Deutsche Kommunistische Partei
3. Tag des 21. Parteitages, 27. Februar 2016, Kassel

Referat von Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP

03/2016

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Vorbemerkung [kamue]: Am 14./15. November 2015 fand in Hannover der 21. Parteitag der DKP statt. In TREND 11/2015, 12/2015 sowie 1/2016  dokumentierten wir unter dem Label "Der Kampf zweier Linien in der DKP" Texte rund um den Parteitag, worin die beiden kontroversen politischen Hauptlinien in der Partei zum Ausdruck kamen. Nun fand am 27.2.2016 der 3. und abschließende Tag des Parteitages statt. Wir dokumentieren die Rede des Vorsitzenden, weil sie zum einen deutlich werden lässt, wie der Stand der innerparteilichen Auseinansetzung  zwischen den Fraktionen ist, und zum andern, welche Ansichten die Mehrheitsfraktion im Hinblick auf die tagespolitischen Hauptaufgaben vertritt. In diesem Zusammenhang damit verweisen wir auf das Editorial dieser Ausgabe.

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„Es brennt“, mit diesen Worten begann ich das Referat beim ersten Teil des Parteitags.
Leitantrag und Handlungsorientierung, die wir beschlossen haben, gehen davon aus, dass der deutsche Imperialismus aggressiver wird, nach innen und außen, und dass die Arbeiterbewegung unseres Landes darauf schlecht vorbereitet ist.

Worte können dürr sein, wie gerne würde ich Euch heute sagen, dass wir uns geirrt haben. Das haben wir aber leider nicht. Flüchtlingsheime brennen, Menschen freuen sich darüber, behindern die Feuerwehr bei den Löscharbeiten.

Deutschland beteiligt sich jetzt am Krieg in Syrien. Ein weiterer Kriegseinsatz in Libyen ist angekündigt. Die Kriegsministerin plant ein Aufrüstungsprogramm mit 130 Milliarden Euro zusätzlich zur weiteren offensiven Hochrüstung der Bundeswehr.

Wir brauchen eine starke Friedensbewegung, der es gelingt, das vorhandene Massenbewusstsein gegen Kriege und Hochrüstung auf die Straße zu bringen. Wir brauchen eine starke Friedensbewegung, die die Zusammenhänge von Krieg, Rüstungsexport und Flucht thematisiert. Wir brauchen eine starke Friedensbewegung, die den Rüstungshaushalt, die zusätzlichen 130 Milliarden Euro, die die Kriegsministerin will, und die Gewinne der Rüstungsexporte thematisiert und aufzeigt, dass eine Millon Sozialwohnungen, die Sanierung und der Neubau von Schulen, die Abschaffung der Hartz-Gesetze zu Gunsten einer Perspektive für die Ausgegrenzten, die Hiesigen und die Geflüchteten, die Sanierung der ausgebluteten Kommunalhaushalte möglich ist, denn Geld genug ist da. Erst recht, wenn man es noch den 62 Reichsten dieser Welt und den 10 Prozent in unserem Land, denen über 50 Prozent des Vermögens gehören, wegnimmt. Ja, wegnimmt – ihr könnt das sowieso nicht verbrauchen und selbst, wenn ihr anfangen würdet, es aufzuessen, dann würdet ihr daran ersticken.

Aber in der Friedensbewegung gibt es auch Streit, der daran hindert, das zu tun. Dazu haben wir vergangenes Wochenende im Parteivorstand diskutiert. Das war gut und produktiv – ich führe das hier nicht aus, das könnt Ihr nachlesen. Ich denke, wir haben einen guten Beitrag für die Debatten in der Friedensbewegung geleistet.

Was wir dabei aber auch noch einmal verdeutlicht haben: Keines der heutigen Probleme lässt sich ohne Klassenkampf von unten lösen, denn sie basieren auf Klassenkampf von oben. Das muss niemand teilen und wir verlangen es auch nicht von unseren Bündnispartnern, aber wir, wir vergessen das niemals.

Und da bin ich schon bei einem der Streitpunkte, die uns heute beschäftigen werden, unsere beobachtende Mitgliedschaft in der Europäischen Linkspartei (ELP). Ich denke, niemand behauptet heute noch, dass diese Mitgliedschaft die Zusammenarbeit unter den kommunistischen Parteien in Europa fördert. Die einflussreichsten, unsere portugiesischen und unsere griechischen Genossen sind genauso wenig Mitglied wie die Parteien, mit denen wir in der Vier-Parteien-Koordination zusammenarbeiten, also die KP Luxemburgs, die Neue KP der Niederlande und die Partei der Arbeit Belgiens.

Fördert diese Mitgliedschaft den Klassenkampf, vielleicht den Klassenkampf in Europa? Auch da habe ich meine Zweifel. Wir sind Mitglied in einer Partei mit Syriza, ein früheres Objekt manch linker Euphorie in Europa. Syriza spielt in der ELP eine wichtige Rolle und zerschlägt gleichzeitig im Auftrag der in Institutionen umbenannten Troika das Renten- und Sozialsystem in Griechenland.

Bleibt die Frage der Bündnispolitik. Ja, wir können die Mitgliedsparteien treffen, wir können die Reisekosten abrechnen. Sowas mache ich durchaus gerne, denn jeder Euro, jeder Cent der EU-Knete, den wir verbrauchen, können sie nicht für Kriege verwenden. Aber rechtfertigt das eine, wenn auch beobachtende Mitgliedschaft? Ich meine, unsere Partei sollte kein Feigenblatt sein für das Genannte, für eine äquidistante Haltung zur Ukraine und damit zur Einkreisung Russlands, vor allem nicht, wenn es stimmt, dass dies eine der Hauptgefahren für die Eskalation von Kriegen ist.

Diese Mitgliedschaft trägt auch den Spaltpilz selbst in unsere Partei. Der 20. Parteitag unserer Partei, also das höchste Organ unserer Partei, hatte aus guten Gründen beschlossen, dass wir in unserer Öffentlichkeitsarbeit weder Symbole noch Programmatik der Europäischen Linkspartei verwenden. Das wird seit dem 20. Parteitag systematisch durch Gliederungen der Partei unterlaufen, das müssen wir beenden. Ansonsten habe ich dazu bereits im ersten Teil des Parteitags argumentiert und schenke mir hier weiteres.

Wir sollten heute nicht vergessen, dass wir noch weitere Anträge zu behandeln haben. Keinen will ich in seiner Bedeutung mindern und trotzdem welche hervorheben. Da ist der Antrag, der sich mit unserer Zeitung der UZ befasst. Fast alle sagen, sie ist besser geworden – und trotzdem verlieren wir Abonnenten. Das müssen wir ändern. Zentral hat sich vieles getan, die Online-UZ ist wirklich gut und auch die Darstellung unseres Pressefestes. Und wir haben auch eine Lösung für das riesige Problem, wer nach dem Pressefest in Nina Hagers große Fußstapfen treten wird. Ein Genosse macht eine rasante Karriere: Von der Financial Times Deutschland zur Zeitung der DKP, der UZ. Viel besser kann man es doch nicht treffen. Herzlich willkommen, Lucas Zeise, und vielen Dank.

Neben dem UZ-Antrag stehen solch wichtige Themen durch Anträge zur Beschlussfassung wie die Frage der Produktivkraftentwicklung und der 100. Jahrestag der Oktoberrevolution. Der Zusammenhang ist da, wir wollen und müssen die Produktionsverhältnisse ändern, um die Entwicklung der Produktivkräfte von der Tendenz zu befreien, destruktiv zu sein, durch Krieg, Ausbeutung, Arbeitslosigkeit, Flucht und Verarmung. Die Oktoberrevolution war der Beginn dieser Alternative – für 70 Jahre – Sozialismus oder Barbarei.

Liebe Genossinnen und Genossen,

im beschlossenen Leitantrag formulieren wir und wir haben es vergangenes Wochenende auf der Tagung des Parteivorstands noch einmal bekräftigt:

„Wir erleben seit Jahren, wie antiimperialistische Kritik an den USA und Israel als antisemitisch diffamiert wird. Damit wird Antisemitismus relativiert, konsequenter Antimilitarismus soll verhindert und die Friedensbewegung der deutschen Staatsdoktrin untergeordnet werden. Es gibt zugleich Versuche, rechte Inhalte in die Friedensbewegung hineinzutragen bzw. die Friedensbewegung nach rechts zu öffnen, indem die Stoßrichtung der Friedensbewegung mehr oder weniger ausschließlich auf die USA gerichtet werden soll. Das birgt die Gefahr, dass sich Teile der Friedensbewegung vor den Karren einer bestimmten deutschen Kapitalfraktion spannen lassen. Die Aufgabe der DKP ist es, gemeinsam mit anderen Kräften diese beiden Richtungen zurückzudrängen.“

Wir machen also anhand der Friedensbewegung deutlich, Offenheit nach Rechts geht gar nicht. Das heißt auch, dass DKP-Mitglieder sich immer und überall gegen die Verbreitung rassistischer und faschistischer Positionen stellen. Das gilt auch für die neuen Medien, für Blogs, Internetseiten oder unsere Seiten in sogenannten sozialen Netzwerken, wie Facebook. (…)

Wir kommen nicht darum herum, uns bei diesem dritten Tag des Parteitags auch mit unserer internen Situation zu befassen. Die Auswertung des ersten Teils des Parteitags durch die Parteiopposition lässt leider jeden konstruktiven Ansatz vermissen. Der Parteitag sei unpolitisch gewesen. Es wird von ans „wahnhafte grenzenden Beifallstürmen“ geredet, Claqueure habe es gegeben, Wikipedia übersetzt das mit „eine Person, die bei (…) einer öffentlichen Aufführung bezahlten Applaus liefert“. Und die Genossinnen und Genossen haben die Gründung eines „kommunistischen Netzwerks“ in der DKP bekannt gegeben. Vor einer Woche in der Tagung des Parteivorstands sprach ein Genosse der Opposition davon, dass sie die „Programmströmung“ seien. Sie seien „die DKP“ und wir, die Mehrheit, würden nicht die DKP repräsentieren. Genossinnen und Genossen, damit zerschneidet Ihr das Tischtuch. Eure Herangehensweise ist wohl eine Mischung aus Provokation und Erweiterung des eigenen Spielraums. Wir lassen uns nicht dazu provozieren, Euch durch administrative Maßnahmen Märtyrer zu schaffen.

Wir machen aber auch eine Taktik nicht mit, Spielräume zu erweitern, selbst wenn dabei die Organisationsprinzipien einer kommunistischen Partei auf der Strecke bleiben. Wir schlagen vor, dass das höchste Gremium unserer Partei, dieser Parteitag, Euch deutlich auffordert, damit aufzuhören. Das ist der Hintergrund des Initiativantrags, der im Parteivorstand mit großer Mehrheit beschlossen wurde und der den Delegierten heute vorliegt. Danach müsst Ihr Genossinnen und Genossen der Opposition Euch entscheiden, wie Ihr Euch verhaltet. Diskussion in der Partei und gemeinsames Handeln mit der Partei oder Fortsetzung und Vertiefung der Fraktionsbildung.

Liebe Genossinnen und Genossen,

auch dadurch werden wir uns nicht zu einer nach innen gerichteten Nabelschau drängen lassen. Die Realität zeigt, leider, dass der erste Teil unseres Parteitags auf der Höhe der Zeit war. Deswegen müssen wir in der Analyse, der Entwicklung von Strategie und Taktik weiter gehen.

Liebe Genossinnen und Genossen,

neben und eng zusammen mit der Kriegsfrage steht die Frage der Flucht und steht die Frage des Rassismus. Die Unmenschlichkeit wird institutionalisiert. Menschen werden in Zeltdörfer gezwängt. Die Balkanroute – welch unmenschlicher Begriff – wird abgesperrt, an den Grenzen Tausende in der Kälte, im Regen. Seit Anfang Januar erleben wir ein dramatisches Aufflammen von Rassismus.

Dieser Rassismus wird ausgenutzt, zur Spaltung der Klasse im Allgemeinen, zum Abbau der letzten Reste des Asylrechts, zum Abbau demokratischer Rechte, zum Ruf nach mehr Polizei und Überwachung im Konkreten.

In der Diskussion über Flucht und Flüchtlinge wird versucht, von den tatsächlichen Ursachen abzulenken. Man kommt zwar nicht drum herum, den Krieg in Syrien als Ursache zu benennen, immer noch wird aber vom Bürgerkrieg gesprochen – und das, obwohl seit langem führende imperialistische Länder offen militärisch eingreifen, nachdem die vorherige verdeckte Unterstützung der sogenannten Opposition nicht zum Ziel führte.

Der Krieg in Afghanistan soll als Fluchtursache gar dadurch vertuscht werden, dass man zumindest Teile von Afghanistan zum „sicheren Drittland“ erklärt. Klar, die Bundeswehr ist ja vor Ort, da muss es ja sicher sein. Menschenverachtend ist das – aber viele Medien plappern den Unsinn nach.

In Libyen hat der imperialistische Krieg zur völligen Destabilisierung geführt, die staatliche Ordnung zerstört, den Menschen jegliche Perspektive genommen. Nein, es wird nicht über den ursächlichen Krieg oder gar Entschädigung für die Menschen, sondern über eine neue Militärinvasion geredet.

Und, wo es nicht die Kriege der Imperialisten sind, die Menschen zu Flüchtlingen macht, da ist es die imperialistische Ausbeutung. Sie zerstört die Natur und die natürlichen Lebensgrundlagen oder sie nimmt den Menschen ihre Existenzgrundlagen, in dem zum Beispiel die Fischgründe vor den Küsten Afrikas leergefischt werden.

Das Benennen der Fluchtursachen unterlässt aber leider der Text der „Allianz für Weltoffenheit“, der vor zwei Wochen als gemeinsame Äußerung von Kirchen, Wohlfahrtsorganisationen, dem DGB und dem Bundesverband der Arbeitgeber veröffentlicht wurde. Dies ist sicher ein Zugeständnis an den Arbeitgeberverband, denn wer Ursachen nennt, richtet auch den Blick auf die Verursacher und Profiteure und das sind eben unter anderem die Rüstungsindustrie, der Militärisch-Industrielle Komplex.

Das ist ein großes inhaltliches Problem dieses Textes und trotzdem sollten wir die Chancen nutzen, die uns dieser Aufruf gibt, um die Debatte in die Betriebe und Gewerkschaften zu tragen und dort zu versuchen, das Klima in eine antirassistische Richtung zu drehen.

Wir müssen dabei die komplizierte Situation im Massenbewusstsein erkennen. Perspektivangst ist beileibe kein Rassismus, kann aber Nährboden dafür sein. Wenn wir die Ängste und Befürchtungen vieler Menschen analysieren, dann müssen wir feststellen, dass dahinter durchaus ein feines Gespür steckt. Natürlich droht unter kapitalistischen Bedingungen der Zustrom von hunderttausenden Menschen in unser Land die Konkurrenz innerhalb der Arbeiterklasse zu verschärfen.

Es ist davon auszugehen, dass auch die Konkurrenz auf dem Wohnungsmarkt zunimmt, die Gefahr von Mietsteigerungen und des Anwachsens von Armutsquartieren ist real. Wenn Menschen befürchten, dass auch in dieser Situation die Lasten über die Kommunen auf sie abgewälzt werden sollen, dann haben sie Recht. Die Verschuldung vieler Kommunen wächst und bürgerliche Politik wird sie als Begründung für Kürzungen, Schließungen, Gebührenerhöhungen und Privatisierung nehmen. Und noch viel aktueller, in der Tarifrunde des öffentlichen Dienstes wird das gegeneinander Ausspielen vorexerziert. Die Kommunen werden finanziell mit den Auswirkungen der Unterbringung von Flüchtlingen weitgehend allein gelassen. Schon müssen die Flüchtlinge herhalten, um die Tarifforderung von ver.di als völlig überhöht zurückzuweisen.

Wir sehen also, dass die Perspektivängste vieler Menschen durchaus eine äußerst realistische Grundlage haben, aber die Verursacher sind eben nicht die Flüchtlinge, sondern die Verursacher der Flucht, das Kapital, seine Politiker, die führenden imperialistischen Länder.

Sie wollen profitieren, indem sie den zu niedrigen Mindestlohn angreifen, sie wollen profitieren, indem sie mit Rassismus die Spaltung in die Arbeiterklasse tragen, sie wollen profitieren, indem sie mit Demokratieabbau, dem Ruf nach mehr Polizei und Überwachung ihre innere Sicherheit für die nächsten Krisen verbessern.

Auch dazu nutzen sie die durchaus realen Ängste der Menschen, die leider oft den Fehler machen, weder nach den Nutznießern noch nach den Verursachern zu fragen.

Daraus ergibt sich als unsere Problemstellung:

Wir müssen einerseits die Initiatoren des Rassismus isolieren und bekämpfen und müssen die, die drohen, ihm auf den Leim zu gehen, immunisieren. Die Verursacher sind natürlich führende Rassisten, wie Bachmann, Petry, führende AfD‘ler und andere Rassisten und Faschisten. Initiatoren sind aber auch die Bundesregierung und das hinter ihr stehende Monopolkapital. Wir müssen deshalb die Ursachen von Flucht benennen. Das reicht aber nicht. Unsere strategische Losung „Unsere Willkommenskultur heißt gemeinsam kämpfen“ ist richtig, reicht aber nicht.

Wir haben uns im Sekretariat verständigt, dass wir in den nächsten vier Wochen ein Sofortforderungsprogramm erarbeiten wollen. Wir wollen darin auch deutlich machen, wo das Geld zu holen ist, z.B. im Rüstungsetat, in dem 130 Milliarden-Hochrüstungsprogramm der Kriegsministerin, aus den Gewinnen der Rüstungskonzerne und der anderen, die Flucht verursachen und an ihr verdienen. Diese Sofortforderungen werden keine Sofortforderungen für die Flüchtlingsproblematik, sondern für die Lage der gesamten Arbeiterklasse sein. Für die besondere Situation der Flüchtlinge gibt es eine überarbeitete Version des Flyers „Unsere Willkommenskultur – Gemeinsam kämpfen“, die auch heute schon vorliegt. Eine längere, argumentierende Fassung der Sofortforderungen planen wir für die Juni-Tagung des Parteivorstandes als Beschlussentwurf. Das wird dann auch unser inhaltlicher Aufschlag in Richtung der Bundestagswahlen sein.

Das alles erfordert aber auch, dass wir mit den Menschen reden müssen, selbst mit denen, die gerade dabei sind, dem Rassismus auf den Leim zu gehen. Das ist schwer und es geht besser in gemeinsamen Kämpfen, auch darum brauchen wir das Forderungsprogramm. Das ist schwer und es darf uns keinesfalls gleichzeitig zu Opportunismus verleiten. In der Flüchtlingsfrage gilt das Gleiche wie in der Kriegsfrage, es gibt kein Wir im Klassenstaat. Es gibt zwei Seiten der Barrikade, die der Ausgebeuteten, auf der stehen die Arbeiter, Angestellten, Arbeitslosen, Flüchtlinge usw., und es gibt die Seite der Ausbeuter, dort stehen die 10 Prozent, denen 50 Prozent des Volksvermögens gehören, dort stehen die Konzerne, die Staatsorgane, die Rüstungsindustrie. Rassisten wollen das vernebeln und stellen sich auf deren Seite.

Wir wollen auch gar nichts beschönigen. Wenn Menschen über Monate auf engstem Raum in Zelten leben, wenn Menschen von der Teilhabe an Kultur, ihre Kinder von Bildung ferngehalten werden. Wenn es an Freizeiteinrichtungen für Kinder und Jugendliche sowieso mangelt und nun noch zehntausende mehr solche Einrichtungen brauchen und sich das verkommerzialisierte Angebot nicht leisten können. Das alles produziert Konflikte.

Seit langem erleben wir, wie die Ausgrenzung in diesem Land auch zu Verrohung, zu Gewalt und Kriminalität führt. Das wird sich durch eine Zunahme der Konkurrenz in der Arbeiterklasse nicht verbessern. Aber auch darauf lässt sich ohne den Kompass der Klassenfrage keine Antwort geben. Weil das unser Kompass ist, bleiben wir dabei:

Bleiberecht für alle, volle Wiederherstellung des Asylrechts, stoppt Hochrüstung und Kriegspolitik, die Konzerne müssen zahlen.

Die einzige Chance, diese Tendenz zu stoppen, liegt in fortschrittlicher Massenbewegung für Frieden, soziale Rechte und Solidarität. Allerdings sind die Voraussetzungen für deren Entstehen leider äußerst widersprüchlich. Es ist wahrscheinlich richtig, wenn manche hier von einer tief gespaltenen Gesellschaft sprechen. Denn neben den bereits geschilderten komplizierten Entwicklungen haben wir ja nach wie vor die Situation, dass sich zehntausende in der konkreten Hilfe für Flüchtlinge, in runden Tischen, bei der Durchführung von Bildungsmaßnahmen, Sprachkursen, Kinderbetreuung und Ämtergängen engagieren. Diese Menschen haben große Anerkennung verdient, viele Genossinnen und Genossen engagieren sich und das ist gut so. Ja, wir haben im Leitantrag unsere Position bestimmt, wir sagen:

„Flüchtlinge brauchen ein uneingeschränktes Bleiberecht; das Asylrecht muss ohne jegliche Einschränkung wiederhergestellt werden.“

Stehen wir aber deshalb auf der Seite von Merkel und Gabriel, wo doch die Bundesregierung angeblich die ist, die in Europa die Grenzen offenhalten will? Quatsch, erstens stimmt es nicht, siehe das Bündnis mit der Türkei und die Bundeswehr in der Ägäis und zweitens ergeben sich Unterschiede in der Herangehensweise der herrschenden Klassen oder in ihr wohl eher aus unterschiedlichen Plänen in der herrschenden Klasse. Die einen nutzen eine angeblich „ungehinderte“ Zuwanderung zum Abbau demokratischer Rechte, für die Spaltung der Arbeiterklasse, für die Verschärfung der Konkurrenz. Die anderen fordern ein „Einwanderungsgesetz“, um das Ganze kontrollierter abzuwickeln, womit sie meinen, dass bei den Flüchtlingen besser ausgesiebt werden kann, wie sie zu den Verwertungsinteressen des Kapitals passen.

Wir müssen also raus, auf die Straße und in die Massen. Überall finden derzeit Bürgerversammlungen, die Gründung von Initiativen statt. Manche haben einen latent rassistischen Hintergrund, wie die Bürgerversammlung vergangenen Montag in Essen-Altenessen. Sie ging zurück auf die latent rassistische Haltung von SPD-Ortsvereinen, Ihr habt wahrscheinlich davon gehört. Klar, man will nicht zugeben, dass man mit der Zustimmung zu Kriegseinsätzen die Gründe für Flucht mitgeschaffen hat. Man will auch nicht zugeben, dass die Agenda 2010 der Hintergrund für die soziale Spaltung der Arbeiterklasse ist. Aber auch 300 Menschen waren da und wir auch und wir sind auch aufgetreten. Das müssen wir, denn Perspektivangst ist kein Rassismus. Perspektivangst allein gelassen wird aber schnell dazu.

Und genau hier ordnen wir auch unser Pressefest ein. Es wird ein Fest, ja und wir freuen uns, alle wiederzusehen und uns in den Armen zu liegen. Ja, der reife Kartoffelschnaps soll uns im Halse brennen, ob wir einen Hammel über den Lauch kriegen, weiß ich nicht, wenn ja, ich nehme ein Stück. Aber noch wichtiger:

Das Fest des Friedens, der Solidarität und der internationalen Solidarität. Ich bin sicher, wir werden ausstrahlen und wir werden einen Beitrag leisten. Zur notwendigen Debatte und zur Stärkung, zum Kraft tanken und zur Ausstrahlung – für den Kampf um Frieden, für die Solidarität, für die internationale Solidarität, gegen Rassismus – für den Klassenkampf.

Manchmal scheint es, als wäre die Stimmung außerhalb unserer Partei besser als bei uns. Das ist aber Quatsch, weil wir machen das Pressefest, wollen es machen und sind die einzigen, die das auch können. Wir tragen Verantwortung, die ist größer als ein Fest der DKP. Es ist das kommunistische unter den Festen, es ist das große unter den Festen der Linken, es ist das Fest und das große Forum der Strategiedebatte von Bewegungen und Klasse. Es gibt Debatte, Kraft und Impuls.

Deshalb: Vorwärts zum Pressefest. Stärkt die SDAJ, stärkt die DKP!

Quelle: http://news.dkp.suhail.uberspace.de