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Abschaum auf der Oberfläche des neuen Rußland

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Ein russisch-orthodoxer Priester war Veteranen der SS-Legion Norwegen behilflich, einen Gedenkstein für ihresgleichen in der kleinen russischen Stadt Krasnoye Selo in der Nähe von St. Petersburg einzuweihen. Mehrere wohlbekannte ehemalige Mitglieder der Waffen-SS und alte norwegische Nazikollaborateure nahmen an der Feier teil.

Der Gedenkstein wurde im August bei der Blauen Kirche errichtet. Hitlers ehemalige Schlächter hatten behauptet, sie wollten "Frieden und Versöhnung" mit ihren früheren Feinden, um
die Genehmigung der russisch-orthodoxen Kirche zu bekommen und den örtlichen Priester zu überreden, den Stein zu enthüllen und ihn zu segnen.

Mitglieder des "Norwegisches Legionskommittees" arbeiten seit Jahren daran, möglichst viele Denkmale für ihren Verrat in Osteuropa zu errichten. Sie hoffen, daß die Existenz dieser
Denkmale Druck auf die norwegischen Behörden ausübt, das Verbot für ein SS-Denkmal in Norwegen aufzuheben.

In Krasnoye Selo befand sich das Hauptquartier der norwegischen SS-Legion, als die Nazihorden während des zweiten Weltkriegs Leningrad einkesselten. Während der 900 Tage dauernden Belagerung verhungerten 1.5 Millionen sowjetische BürgerInnen.

Norwegische SS-Veteranen besuchen diese Gegend seit Jahren, um Gräber gefallener Kameraden zu suchen. Die Tatsache, daß die Gräber einer Straße weichen mußten, hinderte die alten Nazis nicht daran, auf den Priester von Krasnoye Selo, Evgeny Yefimov und Mitglieder des Gemeinderates zuzugehen.

Auf Treffen, die Yefimov organisierte, erzählten sie die ergreifende Geschichte, wie sie in die SS gelockt wurden, ohne zu wissen, daß sie an die Ostfront gehen mußten, sondern annahmen, sie würden in Finnland kämpfen.

Ein ausgewachsenes Lügenmärchen. Die Norweger traten der SS freiwillig bei, und legten ihren Eid nicht auf Finnland, auch nicht auf Norwegen, sondern auf Adolf Hitler selbst ab. Nach
dem Krieg saßen sie lange Strafen für ihren Verrat ab. Und auch ihre eigene Zeitschrift "Folk og Land" prahlt ganz offen mit dem heroischen Kampf gegen den Bolschewismus und für die "Befreiung" des russischen Volks.

Ökumenische Gottesdienste sind im heutigen Rußland sehr beliebt, dennoch überrascht es nicht, daß die Feier in Krasnoye Selo ein gut geschütztes Geheimnis war und den neugierigen
Augen des Medien verborgen blieb. Als Grund wurde vorgegeben, daß die Norweger ihren Hintergrund nicht offenlegen wollten, um die orthodoxen Christen nicht zu kränken. Yefimov arrangierte daher ein Treffen mit den Altnazis in Moskau, von wo aus sie nach Krasnoye Selo mit einem Bus anreisten.

Die Zeremonie für die alten SS-ler ergreifend. Um den mit einer norwegischen Fahne verhüllten Gedenkstein versammelt, verfolgten SS-Männer, wie sich Yefimow in vollem Ornat,
begleitet von zwei weiteren orthodoxen Priestern, dem Stein näherte. Yefimow schwang ein Weihrauchgefäß, während die beiden anderen Priester den Stein und die SS-Männer mit Weihwasser segneten. Der Segen einer der reaktionärsten Institutionen von "Mütterchen Rußland" für eine der mörderischsten Institutionen der Geschichte.

Nachdem sie russischen Psalme gelauscht hatten, begrüßte Olav Kj¢lberg, der Vorsitzende des Norwegischen Legionskomittees, die Versammelten. Yefimov enthüllte den Gedenkstein. Danach hielt der SS-Veteran J¢rgen K. H¢ve eine Rede und vermachte die norwegische Fahne der Kirche.

Der beeindruckendste Sprecher war Eivind Saxlund. Der ehemalige Kirchenfunktionär hielt eine kurze Rede, die an Blasphemie grenzte. Er erinnerte sich, wie die norwegische Legion das
Vaterunser betete, bevor sie Norwegen in Richtung Ostfront verließ. Saxlund ist, wie im letzten Jahr in Searchlight und der norwegischen Antifa-Zeitschrift Monitor berichtet, einer der bedeutendsten Aktivisten unter den norwegischen Alt-SS-lern und Kollaborateuren.

Nach Angaben des Berichts über die Feier in "Folk og Land" war Yefimov nur ein einfacher, bescheidener Priester. Nachdem er von den Mitgliedern der Norwegischen Legion gehört hatte, wie sie zur Teilnahme an einem Krieg "verführt" wurden, den sie nicht führen wollten, fragte er sie: "Möchten Sie den Gedenkstein unter unserem Schutz auf dem Grundstück meiner Kirche errichten?"

Die Vorsitzende des Gemeinderats von Krasnoye Selo, Olga Borisovna Polikarpova, der nicht bewußt war, daß sie zu antifaschistischen ErmittlerInnen sprach, erzählte eine ganz andere Geschichte. Die Nazi-Veteranen ließen jahrelang den ärmeren Mitgliedern der Gemeinde sogenannte wohltätige Hilfe zukommen, bevor sie mit ihrem Wunsch nach einer Gedenkstätte rausrückten. Auch der Kirche spendeten sie Geld. Schließlich, so Frau Polikarpova, bezahlten sie Yefimov für die Durchführung der Enthüllungszeremonie.

Die Nachricht, daß ein Gedenkstein für die Waffen-SS in der Nähe eines Ortes errichtet wurde, an dem die Nazis den Tod von 1,5 Millionen Menschen verursachten, wird zu Empörung sowohl
unter russischen wie unter norwegischen antifaschistischen Kriegsveteranen führen. Dann werden die ehemaligen SS-ler - und ihre jüngeren Bewunderer im Umfeld des Nazi-Käseblatts
"Gjallahorn" - vielleicht feststellen, daß sie ihren Triumph ein wenig zu früh gefeiert haben.
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