Hamburg. Fuehlen Sie sich von einem Hamburger Polizeibeamten
schlecht behandelt, schikaniert, zu Unrecht angegriffen? Dann raten Sie mal, was ueber Sie
erfasst wird, wenn Sie sich darueber beschweren: Etwa, ob Sie schwul sind, schlecht
Deutsch sprechen oder fuer einen "Penner" gehalten werden. Liebe Polizei, was
geht dich das eigentlich an?
Der «MOPO» liegt ein brisanter Fragebogen der Zentralen Beschwerdestelle (LSt 3) bei der
Polizeifuehrung vor. Oben auf dem Formular werden das Aktenzeichen und der Name des
Buergers eingetragen, darunter alle wichtigen Personaldaten des Beamten. Auch die
"soziale Struktur" ("eher problematisch"?) und der Auslaenderanteil
("hoch"?) des Stadtteils sind
gefragt. Und dann kommt's dicke:
Der Vorgesetzte des beschuldigten Beamten soll im Formular zum Beipiel den "sozialen
Status" und die aeussere Erscheinung des Beschwerdefuehrers bewerten. Ebenfalls
anzukreuzen und auf einer Strichellinie zu konkretisieren: Gehoert der Betroffene einer
ethnischen, sozialen oder sexuellen Minderheit an?
Wohlgemerkt: alles "Annahmen ueber den Beschwerdefuehrer", also nichts als reine
Mutmassungen. Und der Betroffene ahnt nichts davon, dass dieses
"Persoenlichkeitsraster" ueber ihn angefertigt wird.
Die «MOPO» wollte wissen: Warum spielen diese Daten bei einer Beschwerde ueberhaupt eine
Rolle? "Das ist ein Fruehwarnsystem. Es geht uns darum, strukturelle Probleme
fruehzeitig zu erkennen und gegenzusteuern", verteidigt Polizeisprecher Hans-Juergen
Petersen die Erhebung. Im Klartext: Haeufen sich an einem Revier Vorwuerfe von bestimmten
Bevoelkerungsgruppen (zum Beipiel von Schwarzafrikanern, Randstaendigen), soll dem Chef
auf die Finger geguckt werden, ob sich auf seiner Wache ein neuer Polizeiskandal anbahnt.
Probleme mit dem Datenschutz sieht die Polizeifuehrung nicht: Die Boegen wuerden im
Computer anonym ausgewertet, die Formulare nach Abschluss des Beschwerdeverfahrens
vernichtet.
Ob dabei alles mit rechten Dingen zugeht, wird der Hamburger Datenschutzbeauftragte
Hans-Hermann Schrader jetzt pruefen: "Wir nehmen uns der Sache an, geben der
Dienststelle erst mal die Gelegenheit zur Stellungnahme."
Der GAL-Innenexperte Manfred Mahr hat schon jetzt Bedenken: "Statistische Befragungen
sind moeglich. Aber eine Beschaffung, von der der Betroffene nichts weiss, halte ich fuer
problematisch. Man muss abwarten, was der Datenschutzbeauftragte sagt. Ich halte bei
Beschwerden den Gang zur Polizeikommission fuer sinnvoller."
Wie Mahr bezweifeln auch Politiker aus SPD und CDU grundsaetzlich den Sinn der Fragerei.
CDU-Innenexperte Heino Vahldieck: "Ein Polizist, der in der Drogenbekaempfung im
Schanzenviertel taetig ist, wird vielleicht viele Beschwerden schwarzer Buerger erhalten,
ein normaler Beamter in Duvenstedt aber nie. Der Sinn solcher Fragen erschliesst sich mir
daher nicht." Eine potentielle Diskriminierung von Buergern sehe er durch das
Formular jedoch
nicht.
Die SPD kritisiert: Beschwerden wuerden so nicht "unter absolut objektiven
Gesichtspunkten geprueft". Dorothee Stapelfeldt, parlamentarische Geschäftsfuehrerin
der Buergerschaftsfraktion: "Wir finden die Form insgesamt aeusserst befremdlich,
haben die Innenbehoerde um Information und Aufklaerung gebeten."
Kommentar
Innenbehörde will Bürger "rastern"
Wem soll das nuetzen?
Von Gerd-Peters Hohaus
So bloede sind die doch nicht wirklich, sagt sich der unvoreingenommene Mensch: Wie
koennen sich Fuehrungskraefte der Innenbehoerde dazu versteigen, von Buergern, die sich
auf einer Revierwache ueber irgendein polizeiliches Vorgehen beschweren wollen, ein
Persoenlichkeits-Raster erstellen zu lassen? Vor dem Gesetz, so steht's in der Verfassung,
sind alle gleich. Das hat doch auch ein deutscher Beamter in seiner Ausbildung
unweigerlich gelernt, oder? Was sollen da also Kategorisierungen wie niedriger oder hoher
sozialer
Status, Schwuler oder Schwarzer, gut oder schlecht gekleidet? Was hat das mit dem
Gleichheitsanspruch des Rechtsstaats zu tun?
Buerger, Buerger, kontert die staatlich Ordnungsmacht, was denkst du nur von uns - das
machen wir doch nur zu eurem Schutz. Durch diese harmlosen Frageboegen koennen wir
kontrollieren, ob einzelne Polizisten womoeglich Aversionen gegen Minderheiten entwickelt
haben und darum gehaeuft Beschwerden auftreten. So koennen wir Fehlverhalten blitzschnell
abstellen... Ach so! Na denn: Noch Fragen, Obdachlose, Homosexuelle, Asylbewerber,
Buerger?
Quelle: Hamburger Morgenpost (MOPO) - www.mopo.de
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