erhält eine Abfindung von 41500 DM.
Wieviel bleiben ihm davon wirklich übrig?

Abfindungssumme nominal: 41500DM  

 

steuerfrei: 10000 DM  

 

10000 DM
steuerpflichtig: 31500 DM  

 

Steuerklasse IV: Abzüge -5040 DM  

 

bleiben: 26460 DM  

 

davon Anrechnung auf ALG: 50% 13230DM  

 

bleiben  

 

13230 DM
63% ALG von 2600 DM netto == 1638DM  

 

davon 40% Abzug = 655,2 DM bis 13230 DM verbraucht  

 

 

 

bleiben monatlich ALG 982.8 DM  

 

Insgesamt bleiben also von 41500 DM Abfindung 23230 DM übrig!



Auszug aus § 140 SGB III (in der Fassung nach l. SGB III-ÄnG vom 16.12.1997; BGBl I S. 2970):

"(l) Eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung), die der Arbeitslose wegen Beendigung des Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisses erhalten oder zu beanspruchen hat, wird nach Abzug der Steuern auf die Hälfte des Arbeitslosengeldes angerechnet, soweit sie den Freibetrag überschreitet... Der Freibetrag der Entlassungsentschädigung beträgt 25 %. Er erhöht sich für je fünf Jahre des Bestandes des Beschäftigungsverhältnisses um je fünf Prozentpunkte. Der Freibetrag beträgt jedoch mindestens

1. für Arbeitnehmer, die bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses das 50., aber noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet haben, 40 Prozent.

2. für Arbeitnehmer, die bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses das 55. Lebensjahr vollendet haben. 45 Prozent.

3. 10.000 Deutsche Mark. 


Häufig wird bei drohenden Massenentlassungen Auffangsgesellschaflen und Abfindungsregelungen vorschnell zugestimmt. Ein Grund mag sein, daß man sich dem Unternehmen gegenüber hilflos fühlt - besonders wenn es ein Weltkonzem ist - und auf seine Rechte verzichtet. Oftmals wird Betriebsratsvorsitzenden auch angeboten, Geschäftsführer der neuen Auffanggesellschaft: zu werden. In vielen Fällen stimmen Betriebsräte aber auch im guten Glauben zu, weil sie ihre Rechte gar nicht kennen, und oftmals so überrascht sind, daß sie sie auch gar nicht kennen können.

Doch zeigt die Erfahrung auch, daß überall, wo von der Belegschaft Widerstand geleistet wurde, die Entlassungen entweder verhindert oder zumindest wesentlich bessere Regelungen durchgesetzt werden konnten.

Nützlich ist auch zu wissen, daß seit dem 1.1.99 ein BR nicht mehr gezwungen ist, binnen 2 Monaten nach offizieller Bekanntgabe seitens des Unternehmens einem Interessensausgleich zuzustimmen. Dazu erklärte das Bundesarbeitsministerium am 18.12.98: "Dem Betriebsrat soll es wieder ermöglicht werden, mit dem Arbeitgeber Alternativen zur geplanten Betriebsänderung in einem Zeitraum zu beraten, der nach Umfang, Schwierigkeit und Tragweite der Umstrukturierung erforderlich ist, um zu sachgerechten Lösungen kommen zu können. "

Auch die Rechtsprechung beginnt sich angesichts der Proteste gegen die Massenarbeitslosigkeit zu ändern: Das Arbeitsgericht Gelsenkirchen erklärte eine Betriebsvereinbarung mit Personalabbau bei dem Mineralölkonzern VEBA als Verstoß gegen das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes für ungültig (Az. 2Ca 3762/96). VEBA macht europaweit Gewinne und wollte zur Gewinnsteigerung das Personal von 4000 auf 1900 abbauen. Leider gilt dieses Urteil nicht bundesweit. Doch um wieviel mehr wäre es für ein Werk gerechtfertigt, in dem schwarze Zahlen geschrieben und Überstunden geschoben werden?

(Die meisten Angaben entstammen dem Buch Chance oder Falle, Trafo Verlag Berlin,)

 

nach oben