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Searchlight 1/99 Internationale Antifaschistische Monatszeitschrift

Spanien 

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Seit mehr als 30 Jahren florierte der CEDADE als eine der bestbetriebenen internationalen Naziorganisationen. Pedro Varela, seit zehn Jahren der Anführer, streckte seine Tentakel von ehemaligen SS-Männern bis hin zu Revisionisten wie David Irving. Jetzt endlich haben die Behörden ihn eingeholt. Xavier Vinader aus Barcelona, einer der bekanntesten Investigativjournalisten in Europa, berichtet für Searchlight, wie ein katalanischer Staatsanwalt und sein Polizeiteam den Naziboss in seinem Hauptquartier in Barcelona festnahmen.

Pedro Varela Geiss, der ehemalige Führer des "Spanischen Zirkels der Freunde Europas" (CEDADE), am 16. November zu fünf Jahren Haft und rund 9000 DM Geldstrafe verurteilt, nachdem er der Leugnung des Holocaust, Verherrlichung der Hitlerdiktatur und Aufstachelung zu Rassismus und Antisemitismus schuldig befunden wurde.

Varela, 41 Jahre alt, einer der gefährlichsten Nazis Europas, führte den CEDADE, seit er ihn in den späten 80ern von Ramón Bau übernahm. Während der CEDADE unter seiner Leitung stand,
wurde die Organisation kleiner, vergrößerte aber dank Varelas konstanter Reisetätigkeit ihren Einfluß und ihre Reputation. Obwohl der CEDADE offiziell 1993 aufgelöst wurde, bleibt er die
bekannteste spanische Naziorganisation in Europa.

Varelas Verurteilung, in Spanien bisher einzigartig, ist allerdings nicht sein erster Zusammenstoß mit dem Gesetz. 1992stand er in Österreich vor Gericht, weil er in einer RedeHitler als "den zweiten Retter der Menschheit" bezeichnet hatte. Er wurde freigesprochen, nachdem eine Jury seine
Verteidigungsrede akzeptierte, in der er sagte, daß er sich der österreichischen Gesetzeslage nicht bewußt gewesen sei und daß sein Verstoß dagegen unabsichtlich erfolgt sei. Solch eine
Verteidigung beeindruckte in Barcelona niemanden.

Der CEDADE wurde 1965 harten Francofaschisten, flüchtigen italienischen und deutschen Nazis und Veteranen der spanischen "Blauen Division" gegründet, welche mit der Nazi-Wehrmacht und
der SS an der Ostfront gekämpft hatte. Ihr wichtigster Ratgeber in den 60ern und frühen 70ern war der ehemalige SS-Offizier Otto Skorzeny, der Mann, der Mussolini 1943 aus seiner Gefangenschaft in Italien befreite. Die Organisation hatte enge Verbindungen zu der heute im Untergang begriffenen
internationalen Nazi-Tarnorganisation "New European Order" und zu den Naziterroristen aus Garry Laucks NSDAP-AO.

Varela hat Berufung gegen das Urteil eingelegt und ist zur Zeit auf Kaution frei, nachdem er seinen Pass abgegeben hat. Es ist zu hoffen, daß er der Gerechtigkeit nicht entgeht, wie so viele
Nazis in den vergangenen Jahren.

Das Varela Dossier

Jahre nach dem Tod des faschistischen Diktators General Franco war ein Gerichtsaal Schauplatz eines noch nie dagewesenen Verfahrens, als am 16. und 17. Oktober ein spanischer Naziführer beschuldigt wurde, Völkermord zu entschuldigen und den Holocaust zu leugnen.

Der Nazi auf der Anklagebank war kein anderer als Pedro Varela Geiss, der ehemalige Präsident des CEDADE. Varela besitzt den "Europa-Buchladen", der in dem alten CEDADE-Hauptquartier
untergebracht ist, welches er seit 1993 als Drehscheibe für sein weltweites Vertriebsnetzwerk für Nazipropaganda benutzt.

Das Verfahren erregte enormes öffentliches Interesse und antifaschistische Organisationen veranstalteten zwei Demonstrationen, um in Barcelona ihre öffentliche Unterstützung für die Verhaftung und Verurteilung Varelas zum Ausdruck zu bringen. Zu den Veranstaltern der Demonstrationen gehörten die jüdischen Gemeinden von Barcelona und Katalanien, die
Vereinigung der ehemaligen Gefangenen von Mauthausen, die spanische republikansiche Gefangene in Nazi-Konzentrationslagern repräsentiert, sowie die Roma-Union.

Varelas Nazibuchladen war in den vergangenen Jahren das Objekt zunehmender öffentlicher Sorge, da dort enorme Mengen an Nazi- und geschichtsrevisionistischem Material ausgestellt und vertrieben wurden - sogar im normalen Buchhandel. Berichte von Nachbarn an die Polizei waren zu zahlreich, als daß sie ignoriert werden konnten.

Die CEDADE-Mitglieder waren eigentlich seit langem an die Protektion durch die spanische Polizei gewöhnt. Die Situation änderte sich mit Beginn der katalanischen Teilautonomie und der Gründung einer neuen Ermittlungsabteilung der "Mossos d'Esquadra" (autonome katalanische Polizei), die ihre
Aufmerksamkeit auf Varelas Aktivitäten konzentrierte.

Operation Raus

Die Hausdurchsuchungen im "Europa-Buchladen" und in Varelas Wohnung im Dezember 1996 rundten ein Untersuchung ab, der die Polizei den Codenamen "Operation Raus" gegeben hatte, und die fünf Jahre zuvor begonnen hatte. Bei den Durchsuchungen wurden 20.972 Bücher und Dokumente, 400 Plakete, 34 Audiokassetten, über 200 Druckvorlagen, 105 Viedokassetten, 220 Videocover und ca. 20 francistische Fahnen und weitere Fahnen mit Haken- und keltischen Kreuzen beschlagnahmt.

Nach den einleitenden Schritten stellte der Staatsanwalt José María Mena die Untersuchung bis zum Mai 1995 zurück, als ein neues Srafgesetz in Kraft trat. Zum ersten Mal wurden Entschuldigung von Völkermord und Leugnung des Holocaust zu Straftaten erklärt, §510 und §607 im neuen Gesetz.

Die vorbereitenden Ermittlungen gegen Varelas "Europa"-Netzwerk trugen den Codenamen "Raus", weil die SS-Wächter dieses Wort den gefangenen Juden und Roma zuschrien, um sie aus den
Viehwaggons hinauszutreiben, die sie im Zweiten Weltkrieg in die Vernichtungslager der Nazis transportierten.

Sobald das neue Strafgesetz in Kraft trat, wurde der Fall wiederaufgenommen und im April 1996 der Staatsanwaltschaft übergeben. Von diesem Augenblick an begann die Polizei systematisch, Bücher, Magazine, Videos und anderes Nazimaterial von Varela zu kaufen, das als Beweismittel dienen konnte. Das Material wurde sorgfältig untersucht und im Hinblick auf die neue Gesetzeslage beurteilt.

Drei Monate lang arbeitete das Polizeiteam der Operation Raus hart mit dem Rotstift in der Hand. 25 Bücher wurden genauestens untersucht, unter ihnen solche wie "Die arische Doktrin von
Kampf und Sieg", "Das nationalsozialistische Kompendium", "Judaismus und die katholische Kirche", "Die Lügen des Odysseus", "Der Leuchter-Report", "Nationalsozialismus als eine
Lösung für die lateinamerikanischen Völker" und "Die fundamentalen philosophischen Prinzipien des
Nationalsozialismus".

"Später behaupteten einige Massenmedien sogar, wir hätten eine arische Brigade, um die Nazis zu infiltrieren. Soetwas hat nie existiert. Das war pure Phantasie der Reporter. Wir sind hier alle blond und gutaussehend", erinnert sich ein Polizeibeamter der Operation Raus amüsiert, "aber wir arbeiteten hart und untersuchten das Material, das in Varelas Buchladen verkauft und vertrieben wurde, Material, in dem der Völkermord der Nazis an den Juden gerechtfertigt und die Realität des Holocaust geleugnet wird."

Am 9. Dezember 1996 hatte die Polizei 135 seperate Beweisstücke zusammengetragen und und war bereit, loszulegen. Der Fall bekam die Nummer 0562/96-DI und wurde dem Vierten Gericht in
Barcelona übergeben, welches die Durchsuchung des CEDADE-Hauptquartiers und von Varelas Wohnung am 11. Dezember anordnete.

Operation Schliesse

Die Durchsuchungen waren der Beginn des zweiten Phase der Ermittlungen - Operation Schliesse (auch dieser Name ist dem Deutschen entlehnt) -, das Ziel war es, die beschlagnahmten
Dokumente auszuwerten. Obwohl die Mitglieder der URI (Informations- und Ermittlungseinheit der Polizei) ganz genau wußten, wonach sie zu suchen hatten, bevor sie die Durchsuchungen begannen, gab es einige wichtige neue Entdeckungen.

Die interessanteste Entdeckung war in einem Hinterzimmer des Ladens verborgen, zu dem die Kunden keinen Zutritt hatten. "Sie hatten eine Druckmaschine, bereit, alles mögliche zu drucken",
erklärte ein Polizeioffizier. "Eine Offset-Druckmaschine in arbeitsbereitem Zustand war das, zusammen mit vielen Filmvorlagen, Papier und verschiedenen Druckfarben." Der alte Leseraum des CEDADE, am Ende eines langen Flurs in dem Gebäude gelegen, hatte sich, wie die Beamten herausfanden, in einen riesigen Lagerraum für Bücher, Magazine, Nazifahnen und CEDADE-Unterlagen verwandelt.

Der Raum diente noch einem zweiten Zweck. Als Thies Christophersen, der deutsche Auschwitzlügner, aus Dänemark floh, sandte er alle seine Unterlagen nach Barcelona. Die
Polizei entdeckte 13000 Ausgaben seiner "Kritik"-Sammlung und sein Käseblatt "Die Bauernschaft", beides in Deutschland verboten und außerdem von Varela persönlich verfasst Dokumente, in denen er um verdeckte Geldmittel für seine Veröffentlichungen warb.

Christopherson, der als SS-Aufseher im Todeslager von Auschwitz eingesetzt war und stolz darauf war, Hitler persönlich getroffen zu haben, lebte angeblich für einige Zeit während seiner Flucht vor den deutschen Behörden in dem spanischen Dorf Vinarez an Spaniens Mittelmeerküste, bevor er 1997 nach Schleswig-Holstein zurückkehrte, um dort zu sterben.

Das Team der Operation Schliesse bestand aus sechs Leuten, die sieben Monate lang das beschlagnahmte Material durchforsteten. Am Ende ihrer Untersuchungen hatte die Staatsanwaltschaft eine beeindruckenden Anklage vorgelegt, die auf vier grundlegenden Punkten beruhte.

Das Polizeimaterial dokumentiert mit absoluter Klarheit das internationale Spinnennetz der Nazis, das von Varela und dem CEDADE sorgfältig aufgebaut wurde. Genauso klar ist die Tatsache, daß dieses Netz in den vergangenen Jahren mindestens eins ihrer Hauptquartiere und Vertriebszentren in Varelas Laden hatte.

Der Buchladen in der Senecastraße war ohne Zweifel das wichtigeste Warenlager und Vertriebszentrum für Nazi- und ultrarechtes Material in Spanien. Das Gebäude wurde auch als Unterschlupf für Hardcore-Nazis benutzt, die in ihren eigenen Ländern von der Polizei gesucht wurden und Spanien als Schlupfloch benutzten; Männer wie der österreichische Auschwitzlügner Gerd Honsik und der mittlerweile gestorbene fanatische deutsche Naziveteran General Ernst Otto Remer.

Der Laden diente als wirkungsvolle Tarnung, um hitleristisches Material zu drucken (wie Honsiks österreichisches Nazimagazin "Halt!") und in Länder zu verschicken wo solches Material verboten ist, und für Versuche, Aktivitäten von Hardcorenazis in Europa und Lateinamerika zu beeinflussen und zu koordinieren.

Die Verteilerlisten

Am faszinierendsten unter dem beschlagnahmten Material waren die Listen, die Details über Varelas spanisches Verteilernetzwerk und die internationalen Kontakte von CEDADES
Magazin "CEDADE-Europa" enthielten.

Die spanische Liste enthält 19 Namen und Adressen von wichtigen spanischen Nazis, darunter den ursprünglich skandinavischen Nazi "Erik Norling" (vielleicht ein Pseudonym), der Berichten zufolge in Mijas Costa-Málaga lebt. "Norling" war ein wichtiger Mitarbeiter des Magazins und zusammen mit Varela Gründer der "Leon Degrelle Gedenkvereinigung", die den verstorbenen belgischen SS-General ehrt. Er ist auch Autor des Buches "Blut und Schnee", welches die Heldentaten der finnischen Mitglieder der Waffen-SS preist.

Varelas weite Kontakte in Europa standen auf einer getippten dreiseitigen Liste, die 18 Adressen in verschiedenen Ländern enthielt, an die Ausgaben von "CEDADE-Europa" zum Weitervertrieb geschickt wurden. Die erste Adresse war der jetzt aufgelöste Buchladen "Ogmios" in der rue des Pyramides in Paris. Unter der Leitung von Dominique Le Forestier, ein Aliasname des Faschisten Dominique Larrieu, wurde "Ogmios" Mitte der 80er Jahre von einem kleinen Zirkel aus Anhängern von Alain de Benoists sogenannter neurechter Denkfabrik GRECE und Mitgliedern der gewalttätigen Nazipartei "Nationalist Francais et Européen" gegründet. Zufälligerweise begann das politische Leben von Ogmios in einem Gebäude, das während der Besatzung durch die Deutschen die "Parti Populaire Francais" des Nazikollaborateurs Jacques Doriot beherbergte.

Die Spezialität von Ogmios waren nationalsozialistische und antisemitische Schriften. Der Buchladen war Teil einer eng verbundenen Gruppe von Firmen, darunter zwei Verlagshäuser, Avalon und Polémiques, und drei Vertriebe, Cens Diffusion, Mercure Diffusion und OD Diffusion.

Die nahezu undurchdringliche Struktur erlaubte es den französischen Faschisten um Ogmios, legale und finanzielle Probleme zu umgehen und das Gesetz zu mißachten, in dem sie es den Behörden sehr schwer machten, einen Verantwortlichen für Raubdrucke und anonymen Pamphleten ausfindig zu machen.

Die französische Sektion auf der CEDADE-Liste enthält die Namen von Yves de Lanascol und Robert de Perier. De Perier gehört zu einer alteingesessenen rechtsextremen Familie, die mit den
höchsten Kreisen von Jean-Marie Le Pens "Front National" verbunden ist. Als Mitglied der "Association Nationale Pétain-Verdun" (ANPV) reiste de Perier am 20. November 1990 nach Madrid, um an Francos Grabstein Blumen niederzulegen und "um unsere spanischen Freunde und Pedro Valera, den Präsidenten von CEDADE" zu treffen."

Ebenso auf der Liste steht Jean-Gilles Malliarakis, ein langjähriger französischer Aktivist. Malliarakis war zu unterschiedlichen Zeiten Mitglied in nahezu jeder Gruppe der französischen extremen Rechten: "Jeune Nation", "Ordre Nouveau", "Mouvement Nationalist Révolutionnaire" und einer
Handvoll anderer kleiner Gruppierungen.

Malliarakis, ein Begründer der sogenannten Dritten Position in Frankreich, ist der ehemalige Besitzer der mittlerweile geschlossenen "Librairie Francais" in der rue de l'Abbé Grégoire in Paris. 1986 besuchte er Madrid, um an einer Gedenkfeier für die Mitglieder der rumänischen Eisernen Garde teilzunehmen, die auf faschistischer Seite im spanischen Bürgerkrieg gefallen sind. Heute steht er dem Front National nahe.

Andere Briefe dokumentieren die kommerziellen Verbindungen zwischen dem Nazibuchladen in Barcelona und Gilbert Gilles, der in Montoire in Frankreich lebt und ehemaliges Mitglied der SS-
Division Charlemagne ist und außerdem Autor verschiedener Bücher ist, die den Kampf der Nazisoldaten an der Ostfront verherrlichen. Varela hatte auch herzliche Beziehungen zu "Les Edition Serp" in Paris, von der er zahlreiche Audiocassetten und CDs bezog.

Serp - "Société d'Études et de Relations Publique" - wurde 1962 von Jean-Marie Le Pen und Leon Gaultier, einem ehemaligen Mitglied der Waffen-SS, gegründet, um eine große Bandbreite von
faschistischen militärischen und politischen Platten in Umlauf zu bringen. Aufnahmen, die aus dem Dritten Reich stammen oder diesem gewidmet sind, finden sich an prominenter Stelle im Serp-Katalog. Diese Aufnahmen, für die Le Pen vor einigen Jahren verurteilt wurde, sind in Nazikreisen sehr populär.

Knietief im Nazisumpf

Der wichtigste, seit langem bestehende Kontakt der Europa-Buchhandlung nach Deutschland bestand zumit Ewald Althans aus München, Anfang der 90er Jahre einer der bekanntesten deutschen Nazikader. Althans, der zur Zeit im Gefängnis sitzt, war an der Seite von Varela und Christophersen Ehrengast bei der Veranstaltung zu Hitlers hundertstem Geburtstag 1989 in Madrid.

Die Liste von Varels weiteren Kontakten liest sich wie ein "Who's Who" des heutigen Faschismus in Deutschland - der zwielichtige Roy A. Godenau aus Gilserberg, Erhard Kemper aus Münster, Jens-Ulf Handwerk aus Steinau/Schlüchtern, Andreas Seidler aus Stuttgart, der Terrorist Manfred Roeder aus Schwarzenborn, Marga Kroeger Kupka aus München, Rainer Barbber aus Neuhausen, Willy Kotouckzek aus Pegnitz, Hans Peter Mationschek aus München, Ion Marii aus Karlsfeld, der Führer der verbotenen Nationalistischen Front, Meinolf Schönborn, aus Detmold/Pivitsheide, und der Mitglied der verbotenen Wiking Jugend Dirk Nahrath aus Stolberg.

Die Kontakte von CEDADE nach Beglien laufen über die bizarre Fondation Européenne pour l'Examen Historique, in Berchem. In Italien konzentrieren sie sich um den faschistischen Verlag
Edizioni Martini in Cuneo. Last but not least: Varelas Mann in Britannien ist, wie zu erwarten, Anthony Hancock und seine in Brighton ansässige Historical Review Press. Auch wenn all diese
Kontakte der Verbreitung und dem Verkauf von faschistischen Schriften - ein Großteil davon illegale Leugnung des Holocaust und anderer Naziverbrechen - dienen, so spielt nur Hancocks Firma eine internationale Rolle, die derjenigen von Varelas Betrieb vergleichbar ist.

Die Beziehungen zwischen Europa und dem amerikanischen Kontinent wurden durch Dokumente, aus denen im Prozess zitiert wurde, gut veranschaulicht. Zu den wichtigsten Kontakten gehört Eugenio Lutz, der Landesführer des Movimiento Nazi Chileno (Chilenische Nazibewegung), Estefano Pasini aus Graca-Salvador in Brasilien, dem Thule-Antártica-Verlag in Buenos Aires, Argentinien, Patricia G. Bagnis, aus Jalisco in Mexico; der Huemul-Buchladen in Buenos Aires, Argentinien; Ernst Zündel, the berüchtigte Auschwitzleugner aus Toronto, Kanada; Salvador Borrego in Mexico; Marcos Ghio von Edicion Heracles Quadrini in Rio Negro, Argentinien, Ediciones Theoria, Ediciones Fidelidad, Ediciones Revisión und Francisco de Asis Valdemoros, alle aus Buenos Aires, und Editorial Solar in Santafé de Bogotá, Kolumbien.

Zutage kamen in dem Prozeß auch enge Kontakte zwischen Varelas Firma und dem "Institute for Historical Review" in den USA, dem möglicherweise weltweit wichtigsten und gefährlichsten Koordinierungszentrum des Geschichtsrevisionismus.

Nur neun Personen wurden als Verteiler der 140 Exemplare der Zeitschrift CEDADE genannt, die nach Amerika versandt werden. Zu ihnen gehören Héctor Cruz Sánchez in Bogotá, Rafael +lvarez
in Newark, New Jersey/USA, Alfonso Pérez del Toro aus Michoacán in Mexico, Juan Guerrero Zorrilla aus Tamaulipas in Mexico, sowie Carlos L. Sánchez, Julio de Asís Valdemoro and Juan
Manuel Pérez Segura, alle aus Buenos Aires.

Nazipost

Die Polizeibeamten, die die Dokumente aus dem CEDADE-Hauptquartier unter die Lupe nahmen, kamen zu dem Schluß, daß die Organisation in ihrer Blütezeit eine Liste von rund 25.000 Adressen gehabt haben muß. Sie fanden allerdings "nur" rund 2400 versandfertige Briefe: 1198 nach Deutschland, 841 nach Spanien, 152 nach Belgien, 117 nach Österreich, 58 nach Kanada,
46 nach Australien, 34 für die USA, 36 nach Südafrika, 15 nach Uruguay, 10 nach Finnland, sechs nach Dänemark, drei nach Bulgarien, zwei nach Mexiko, und jeweils einen nach Ecuador, Italien and Weißrußland.

Weitere 1370 Briefumschläge enthielten Nazipropaganda, waren aber noch nicht adressiert. In einem Tresor fand die Polizei einen Stapel Aufkleber mit weiteren Adressen: 462 in Deutschland, 24 in Österreich, 19 in den USA, sieben in Kanada, sechs in der Schweiz, vier in Holland, jeweils drei in Belgien, Australien and Spanien, zwei in Dänemark und je eine in Großbritannien, Frankreich, Norwegen, Brasilien, Argentinien und Hong Kong.

Unehrenhafte Geschäfte

Vergraben in Varelas umfangreichen und chaotischen Akten fand die Polizei einen Brief, den Leon Degrelles Witwe weniger als ein Jahr vor der Durchsuchung geschrieben hatte. In diesem
Brief machte sie ihrem Ärger über Varela Luft und verlangte von ihm Honorare für die Bücher ihres Ehemanns, die ständig in Spanien und international verkauft wurden.

In einem Brief des deutschen Konsulats in Bacelona vom 9. August 1995 stellte an Ediciones Huguin, eine der zahlreichen Frontfirmen von CEDADE, wurde ostentativ nach einer Erklärung
zu Produktion und Verkauf von Hitlers "Mein Kampf" gefragt. Hintergrund ist, daß das Copyright an Hitlers berüchtigtem Buch am Ende des Zweiten Weltkriegs dem Land Bayern übertragen wurde.

CEDADE hatte hervorragende Beziehungen zu Pater +ngel Garcia vom Haus für Geistige Exerzitien, Mater Salvatoris, auf dem Gipfel des Tibidabo, einem weit sichtbaren Berg bei Barcelona. Mit voller Zustimmung des Priesters benutzte CEDADE Briefpapier von Ediciones Alas Abiertas, einem religösen Verlag, für geschäftliche Zwecke und für verdeckte Käufe.

Verwaltungstechnisch war der Europa-Buchladen ein völliges Chaos. Die vielgerühmte Nazi-Effizienz "war nirgendwo zu sehen", wie Polizeibeamte betonten, die von Beginn an an den Ermittlungen beteiligt waren. Varela hatte keine Buchhaltungsunterlagen und auch sonst nur einige sehr alte
Unterlagen.

Effizienz zeigte Varela dagegen darin, sich Firmennamen auszudenken - Ediciones Alas Abiertas, Filmways Productions, Bright Rainbow Limited, Ediciones Ojeda, Ediciones Huguin, KHM - alle dienten dem Zweck, seine Verlagsgeschäfte größer erscheinen zu lassen, als sie tatsächlich waren, und vermutlich auch dazu, Kreditgeber zu finden. Varela hatte, wie es scheint, die Angewohnheit, niemand zu bezahlen und überall Schulden zu haben.

Varela machte bei Royal Eagle S.L., einer Firma, die interessanterweise nur aus einer Faxnummer und einem Postfach in Valladolid besteht, Großeinkäufe von den bei Enthusiasten des Dritten Reichs und bei Sammlern so beliebten Naziabzeichen und faschistischen Symbolen.

Zu Varelas wichtigsten Kunden gehörten Garcia Hispan Editor S.L. aus Granada und Ediciones Barbarroja aus Madrid, die bei ihm Naziliteratur en gros für den Weiterverkauf bestellten. Die
Anklage brachte auch Rechnungen in den Prozeß ein, die Varela der in Spanien gut bekannten Kaufhauskette El Corte Ingles für die Lieferung von Büchern wie "Mein Kampf", "Hitler für 1000 Jahre" oder "Die Hitlerjugend" ausstellte.

Interessanterweise wurde Varela von einem Anwalt namens Jose Antonio Domingo Balta in einem Brief vom März 1996 auf das neue Strafgesetzbuch aufmerksam gemacht. Varela schlug dessen Warnungen in den Wind und entschied sich überheblich, Bücher, Videos und anderes Material zu behalten, das nach den neuen Paragraphen 510 und 607 strafbar ist ... alles war hübsch ordentlich in Regalen gestapelt und wartete auf das Eintreffen der Polizei.

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