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aus: Frauen, die kämpfen, sind Frauen, die leben
ansätze zum revolutionären frauen- und lesbenkampf gegen imperialismus und patriarchat.   zürich, s. 15-19
mai 1988
auseinandersetzungen und entwicklungen in der neuen frauenbewegung
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unser ausgangspunkt ist unser wille, hier einen revolutionären frauen- und lesbenkampf zu entwickeln.

wir beziehen uns unter anderem auf die frauen- und lesbenbewegung der letzten fast 20 jähre, sie ist teil unserer geschichte, durch sie war es uns möglich, frauenbewußtsein über unsere kraft, über die frauenunterdrückung weltweit in allen gesellschaftlichen bereichen zu entwickeln und ein bewußtsein darüber, daß wir frauen und lesben uns organisieren und dagegen den kampf aufnehmen müssen, um jegliche form von herrschaft, ausbeutung und unterdrückung zu zerstören.

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die frauenbewegung hat uns klargemacht, daß sexismus ein wesentliches herrschaftsinstrument ist, das schon lange vor dem kapitalismus existierte, er ist heute grundlage der imperialistischen ausbeutung: frauen verrichten weltweit 2/3 aller gesellschaftlichen un- und unterbezahlten arbeit - dafür müssen sie niedergehalten werden.

die hausarbeit als reproduktionsarbeit ist die unbezahlte arbeit, die zur notwendigen gesellschaftlichen arbeit dazugehört und dem kapital unterworfen ist. zu seiner aufrechterhaltung ist sie existentiell. je mehr die arbeit, die insgesamt geleistet wird , nicht bezahlt wird, um so mehr profit schöpfen die kapitalisten dabei ab.

reproduktionsarbeit gilt nicht als arbeit, wird unterbewertet und damit auch die frauen, die dies ausschließlich tun. über die Ideologie der "liebe" und der "natürlichen bestimmung" der frauen werden frauen in diese Situation reingepreßt. sie sollen diesen zustand als freiwilligen begreifen, damit ihnen der widerstand gegen das scheinbar natürliche gesetz gar nicht in den sinn kommt und sie "ihre" arbeit lächelnd, freudig, ohne widerspruch erfüllen. die Produktion und reproduktion der arbeitskräfte und deren qualitative Zurichtung auf den kapitalistischen verwertungsprozeß hin, kennzeichnen die bedeutung der frauenarbeit.

die lohnarbeit von frauen dient der effektiveren ausbeutung. frauen erhalten fast weltweit weniger lohn als männer. (in einigen sozialistischen Staaten erhalten sie zwar gleichen lohn bei gleicher arbeit, das sagt aber nichts über die.gesamtgesellschaftliche arbeitsteilung aus. frauen haben meist und grundsätzlich die geringer bezahlten arbeitsplätze.) schwangerschaft und menstruation werden zum vorwand genommen, den frauen generell schwäche zuzuschreiben, über ihre angebliche schwäche wurde und wird die geringere bezahlung und der ausschluß der frauen aus vielen berufen "begründet".

angesichts der tatsache, daß frauen 2/3 aller gesellschaftlichen arbeit verrichten und kindererziehung und hausarbeit als schwere arbeit anzuerkennen ist,

frauen schon immer auch "männerarbeit" übernommen haben, ist die Ideologie der der biologischen schwäche der frauen der reine hohn. frauen werden/wurden als industrielle reservearmee benutzt und zur Spaltung der arbeiterinnen- und arbeiterklasse, wenn ihre weniger bezahlte arbeitskraft gegen die der männer ausgespielt wird. sie werden dazu benutzt, neue arbeits-bedingungen, neue arbeitsplätze (entrechtete arbeitsplätze, heimarbeit, job-sharing ...) durchzusetzen, die dann später auch von männern besetzt werden sollen (fließbandarbeit wurde auch auf diese weise durchgesetzt). fürs angenehmere betriebsklima, zur sexuellen ausbeutung, durch beschwichtigung bei konflikten und nicht zuletzt für den "fortschritt" in Wissenschaft und forschung durch "weibliche denkweisen" werden frauen gewinnbringend genutzt. auch die subsistenzwirtschaft, vorwiegend von frauen betrieben, (heute hauptsächlich in den landern der 3 kontinente) wird den kapitalistischen gesetzen unterworfen, weil damit z.b. die löhne niedriger gehalten werden können (zechensiedlungen wurden früher mit gärten angelegt.), oder je nach Interesse wird die subsistenzwirtschaft zerstört, um so die arbeitskräfte für den kapitalistischen arbeitsmarkt "zugänglich" zu machen bzw. sie in lohnarbeitsverhältnisse zu zwingen, um so die kapitalisierung (d.h. geldwirtschaft, steuern, usw. ) durchzusetzen, um die menschen abhängig von den waren aus den imperialistischen ländern zu machen oder "nur", um ihr land zu rauben. viele frauen sind zur Prostitution gezwungen. der sexismus dient auch der aufstandsbekämpfung und aufrechterhaltung imperialistischer kriege - Vergewaltigung als herrschaftsdemonstration, zur motivierung der Soldaten und demoralisierung und Zerstörung der frauen - , der Spaltung und Isolierung der ausgebeuteten.

daß die eine hälfte der ausgebeuteten immer noch die ausbeuter der anderen hälfte sind, ist ein total wichtiges mittel, den klassenkampf von unten zu behindern, alle männer bereichern und erhalten sich über den besitz an frauen und ihrer arbeit, die herrschenden nochmal besonders, indem sie die ausbeutung auch auf männer und alle verwertbaren ressourcen ausgedehnt haben, die entwicklungsgeschichtlich und ursächlich erste klassenherrschaft, auf die sich historisch die erweiterten formen der Unterdrückung und klassengesellschaft aufgebaut haben, ist die ausbeutung von frauen und ihrer produktivkraft durch männer.

das patriarchat wird aufrechterhalten durch die ständige androhung und anwendung direkter gewalt gegen frauen (mißhandlung, Vergewaltigung) und durch die strukturelle gewalt (ehe, hierarchische arbeitsteilung, familie, Prostitution, alle Institutionen,....).

frauen soll immer wieder klargemacht werden, daß rebellion zwecklos ist, gerade weil sie eine so große bedeutung für die aufrechterhaltung der ausbeutung und herrschaft haben. schon immer haben frauen vereinzelt oder in gruppen zusammengeschlossen gegen ihre ausbeutung und Unterdrückung gekämpft oder sich verweigert, schon immer gab es frauen, die eine grundlegende Veränderung der herrschaft über menschen und die frauenbefreiung erkämpfen wollten.

die Vorstellung einer sozialistischen revolution, die "nur" die ökonomische Umwälzung der produktionsverhaltnisse zum ziel hat, haben frauen als unzureichend erkannt, die Unterordnung der "frauenfrage" und die einbindung der frauen in diese linke politik, die das männliche Proletariat als das revolutionäre Subjekt bestimmt hatte, wurde von den frauen nicht mehr akzeptiert. die erkenntnisse über die neuanalysierten ökonomischen zusammenhänge der frauenunterdrückung trugen erheblich zum Selbstbewußtsein der frauenbewegung bei.

aus der grundlegenden kritik an den sexuellen unterdrückungsformen und der hierarchie auch innerhalb der linken, an der arbeitsteilung, rollenaufteilung, den männerorientierten wertstrukturen entwickelte sich die autonome Organisierung von frauen - mit dem ziel eine umfassende revolution zu machen. frauen können ihre Interessen nur selber erkämpfen, frauenbefreiung kann nicht mit männern erkämpft werden, sondern ihnen muß eigenständige macht und kollektive stärke entgegengesetzt werden, wenn es darum geht, jede form von herrschaft zu beenden.

frauen versuchten, neue wege zu finden, die mit allem brechen, was Patriarchat und Imperialismus bedeuten, neue wege, denn fast alles um uns herum ist männergeschichte.

die ersten schritte waren die autonome Organisierung, die ablehnung von hierarchie, der wille, aus der festgelegten frauenrolle herauszukommen, das aufgreifen und herausfinden unserer geschichte, die erweiterung/korrektur der kapitalismusanalyse um die funktion der frauenunterdrückung, die alltäglichen mechanismen die das System am laufen halten. autonome frauenbewegung - als weg zur selbstfindung und Selbstbestimmung,

-gegen die bevormundung von patriarchen,

- gegen die Identifikation mit dem Unterdrücker,

- zur Verarbeitung der erfahrungen mit Parteien, führern, vorständen und darin mit frauenstandpunkten verarscht und als nebensächlich (nebenwiderspruch - die alten erinnern sich) bezeichnet zu werden,

autonomie - als ausdruck der authentischen entwicklung des "eigenen" kampfes mit dem ziel der frauenbefreiung, ausgehend von den bedingungen hier, der direkt-heit der betroffenheit, sich nicht mehr nur in beziehung zu anderen bewegungen, gruppen, zu männern zu setzen -

ohne die trennung von privat und politisch, von denken und fühlen, von produktion und reproduktion, also die einheit von kämpfen, leben und lieben zu versuchen

- als Voraussetzung, um uns die Identität als frau/lesbe gegen die Isolation, Zersplitterung und identitätszerstörung hier zu erkämpfen.

wir wollen handlungsperspektiven, die aus der geschiente der klassen-, rassen-, und geschlechterkämpfe und der autonomen frauenbewegung erkämpft worden sind, für den kämpf um frauenbefreiung weiterentwickeln. was wir wollen, ist nicht völlig neu, wenn auch die Organisierung als frauen und lesben für die befreiung ohne Unterordnung unter eine partei, ohne die ein-bindung in gemischten gruppen und gegen die Vereinzelung mit dem jeweils"eigenen" machthaber an der seite als grundlegende lebensbedingung von frauen nicht auf so viele beispiele zurückgreifen kann - d.h. für uns : wir sehen uns immer noch am anfang der entwicklung eines revolutionären frauen- und lesbenkampfes als dringende aufgäbe, als antwort auf das Patriarchat und seiner derzeitigen ausformung im imperialismus.

aus den speziellen ökonomischen, politischen bedingungen entwickelten frauen in den metropolen ein neues Selbstbewußtsein, das waren nicht (allein) die erfahrungen des persönlichen leidens von frauen, sondern die widersprüchlichen erfahrungen, die frauen durch die gesellschaftlichen brüche, die'Umstrukturierungen und durch die emanzipationskampfe machten, an den ökonomischen, gesellschaftlichen umstrukturierungen entwickelten sich die kämpfe und bewegungen:

z.b. die Studentinnen- und studentenbewegung gegen die Zurichtung der Universitäten auf die imperialistischen, industriellen erfordernisse hin; frauen als beschäftigungsreserve, die Ideologie der Chancengleichheit, die gleiche (aus-) bildung wie männer,aber ungleiche berufschancen, usw.. vor allem aber die kämpfe der schwarzen frauen und männer, die Studentinnen- und studentenbewegungen, die arbeiterinnen- und arbeiterbewegungen, die das gesamte System erschütterten und zeitweise - durch den kämpf - die alten werte, lebensformen in frage stellten und bereits neue lebens-, arbeits-, kampfformen schufen, eröffneten neue und "eigene" Perspektiven des kampfes. das gilt ebenso für die länder der 3 kontinente, wo durch die kämpfe der menschen dort sich revolutionäres bewußtsein entwickelt hat. der kämpf für ein frauenwürdiges leben ohne herrschaft und ausbeutung bedeutet für uns in gleicher weise kämpf gegen rassismus, imperialismus, kapi-talismus, imperialistischen krieg, kolonialismus, Zerstörung der natur. da sind die Verbindungen für uns zu den befreiungsbewegungen und -kämpfen in den 3 kontinenten, mit den revolutionären kämpfen hier und in anderen metropolenländern.

aus der unterschiedlichen geschichte der einzelnen Völker ergeben sich jeweils verschiedene bedingungen für die kämpfe, sie wirken zusammen im kräfte-verhältnis gegen dem imperialismus und verändern auch unsere lebens- und kampfbedingungen, daß von den metropolen, dem patriarchat hier bedingungen gesetzt werden, die in den ländern der 3 kontinente die ausbeutung, sexuelle Vermarktung dort massiv bestimmen, zeigt die notwendigkeit, uns jeweils in unseren kämpfen aufeinander zu beziehen und die Unterdrückung, die von hier ausgeht, zu verhindern, unsere Solidarität praktisch werden zu lassen.

unser bewußtsein über die notwendigkeit einer grundlegenden gesellschaftlichen Veränderung, eines revolutionären frauen- und lesben-widerstands schafft für uns die nähe zu denen, die mit aller ernsthaftigkeit und entschlossenheit, mit einer revolutionären Perspektive gegen das System kämpfen.

wir wollen die trennung, die in köpfen herumschwirrt, die praktiziert wird, aufheben: unsere Identität als frauen /lesben gegen das patriarchat in und um uns, im kämpf gegen die alltäglichen sexistischen Strukturen und der kämpf gegen das imperialistische System, das ais grundbedingung dazugehört, wenn wir den sexismus nicht als losgelöstes Symptom, sondern als grundpfeiler des herrschaftssystems angehen wollen.

der Imperialismus ist eine jetzt bestehende ausprägung des Patriarchats, er läßt sich aus diesem System nicht heraustrennen, daß wir noch beides benennen, liegt daran, daß so viele frauen das patriarchat eingeschränkt begreifen, sie wollen nur die einzelnen Symptome der frauenunterdrückung angehen und mit den anderen ausformungen des impriarchats nichts zu tun haben. für viele gab/gibt es so die aufspaltung in die arbeit mit frauen zu begrenzt begriffenen frauenthemen und die arbeit in gemischten gruppen, die die scheinbar "umfassendere" politik machen, und dabei frauenunterdrückung als "Struktur" des Imperialismus behandeln.

das, was von frauen an widerstandsformen, an analysen erarbeitet wurde, ist z.t. grundlage unserer politik. wir unterscheiden zwischen den ansätzen, die uns im kämpf weiterbringen und auch Strukturen schaffen, die Selbstbestimmung und widerstand möglich machen, die uns aus den krallen der entfremdung und Vereinzelung jetzt schon ein stück befreien, die unsere kompromißlosen ziele in unserer politik deutlich machen und den ansätzen, die über kleine Verbesserungen der lebensbedingungen von frauen/lesben nicht hinausgehen, das Verhältnis von teilen der frauenbewegung zu radikalem frauenwiderstand, zu anderen kämpfen gegen das System, zur guerilla, zum Staat, zeigt den stand der bewußten auseinandersetzung, der bedingungen und anknüpfungsmöglichkeiten für unseren widerstand, dazu ein - unvollständiger - blick auf einen teil der frauenbewegung, der mit der gesamtheit der bewegung Sprengkraft hatte und wichtige, frauenidentität erobernde schritte hervorbrachte, aber auch im ansatz die möglichkeit der Integration und beschränktheit der ziele auf die verbesserung der lebensbedingungen von frauen beinhaltete.


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