Pressemitteilung:
Protestpaket gegen das von Herrn Professor Dr. Reemtsma gegen Markus Mohr vom Hamburger Institut für Sozialforschung veranlasste Haus- und Archivnutzungsverbot übersendet
04/06

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DR. HARTMUT RÜBNER

hartmut.ruebner@gmx.net

 


Am Samstag, den 15. April habe ich folgende Erklärung, eingelegt in einem Protestpaket, an Herrn Professor Dr. Reemtsma übersendet:

Sehr geehrter Herr Professor Reemtsma,


Protesterklärung


Wir haben Kenntnis von einem Schreiben Ihres Institutes vom 6. Januar 2006 an Dr. Markus Mohr erhalten, in dem gegen ihn ein unbefristetes Archivnutzungs- und Hausverbot am Hamburger Institut für Sozialforschung (HIS) verhängt worden ist. Die Bitte von Herrn Mohr, in einem Gespräch die in dem Schreiben gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu klären, wurde von dem Leiter des HIS-Archivs zurückgewiesen. Das Archivnutzungs- und Hausverbot wurde erneut bekräftigt. Damit haben sich die Möglichkeiten für Herrn Mohr, mit dem HIS zu einer einvernehmlichen Lösung aufgetretener Missverständnisse zu gelangen, erschöpft.
Wir sind von der Art und Weise des gegen Herrn Mohr verhängten Archivnutzungs- und Hausverbots befremdet. Auch wenn einige der für das Archivnutzungs- und Hausverbot angeführten Gründe belustigen, so ist die Sache zweifellos ernst. Denn durch den Ausschluss sind Herrn Mohr wichtige Quellenbestände über die sozialen Bewegungen nicht länger zugänglich. Für einen Sozialwissenschaftler entstehen dadurch erhebliche berufliche Nachteile. Die vorgetragenen Gründe für diese gravierende Maßnahme, die einem Forschungsinstitut zur Sicherung seiner Bestände zur Verfügung steht, überzeugen uns nicht.

Aus der Mitteilung des HIS ist nicht ersichtlich, wodurch vormals von Ihnen als „gut“ bezeichnete Arbeitsbeziehungen durch einen einzigen Archivaufenthalt so nachhaltig zerstört worden sein sollen, dass Sie nun sogar klärende Gespräche verweigern. Einige der angeführten Gründe – lauter Tastenanschlag, Kaffee trinken - stehen in keinem Zusammenhang mit der Nutzung von Archivgut. Weshalb Sie ein unbefristetes Hausverbot zum Schutz des Instituts als notwendig erachten, geht aus dem besagten Schreiben ebenfalls nicht hervor. Diese sicher nicht alltägliche Ausschlussmaßnahme ist also nicht nur schlecht, sondern überhaupt nicht stichhaltig begründet.

Wir müssen daraus den Schluss ziehen, dass das vom Hamburger Institut für Sozialforschung gegen Herrn Mohr verhängte Archivnutzungs- und Hausverbot sachlich nicht gerechtfertigt ist. Vielmehr besteht die Befürchtung, es solle ein Kritiker des HIS mit der Sperrung öffentlicher Forschungsressourcen abgestraft werden. Diese Umgangsweise mit politisch unliebsamen Wissenschaftlern widerspricht in elementarer Weise nicht nur der

Wissenschaftsfreiheit, sondern sicher auch der Satzungszweck des Hamburger Institutes für Sozialforschung als eine Stiftung öffentlichen Rechts.

Wir fordern von ihnen die Rücknahme des gegen Herrn Mohr verhängten Archivnutzungs- und Hausverbots.

Mit freundlichen Grüssen

Diese Protesterklärung wurde von über 50 Hochschullehrern, Studenten, Filmschaffenden, HistorikerInnen, Hartz IV-EmpfängerInnen, Forschungsdirektoren, Pädagogen, Politikwissenschaftlern, PublizistInnen und Zeitungsredakteuren unterzeichnet. Darüber hinaus fanden eine Reihe von Interessierten das in der Protesterklärung zum Ausdruck gebrachte Anliegen sehr unterstützenswert, sahen sich jedoch unter Hinweis darauf, in Zukunft bei dem HIS noch Förderungsanträge stellen zu wollen, von einer Unterschrift ab. In Anbetracht von über fünf Millionen Arbeitslosen in diesem Land kann diese Haltung verständlich erscheinen. Um auch diesen verdeckten Stimmen einen Ausdruck zu geben, habe ich mir erlaubt, die Protesterklärung in der Form eines Pakets an den Adressaten zu übersenden.

Es bleibt nun zu hoffen, dass das ungerechtfertigte Archivnutzungs- und Hausverbot des HIS
gegen Markus Mohr damit wieder aufgehoben wird.

 

Editorische Anmerkungen

Die PM erhielten wir am 16.4.2006.

Hintergrundmaterial siehe:

Baron von Kraushaars willige Helfer
Wie die Skandalwissenschaft den Medienbetrieb auf Touren bringt  
von Markus Mohr & Hartmut Rübner