Stand der Dinge & erste Reaktionen
Für Angelo Lucifero die volle Unterstützung
04/07

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Liebe Unterstützerinnen und Unterstützer von Angelo Lucifero,

bis zum heutigen Tage haben über 270 Personen und Institutionen den Offenen Brief unterzeichnet, weitere 30 haben eigene Unterstützungsschreiben und -resolutionen gestartet. Für die bisherige Solidarität wollen wir Euch nochmals herzlich danken und Euch über den aktuellen Stand informieren.

STAND DER DINGE

In den letzten Tagen sind erneut einige Veröffentlichungen erschienen:
Die Junge Welt hat sowohl ein Interview mit uns als auch den Offenen Brief und eine Reaktion des 91jährigen Antifaschisten Theodor Bergmann abgedruckt. Ihr findet die Artikel auf der Seite von www.labournet.de .
Den aktuellen Stand der Unterstützung findet Ihr auf unserer eigenen Homepage unter www.ggr.blogsport.de .

Leider haben auch zahlreiche Neonaziseiten (NPD, altermedia) die Diskussion um Angelo aufgegriffen und teilweise die UnterstüztzerInnen des Offenen Briefes „zu Dokumentationszwecken“ veröffentlicht, des weiteren hat die Junge Freiheit ein zweifelhaftes Portrait von Angelo abgedruckt.


ERSTE REAKTION

Als erste Reaktion auf den Offenen Brief haben wir eine Antwort von den DGB- und ver.di-Landesvorsitzenden Steffen Lemme und Thomas Voss erhalten, die wir Euch zukommen lassen wollen. Sie lautet:


Liebe Kolleginnen und Kollegen,

auch wir haben bestürzt erfahren, dass unser Kollege Angelo Lucifero während einer von uns unterstützten Veranstaltung eine Schreckschusswaffe gegen Angriffe von Neonazis einsetzte. In einer Reihe von Schreiben ähnlichen Wortlautes wurden wir nun aufgefordert uns nicht vom Kollegen Angelo Lucifero zu distanzieren, was wir bis zum heutigen Tag auch nicht getan haben.

Wir haben Verständnis für das Verhalten des Kollegen Lucifero geäußert und es in der Öffentlichkeit mit der ständigen und seit Jahren andauernden Bedrohungssituation, in der sich Kollege Lucifero befand, erklärt. Distanziert haben wir uns allerdings vom Gebrauch von Schreckschusspistolen auf öffentlichen Veranstaltungen, Kundgebungen und Demonstrationen.

Der DGB und seine Gewerkschaften haben sich immer engagiert und eindeutig zu den fortgesetzten rechtsradikalen Übergriffen in Thüringen geäußert. Wir sehen mit Abscheu, dass Übergriffe auf Menschen anderer Hautfarbe und Antifaschisten Teil des Alltags zu werden drohen. Wir haben die Thüringer Landesregierung stets für ihre mangelnden
Aktivitäten gegen diese Zustände kritisiert und werden dies weiter tun. Ebenso haben wir immer wieder Aktionen gegen Rechtsextremismus organisiert und durchgeführt.

Wir sind und waren jedoch stets der Meinung, dass Gewerkschaften als zivilgesellschaftliche Organisation ihre Auseinandersetzungen auf der Grundlage der Gewaltfreiheit führen müssen. Wir halten den Gebrauch von
Schusswaffen, auch von sogenannten Anscheinwaffen, in keiner Weise für akzeptabel.

Ein Vorfall, wie auf dem Anger am 15. März, ist geeignet den Konsens der Demokraten zu sprengen und die öffentliche Meinung gegen uns auf zu bringen. Weite Teile des Neonazispektrums versuchen nun in der öffentlichen Wahrnehmung eine Opferrolle zu bekommen. Schon aus diesem Grund kann uns an einer Polarisierung der Debatte nicht gelegen sein. Mit den im offenen Brief der GewerkschafterInnen gegen Rechts geforderten offensiven Zurückweisen von unbequemen Meinungsäußerungen aus dem parlamentarischen Spektrum würden wir dies jedoch befördern.

Im Übrigen bleiben wir angesichts eines schwebenden Ermittlungsverfahrens mit möglicherweise strafrechtlicher Relevanz bei
unserer Auffassung, dass dies nicht die Stunde großer und offensiver Auseinandersetzungen in den Medien ist.

Mit kollegialen Grüßen



UNSERE ANMERKUNGEN

Gewaltfreiheit?

Wer wäre nicht für Gewaltfreiheit? Leider läßt die Antwort jegliche Unterscheidung zwischen Angriff und Verteidigung vermissen. Zwar wird auf die wiederholten Attacken gegen Angelo und die jahrelangen Bedrohungen selbst verwiesen, dennoch bleibt die Tatsache der subjetkiven Bedrohungssituation in der weiteren Beurteilung der Geschehnisse völlig unberücksichtigt. Zum Hintergrund der Situation hängt dieser mail eine (noch nicht einmal ganz vollständige) Chronologie neonazistischer Bedrohungen gegen Angelo Lucifero an.

Andauernde Bedrohungssituation?

Zwar verweist Steffen Lemme in seiner Antwort auf die „seit Jahren andauernden Bedrohungssituation, in der sich Kollege Lucifero“ befände, doch leider wurde nach unseren Erkenntnissen bisher keinerlei Anstrengungen unternommen, diese Bedrohungssituation wirklich ernst zu nehmen und sich um einen angemessenen Schutz für Angelo zu bemühen. Stattdessen wird der „Konsens der Demokraten“ beschworen. Doch wie schützt die Demokratie das Recht auf körperliche Unversehrtheit von Angelo Lucifero? Eine unserer Hauptforerdungen, sich für einen wirksamen Schutz für Angelo vor Übergriffen, bleibt damit unerfüllt.

Auseinandersetzungen in den Medien?

Wir hätten uns gewünscht, dass es nach dem erneuten Angriff auf Angelo in der Öffentlichkeit zunächst zu einem persönlichen Gespräch kommt, in dem Angelo seine Sicht der Dinge schildern kann. Stattdessen forderte der DGB in einer ersten Stellungnahme ein Verbot der Nazi-Demonstration am 1. Mai in Erfurt, suchte aber nicht das Gespräch mit Angelo, stattdessen erscheint in der 'Thüringischen Landeszeitung ein Artikel, der mit dem Satz beginnt: „Thüringens DGB-Vorsitzender Steffen Lemme geht auf Distanz zu seinem Gewerkschaftskollegen Angelo Lucifero“.
Spätestens hier hätte man sich um ein Klarstellung bemühen müssen, wenn man nicht dem Vorwurf der Distanzierung aussetzen möchte. Im Übrigen ist es inkonsequent, zunächst gegenüber den Medien Stellungnahmen abzugeben, die eingeforderte Unterstützung jedoch dann mit der Aussage zu verweigern, dass dies nicht die Stunde großer und offensiver Auseinandersetzungen in den Medien“ sei.

Nazis als Opfer?

Natürlich versuchen sich die Nazis nach den Vorfällen am 15.03. öffentlichkeitswirksam zu Opfern zu stilisieren. Doch kann man dieser Tatsache wirklich ernsthaft entgegentreten, indem man zu den verbalen Angriffen auf Angelo in der Öffentlichkeit schweigt? Wir meinen: Nein.

1. MAI IN ERFURT

Vor dem Hintergrund dieser aktuellen Diskussion werden am 1. Mai bis zu 1.000 Neonazis aus mehrere Teilen Deutschland in Erfurt demonstrieren. Wir laden alle herzlich ein, den Kampf gegen Neonazismus, Rassismus und Antisemitismus zu unterstützen und am 1. Mai nach Erfurt zu kommen.

Mehr Informationen findet man im Internet unter:
www.gutestun-nazis-stoppen.tk



Solidarische Grüße
GewerkschafterInnen gegen Rechts - Bürogruppe
Bitte nur noch die neue Mailadresse g-g-r@web.de  benutzen!!!

ANLAGE: Chronologie neonazistischer Bedrohungen (PDF-File)

Editorische Anmerkungen

Wir erhielten das Material am  16. Apr. 2007 von  den GewerkschafterInnen gegen Rechts.

Siehe dazu auch: Für Angelo Lucifero die volle Unterstützung / trend 03-07