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Newsletter der Schwusos Niedersachsen
Hannover, 17.02.1999


Vorsicht beim Beschweren!
Skandal um neuen Fragebogen bei der Hamburger Polizei

Von Soenke Jacobs
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Hamburg. Fuehlen Sie sich von einem Hamburger Polizeibeamten schlecht behandelt, schikaniert, zu Unrecht angegriffen? Dann raten Sie mal, was ueber Sie erfasst wird, wenn Sie sich darueber beschweren: Etwa, ob Sie schwul sind, schlecht Deutsch sprechen oder fuer einen "Penner" gehalten werden. Liebe Polizei, was geht dich das eigentlich an?

Der «MOPO» liegt ein brisanter Fragebogen der Zentralen Beschwerdestelle (LSt 3) bei der Polizeifuehrung vor. Oben auf dem Formular werden das Aktenzeichen und der Name des Buergers eingetragen, darunter alle wichtigen Personaldaten des Beamten. Auch die "soziale Struktur" ("eher problematisch"?) und der Auslaenderanteil ("hoch"?) des Stadtteils sind
gefragt. Und dann kommt's dicke:

Der Vorgesetzte des beschuldigten Beamten soll im Formular zum Beipiel den "sozialen Status" und die aeussere Erscheinung des Beschwerdefuehrers bewerten. Ebenfalls anzukreuzen und auf einer Strichellinie zu konkretisieren: Gehoert der Betroffene einer ethnischen, sozialen oder sexuellen Minderheit an?

Wohlgemerkt: alles "Annahmen ueber den Beschwerdefuehrer", also nichts als reine Mutmassungen. Und der Betroffene ahnt nichts davon, dass dieses "Persoenlichkeitsraster" ueber ihn angefertigt wird.

Die «MOPO» wollte wissen: Warum spielen diese Daten bei einer Beschwerde ueberhaupt eine Rolle? "Das ist ein Fruehwarnsystem. Es geht uns darum, strukturelle Probleme fruehzeitig zu erkennen und gegenzusteuern", verteidigt Polizeisprecher Hans-Juergen Petersen die Erhebung. Im Klartext: Haeufen sich an einem Revier Vorwuerfe von bestimmten Bevoelkerungsgruppen (zum Beipiel von Schwarzafrikanern, Randstaendigen), soll dem Chef auf die Finger geguckt werden, ob sich auf seiner Wache ein neuer Polizeiskandal anbahnt.

Probleme mit dem Datenschutz sieht die Polizeifuehrung nicht: Die Boegen wuerden im Computer anonym ausgewertet, die Formulare nach Abschluss des Beschwerdeverfahrens vernichtet.

Ob dabei alles mit rechten Dingen zugeht, wird der Hamburger Datenschutzbeauftragte Hans-Hermann Schrader jetzt pruefen: "Wir nehmen uns der Sache an, geben der Dienststelle erst mal die Gelegenheit zur Stellungnahme."

Der GAL-Innenexperte Manfred Mahr hat schon jetzt Bedenken: "Statistische Befragungen sind moeglich. Aber eine Beschaffung, von der der Betroffene nichts weiss, halte ich fuer problematisch. Man muss abwarten, was der Datenschutzbeauftragte sagt. Ich halte bei Beschwerden den Gang zur Polizeikommission fuer sinnvoller."

Wie Mahr bezweifeln auch Politiker aus SPD und CDU grundsaetzlich den Sinn der Fragerei. CDU-Innenexperte Heino Vahldieck: "Ein Polizist, der in der Drogenbekaempfung im Schanzenviertel taetig ist, wird vielleicht viele Beschwerden schwarzer Buerger erhalten, ein normaler Beamter in Duvenstedt aber nie. Der Sinn solcher Fragen erschliesst sich mir daher nicht." Eine potentielle Diskriminierung von Buergern sehe er durch das Formular jedoch
nicht.

Die SPD kritisiert: Beschwerden wuerden so nicht "unter absolut objektiven Gesichtspunkten geprueft". Dorothee Stapelfeldt, parlamentarische Geschäftsfuehrerin der Buergerschaftsfraktion: "Wir finden die Form insgesamt aeusserst befremdlich, haben die Innenbehoerde um Information und Aufklaerung gebeten."

Kommentar
Innenbehörde will Bürger "rastern"
Wem soll das nuetzen?

Von Gerd-Peters Hohaus

So bloede sind die doch nicht wirklich, sagt sich der unvoreingenommene Mensch: Wie koennen sich Fuehrungskraefte der Innenbehoerde dazu versteigen, von Buergern, die sich auf einer Revierwache ueber irgendein polizeiliches Vorgehen beschweren wollen, ein Persoenlichkeits-Raster erstellen zu lassen? Vor dem Gesetz, so steht's in der Verfassung, sind alle gleich. Das hat doch auch ein deutscher Beamter in seiner Ausbildung unweigerlich gelernt, oder? Was sollen da also Kategorisierungen wie niedriger oder hoher sozialer
Status, Schwuler oder Schwarzer, gut oder schlecht gekleidet? Was hat das mit dem Gleichheitsanspruch des Rechtsstaats zu tun?
Buerger, Buerger, kontert die staatlich Ordnungsmacht, was denkst du nur von uns - das machen wir doch nur zu eurem Schutz. Durch diese harmlosen Frageboegen koennen wir kontrollieren, ob einzelne Polizisten womoeglich Aversionen gegen Minderheiten entwickelt haben und darum gehaeuft Beschwerden auftreten. So koennen wir Fehlverhalten blitzschnell
abstellen... Ach so! Na denn: Noch Fragen, Obdachlose, Homosexuelle, Asylbewerber, Buerger?
Quelle: Hamburger Morgenpost (MOPO) - www.mopo.de

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