Die Rückkehr des linken Spießers
Zu Jürgen Elsässers Plädoyer für einen neuen linken Populismus

von Gerhard Hanloser

03/07

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Würde man nicht Verlag und Autoren kennen, hätte man als Linker einige Schwierigkeiten, ein Buch mit dem so plakativen wie dubiosen Titel „Angriff der Heuschrecken – Zerstörung der Nationen und globaler Krieg“ in die Hand zu nehmen. Ist das lechts oder ist das rinks? Der Verlag ist aber der gediegene Pahl-Rugenstein-Verlag, der als eher bieder-antifaschistisch bekannt ist. Der Autor ist Jürgen Elsässer, der ehemalige Autor der Hamburger Monatszeitschrift KONKRET, die als links gilt. Elsässer strickte selbst an der antideutschen Ideologie der 90er Jahre mit, bevor er rund um den Nato-Krieg gegen Ex-Jugoslawien diesem Nonsens den Rücken kehrte. Einige Wandlungen hat Elsässer schon durchgemacht. War es in der antideutschen Phase verpönt, die Leute dort abzuholen, wo sie stehen – weil da angeblich nur der Nationalismus, Antisemitismus und Stumpfsinn grassierte – so will Elsässer heutzutage mächtig Gas geben, um da anzukommen, wo er die Leute wähnt, um mit ihnen genau in diesem Zustand zu verweilen. Wer Aufklärung über den Zustand des globalen Kapitalismus und unsere Kampfbedingungen finden will, sucht im Anti-Heuschreckenbuch vergeblich.

Mittlerweile ist Jürgen Elsässer ein Fürsprecher eines neuen Populismus, propagiert plebiszitäre Volksfronten gegen „Heuschrecken“ genannte Private Equity Fonds und setzt auf Bündnisse souveräner Staaten, die andere Interessen als die USA verfolgen. Lafontaine und Chevènement sind seine großen Vorbilder, mit ihnen will er die Souveränität der von der EU-Formierung bedrohten Nationalstaaten retten. Berührungsängste mit dem Nationalen scheint der Ex-Antideutsche nicht zu haben: „Der Kampf für den Sozialstaat ist die Suppe, die Verteidigung der nationalen Souveränität der Pfeffer, der sie schmackhaft macht. Die richtige Dosierung zu finden, ist eine knifflige Sache in Deutschland – man darf das Ganze nicht verwürzen“ Was ist in den Mann bloß gefahren? Hätte man ihn doch besser ins Kochstudio bei Biolek eingeladen, vielleicht wären dem Leser dann diese Reflektionen erspart geblieben. Antideutsche schreien angesichts solcher Sätze geschichtsunbewußt wie sie nun mal sind „Querfront“, ein Ticket-Begriff, der nichts besagt, aber einen Skandal heraufbeschwören will. Nicht jeder Linker, der die nationale Frage entdecken will, will deshalb gleich ein Bündnis mit den Rechten. Elsässers Souveränismus hat mit Faschismus oder irgendeinem völkischen Bedürfnis nichts zu tun, Elsässer ist auch nicht „von der linken und auf die rechte Spur gewechselt, wie der Konstanzer Südkurier vermutet.

Elsässer nimmt einen Strang innerhalb der Geschichte der Arbeiterbewegung auf, der immer präsent, und trotz starker Klassenkämpfe im vergangenen Jahrhundert dominant war: Den Arbeiter-Nationalismus und Protektionismus. Die Antideutschen haben diese Tendenz immer als pars pro toto des Klassenkampfs allgemein ausgegeben und deswegen letzteren verworfen, Elsässer hat die falsche Gleichsetzung von Klassenkampf und nationalistischer Arbeiterbewegung aus seiner anti-deutschen Phase schlichtweg übernommen, aber seine politische Haltung zu diesem konstruierten Gegenstand einfach verkehrt. Etwas düster gestalten sich so auch Elsässers Ausführungen zur Migration. Der „postmoderne Linke“, die hauptsächlich Flüchtlinge und deren Belange unterstützen würde, hält er vor, vom Klassenkampf nichts mehr wissen zu wollen. Das ist richtig und falsch zugleich. Denn wo tatsächlich einige Toni Negri-begeisterte postmoderne Linke von einer „Autonomie der Migration“ schwärmen, sieht Elsässer bloß eine Unterschichtung des Arbeitsmarktes. Damit wird das doppelgesichtige der Migration kassiert: Mit der Migration klagen die wandernden Arbeiterinnen und Arbeiter selbstbewusste ein besseres Leben woanders ein und gleichzeitig antwortet das Kapitals auf diese Bewegung, indem es die prekäre Lage der Illegalisierten zu Gunsten einer Deregulierung der hiesigen Arbeitsbedingungen ausnutzt. Wenn man den Prozess der Migration nur auf letztere Funktion verkürzt, landet man schnell bei der Warnung vor der Präsenz von „Fremdarbeitern“ (Oskar Lafontaine) auf deutschen Baustellen. Dass sich migrantische Arbeiter und Arbeiterinnen zuweilen alleine, aber auch mal mit ihren inländischen Kolleginnen und Kollegen zusammen gegen die Ausbeutung wehren, wäre die klassenkämpferische und universalistische Position. Elsässers Diagnose, man hätte es in Deutschland vor allem mit einer angeblichen „Inländerfeindlichkeit“ zu tun, ist weder das eine, noch das andere.

Ablehnung des Proletariats und Feindschaft gegenüber Nation und Nationalstaat hätten die gleiche Wurzel, behauptet der Autor, ohne dies in irgendeiner Form schlüssig darzulegen. Elsässer schweißt damit Proletariat und Nation zusammen, während die ganze fortschrittliche und revolutionäre Tradition innerhalb wie linksradikal-ausserhalb der Arbeiterbewegung diese unheilvolle Verbindung aufbrechen wollte. Bis zur „Nationalisierung der Massen“ im 1.Weltkrieg hatte das Proletariat kein Vaterland, im 2.Weltkrieg wurde es nach den länderübergreifenden Revolutionsversuchen um 1918 zum Volk zusammengeschweißt und bleibt bis heute mit Staatsbürgerschaft und militarisierten Grenzregimes national aufgeteilt. Der Arbeiter-Nationalismus und Protektionismus war stets eine reaktionäre Gegenposition zu dem von Marx und Bakunin vertretenen Ansatz, wonach die Arbeiterklasse kein Vaterland hat. In der Komplizenschaft mit dem eigenen Staat will der Arbeiter-Protektionismus bessere Bedingungen für eine sich national definierende Klasse herausgeschlagen werden. Von den Anfängen der über Migrationsprozesse sich konstituierenden Arbeiterbewegung bis zu den heutigen Debatten über Unterschichtung der Arbeitsmärkte gibt es einen Kampf zweier Linien in der Arbeiterbewegung. Die berufsständigen und nationalistischen Gewerkschaften und zunftähnlichen Organisationen innerhalb der USA – von den Lords of Labor bis zur AFL-CIO – schotteten sich beispielsweise rigide gegenüber den neuen Einwanderer ab. In direkten Opposition zu ihnen entstand das Syndikat der Industrial Workers of The World, das die Spaltungspolitik der Herrschenden bekämpfte und die multinationale Arbeiterklasse der USA organisierte. Jede Spaltung der Ausgebeuteten in einheimisch und ausländisch sollte unterlaufen werden. In hiesigen Gefilden ein Unding: Innerhalb der deutschen und österreichischen Sozialdemokratie war die soziale Angst vor den aus Osteuropa einwandernden Proletarier das Einfallstor für den gemeinhin in anderen Schichten grassierenden Antisemitismus. Und der konservative Großraumtheoretiker Friedrich List nahm die protektionistischen und sozialimperialistischen Ideologien innerhalb der deutschen Arbeiterbewegung auf, um sie seinem imperialistischen Modell zuzuführen. Es ist kein Wunder, dass zu Beginn des scheußlichen 21. Jahrhunderts, in der eine Flaute an militanten Klassenkämpfen zu konstatieren ist, ein Ruf nach defensiver und reaktionärer Politik im Interesse der nationalen Arbeitskraft laut wird. Die US-amerikanische Soziologin Beverley Silver sieht die Chancen für einen neuen Arbeiterinternationalismus nicht gerade rosig, weil „Menschen (einschließlich Arbeiter und Arbeiterinnen) in ungesicherten Verhältnissen gute Gründe (haben), an klassenunspezifischen Abgrenzungen und Grenzziehungen (zum Beispiel nach Rasse, Staatsbürgerschaft oder Geschlecht) festzuhalten, um dadurch Anspruch auf einen privilegierten Schutz vor dem Mahlstrom erheben zu können.“ Eine neue Linke wird vor allem die national-staatliche, den Klassenkampf verhindernde Grenzziehung bekämpfen müssen.
Es passt, dass Elsässer auch ein anheimelndes Bild des Keynesianismus pinselt. Vor allem das „Konsumparadies Japan“, das er als keynesianisches rezipiert, lässt ihm das Wasser im Mund zusammen laufen: „Ein Tankwart führt die Spritpistole ein, der zweite schampooniert die Windschutzscheibe, und der dritte, so darf man aus dem Wageninneren vermuten, poliert die Reifen. Man beachte: Die drei von der Tankstelle haben reguläre, versicherungspflichtige Arbeitsplätze – während sich an Berliner Kreuzungen polnische Elendsjobber für ein paar Cent um die Sauberkeit deutscher PKWs bemühen müssen. In Japan macht Kapitalismus Spaß, muss man auch als dessen Kritiker neidvoll anerkenne.“ Freie Fahrt für freie (proletarische) Bürger? Ich geb Gas, ich will Spaß...? Ökologie wieder ein Nebenwiderspruch? Muss man wirklich das Auto-und-Freizeit-Konsum-Verhalten der Prols gut finden, wenn man die im ökologischen Mäntelchen daherkommende klassenpolitische Sparpolitik bei den automobilisierten Subalternen angreifen will?
Moderne linke Kritik, selbst in ihrer autoritären Variante von Ilja Ehrenburg über Wolfgang Harich bis zu Robert Kurz hat stets den Automobilidiotismus angegriffen. Elsässer holt den mit deutschem Pass versehenen Familienvater, den er mitsamt dessen liebstem Fetisch als schützenswerten Proletarier imaginiert, direkt an der Zapfsäule ab.
Elsässers Sichtweise auf den Keynesianismus ist bestenfalls idealistisch. Den westlichen Gesellschaften wurde – wie in den USA – der Keynesianismus von Seiten der Arbeiterklasse selbst aufgezwungen. Eine reformerische Elite, die einen dritten Weg jenseits von Sozialismus und Liberalismus gehen wollte, sah sich vor dem Hintergrund gigantischer Sit-ins und wilder Streiks gezwungen, die Einzelinteressen des Big Business einzuschränken und das Arbeiterinteresse politisch, ökonomisch und monetär zu würdigen. Der Keynesianismus konnte ein relativ ziviles Gesicht tragen – wie in den USA unter Präsident Roosevelt – oder ein barbarisch-räuberisches und anti-proletarisches – wie der deutsche Früh-Keynesianismus des NS. Geboren wurde der Keynesianismus, der lediglich die kapitalistischen Ausnahmejahrzehnte des „Goldenen Zeitalters“ (Hobsbawm) umfasste, im Weltkrieg: die Krise konnte er nur überwinden mittels der gigantischen Staatsausgaben im Rüstungsbereich. Der Keynesianismus hat in unterschiedlichster Form aus einer rebellischen Arbeiterklasse eine auf Konsum und Teilhabe am kapitalistischen Reichtum geeichte Arbeiterschaft gemacht und ihr bürgerliche Rechte verliehen - aber nur als Ergebnis von Klassenkämpfen und darauf reagierende Integrationsbemühungen des Staates. Die große Leistung des Keynesianismus war die Entproletarisierung des Proletariats, oder wie es mal in der Linken hieß: die Verkleinbürgerlichung der Proletarisierten. Überall verlor die Klasse ihren Klassencharakter. Die Früchte davon fallen dem Kapital nun in den Schoß: In der jetzigen Phase, in der von Seiten des Kapitals die Integration zurückgeschraubt wird, sind die Lohnabhängigen kaum noch fähig, als Klasse gegen die Zumutung des Kapitals aufzustehen. Sie nehme nicht mehr die Kapitalisten in die Zange nehmen, sondern haben vor „Heuschrecken“ Angst. Sollte angesichts der Attacken des neoliberalen Kapitals tatsächlich dieser Populismus bedient und die Rückkehr in die elende Vergangenheit der Deutschland AG propagiert werden? Sollte man wirklich vergessen, warum und aus welchen Gründen die Deutschland AG, wie so einige andere „AGs“ auch, in den Revolten nach 1968 angegriffen wurden?

Die Neue Linke setzte mit ihren Kämpfen Teil für Teil das Bild einer geformten und der Verwertung des Werts verpflichteten Gesellschaft zusammen: Entgegen der vollends auf Sozialpartnerschaft setzenden Gewerkschaftsbürokratie suchte man den Klassenkampf, den man an den Rändern des „Modells Deutschland“ wieder fand. Klassenkampf und Migrantenkampf gehörten zusammen, das konnte man bei Opel, bei Ford und an anderen Fließbändern beobachten. Von an- und ungelernten und von den sogenannten Leichtlohngruppen wollten die bierbäuchigen und ihre Kampfinitiativen aufs Würstchenessen am 1.Mai beschränkende Gewerkschaftsbonzen nichts hören. Die Neue Linke kämpfe auf diesen Feldern. Das gesamt gesellschaftliche Terrain wurde als Ort der Auseinandersetzung und von Klassenkampf begriffen. Michel Foucault als Theoretiker kann man eine Menge vorwerfen, dass er aber das Gefängnis – auch in seiner sozialdemokratischen Reformvariante – als totale Institution diskutierte und kritisierte, die die Subjekte aufs Funktionieren abrichtet, war ein Erkenntnisfortschritt, ebenso die Kämpfe der Anti-Psychiatrie-Bewegung, die diese abscheuliche Institution halbwegs demokratisierte. In den Kämpfen in den Quartieren und Stadtteilen konfrontierte sich die Neue Linke mit der Macht der Bürokratien, beispielsweise der großen städtischen Wohnungseigentümer und Stadtplaner. Dass man damals gegen Verhältnisse ankämpfte, die man sich angesichts der neoliberalen Kahlschlags- und Privatisierungspolitik in Momenten der Schwäche zurückwünscht, spricht nicht gegen die damaligen Kämpfe, sondern sollte eine Linke vor dem Hintergrund ihrer Kampferfahrungen zu einer neuen Strategiedebatte einladen.

Doch Elsässer pinselt sich die Neue Linke so zurecht, wie sie der bürgerliche Spießer schon immer halluzinierte. „Neue Linke? SDS, K-Gruppen, Kommune-1, Maoisten, Trotzkisten, Ökologisten, Hippies, Sponties, Feministinnen, Autonome? Die Diagnose fällt schwer, aber das ist nicht liegt (sic!, G.H.) an der Unfähigkeit des Psychiaters, sondern an der wabernden Identität des Patienten.“ Wenigstens stolpert Elsässer noch etwas verräterisch über den Syntax, wenn er sich anschickt, die Neue Linke auf die Couch zu legen. Was Elsässer über die Neue Linke schreibt, ist hochgradige Geschichtsklitterung, um sich bei den arg angeschlagenen Vertretern des übrig gebliebenen sozialdemokratischen und gewerkschaftlichen Unwesens anzubiedern, denen er das Programm schreiben mag. Elsässer schlägt den Ton des rabiaten linken Spießers an, der nicht so recht weiss, ob der Kapitalismus oder doch die ungewaschenen Hippies der 68er daran schuld sind, dass Familienstrukturen zerplatzen und der Individualismus grassiert. Bei der Suche nach Gewährsmännern in seinem Lamentieren ist er auf jeden Fall nicht wählerisch. Um seine Klage gegen die angebliche Schuld der 68er an Sexualisierung und Individualisierung der Gesellschaft vorzugehen, bezieht er sich auch mal auf den reaktionären Romancier Michel Houllebecq, den ein notorischer Hass auf die 68er antreibt. Vergessen ist, dass das deutsche 68 gerade die falschen und durch und durch faschistisch geprägten Kollektivstrukturen wie Vaterland und Kleinfamilie zersetzen wollte, um an deren Stelle eine neue freie Kollektivität aufzubauen. Jenseits von Uschi Obermeier war das der zentrale Inhalte der Kommunen in Berlin und Westdeutschland. Etliche Konservative legen heutzutage eine wesentlich klarere Einschätzung von 68 und den Folgen an den Tag als der Ex-KB-Aktivist Elsässer, wenn sie vor den kollektiven und kämpferischen Momenten dieser globalen Bewegungen selbst im Jahre 2007 noch warnen. Von dem Kollektiv Rote Armee Fraktion, das für kurze Zeit die Herrschenden nicht ruhig schlafen lief, bis zur als kollektivistisch gebrandmarkten Gesamtschule, die dem fürchterlichen Elite-Gedanken entgegenstand, scheinen etliche Ergebnisse von 68 heutzutage noch als Gespenster umzugehen.

Wir befinden uns mitten in einer neuen Phase der Auseinandersetzung mit dem Kapitalismus. Viele Momente der alten linken und linksradikalen Kritik an den Herrschaftsformen scheinen obsolet geworden sein, nicht zuletzt, weil die Herren des Kapitals aufgrund der Revolten gezwungen waren, das Kapitalverhältnis den ausbrechenden Bedürfnissen anzupassen. Dass die ein oder andere alte Forderung in verdrehter Form nunmehr ihren festen Platz im neu geölten Getriebe eingenommen hat, kann man der ursprünglichen Revolte und ihren Trägern nicht vorwerfen. Die Diskutanten der „sexuellen Revolution“ hatten bereits ihrerseits die Warnung Herbert Marcuses im Ohr, dass eine Veränderung der sexuellen Beziehungen ohne die Abschaffung der Warenförmigkeit nur einer „repressiven Entsublimierung“ gleichkomme. Will Elsässer tatsächlich Glauben machen, dass nicht die Werbeindustrie, das kommerzielle Fernsehen und der Springer-Dschungel an den Kiosken, sondern die guten alten Raubdrucke der Wilhelm-Reich-Schriften den marktförmigen Sexismus befördert haben? Lächerlich! Auch Elsässers generalisierende Vorwürfe an den Antipoden des Sexismus, an die Frauenbewegung, ausschließlich ein Karriereprogramm zu verfolgen, bewegen sich auf dünnem Eis. Die militanten italienischen Feministinnen, die „Lohn für Hausarbeit“ propagierten, hatten mit dem heutigen Gendermainstreaming nichts am Hut. Diese Unterscheidungen müsste man bei allen von Elsässer genannten Bewegungen und Kämpfen vornehmen: Die streikenden türkischen „Gastarbeiter“ von Ford 1973 in Köln hatten sich kein Multikulti-Programm auf die Fahnen geschrieben. Elsässer betreibt eine einmalige Enteignung subversiver linker Geschichte. Während das Kapital einen generellen Angriff auf das soziale Gedächtnis der subalternen Klassen probt (die Herabsetzung der DDR-Geschichte ist hierfür nur ein Beispiel), will Elsässer die westdeutsche Revolt-Geschichte entsorgen. Dabei würde beides zusammen – die „moralisch-sozialistische Ökonomie“ der Alten Linken und der subversive Geist der Neuen Linken einen schwer verdaulichen Brocken im gefrässigen Maul des Kapitals ausmachen. Die Linkspartei ist eine viel zu süße Praline, deren Rezept Elsässer anrühren will. Bislang schmeckt das kleine Ding alles andere als lecker. Aber was will man von einer Praline erwarten, deren Verzehr die Revitalisierung der keynesianischen Lohnarbeitsgesellschaft verspricht? Arbeit macht das Leben süß – so süß wie Maschinenöl.
 

Jürgen Elsässer, Jürgen
Angriff der Heuschrecken.
Zerstörung der Nationen und globaler Krieg.

Pahl-Rugenstein, 2007
17.90 €

Editorische Anmerkung

Wir erhielten den Text vom Autor zur Veröffentlichung.  Siehe dazu auch die Kritik von von Bernard Schmid in der Nr. 02/07.

Eine Rezension Elsässers Buch "Der deutsche Sonderweg" von 2003 durch Gerhard Hanloser findet sich auf: http://www.trend.infopartisan.net/trd7803/t337803.html