zurück

Proletarische Literatur und die Politik der Kommunistischen Partei Deutschlands 1929 - 1932

Auseinandersetzungen im Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller

Von Rudolf M. Kijewski

04/99
trdbook.gif (1270 Byte)
trend
online
zeitung
Briefe oder Artikel:
kamue@partisan.net
ODER per Snail:
Anti-Quariat
Oranienstr. 45
D-10969 Berlin

Stiftelsen
Bedriftsoekonomisk
Institutt
Oslo 1983

Vorbemerkung

Seit Anfang der 70-er Jahre erscheinen wieder in umfassendem Maße Texte literarischer und literaturtheoretischer Art in der Bundesrepublik Deutschland und der DDR, die dem Umkreis der KPD der Weimarer Republik entstammen. Von diesen gehen Impulse zur Auseinandersetzung mit zumeist verschollenen linken Traditionen der marxistischen Literatur aus. 1) Dieses neue und oft politisch motivierte Interesse stößt jedoch auf einen Mangel an zuverlässigen Arbeiten; besonders fehlen genauere Aufschlüsse über den Zusammenhang von politischer und literarischer Orientierung. Dieser Tatbestand ist umso erstaunlicher, als einzelne Autoren aus diesem Umkreis, wie J. R. Becher, B. Brecht, W. Bredel und G. Lukács, die seit längerem Gegenstand einer breiteren, auch wissenschaftlichen Rezeption sind, entweder direkt oder durch ihre literarischen Arbeiten eng mit den Tageskämpfen der Zeit verknüpft sind. Die Forschung vollzog sich jedoch hauptsächlich unter philologischen oder literaturtheoretischen Gesichtspunkten, wobei Fragen nach dem realen geschichtlichen Zusammenhang kaum erörtert wurden. '2) Auch die Literaturwissenschaft in der DDR ist bei der Beschäftigung mit linken Strömungen der marxistischen Literatur kaum über Ansätze hinausgegangen. Zwar konnte sich H. Leber 3) in seiner Arbeit auf Anstöße zur Schaffung einer DDR-Arbeiterliteratur durch die erste Bitterfelder Konferenz berufen; insgesamt ist es aber kaum gelungen, die eigentlich proletarischen Traditionen der kommunistischen Literatur in eine rückwärtsgewandte Selbstdarstellung der DDR-Nationalliteratur aufzunehmen. Der Versuch führte nur zu einer geringen Erweiterung des Spektrums der Diskussion. Das mag einerseits daran liegen, daß die ultralinken Positionen dieser Literatur nicht ins Konzept der historischen Stilisierung der Zeit von 1929 bis 1935 passen, andererseits, daß diese Zusammenhänge der Literatur- und Parteigeschichte der literaturgeschichtlichen Konstruktion einer Kontinuität von der bürgerlichhumanistischen zur DDR-Literatur im Wege stehen.4)

Allerdings scheint es auch schwierig, aus der Darstellung der großen linken Autoren jener Zeit Gewinn zu ziehen, da ihre Werke die grundlegenden Positionen der allgemeinen Diskussion nach Bedürfnissen ihrer künstlerischen oder politischen Praxis umprägen und mit ihrem individuellen Lebensschicksal verknüpfen. Die Grundsatzdiskussion wird weitaus deutlicher durch die zeitgenössische Zeitschrift "Linkskurve", dem Organ des "Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller" (BPRS), sichtbar. Hier stehen die Positionskämpfe der Literaturtheorie neben politischen, agitatorischen und belletristischen Arbeiten aus denen sich die Gewichtung des relevanten Zusammenhangs leichter ableiten läßt. Außerdem werden in diesem Zeitraum politische Handlungsaufträge an die Literatur offen formuliert und machen ihre praktische Dimension sichtbar. Von den Mitarbeitern der "Linkskurve" ist die Orientierung an der aktuellen Linie der KPD nicht in Zweifel gezogen worden. Diese Tatsache gibt einen realen Bezugspunkt, von dem aus auch die literarischen Konzepte diskutiert werden können. Für die wissenschaftliche und besonders literaturwissenschaftliche Rezeption folgt daraus die Forderung, ihre Untersuchungen auf das Niveau der politischen Diskussionen jener Zeit zu bringen.

Proletarische Literatur und Parteiarbeit

Eine der wichtigsten und interessantesten Arbeiten auf diesem Gebiet ist die Berliner Dissertation von Helga Gallas 5). Diese Abhandlung erfüllt jedoch die oben erwähnten Erwartungen nicht. H. Gallas hat ihre Erkenntnisse lediglich auf der Grundlage eines geringen Teils des zugänglichen Materials gewonnen. In ihrer Arbeit bleiben sowohl die politischen Artikel als auch die gesamte literarische Praxis der untersuchten Zeitschrift ausgeklammert, ökonomische Faktoren erscheinen nur auf einem Teilsektor, in der am Anfang finanziellen Abhängigkeit von sowjetischen Instanzen. Dabei wird jedoch die wichtige Beziehung zur KPD nur teilweise und negativ thematisiert. So konstatiert H. Gallas, daß sich die KPD nach dem VI. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale (KOMINTERN), der Juli/August 1928 stattfand, gegen linksbürgerliche und der SPD nahestehende Schriftsteller gewandt» der BPRS deshalb durch politisches Wohlwollen um Anerkennung durch die Partei geworben habe. Das wiederum "erklärt zum Teil seine doktrinäre Linie".6) Damit ist die politische Orientierung zum Nebenprodukt der literarischen erklärt, zum Zugeständnis der Schriftsteller an den linken Kurs der Partei. Alle Faktoren in der "Linkskurve" werden somit in Abhängigkeit von literarischen Interessen dargestellt. Dabei kann leicht der Eindruck einer immunen Strategie immanenter marxistischer Ästhetik-Diskussion entstehen, deren Stellung sich in relativer Unberü'hrtheit von konkreten historischen und politischen Abläufen etablieren läßt.

Dadurch werden jedoch die wirklichen Zusammenhänge auf den Kopf gestellt. Die "Linkskurve" war sowohl nach Anzahl als auch Gewicht eine politische Zeitschrift mit literarischen Texten und wenigen literaturtheoretischen Artikeln. Eine Interpretation ist deshalb problematisch, da die Differenzen zwischen "linken" und "rechten" Positionen auf der Ebene von Formproblemen definiert ist. Die politische Entstehungsgeschichte der Zeitschrift macht bereits deutlich, daß in den Auseinandersetzungen mit anderen Zeitschriften, in denen der BPRS zunächst veröffentlicht hatte, der Bruch mit dem jeweiligen Redaktionskollektiv nicht durch die Frage des ganzen Brecht-Eislerschen Kunstapparates hervorgerufen wurde. Es ging also weder um die Frage der kleinen operativen Formen oder die Arbeiterkorrespondentenliteratur 7) noch die trotzkistischen Tendenzen. Eine eventuelle Zusammenarbeit mit der "Neuen Bücherschau" und der "Front" zerbrach deshalb, weil sich die neue Linie der Bündnispolitik, der kommunistische Führungsanspruch im Redaktionskollektiv, gegen die dort vertretenen Linkskommunisten und Trotzkisten nicht durchsetzen ließ. Es ging also eher um eine politische Problematik als eine literarische. Dieser entscheidende Punkt in der Auseinandersetzung mit der "Neuen Bücherschau" ist in der "Linkskurve" wiedergegeben, wo es, vom Anlaß des Streites abstrahierend heißt: "Daher ist der einzig mögliche Platz für den Schriftsteller, der es tatsächlich ist, die Kommunistische Partei. Steuert er nicht zu ihr, dann wandert er ins Vergangene, ins Abgestorbene, ins Zerfallene."8)

Diese Orientierung an der Kommunistischen Partei stellte einen entscheidenden Gesichtspunkt bei der Gründung der "Linkskurve" dar. Dieser hatte auch Bedeutung bis zur Einstellung der Zeitschrift Ende 1932. Belege dafür finden sich in dem Titel "Lenin und die Literatur der Arbeiterklasse"9), in Bechers Abrechnung mit den Sympathisanten der KPD 10), in der Kommentierung der Umfrage unter linken Intellektuellen 11) sowie in den Auseinandersetzungen mit der Zeitschrift "Monde" des französischen Kommunisten Barbusse. Ab 1932 versteht es sich von selbst wenn von "unseren Schriftstellern" die Rede ist, diese der kommunistischen Partei zuzurechnen sind. H. Gallas 12) und H. Leber 13) nehmen an, daß die grundsätzliche Tendenz der Bündnispolitik geändert und die starre Orientierung an der Kommunistischen Partei abgeschwächt sei. Wenn überhaupt nach der "Programmerklärung zur nationalen und sozialen Befreiung des deutschen Volkes" von der KPD gelegentlich der Versuch unternommen wird, mit der "Linkskurve" überhaupt den "Einbruch in die Front des Gegners"14) zu erreichen, dann in der Absicht, anderen Klassen und politischen Gruppen klar zu machen, daß auch ihre Interessen von der KPD allein vertreten, würden.15)

Besondere Agitationsaufträge der proletarischen Literatur konnten sich ändern, ohne daß die Einbettung der literarischen Konzepte in die Bündungspolitik der KPD davon berührt würde. Kläber 16) aber betont daher die Parallelität des Kampfes der proletarisch-revolutionären Literatur und der KPD, und Becher fordert, "daß unsere Literatur unter dieselbe Verantwortung und Verantwortlichkeit gestellt wird, wie jede politische Arbeit". 17) Die erzählerische Praxis erfüllt diese Position noch bis in die feinsten Nuancen der Bündnispolitik.18)

Hierdurch läßt sich also die These formulieren, daß das Schwergewicht der "Linkskurve" im politischen Bereich lag. Am Anfang glaubten noch Autoren mit Proletkult-Vorstellungen ihre literarischen Konzepte in dieser Zeitschrift verwirklichen zu können. Der KPD ging es jedoch darum, den neuen politischen Linkskurs nach dem VI. Weltkongreß der Komintern (1928) und nach dem) 12. Parteitag in Deutschland (1929) in sinngemäßer Modifikation auch auf literarischem Gebiet durchzusetzen. Leber stellt diesen Zusammenhang indirekt her, wenn er schreibt: "Unmittelbar nach dem XII. Parteitag beschlossen daher Parteileitung und Vorstand des Bundes, ab August 1929 'Die Linkskurve' als selbständige proletarisch-revolutionäre Literaturzeitschrift herauszugeben, die auf literarischem Sektor als kollektiver Organisator, Agitator und Propagandist der proletarisch-revolutionären Literatur die strategischen und taktischen Hauptaufgaben des gesamten politischen Kampfes des Partei zu unterstützen und zu verwirklichen helfen" sollte. 19)

Damit war nach der Gründung der "Linkskurve" (1929 )eine Straffung des BPRS im Bereich der Literatur vollzogen. Diese setzte sich auch auf anderen Gebieten durch, denn um eine einheitliche Klassenkampffront und eine Konzentration der Kräfte zu erreichen, zog sich die KPD aus ihren alten Allianzen und gelegentlichen Koalitionen zurück und faßte die ihr nahestehenden Gruppen in eigenen Fraktionen und in Sonderorganisationen zusammen. Diese Entwicklung ist in der Gewerkschaftspolitik am deutlichsten sichtbar. Auf dem Gebiet der Literaturorganisationen wurde der alten "Arbeitsgemeinschaft kommunistischer Schriftsteller" im "Schutzverband deutscher Schriftsteller" (SDS) "Entartung nach rechts" vorgeworfen.20) Die Trennung von den alten liberalen und linken Bündnispartnern im Literaturbereich mußte jedoch umso überraschender wirken, als mit diesen Allianzen spektakuläre Erfolge noch 1928 gegen Bechers Hochverratsprozeß erreicht worden waren.21) Der Bruch mit den linken Literaten kam überraschend und ohne vorhergehende Differenzen. Deshalb ist die Annahme wahrscheinlich, daß die entscheidenden Impulse für edne Veränderung der Bündnispolitik von der Partei ausgingen. Hier zumindest läßt sich Lebers These von der führenden Rolle der Partei auf literarischem Gebiet weiter verfolgen.

 

Literaturtheoretische Auseinandersetzungen - die Form - Inhalt Diskussion

Gallas hatte gegen Leber zu zeigen versucht, daß die KPD an der Entwicklung einer proletarisch .-revolutionären Literatur grundsätzlich desinteressiert war. Ihre Belege sind allerdings nicht zahlreich und eindeutig. Das Festhalten an traditionellen bürgerlichen Kunst-Vorstellungen belegt sie aus der "Roten Fahne" des Jahres 1920. 22)

Sie beruft sich ferner, ohne genauere Angaben zu referieren, auf Klagen im "Bericht über die Tätigkeit des Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller im Jahre 1929", die in der Dokumentation, 23) auf die sie verweist, nicht abgedruckt sind. Außerdem berücksichtigt sie nicht die Bemerkungen zum Punkt "Programmbildung" 24). Aus diesen geht hervor, daß alle Argumentationen zur literarischen Programmatik in bezug auf die politische Generallinie der Partei vorgebracht wurden und Wesentlich darauf zielten, die Literatur "wie jede andere politische Arbeit" einzuordnen. Als wichtigster Punkt bleibt die anfängliche Finanzierung der "Linkskurve" durch das Internationale Büro für revolutionäre Literatur (IBRL). Aus dieser läßt sich allerdings kaum eine politische Differenz zur KPD ableiten. Es erscheint vielmehr normal, daß in Anbetracht der engen Beziehungen auf der Ebene der parteinahen Schriftstellerorganisationen enge Beziehungen zwischen KPD, Komintern und sowjetischer Politik aufgebaut wurden. Es scheint daher wahrscheinlich, daß hinter den verschiedenen Äußerungen über die politische Bindung der Literatur an die Partei auch ein entsprechendes Interesse der KPD stand.

Dieses Interesse galt jedoch primär den politischen Inhalten. Die Entscheidung über formale und literaturtheoretische Probleme - vor allem mit der Wendung zu Massenliteratur - wurde eher umgangen. Für die meisten Autoren der "Linkskurve" standen inhaltlich-politische Fragen im Vordergrund. Die Formen der proletarisch-revolutionären Romane und der literarischen Beiträge zur "Linkskurve" folgten durchweg konventionellen Mustern. Gallas 25)' Versuch einer Übertragung der

Brechtschen Theorie auf die Praxis findet in der "Linkskurve" und in den proletarisch-revolutionären Romanen kaum Anhaltspunkte. Formale und theoretische Argumentationen, die direkt auf die literarische Praxis zielten, blieben in der "Linkskurve" ungewöhnlich. Die Antwort Bredels 26) auf eine Kritik von Georg Lukács legt davon Zeugnis ab. Hierbei werden überhaupt nicht literarische Argumente berücksichtigt, sondern alle Einwände auf die Tagesforderungen der Partei bezogen. Praktische und politische Konsequenzen waren dagegen bei Lukács überhaupt nicht angelegt. Die Reaktion Bredels blieb innerhalb des Erwartungshorizonts der Zeitschrift. Lukács dagegen stellte literaturtheoretische Überlegungen an, die einen in der Zeitschrift ungewöhnlichen Stil darstellten. So liefen theoretische Reflexionen und literarische Praxis unvermittelt nebeneinander her. Die meisten Autoren der Zeitschrift konnten an den Auseinandersetzungen über ihre Werke nicht in adäquater Weise teilnehmen, da die theoretischen Voraussetzungen fehlten. Deshalb stritten vor allem die intellektuellen Exponenten "linker" und "rechter" Positionen in der Literaturtheorie um die grundsätzliche Einschätzung der proletarisch-revolutionären Belletristik und besonders der Arbeiterkorrespondenz.

Die "linken" Tendenzen in der "Linkskurve" hatten ihre Vorbilder in radikalen Positionen der sowjetischen Proletkult-Bewegung, 27) deren Radikalität darauf abzielte, eine neue sozialistische Kultur zu schaffen. Diese sollte, auch wenn sie ihr einige Elemente entnahm, grundsätzlich verschieden sein. Die Kriterien für diese neue Kultur wurden allerdings nicht einheitlich bestimmt; so gab es Differenzen über die zu übernehmenden Teile der alten Kultur und manchmal über die Tatsache der Übernahme überhaupt. Es bestand ein nicht abgeklärter Unterschied zwischen der eigentlichen Arbeiterliteratur und avantgardistischen Literaturtendenzen. Das Verhältnis des Proletkult zu zentralen Sätzen des Historischen Materialismus blieb ungeklärt. Proletkult-Ansätze in der Sowjetunion konnten sich nicht voll entfalten. Deshalb fehlte auch eine ausgearbeitete Theorie.28)

Ein auch für die deutsche Entwicklung wichtiges Theorem des sowjetischen Proletkult war, daß der "Überbau" nicht bloß die Wirklichkeit wiederspiegele, sondern daß er auch bewußtseinsbildende und organisierende Funktion habe. Literatur sei also ein selbständiges, aktivierendes und handlungsanleitendes Medium. So hieß es im ersten Aktionsprogramm des BPRS (1928), "daß die proletarische-revolutionäre Literatur eine solche ist, die Herz und Hirn der Arbeiterklasse und der breiten werktätigen Massen für die Aufgaben des Klassenkampfes gewinnt, entwickelt und organisiert".29)

Eine andere wichtige Rolle spielte ferner die Vorstellung, daß die neue Literatur, die für eine neue Klasse arbeitete, auch neue Formen und Methoden entwickeln müsse. In diesem Zusammenhang gab es bei einigen intellektuellen Künstlern in Deutschland (etwa um Brecht) Beziehungen zu avantgardistischen Bestrebungen aus dem Futurismus, die in der Sowjetunion eine umstrittene Rolle gespielt hatten, aber in der "Linkskurve" waren sie nicht vertreten. Bis 1932 dominierten hier Strömungen der eigentlichen Arbeiterliteratur. Wie in der Sowjetunion vertraten auch in der "Linkskurve" die radikalsten Exponenten zunächst die Ansicht, daß die neue proletarische Literatur nur von Proletariern produziert werden könne, da sie allein über die klassengebundene Erfahrungswelt verfügen.30)

In der deutschen Arbeiterbewegung hatte vor allem Franz Mehring die grundsätzlich andere Position als der Proletkult vertreten. Aber auch andere Gegner des Proletkult - wie der liberale Willy Haas 31) und der Marxist Lukacs 32) - konnten sich auf Lenin berufen. Dieser hatte gegen den Proletkult gefordert, daß die sozialistische Gesellschaft an den höchsten materiellen und kulturellen Entwicklungsstand der Bourgeoisie anzuknüpfen habe.33) Was die Qualität jener Anknüpfung betraf, gab es bei den Gegnern des Proletkult einen verhältnismäßig breiten Spielraum. Dieser gestattete sowohl die Aufnahme traditionalistischer wie avantgardistischer Formen der bürgerlichen Literatur.34) Hatte Franz Mehring noch versucht, die bürgerliche Tradition gegen die bürgerliche Moderne auszuspielen, forderte z.B. Alfred Kurella eine Weiterentwicklung von gerade jenen Elementen der zeitgenössischen Literatur, die seiner Meinung nach in den Grenzen des bürgerlichen Bewußtseins sich nicht voll entfalten konnten. Er kritisierte deshalb deutlich den literarischen Konservatismus der Arbeiterschriftsteller. Deshalb sei es merkwürdig, "daß sich eine Einwirkung der durch den politischen Kampf und die Tagespresse geschaffenen sprachlichen und schriftlichen Wirkungsformen auf die Literatur weniger bei den größeren Werken jüngerer proletarischer Schriftsteller zeigt, die es vorziehen, bei den "guten alten' Literaturformen zu bleiben, als bei den 'Neueren' des radikalen bürgerlichen Flügels (Dos Passos, Döblin und andere) Bei ihnen aber kommt diese Form nicht zur Entwicklung, weil die von diesen Schriftstellern auszudrückenden Inhalte das nicht erlauben.35)

Es handelt sich also hierbei um das Problem des literarischen Erbes, das sich aus dieser Position anders stellt als in der Exildiskussion. Zwar waren nach 1934 unter kommunistischen Literaten die literarischen Mittel und Formen umstritten, dagegen stand die materielle Kontinuität außer Frage.36) Die "Linkskurve" jedoch leugnete jede inhaltliche Gemeinsamkeit der bürgerlichen und der proletarisch-revolutionären Literatur und diskutierte allenfalls die Möglichkeit formaler Anleihen. Besonders in der Rezensionspraxis der "Linkskurve" wird die negative Haltung gegenüber der bürgerlichen Tradition deutlich. Alle politischen Bemühungen etwa Thomas Manns, aber auch anderer bürgerlicher und sozialistischer Schriftsteller (besonders der "We1tbühne"-Autoren, Ernst Tollers und Heinrich Manns) wurden teilweise mit diffamierenden Unwahrheiten begleitet.37) In der "Linkskurve" wurden keine Meinungsverschiedenheiten über die Ablehnung inhaltlicher Kontinuität von der bürgerlichen zur sozialistischen Gesellschaft voröffentlicht. Eine Gegnerschaft zu Proletkult-Tendenzen äußerte sich bei der Bewertung der Rolle der Arbeiterkorrespondenten. Für die radikalen Literaten sollten sie die Keimzelle der künftigen Literatur bilden. Dagegen setzte Kurella, "um den immer wieder in unseren Reihen auftretenden 'Proletkult'-Tendenzen ein für allemal einen Riegel vorzuschieben", 38) die These, daß "die Arbeiterkorrespondentenbewegung .... in erster Linie ihre eigenen, aus dem allgemeinen Kampf entstehenden Aufgaben" habe, 39) daß die proletarisch-revolutionäre Literatur auch sozioloqiscn weiter sei als die Arbeiterklasse, weil sie die kleinbürgerlich-radikalen Werke mit umfasse, und daß vor allem für sie andere Qualitätsmaßstäbe gelten als für die Arbeiterkorrespondenten. Auf literarischem Gebiet ließen sich formale Mängel nicht durch politischen Wert ersetzen. N. Kraus (d.i. Josef Lenz) äußert in der "Linkskurve" eine ähnliche Kritik:

"Proletarische Literaten müssen ihr Handwerk, die Kunst des Wortes, ... verstehen ... Ein ungelenker Bericht über einen Streik für die Betriebszeitung kann für den Klassenkampf nützlicher sein als ein Meisterwerk der proletarischen Literatur. Deshalb wollen wir diesen Bericht jedoch nicht zur 'proletarischen Literatur" und den politischen Berichterstatter nicht zu einem proletarischen Schriftsteller ernennen.40)

Auseinandersetzungen zwischen Proletkult-Tendenzen und ihren Gegenpositionen finden sich in allen Jahrgängen der Zeitschrift. Die KPD hatte sich jedoch bis 1929 nicht mit dem Proletkult identifizieren lassen. Bei der Gründung des BPRS im Jahre 1928 verfolgte der Bund zunächst "seine literarischen und kulturpolitischen Ziele" 41) zwar mit klassenkämpferischem Pathos und allgemeinen politischen Begründungen, aber ohne explizite Bindung an die KPD. Konkrete Formen der klaren Verbindung sind nur aus den nicht verabschiedeten Programmentwürfen sichtbar. 42) Auch waren sozialistische Bündnispartner nicht von Anfang an ausgeschlossen. Noch 1928 nennt Kläber unter den Wahl vorschlagen Autoren wie Mühsam, Toller und Tucholsky. Gegen diese richtete dann die "Linkskurve" ihre schärfsten Polemiken. Der wichtigste Zweck des Bundes scheint am Anfang die Selbstverständigung einer Schriftstellergruppe gewesen zu sein, die "auch innerhalb des Proletariats...eine neue Literatur" entstehen sah. 43) Dem entsprachen die starken Anklänge an den Proletkult im Aktionsprogramm. Sicher spielte dabei auch der Versuch eine wichtige Rolle, die aktuelle Überlegenheit der eigenen Bemühungen über die Spitzenprodukte der bürgerlichen Literatur aus soziologisch-politischen Voraussetzungen abzuleiten.44)

Die Bestrebungen zu einer neuen sozialistischen Kultur in Deutschland haben sich seit 1919 unabhängig von den Schwankungen in der kommunistischen Partei entwickelt und wurden von ihr auch insgesamt wenig beachtet. 45) Die Situation änderte sich jedoch mit der Gründung des BPRS, da sich verschiedene Gruppen in einer festen, der KPD nahestehenden Organisation fanden, in der linke Tendenzen dominierten. 1929 waren bei der Trennung von der "Neuen Bücherschau" und der "Front" Kräfte ausgeschieden, die sich nicht fest an die KPD binden wollten. Seitdem schien die "Linkskurve" eine neue Identität von literarischem und politischem Radikalismus zu bekräftigen. Diese war durch analoge Vorstellungen vermittelt: Konstituierung einer eigenen proletarischen Literatur in Abgrenzung zu allen Wertungen der bürgerlichen Literatur einerseits und Zusammenfassung der kommunistischen Kräfte bei Abweisung aller gemeinsamen Interessen mit anderen politischen Organisationen andererseits. Bei den meisten Schriftstellern hatten Bemühungen um eine radikal neue Literatur im Vordergrund gestanden. Diese waren durch sehr allgemeine Vorstellungen über politische und gesellschaftliche Zusammenhänge begründet. Durch die fortschreitende Integration in die Politik der KPD gerieten jedoch die eigentlichen literarischen Proletkult-Ansätze in die Defensive und wurden rein Instrumenten in bezug auf Ziele der Partei eingesetzt. Damit ging aber der umfassende Anspruch verloren, da die Umorientierung auf die revolutionäre Massenliteratur diese Ansätze nur noch als besonderen Teil der Literatur in Konkurrenz zur Trivialliteratur bestimmte. Letztlich wurde ihr sogar der Anspruch, Literatur im strengen Sinne zu sein, bestritten.46) Radikale Proletkult-Strömungen hatten in ihren programmatischen Äußerungen bis zur Wende der Charkower Konferenz (1930) kurzfristig in den Vordergrund treten können. Jedoch zeigten sowohl die früh formulierten Gegentendenzen als auch die folgende Einengung auf begrenzte Aufgaben, daß die unterschiedlichen Ansichten zur Literatur bei weitem nicht geklärt worden waren. Das Interesse der Partei an den Schriftstellern galt also eher der politischen Integration als dem "linken" literarischen Konzept. Daß die linken Tendenzen nun aus der kulturellen Programmatik der Partei verschwanden, läßt sich aus späteren Publikationen belegen.47)

Proletarisch-revolutionäre Massenliteratur und politische Richtung der KPD

Die Differenzen zwischen den Proletkult-Vertretern und denen des Traditionalismus zeigten sich unter anderem in der Bündnispolitik und der Festlegung des literarischen Erbes. Proletkult-Bestrebungen orientierten sich nur noch dadurch an der bürgerlichen Literatur, daß sie ihr einen vollwertigen Ersatz entgegenstellen wollten. Die Traditionalisten unterschieden sich dagegen nicht in der Tatsache der Orientierung an der bürgerlichen Literatur, wohl aber in der Qualität. üie von Partei Instanzen bestärkte Wendung zur Massenliteratur war anfangs noch kein Streitpunkt zwischen den Gruppen. Die Wendung zielte auf die Veränderung der Kulturellen Bezugspunkte der proletarisch-revolutionären Literatur ab, indem die Orientierung an den bürgerlichen Spitzenleistungen kritisiert wurde. In der "Roten Fahne", dem Organ der KPD, schrieb Otto Biha im August 1930, es sei ein Fehler gewesen, daß die proletarisch-revolutionäre Literatur "bisher bei ihrem Vorstoß hauptsächlich die Spitzenleistungen der bürgerlichen Literatur beachtet" habe; 48) erst in jüngster Zeit entstünde mit dem Roten Eine-Mark-Roman ein Gegengewicht vor allem zur bürgerlichen Trivilaliteratur. Als Beleg nennt Biha Marchwitzkas "Sturm auf Essen", Neukrantz" "Barrikaden am Wedding" und Bredels "Maschinenfabrik N+K". Ähnlich äußerte sich Johannes R. Becher in seiner Rede auf der Charkower Konferenz,49) in der er die Forderung erhob, "von den Spitzen der bürgerlichen Literatur ein wenig abwärts zu steigen und das ganze unübersehbare Plateau des sogenannten Mittelmaßes und des sogenannten Unterdurchschnittes" zu beachten und ihm eigene wirksame Produktionen entgegenzusetzen. Auch in der "Resolution des Sekretariats des ZK der KPD zur Arbeit des Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller"50) spielten die theoretischen Auseinandersetzungen keine Rolle. Wenn auf die "Notwendigkeit einer energischen Wendung" hingewiesen wurde, so waren dabei die wesentlichen Punkte, daß "Fragen der weltanschaulichen Erziehung und der Massenkultur den Hauptplatz einnehmen" sollten, daß der Bund "zu einem Stützpunkt des Partei-Einflusses auf die Massen der Schriftsteller und der geistigen Arbeiter" werden müsse und daß "die wachsende Teilnahme an den Kämpfen, die von der KPD geführt werden", auch

von den proletarisch-revolutionären Autoren zu fordern sei.51) Entsprechend waren in dem neuen Programmentwurf für die proletarisch-revolutionäre Massenliteratur fast nur praktische politische Aufgaben formuliert.52)

Eben dieser praktischen Orientierung entsprachen die proletarischen Romane und die in der "Linkskurve" veröffentlichten Erzählungen und Berichte. Die Autoren der Zeitschrift lehnten sich in ihrer literarischen Praxis so eng an die Parteiarbeit an, daß zum Beispiel Albert Hotopp seine literarischen Unternehmungen als "Nebenprodukte eines Parteifunktionärs"53) bezeichnete. So hieß es auch im Rechenschaftsbericht des BPRS, die Literatur müsse "unter Parteiführung und Kontrolle gestellt werden wie jede andere politische Arbeit".54)

Diese politische Arbeit unterschied sich jedoch dadurch von "jeder anderen", daß sie in fiktiven Texten erfolgte und somit ihre Einwirkung auf Realitäten begrenzt war. Durch den Einsatz literarischer Mittel in politischen Strategien und der Literarisierung politischer Sachverhalte hat die proletarisch-revolutionäre Literatur es jedoch zum Teil zu beachtlichen Leistungen gebracht, wobei der politische Wert allerdings zweifelhaft blieb. Eine genauere und umfassendere Studie müßte eingehend das Verhältnis von Wirklichheitserfassung und vorgegebener politischer Orientierung beschreiben. Für die gesamten proletarisch-revolutionären Romane kann eine repräsentative Arbeit aufgrund des obenerwähnten derzeitigen Stands der Forschung nicht geleistet werden. Jedoch sind exemplarisch Beziehungen zwischen Programmatik und literarischer Verarbeitungen an charakteristischen Elementen aufzuzeigen. Das ist schon deshalb möglich, da die meisten proletarisch-revolutionären Autoren nur wenige politische Grundmuster benutzten, die sie, den verschiedenen Anwendungsbereichen entsprechend, abwandelten.

Zunächst ist die direkte und literaturtheoretisch gar nicht vermittelte Umsetzung von politischen in literarische Konzepte auffällig. Das zeigt sich exemplarisch in einem Artikel von Hans Günther in der "Linkskurve". Günther erwartet einfach die Realisierung der jeweiligen Parolen der Partei in der literarischen Produktion: "Es kommt .... darauf an, als Schriftsteller Parteiqenosse zu sein, und umqekehrt! Die Verbindung zwischen der literarischen Produktion und den Aufgaben, die gegenwä'rti g vor dem deutschen Proletariat und vor der Partei stehen, muß eine engere werden. Es ist um ein Beispiel herauszugreifen, nicht gerade zweckmäßig, sich auf Erzählungen der Vergangenheit, auf Berichte von Bürgerkriegs- und Barrikadenkämpfen, auf Inflationsromane und dergl. zu konzentrieren, wenn zur selben Zeit die Frage der Liquidierung des sozialdemokratischen Masseneinflusses und die Eroberung der Mehrheit der Arbeiterklasse diejenige ist, die auf den Nägeln brennt. Die proletarisch-revolutionären Schriftsteller müssen ihre literarische Tätigkeit in erster Linie in den Dienst dieser zentralen Gegenwartsaufgaben stellen ... und auch an der literarischen Front den Hauptstoß gegen den SoziaIfaschismus führen."55)

Diese Vorstellung erscheint auf einer literarisch konkreteren Stufe bereits in einer typischen Handlungsstruktur, die für eine Vielzahl von Romanen gilt. In einer Anzeige des Internationalen Arbeiter-Verlages (der die meisten proletarischen Romane veröffentlichte) heißt es u.a. "Wir brauchen .... ein Jahr Arbeit der Zelle im Betrieb. Schilderung des alten Betriebsrates. Aufklärung über seine sozialfaschistischen Methoden. Gespräche mit SPD-Arbeitern. Herausgabe der ersten Betriebszeitung. Allmähliches Eindringen in die Arbeiterschaft.. Aufbau der RGO (d.i. Revolutionäre Gewerkschaftsopposition - R.M.K.). Die rote Liste. Zellensitzungen. Flugblätter. Belegschaftsversammlung. Sieg der roten Liste. Entlassung einiger roter Betriebsräte. Kampf. Kampf für die Wiedereinstellung. Usw. 56) Dieses Handlungsmuster ist in den Romanen dann in stereotype Handlungskonstelleationen eingefügt. Sozialdemokraten werden Kommunisten gegenübergestellt, und zwar durchgehend alte, unsichere, traditionalistische SPD-Mitglieder und junge, optimistische, opferbereite, politisch bewußte KPD-Genossen; argumentationsschwache, autoritäre, arbeiterfeindliche SPD-Funktionäre und mitreißende, kameradschaftliche Agitatoren der KPD; spontane, von Kommunisten geführte Aktionen und geplante, von Sozialdemokraten verantwortete, brutale Polizeieinsätze. Während Unternehmer, Reichswehr und Reaktion meist nur schemenhaft am Rande auftauchen, ist der sichtbare Feind der Arbeiter (und Vertreter aller reaktionären übel) in den Romanen die Sozialdemokratie. Der Siegesgipfel bei der Handlungsführung zeigt immer die Organisierung der sozialdemokratischen Mitläufer durch zielbewußtes Handeln der Kommunisten.

Indem in fast allen Romanen das erwähnte Muster sich entfaltet, fehlen andere und mitwirkende Faktoren fast völlig. Alle politischen Überlegungen des sozialdemokratischen Gegners sind ausgeblendet und werden durch negative Charakterisierungen von Personen ersetzt. Romane, die während der Wirtschaftskrise spielen, behandeln nicht die wirtschaftlichen Zusammenhänge. Für einen wilden Streik macht so Bredel in seinem Roman korrupte SPD-Funktionäre schuldig, die Lohnsenkungen statt möglicher Erhöhungen verhindert hätten. Dabei scheinen die Voraussetzungen einer besonders günstigen Auftragslage der Maschinenfabrik in der Wirtschaftskrise jener Jahre jedoch eher irrational gewesen zu sein. Bei Bredel brauchen die streikenden Arbeiter keine Streikkasse (die RGO hat keine), und die geschlossene Front der Arbeitslosen ist mit den Streikenden solidarisch, bis die Gewerkschaften den Streikbruch organisieren. "Im Kontext des Romans läßt sich daher die Evidenz der ultralinken Kampfparolen erreichen. Hier definieren sich alle Handlungsmöglichkeiten der "klassenbewußten" Proletarier Inder starren Konfrontation mit dem Apparat der Sozialdemokratie. Mit der Parole "Klasse gegen Klasse" Inder Fassung des XII. Parteitags, die lautet: "auf der anderen Seite steht das Unternehmertum mit der Sozialdemokratie", ist die Tendenz der fomane daher gut wiederzugeben. Der Heroismus der Proletarier im foman braucht deshalb keime opportunistischen Erwägungen darüber anzustellen, daß zum Aufstand außer persönlichem Mut die Armee, zum Barrikadenkampf Waffen und schon zum Streik eine Streikkasse gehört. Schon dadurch, daß Brecht in der "Maßnahme" den Aufstandsbereiten sagen läßt: "Wissen sie, wieviel Regimenter die Regierung hat? - Nein.- Dann wissen sie zu wenig. Wo sind eure Waffen? - Wir werden mit Nägeln und Zähnen kämpfen. - Das reicht nicht aus",58) handelt er sich den Vorwurf der "Verherrlichung des Rechtsopportunismus"59) ein. In der Begründung dieses Vorwurfs führt Kurella explizit ein Argument an, das in den meisten proletarisch-revolutionären Romanen erscheint. Man dürfe nicht den Erfolg zum Kriterium einer Aktion machen, sondern müsse sich bei spontanen Bewegungen revolutionärer Massen "an ihre Spitze ... stellen, sogar dann, wenn man annehmen kann, daß sie zu Niederlagen führen".60)

Viele Romane nach 1929 behandeln gerade dieses Motiv, das innerhalb einer offensiven politischen Strategie den Schritt rechtfertigt, der in die Niederlage führt. Es hatte durch den linken Kurs der Partei seine aktuelle Bedeutung gewonnen. Diese ist exemplarisch in Neukrantz' Roman über die Auseinandersetzungen am 1. Mai 1929 in Berlin 61) wiedergegeben. Dort diskutieren in einer objektiv aussichtslosen Lage die Führer einer kommunistischen Straßenzelle die militante Verschärfung der Situation. Eine der fiktiven Personen, Paul, der als "Funktionär der alten sozialdemokratischen Schule" schon seit ihrer Gründung bei der KPD ist, "verstand das alles noch nicht so schnell", ihm schien es "heller Wahnsinn, ... hier auf eigene Faust anfangen, Bürgerkrieg zu machen". Der junge Genösse, der daraufhin die Führung übernimmt, rechtfertigt. Lenin zitierend, das Vorantreiben der aussichtslosen Aktion: "'der bewaffnete Volksaufstand reift .... als Ergebnis der wachsenden Empörung, der wachsenden Erfahrung, des wachsenden Mutes der Massen' ...des Mutes der Massen, wiederholte er noch einmal nachdrücklich und stieß bei jedem Wort mit dem Finger auf diesen Satz".62) Ein möglicher mentaler Gewinn ist also bei Neukrantz die Rechtfertigung der konkreten Aktion. Dieses Ziel wird im Roman auch erreicht und schafft in der Niederlage das Bewußtsein des Erfolges.

Ähnlich steht am Schluß von Bredels "Maschinenfabrik N&K" der materiellen Erfolglosigkeit - der Streik ist abgebrochen, der kommunistische Betriebsrat abgesetzt, der Held entlassen - ein ideeller Gewinn gegenüber, der die Streikniederlage bei weitem kompensiert. Es ist gelungen, das Bewußtsein einiger sozialdemokratischer und einiger indifferenter Arbeiter zu verändern. Der suggestive Schluß des Romans zeigt, daß "achtzig Proleten im Bewußtsein der unüberwindlichen Kraft ihrer Klasse"63) schwerer wiegen als die verlorene Aktion.

Marchwitzkas "Sturm auf Essen" und Hotopps "Fischkutter H.F. 13"64) spiegeln dieses Denkmuster im Bewußtsein des überlebenden weiblichen Helden. In Bredels "Rosenhofstraße" 65) hat eine Teilaktion zwar wirklich Erfolg, aber das wird nicht ausgewertet. Die proletarisch-revolutionären Ruhrkampf-Romane konstruieren zur psychologischen Kompensation der Niederlage eine Art roter Dolchstoßlegende, nach der die Demoralisierung der Roten Ruhr-Armee durch die Reformisten im Hinterland für die Niederlage verantwortlich ist.66)

Für die problematische Wirklichkeit der KPD in der Wirtschaftskrise besteht das zentrale literarische Interpretationsmuster darin, daß die Aktionen bisher zwar am mangelnden Bewußtsein der Arbeiter scheiterten, daß sich aber gerade in den scheiternden Aktionen dieses Bewußtsein -also der entscheidende revolutionäre Faktor - herausbildet.

Dieses ideologische Muster war in linken Traditionen der Partei verankert. Dies verdeutlicht gerade die starke Beschäftigung der proletarischrevolutionären Literatur mit Ereignissen der Parteigeschichte. Sie läßt sich also nicht aus individuellen Bedingungen einzelner Autoren ableiten. 1921 erschien in den militanten Einzelaktionen das ultralinke Dilemma, als Minderheit der Arbeiterklasse Aktionen entfalten zu müssen, die fast zwangsläufig scheiterten. Die intellektuellen Rechtfertigungsstrategien, die in der Auseinandersetzung mit der "rechten" Opposition in der Partei entstanden, bekamen ab 1929 ähnlich wieder Geltung in der Literatur; Darauf weist auch Lukács in einer Anmerkung seiner Ottwalt-Kritik 67)hin. Noch als Vertreter des linken Flügels hatte Lukács 1921 diese Strategien in gewisser Abstraktheit selbst formuliert. In einer Auseinandersetzung mit Paul Levi68) rechtfertigte er den Schritt, der in die Niederlage führt: "Für die Opportunisten gibt es auch hier nur das alte Dilemma der Ohnmacht; sie sagen: wenn die Kommunisten die 'Niederlage' voraussehen, so müssen sie sich entweder jeder Handlung enthalten oder sie sind gewissenlose Abenteurer, Katastrophenpolitiker und Putschisten".69) Jedoch müsse jede Aktion innerhalb der Totalität des historischen Prozesses danach beurteilt werden, wie sie zur Bewußtwerdung des Proletariats beiträgt. "Diese Reform des Bewußtseins ist der revolutionäre Prozeß selbst".70)

Diesen Prozeß fordern jedoch nur klare Aktionen der Avantgarde,^ nicht die Kompromißstrategien der Opportunisten. Und weil "das direkt gesteckte Ziel der Aktionen nur ein Mittel ist, um auf das Klassenbewußtsein des Proletariats entscheidend einzuwirken", 71) können bewußt in Kauf genommene Niederlagen Teil einer siegreichen Strategie sein. "In ihrer geistigen und moralischen Minderwertigkeit sind sie [die Opportunisten] eben außerstande, sich selbst und den Augenblick ihres Handelns als Moment der Totalität des Prozesses zu erblicken: die 'Niederlage' als notwendigen Weg zum Siege". 72)

Die proletarisch-revolutionäre Literatur reflektiert eben diese linke Grundfigur73)als Gegensatz zu den rechten Opportunisten und "Erfolgspolitikern". Die verlorenen Aktionen stärken im Roman die Siegesgewißheit, da sie die Massen aus dem sozialdemokratischen Sumpf herausführten. Der zunächst überraschende Siegeston einer Literatur, die zumeist in ihren Geschichten nur objektive Niederlagen darstellt, gründet auf dieser irrationalen Wendung.

Damit ist jedoch nicht geklärt, was diese Literatur konkret in der historischen Situation leistet. Einmal finden sich Elemente emotionaler Situationsbewältigung. Diese lassen sich nicht in die abbildenden und agitatorischen Funktionen auflösen. Dann bildet diese Literatur Züge der ultralinken Parteitaktik in fiktiven Kontexten nach. Natürlich lassen sich diese Abbild-Strukturen ausführlicher belegen. Hier sollen jedoch einige große Umrisse genügen.

Trotz der sinkenden Macht der Arbeiterbewegung angesichts der faschistischen Bedrohung propagierte die KPD eine offensive Stratecie zur Realisierung der Diktatur des Proletariats. Dieser konnten keine Taten folgen. 74) In den Romanen wird dennoch die aufsteigende Bewegung des Proletariats dargestellt, obwohl konkret nichts durchgesetzt wird, weder für die aktiven Kommunisten noch für die Arbeiter im ganzen. So scheint das Bild der Wirklichkeit in den Romanen auf eine eigentümliche weise überzeichnet: Das subjektive Bewußtsein des Aufstiegs hat schon in den dargestellten objektiven Abläufen der Romane und noch viel weniger in der historischen Wirklichkeit eine reale Entsprechung. Die Leistung der proletarisch-revolutionären Romane liegt darin, daß innerhalb einer realistischen Erzählhaltung die konkrete, sichtbare Wirkungslosigkeit der kommunistischen Taktik mit mentalen Wirkungen in Beziehung gebracht und durch sie kompensiert wird. Diese Romane gestalten also die sinkende Macht der kommunistischen Arbeiterschaft, zeigen diese jedoch als eine aufsteigende Linie.

Willi Bredels Romane und die politische Funktion der Kritik.

In diesem Artikel soll nicht von dem Gebrauch literarischer Mittel des proletarisch-revolutionären Romans die Rede sein. Die politischpsychologische Leistung jener Literatur liegt darin, daß sie in einer schwierigen Situation, als die Erfahrung mit der Einschätzung der Wirklichkeit nicht mehr übereinstimmte, im Roman kognitive Konsonanz herstellte. Dadurch trug sie zur Stabilisierung der politischen Orientierung bei. Diese literarische Form der Realitätsbewältigung bot Bestätigung, Ermutigung und affektive Kompensation. Dabei bedient sie sich jedoch der klassischen literarischen Mittel, die nur dadurch angenommen werden konnten, daß sie sich auch politisch orientierten. So schreibt Bredel 1955 in der Einleitung zu seinen drei frühen Romanen, daß ihr dokumentarischer Wert zweifellos größer sei als ihr literarischer.75) Das gilt jedoch nur insofern, als hier stimmungs-geladene Korrelate einer Phase der Parteigeschichte bezeichnet werden. Dagegen nahmen die proletarisch-revolutionären Autoren die unvollkommenen und idealistischen Modelle als Realität an und erblickten in den literarischen Losungen Handlungsanweisungen.76) Diese Schriftsteller pflegten also einen auf die gegenwärtigen Herausgeber geprägten Stil. Es handelt sich nicht um getreue Abbilder der historischen Wirklichkeit und erst recht nicht um brauchbare Handlungen, sondern um Strategien der emotionalen Konsolidierung.

Lukács Kritik an Willi Bredels Romanen bewirkte jedoch einen Anfang der marxistischen Realismus-Diskussion. Lukács hatte ihnen und auch andeutungsweise anderen proletarisch-revolutionären Schriftstellern vorgeworfen, sie blieben "sprachlich hinter der Wirklichkeit ... selbst in ihrer blassen Reproduktion zurück"; 77) ihre handelnden Figuren seien in der Art von Chargenrollen nur grob und typisierend gezeichnet. Da keine sich entwickelnden Charaktere und nur sprunghafte'Meinungsveränderungen gezeigt würden, wirke auch die politische Aussage nicht glaubwürdig. Die Entwicklung des historischen Prozesses werde nicht erfaßt.

Man kann, wie es Leber78) und Gallas79) versuchen, in Lukács Arbeiten in der "Linkskurve" Aspekte seiner späteren Schriften aufzeigen. Hierbei handelt es sich besonders um den Ökonomismus seiner Geschichtsphilosophie. Von größerem Interesse in unserem Zusammenhang ist, daß Lukács die formalen Mängel dieser Literatur zum Anlaß nimmt, um inhaltliche politische Fehler aufzuzeigen. So erklärt er, die Kritik würde Bredel "einen Bärendienst erweisen, wenn sie sagen würde:

Deine Romane sind inhaltlich, weltanschaulich, marxistisch, politisch in Ordnung, du mußt nur die Technik des Schreibens, nur das Beherrschen der Form erlernen... Dieser Mangel an Dialektik in der Gestaltung schlägt auch ins Inhaltliche um. Infolge der von uns geschilderten Darstellungsweise muß nämlich Bredel ... die Schwierigkeiten, mit denen die Entwicklung der Revolution zu kämpfen hat, verwischen".80)

1956 erklärt Lukács über seine politische Haltung nach 1928: "Meine literarische Tätigkeit nach 1930 zeigt auf anderem Gebiet, daß ich von den wesentlichen Grundsätzen der Blum-Thesen nicht abgekommen bin".81) Diese Bemerkung macht jedoch die politische Bedeutung von Lukács' Schriften zur Literatur deutlich. Sie gibt weiterhin einen Hinweis darauf, wie die politischen Akzente zu setzen sind. In den Blum-Thesen vertrat Lukács die zwischen 1925 und 1928 gültige Linie der Einheitsfrontpolitik mit dem Ziel, durch die Forderung demokratischer Herrschaftsformen eine breitere Basis für den Kampf zusammen mit der Sozialdemokratie gegen den Faschismus zu finden.82)

Es ist jedoch deutlich, daß diesen Intentionen die politische Linie der proletarisch-revolutionären Literatur direkt entgegengesetzt ist. Die proletarisch-revolutionären Romane reproduzierten in ihren Geschichten die linke Isolierung der Bündnispolitik, und ihre Vorstellung von der aufsteigenden Linie der Arbeitermacht in der Krise entsprach der Orientierung der KPD an der Diktatur des Proletariats als nächstem realisierbaren Schritt. Lukács stellte die These von der grundsätzlichen Aufstiegsbewegung des Proletariats in seiner Kritik der proletarisch-revolutionären Literatur jedoch nicht in Frage. Außerdem dürfte es - und diesen Punkt benutzt Lukács als Rückzugslinie für einen Marxisten keinen Zweifel darüber geben, daß grundsätzlich das Proletariat die aufsteigende Klasse ist.

Die rechte Tendenz wird indessen in anderer Form vorgebracht, nämlich in "Äsophischer Sprache", wie Lukács es später nannte.83) So erklärt er, daß Bredel nicht realistisch schreibe, weil er die Schwierigkeiten der Aufstiegsbewegung verschleiere. Er müsse zwar, das versteht sich, die Aufstiegsbewegung des Proletariats zeigen, aber er mache nicht die Wiederstände und die Länge des Weges deutlich, er zeige nicht die Rückschläge, und er gestalte nicht anschaulich "jene Hemmungen, die gute Arbeiter von der revolutionären Bewegung fernhalten"; gerade "indem aber die Hemmungen nicht gestaltet werden, muß ein entstelltes Bild entstehen". 84) Implizit heißt das, daß auch gute Arbeiter der KPD fernblieben, daß in der Wirklichkeit Rückschläge zu beobachten seien, daß die Diktatur des Proletariats keiner der Schritte sei, die sich als nächste verwirklichen lassen.85) Durch diese Kritik am Wirklichkeitsbild der proletarisch-revolutionären Literatur sind die politischen Adressaten leicht auszumachen. indem Lukács bei den literarischen Vertretern des politischen Linkskurses eine fehlerhafte Darstellung der Wirklichkeit feststellte, vertrat er seine in den Blum-Thesen, Volksfront-Arbeiten, "Literatur und Demokratie"- Aufsätzen (1941) und schließlich 1956 dokumentierte politische Haltung, die auf dem rechten Flügel der Kommunistischen Partei angesiedelt war. Entsprechend dem jeweiligen Kurs der Partei trug ihm das Lob (wie in den dreißiger Jahren) oder offizielle Verurteilungen (1928, 1949, 1956) ein.

Mit dem Eingreifen von Georg Lukács hatten die Auseinandersetzungen in der "Linkskurve" eine neue Stufe erreicht. Denn zum erstenmal wurde vor dem Hintergrund umfassender politischer Erfahrungen und Reflexionen eine grundsätzliche Gegenposition mit politischen Implikationen - und nicht nur die Abschwächung linker Überspitzungen - formuliert. Dies machte eine stärkere Anstrengung zur Klärung des Begriffs nötig.

Bredel und Gottsche etwa waren dazu wenig befähigt. Ottwalt dagegen versucht noch, "linke" Positionen offensiv zu vertreten. Er unterstrich den wirklichkeitsverändernden Charakter der Literatur und forderte ihre nur funktionelle Bewertung in scharfer Abgrenzung vom bürgerlichen Erbe. Dagegen replizierte Lukács, diese Ansichten nähmen "eine ähnliche Richtung wie seinerzeit der Proletkult".86) Nach dieser neuen, die Positionen erst schärfer bestimmenden Zuspitzung, hätte eine Diskussion beginnen müssen. Diese wurde aber deshalb nicht mehr geführt, weil die Zeitschrift des BPRS Ende 1932 ihre Tätigkeit einstellte und die nachfolgenden politischen Änderungen jede Diskussion beendeten. Die Kommunistische Partei und ihr verbundene Intellektuelle haben später ihre Ziele verfolgt, ohne expliziten Bezug auf die alten linken Positionen in der Literatur zu nehmen. Erst in den letzten Jahren hat man aufgrund politischer Entwicklungen begonnen, sich wieder mit jenen Positionen auseinanderzusetzen.

Anmerkungen

1) Willi Bredel. Maschinenfabrik N&K. Eiin Roman aus dem proletarischen Alltag, Berlin 1971.- Karl Grünberg, Brennende Ruhr. Roman aus der Zeit des Kapp-Putsches. 0.0.1971. - Hans Marchwitzka, Sturm auf Essen, o.O. 19/2. - Klaus Neukrantz, Barrikaden am Wedding. Der Roman einer Strasse aus den Berliner Maitagen 1929, Berlin 1971.Ernst Ottwalt, Denn sie wissen", was sie tun. Ein deutscher Justizroman, Berlin 1971. Walter Schönstedt, Kämpfende Jugend. Roman der arbeitenden Jugend, Berlin 1971.

2) Ein neueres Beispiel aus der Forschung ist Reiner Steinweg, Das Lehrstuck. Brechts Theorie einer politisch-ästhetischen Erziehung. Stuttgart 197'2, in der die wichtigen politischen Aspekte außer im Untertitel nicht angesprochen sind.

3) Heinrich Leber, Die Linkskurve 1929-1932. Eine Untersuchung zum Beitrag der Zeitschrift des BPRS Deutschlands zur Ausarbeitung von Grundfragen der marxistisch-leninistischen Literaturpolitik und Literaturtheorie und zur Entwicklung'der proletarisch-revolutionären Literatur. Leipzig 1964.

4) Ein charakteristisches Beispiel ist das Werk von F. Albrecht, Deutsche Schriftsteller in der Entscheidung, Wege zur Arbeiterklasse 1918-1933. Berlin u. Weimar 1970.

5) Helga Gallas, Marxistische Literaturtheorie, Kontroversen im Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller, Berlin 1971.

6) A.a.O., S. 29.

7) Auf diesem Gebiet hatte die Neue Bücherschau eher eine Avantgarde-Rolle wahrgenommen.

8) In: Die Linkskurve, Jg. 1 (1929), H. 3, S. 3, S. 29. - Das Lexikon sozialistischer deutscher Literatur von den Anfängen bis 1945. Monographisch-biographische Darstellungen, Halle/S.1963, S. 373f., schreibt etwas euphemistisch zur Trennung von der Neuen Bücherschau: "Mit der zunehmenden Verschärfung der Klassengegensätze und mit der Durchsetzung des Leninschen Prinzips der Parteiliteratur Ende der zwanziger Jahre" sei der Herausgeber der Neuen Bücherschau "nicht zur Bejahung der Einheit von Literatur und Politik gelangt . Er zeigte kein Verständnis für die neue Entwicklungsphase der sozialistischen Literatur und beharrte auf einem objektivistischen Standpunkt".

9) In: Die Linkskurve, Jg. I, H. 2, S. 1 ff. 10} In: Die Linkskurve, Jg. 2 (1930), H. I, S. 1 ff.

11) In: Die Linkskurve. Jg. 2, H. 9, S. 4 und H. 10, S. 4.

12) H. Gallas, Marxistische Literaturtheorie ...» S. 29.

13) H Leber, Die Linkskurve 1929-1932, .... , S. 52.

14) In: Die Linkskurve. Jg. 3 (1931), H. 5, S. 19.

15) So warb noch 1932 ehe Linkskurve mit dem Heft 6 unter dem Titel "Einbruch in die Front des Gegners" gleichzeitig um linke Sozialdemokraten.

16) In: Die Linkskurve. Jg. 1, H. 5, S. 4.

17) In: Die Linkskurve, Jg. 2, H. 1, S. 2.

18) Vgl. etwa Die Linkskurve. Jg. 2, H. 10; Jg. 3, H. 6; Jg. 4 (1932), H.11/12. S. 11ff.

19) H. Leber, Die Linkskurve ..., S. 52.

20) Zur Tradition der sozialistischen Literatur in Deutschland. Eine Auswahl von Dokumenten, Berlin und Weimar 1967, S. 164. Die eigene Organisation nahm allerdings nicht alle Funktionen des Schutzverbandes wahr. So blieben die kommunistischen Autoren weiterhin gleichzeitig im SDS tätig und spielten dort in der Oppositionsfraktion eine wichtige Rolle. Vgl. dazu: Aktionen, Bekenntnisse, Perspektiven. Berichte und Dokumente vom Kampf um die Freiheit des literarischen Schaffens in der Weimarer Republik, Berlin und Weimar 1966, S. 321 ff. Analoge Entwicklungen gibt es auch in der Gewerkschaftspolitik.

21) Einige der Aktionen sind angeführt in Aktionen. Bekenntnisse, Perspektiven .... S. 542. Auf sie berief sich der Herausgeber der Neuen Bücherschau, um den Sinn gemeinsamen Handelns über die Grenzen einer Partei hinaus darzulegen. Kisch stellte sie nachträglich in Frage, wenn er die Max-Hölz-Kampagne zum Anlaß nahm zu zeigen, daß die Beteiligten von völlig verschiedenen Voraussetzungen ausgingen.

22) H. Gallas, Marxistische Literaturtheorie ...» S. 25.

23) Zur Tradition der sozialistischen Literatur ..., S. 163 ff.

24) A.a.O., S. 164 f.

25) H. Gallas, Marxistische Literaturtheorie ..., S. 68.

26) In: Die Linkskurve. Jg. 4, H. 1, S. 20 ff.

27) Die Bezeichnung "radikal" wird dabei zunächst nur formal und innerliterarisch verwendet und darf nicht mit "marxistisch" oder "materialistisch" verwechselt werden.

28) Vgl. Ästhetik und Kommunikation. Beiträge zur politischen Erziehung. Jg. 2 (1972). H. 5/6. S. 153.

29) Zit. nach: Zur Tradition der sozialistischen Literatur ..., S. T18 f. Um zu belegen, daß auch zu Anfang die ultralinken Tendenzen im BPRS nicht dominierten, beruft sich Kandier in Aktionen, Bekenntnisse, Perspektiven ..., S. 135, auf eine Umfrage der Neuen Bücherschau (in der der BPRS zunächst publizierte Es lasse sich auch "angesichts der Tendenzen des Aktionsprogramms, die erarbeitet wurden, als die Neue Bücherschau ihre Fragen und Antworten veröffentlichte, ... eine oft vertretene Meinung widerlegen, nach der das Streben der deutschen sozialistischen Schriftsteller Ende der 20er Jahre, die proletarisch-revolutionäre Literaturströmung zu verselbständigen, sektiererisch gewesen sei. Wenn diese Entwicklung auch nicht frei von linksradikalen Überspitzungen gewesen ist, so beweist doch gerade die Rundfrage in der Neuen Bücherschau, daß der organisatorische Zusammenschluß sozialistischer Schriftsteller im Bund kein Akt der Abkapselung war, sondern vielmehr eine Voraussetzung dafür, besser und umfassender auf den gesamten literarischen Prozeß einwirken zu können." Der Bund hat sich jedoch sehr bald von der Neuen Bücherschau getrennt und in seiner Zeitschrift, die programmatisch Die Linkskurve hieß, einen in jeder Hinsicht anderen Kurs verfolgt.

30) Vgl. Die Linkskurve, Jg. l, H. 3, S. 3 ff.

31) In: Die literarische Welt. Jg. 1931, Nr. 35/36 vom 28.8., S. 1.

32) In: Die Linkskurve. Jg. 4, H. 11/12, S. 19.

33) Vgl. Ästhetik und Kommunikation .... Jg. 2 (1972), H. 5/6, S. 171 f.

34) Von inhaltlicher Kontinuität war nicht die Rede.

35) Zit. nach: Zur Tradition der sozialistischen Literatur ..., S.310.

36) In der Emigration fanden sich kommunistische und bürgerliche

Schriftsteller in der Ideologie einer gemeinsamen Verteidigung des humanistisch-demokratischen Erbes.

37) Beispiele lassen sich in der ganzen Zeitschrift finden. Noch deutlicher würde die veränderte Einstellung bei einem Vergleich der Äußerungen über Thomas Mann in der Linkskurve und in den Zeitschriften der Emigration. Zu dem Gedanken, den die DDR-Literaturwissenschaft vor die Volksfront-Periode zurückzuprojizieren sucht, daß nämlich die kommunistischen Literaten im Sozialismus die Realisierung des bürgerlichen Humanismus sähen, finden sich in der Linkskurve nicht einmal Ansätze. Eine solche Position wäre auch in den politischen Zusammenhang des ultralinken Kurses der Partei überhaupt nicht einzuordnen. Sie findet sich damals eher in sozialdemokratischen Kulturorganisationen.

38) Zit. nach: Zur Tradition der sozialistischen Literatur...., S.296.

39) A.a.O.. S. 308.

40) In: Die Linkskurve. Jg. 2, H. 3, S. 11 f.

41) Zur Tradition der sozialistischen Literatur.... S. 114.

42) Vgl. a.a.O., S. 750.

43) Zit. nach a.a.O., S. 118.

44) Bei den Gegenpositionen zum Proletkult-Radikalismus blieben

Wertungskriterien bestehen, die eine Aufteilung in "eigentliche" Literatur und Werke der Arbeiterkorrespondenten nahelegten. Sie waren explizit nicht durch politische Wertung, aber auch nicht positiv definiert.

45) Für die Zeit von 1919 bis 1923 vg1. Literatur im K1assenkampf. Zur proletarisch-revolutionären Literaturtheorie 1919-1923. Eine Dokumentation von Walter Fähnders und Martin Rector, München 1971;auf S. 10 finden sich auch Aufschlüsse über die soziologische und politische Zuordnung dieser Gruppe.

46) Vg1. Die Linkskurve. Jg. 4, H. 7, S. 23 ff.; H. 8, S. 26 ff.

47) So z.B. im letzten Heft der Linkskurve. Jg. 4, H. 11/12, S. 9 f.

48) Zit. nach: Zur Tradition der sozialistischen Literatur..., S. 202.

49) In: a.a.O., S. 241 f.; Zitat auf S. 242.

50) In: a.a.O., S. 403.

51) Zit. nach: a.a.O., S. 403 f, 406.

52) Die Forderung nach dem großen proletarischen Kunstwerk, die gleichzeitig erhoben wird, macht die Zweigleisigkeit der Theorie deutlich, die Trennung von agitatorischem Tagwerk und großer Kunst. Größere Werke (etwa Brechts oder Anna Seghers), die Ansätze für das große proletarische Kunstwerk bieten konnten, wurden allerdings in der Linkskurve kaum beachtet. Die proletarisch-revolutionäre Massenliteratur stützte sich auf weit weniger ambitionierte Autoren.

53) Zit. nach Lexikon sozialistischer deutscher Literatur ..., S. 232.

54) Zit. nach: Zur Tradition der sozialistischen Literatur..., S. 165.

55) In: Die Linkskurve. Jg. 4. H. 2, S. 4.

56) In: Die Linkskurve, Jg. 2, H. 10, S. 31.

57) Zit. nach O.K. Flechthelm, Die KPD in der Weimarer Republik, Frankfurt 1971, S. 260.

58) Bertolt Brecht, Die Maßnahme. Kritische Ausgabe von R. Steinweg, Frankfurt/M. 1972, S. 56.

59) A.a.O., S. 382.

60) Zit. nach a.a.O., S. 383.

61) K. Neukrantz, Barrikaden am Wedding, a.a.O..

62) A.a.O.. S. 74 ff.

63) W. Bredel.Maschinenfabrik N & K ...., S. 128.

64) Albert Hotopp, Fischkutter H.F. 13. Berlin 1930.

65 ) Willi Bredel Maschinenfabrik N & K. Rosenhof Straße. Der Eigentumsparagraph. Romane, Berlin und Weimar 1955.

66) In Grünbergs Brennende Ruhr werden zwei Argumentationen, eine "objektivistische"(aussichtslose Lage aus Materialmangel und unzureichender Organisation) und eine "subjektivistische" (Defaitismus und Verrat der Reformisten), nebeneinander vorgetragen, wobei implizit die subjektiven Faktoren hoher gewichtet werden.

67) In: Die Linkskurve, Jg. 4, H. 11/12, S. 19

68) Besonders mit Paul Levis Vorwurf des Putschismus; vgl.

Paul Levi, Zwischen Spartakus und Sozialdemokratie, Frankfurt 1969. S. 44ff

69) Georg Lukács, Geschichte und Klassenbewußtsein, Amsterdam 1967. S. 55.

70) A.a.O., S. 264.

71) Georg Lukács, "Spontanität der Massen" in; Die Internationale. Zeitschrift für Praxis und Theorie des Marxismus, Jg. 3 (1921), S. 214

72) Georg Lukács, Geschichte und Klassenbewußtsein ...» S. 55 f.

73) Lukács hat sie nicht geprägt. Es handelt sich vielmehr um einen gemeinsamen Besitz verschiedener ultralinker Strömungen in den zwanziger Jahren.

74) "Die wirkliche Aktionskraft [der KPDJ wurde von Jahr zu Jahr geringer, und zwar in demselben Maße, in dem die Krise die Kampfkraft des Proletariats schwächte", (Flechtheim, Die KPD in der Weimarer Republik ..., S. 270.)

75) W. Bredel.Maschinenfabrik N & K. Rosenhofstraße ..., S. 10.

76) Dagegen würde ich den literarischen Wert nicht so gering einschätzen.

77) In: Die Linkskurve. Jg. 4, H. 11, S. 25.

78) H. Leber, Die Linkskurve.... .

79) H. Gallas, Marxistische Literaturtheorie ..... .

80) In: Die Linkskurve. Jg. 3, H. 11, S. 25.

81) G. Lukács, Thesen über die politische und wirtschaftliche Lage in Ungarn und liber die Aufgaben der KP Ungarns (Blum-Thesen, 1928), in: Ders», Schriften zur Politik, Neuwied und Berlin 1967, S. 763.

82) Vgl. hierzu K.H. Tjaden, Struktur und Funktion der KPD-Opposition. Eine organisationssoziologische Untersuchung zur "Rechts"-Opposition im deutschen Kommunismus zur Zeit der Weimarer Republik. Meisenheim/Glan 1964.

83) Zit. nach: Lexikon sozialistischer deutscher Literatur .... S. 342.

84) In: Die Linkskurve. Jg. 3, H. 11, S. 26.

8b) Vgl. dazu den Artikel von Lukács in seiner Gesamtheit, in: a.a.O., S. 23 ff.

86) In: Die Linkskurve. Jg. 4, H. 11/12, S. 20.

nach oben