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Antifaschistischen Plenums zum 1. Mai aus Bremen

NULL NAZIAUFMARSCH!
weder in Bremen am 1. Mai noch anderswann anderswo
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1. Mai Demonstration gegen soziale Ausgrenzung und rassistische Hetze. Treffpunkt 9.00 Uhr Zentralkrankenhaus Bremen Ost - Ecke Züricherstraße/Osterholzer Landstraße.

Ausgerechnet am 1. Mai wollen die neofaschistische NPD und JN in Bremen marschieren. Zum Aufmarsch, dessen Route bisher vom Stadtteil Tenever zum Daimler-Chrysler Werk in Sebaldsbrück geplant ist, erwartet die NPD nach eigenen Angaben etwa 5.000 Leute. Während der 1. Mai traditionell der internationale ArbeiterInnenkampftag ist, an dem fortschrittliche Menschen unabhängig von Staatsangehörigkeit, Herkunft und Kultur gemeinsam für Solidarität und gegen Unterdrückung kämpfen, hat die rassistische NPD ihren Aufmarsch unter dem Motto "Arbeitsplätze zuerst für Deutsche" angekündigt.

Wir werden die Provokation nicht hinnehmen und rufen auf, den Naziaufmarsch zu verhindern!

ArbeiterInnenkampftag 1. Mai

Ursprünglich 1886 durch einen Streik in Chicago ausgelöst, entstand Ende des 19. Jahrhunderts der 1. Mai als internationaler Tag der ArbeiterInnenbewegung. Anschließend wurde er in teilweise blutigen Kämpfen weltweit gegen reaktionäre, faschistische, aber auch sozialdemokratische Regimes durchgesetzt. In vielen Ländern ist der 1. Mai mittlerweile Feiertag, was jedoch nicht selbstverständlich ist. In einigen Ländern, wie z.B. der Türkei, werden Demonstrationen und Aktionen zum 1. Mai verboten und brutal unterdrückt.

Die soziale Frage und der 1. Mai

Seit zwei Jahren versuchen faschistische Organisationen, insbesondere die NPD/ JN, den 1. Mai für sich zu beanspruchen und für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Das ist Teil einer allgemeinen Strategie, soziale und wirtschaftspolitische Fragen in den Mittelpunkt ihrer Propaganda zu stellen. Hierbei greift die NPD auf Strategien der NSDAP zurück: Der NS-Kulturkampf beinhaltete unter anderem, linke Kampf- und Gedenktage umzudeuten bzw. für sich zu vereinnahmen und propagandistisch zu nutzen. So wurde der 1. Mai 1933, nach der Machtübertragung an die Nazis, als zentraler Staatsakt inszeniert und seitdem als "Tag der nationalen Arbeit" zum Feiertag erklärt (was eine alte Forderung der ArbeiterInnenbewegung war).

Durch die übernahme des "ArbeiterInnenkampftages" in ihr völkisches Konzept wurde die Einbindung großer Teile der ArbeiterInnenschaft ins NS-Regime quasi vollendet. Die NPD verschweigt jedoch die konkrete Politik ihrer historischen Vorbilder, nämlich, daß am 2. Mai 1933 die Gewerkschaften zerschlagen, ihre FunktionärInnen verhaftet, ihr Vermögen beschlagnahmt und die ArbeiterInnen zur Mitgliedschaft in der Deutschen Arbeitsfront gezwungen wurden. Nach 1945 wurde der 1. Mai als Feiertag beibehalten und zum "Tag der Arbeit".

Wenn Parteien und Organisationen wie die NPD/JN heute Phrasen wie "Sozialabbau stoppen - Massenarbeitslosigkeit bekämpfen" oder "Eins ist sicher - deine Rente nicht" als Bestandteil ihrer neofaschistischen Propaganda einsetzen, dann ist das niemals im Sinne von sozialer Gerechtigkeit gemeint. Sie treten ein für eine strikte Hierarchisierung der Menschen. Einerseits bedeutet das Ausgrenzung bis hin zu (mörderischen) Angriffen gegen Flüchtlinge, MigrantInnen, Behinderte, politische GegnerInnen und allen Menschen, die nicht in das völkische Konzept passen. Andererseits bleibt auch innerhalb der angeblich "sozialen Volksgemeinschaft" die Hierarchie bestehen, die sich dann noch radikaler am kapitalistischen Leistungsprinzip orientiert. Mit sozialer Gerechtigkeit, Gleichheit und fortschrittlichen antikapitalistischen Kämpfen gegen Ausbeutung und Unterdrückung hat all das nichts zu tun.

Es muß ein klarer Trennstrich zwischen der sozialen Frage und faschistisch-nationalistischer Demagogie gezogen und jedwede rassistischen Tendenzen aufgedeckt und bekämpft werden.

Gesellschaftlicher und staatlicher Rassismus

Der Extremismus der FaschistInnen, der sich durch uniformiertes Auftreten, Fahnen, unverblühmte rassistische Parolen und offene Gewalt etc. äußert, ist radikaler Ausdruck eines Teils der deutschen Gesellschaft. Und in eben dieser sind rassistische Einstellungen und entsprechende Verhaltensweisen verankert wie auch in ihrer offiziellen politischen Vertretung. Die neofaschistischen Parteien bereiten mit ihrer Propaganda das Feld für die Politik der etablierten Parteien, die langsam die rechten Parolen und Inhalte übernehmen. Anfang der 90er Jahre schürten PolitikerInnen und Medien bewußt eine rassistische Stimmung gegen das bestehende Asylrecht. Sie ließen den neofaschistischen Brandstiftern weitgehend freie Hand, die dann den Worten der Biedermänner mörderische Taten folgen ließen. Die rassistischen Ausschreitungen nahm die staatliche Seite zum Anlaß, das Asylrecht quasi abzuschaffen. In Verkehrung der Tatsachen wurden die ImmigrantInnen für wirtschaftliche und soziale Probleme und letztendlich sogar für die rassistischen Ausschreitungen verantwortlich gemacht.

Dieses Wechselspiel zwischen dem faschistischen Mob und den bürgerlich Etablierten geht weiter. Rassistisches und autoritäres Denken und Handeln wird geschürt und gefördert. Die zur Zeit laufende Kampagne der CDU/CSU gegen die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft oder die äußerungen des Innenministers der rot-grünen Regierung, Otto Schily, Deutschland könne mehr Zuzug nicht vertragen sind nur zwei aktuelle Beispiel dafür... Ein nationaler, rassistischer Konsens ist längst geschaffen und wird noch weiter ausgebaut. Nach der de-facto-Abschaffung des Asylrechts folgten Verschärfungen der Ausländergesetze, Sozialleistungen für Flüchtlinge und MigrantInnen wurden gesenkt. Auch auf dem Arbeitsmarkt sind die Rechte für MigrantInnen stark eingeschränkt und zusätzlich gilt eine Bevorzugungsregelung für Deutsche. Nach hierarchischem Prinzip sollen möglichst erst Deutsche - dann EU-BürgerInnen und zum Schluß andere "AusländerInnen" für eine Stelle angenommen werden. Hier wird deutlich, daß z.B. die Forderung der NPD "Arbeitsplätze zuerst für Deutsche" bereits in weiten Teilen erfüllt wird. MigrantInnen werden in Deutschland weiterhin als Menschen zweiter Klasse gehandelt (was sich unter anderem am generellen Festhalten am völkischen Abstammungsrecht festmacht, das heißt nur wer "deutsches Blut" hat, ist auch deutscher Staatsbürger). Wer/ welche sich nicht so verhält wie es den Herrschenden in den Kram passt, wird kurzer Hand wieder rausgeschmissen. Egal, ob Hunger und Krieg, Folter und Tod auf ihn / sie warten.

Law + Order

Zwar wurden im Zuge der rassistischen Pogrome Anfang der 90er Jahre beinahe alle militanten Neonaziorganisationen verboten und die jährlichen Aufmärsche am Todestag von Hitlerstellvertreter Rudolf Hess werden mittlerweile durch massive Polizeieinsätze mehr oder weniger verhindert. Dennoch ist nicht zu übersehen, daß es kein wirkliches Interesse gibt, gegen die politischen Aktivitäten und Organisationsstrukturen der Neonazis vorzugehen. Vielmehr geht es um eine gewisse Kontrolle über die Nazi-Szene und vor allem darum den "guten Ruf" im Ausland zu wahren, der in erster Linie Bedeutung für die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands hat. Die Aufmärsche der letzten Jahre wurden allesamt gerichtlich genehmigt, die NPD/JN und andere Parteien konnten ihr Potential und ihren Einfluß unbehelligt ausbauen. Rechte bis faschistische Jugendcliquen werden über staatliche geförderte Programme sozialarbeiterisch betreut und in ihren Aktivitäten unterstützt. Gleichzeitig werden staatlicherseits unter der Parole "Gegen Extremismus von Links und Rechts" menschenverachtende NazischlägerInnen mit AntifaschistInnen gleichgesetzt. Antifaschistische Gegenaktivitäten werden kriminalisiert, verboten oder Naziaufmärsche mit aller Gewalt durchgeprügelt. Antifaschistischer Widerstand wird als Unruhestifterei gesehen, AntifaschistInnen vielerorts als "NestbeschmutzerInnen" moralisch und juristisch bekämpft. Staatliche Verfolgung von AntifaschistInnen ist Teil einer Law + Order-Politik, der sich Politik (parteiübergreifend), Polizei und Justiz verschrieben haben: Ordnungspolitische und autoritäre Konzepte als Teil des allgemeinen Rechtsrucks des Staates und der Gesellschaft sind weiter an der Tagesordnung.

Hetze auf der Straße

In den letzten Jahren präsentieren sich die Neonazis, allen voran die NPD/JN, durch immer häufigere und immer größer werdende Aufmärsche massiv in der öffentlichkeit und tragen ihre nationalistische und rassistische Hetze auf die Straße. Der geplante Aufmarsch der NPD/JN von Bremen-Tenever zum Daimler-Chrysler Werk in HB-Sebaldsbrück ist Teil dieser Strategie. Letztes Jahr am 1. Mai z.B. marschierten etwa 3.500 Nazis unter starkem Polizeischutz am Völkerschlachtdenkmal in Leipzig auf. Zwischen regelmäßigen Demonstrationen in dieser Größenordnung liegen eine Vielzahl von überregionalen oder regionalen Veranstaltungen zu den verschiedensten Anlässen, die schon fast zum Alltäglichen werden. Den Nazis geht es zum Einen um die Gewinnung der Straße, sie wollen ihre Wahrnehmbarkeit ausbauen und gleichzeitig einen Gewöhnungseffekt erzielen. Zum Anderen ermöglichen öffentliche Aktionen die Integration von mehr SympathisantInnen, ohne daß diese gleich die Hürde der Mitgliedschaft oder starren Organisierung überspringen müßten. Hauptrekrutierungsfeld ist für sie vor allem die sich in den letzten Jahren stark verbreiternde rechte bis faschistische Jugendsubkultur, die sich mit Hilfe organisierter Nazis in vielen Landstrichen (nicht nur in der ehem. DDR) gebildet hat. In diesen Regionen setzen sie mit offenem Terror ihre Vorherrschaft auf der Straße und in der Jugendkultur durch.

NPD/ JN in Bremen

Die 1964 von Altnazis und radikalen Vertriebenen gegründete NPD (Nationaldemokratische Partei Deutschlands) und ihre Jugendorganisation JN (Junge Nationaldemokraten) hat auch im Lande Bremen eine lange Geschichte. 1969 verpaßte die NPD nur knapp den Einzug in den Bundestag, 1969 bis 1973 saßen erstmals mehrere NPD-Abgeordnete in der Bremer Bürgerschaft. Darauf folgten allerdings erstmal fast 20 Jahre kontinuierlichen Abstiegs. 1991 konnten auf der Wahlliste der DVU (Deutsche Volksunion) einige NPDler in die Bremer Bürgerschaft einziehen. Letztlich führte das Bündnis mit der DVU aber zum Abwandern vieler Mitglieder. Zuletzt zählte der Landesverband der NPD maximal 30 Personen, politische Bedeutung gleich Null. Selbst der Landesvorsitzende für Bremen, Helmut Walter, muß aus Nordholz bei Cuxhaven kommen. Bei der sah es nicht anders aus. Offen faschistische Gruppen wie die FAP (Freiheitliche Deutsche Arbeiter Partei) und NF (Nationalistische Front) hatten auf Jugendliche wesentlich mehr Anziehungskraft, als die eher biedere JN. Geändert hat sich die Situation bundesweit erst Anfang der 90er Jahre mit Günther Deckert als Vorsitzendem. Er machte aus der NPD, als "Wahlpartei" eine "Kampfpartei" und öffnete sie für ehemalige Mitglieder von nun verbotenen Organisationen des militanten, neofaschistischen Flügels, wie NF, FAP, WJ (Wiking Jugend). Deren Mitglieder und Kader gingen in die NPD / JN und nahmen dort zum Teil führende Positionen ein. Die NPD spielt insbesondere als legales Forum neonazistischen Gedankengutes eine wichtige Rolle im faschistischen Spektrum. Da sie mittlerweile nicht mehr nur versucht, an den historischen Nationalsozialismus anzuknüpfen, sondern auch andere Sparten rechter Ideologien abdeckt, wurde sie zum Sammelbecken für alle Schattierungen rechter Gesinnung. Bundesweit hat die NPD etwa 4.000 Mitglieder. Auch in Bremen waren die Ergebnisse dieser bundesweiten Entwicklung zu sehen. Ende 1996 wurde mit über 30 Nazis der Bremer JN-Landesverband gegründet, in ihm fanden sich ältere Nazikader und allerlei Jungvolk wieder, von denen viele aus der Nazisubkultur stammen. Vorsitzender wurde der langjährige Nazikader Markus Privenau, der in den 80er Jahren schon für Schlagzeilen sorgte, als er bei Schießübungen (im Zusammenhang mit seinem Versuch, eine Wehrsportgruppe aufzubauen) einen Jagdpächter erschossen hat. Privenau übernahm auch die Redaktionsleitung der JN-Bundespostille "Einheit und Kampf" und den "Aufruhr-Verlag". Die scheinbare Einigkeit währte aber nicht lange, 1997 eskalierten Führungs- und Richtungskämpfe auf Bundesebene, in deren Verlauf Privenau geschasst wurde. Daraufhin lösten die Bremer Nazis den JN-Landesverband auf und bezeichneten sich als "Freie Kameradschaft". Diese ist eng in die Strukturen um die Hamburger NS-Fetischisten Worch und Wulff eingebunden, auch bekannt als "Nationales und Soziales Aktionsbündnis Norddeutschland". In den letzten zwei Jahren ist die Bremer Gruppe auf vielen überregionalen Aktionen und Aufmärschen zu finden. Mittlerweile nennen sie sich "Freie Nationalisten" und umfassen ungefähr 15 Personen aus Bremen und dem Umland. In Bremerhaven nennen sie sich "Kameradschaftsbund Bremerhaven" mit dem NPD-Funktionär Horst Görmann an der Spitze. Als offizieller JN-Vertreter fungiert in Bremen der Privenau-Zögling Michael Kurzeja, der eng mit den "Freien Nationalisten" zusammenarbeitet. Ein weiterer Kader der bundesweiten NS-Szene, Jörg Wrieden aus Bremen-Nord, der die Nazidemo am 1. Mai in Bremen angemeldet hat, ist stellvertretender Landesvorsitzender der NPD. Wie bereits bei der Bundestagswahl '98 werden die "FN" den Wahlkampf der NPD/ JN zur Bürgerschaftswahl unterstützen. Geplant sind Stände, Plakatieren u.ä. und natürlich der Aufmarsch am 1. Mai in Bremen.

Die antifaschistische Selbsthilfe organisieren

All diese Entwicklungen sollten uns nicht hindern, sondern vielmehr anspornen, faschistische Mobilisierungen und Aufmärsche anzugreifen und zu verhindern. Und dies nicht nur auf symbolischer Ebene! Gehen wir dorthin, wo sie sind, und lassen sie nicht in Ruhe...

...Antifa heißt Eingreifen und Angreifen und nicht Zuschauen und Klagen.

Kein Fußbreit den FaschistInnen, weder in Tenever, noch in Sebaldsbrück oder sonstwo - weder am 1. Mai noch an irgendeinem anderen Tag! Beteiligt euch an den antifaschistischen Aktionen gegen den Naziaufmarsch! Hoch die internationale Solidarität!

Antifaschistisches Plenum zum 1. Mai erreichbar über: Infobüro Bremen St. Paulistraße 10/12 28203 Bremen Telefon und Fax 0421/75682 e-mail über: kombo@riffraff.ohz.north.de www: http://www.nadir.org/nullnazis

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