Bernard Schmid  berichtet aus Frankreich

Im „sanitären Ausnahmezustand“

Bericht
vom 24. April 2020
 

05/2020

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Am heutigen Freitag, den 24.04. d.J. wird das Berufungsurteil in Sachen Amazon erwartet – Streit um versprochene Prämien für Lohnabhängige in „systemrelevanten“ Tätigkeiten: Gesundheitssektor und Supermärkte – Leiharbeiter/innen als Krisen-Kanonenfutter – Unternehmensgruppe FNAC / Darty: Wir stocken Euer Kurzarbeitergeld auf, falls Ihr dafür den Angelhaken der „Arbeitszeitflexibilität“ schluckt - Dürfen französische Unternehmen nun Staatshilfen bekommen, die Ansiedlungen in Steuer(flucht)paradiesen unterhalten? Regierung laviert… - Geplante Wiederaufnahme des Unterrichts ab 11.05.20 wird nicht nur die Gewerkschaften der Lehrkräfte kritisiert, sondern überzeugt auch die Mehrzahl der Französinnen und Franzosen nicht – Pariser Verwaltungsgericht verpflichtet die Verwaltung dazu, den Totalstopp der Registrierung von Asyl-Anträgen zurückzunehmen

Es ist ja schön, als Heldinnen und Helden gefeiert zu werden, durch die Regierung wie auch durch den Teil der Bevölkerung, der allabendlich um 20 Uhr auf den Balkonen steht und applaudiert. Und durch dienstverpflichtete Taxis zum Arbeitsplatz gefahren zu werden, wie derzeit Pflegekräfte im französischen Gesundheitswesen, weil nämlich die öffentlichen Transportmittel keinen ausreichenden Schutz gegen Ansteckungsrisiken bieten (und/oder länger als sonst auf sich warten lassen, nur circa 30 % der Métro-Züge verkehren zur Zeit; viele sind weitgehend leer, während die in ärmere Vororte fahrende Linie 13 nach wie vor ständig überfüllt ist…). Von den in Krankenhäusern eingerichteten speziellen Ausruhräumen für zahllose Überstunden schiebendes Personal nicht zu reden.

Noch schöner ist es freilich, wenn man nicht gleichzeitig Schwierigkeiten hat, die eigene Miete zu bezahlen, weil man in einem anspruchsvollen doch unterbezahlten Beruf arbeitet. Die französische Staatsmacht hatte da eine Abhilfe versprochen: Sonderprämien sollten für jene Lohnabhängigen ausbezahlt werden, die in kriegswichtigen, ähm: als systemrelevant erachteten Berufen arbeiten wie derzeit im Gesundheitswesen oder im Lebensmittelhandel. In den öffentlichen Krankenhäusern solle die öffentliche Hand diese Lohnprämien ausschütten; in der Privatwirtschaft wird (aufbauend auf die für Unternehmen steuerbefreite Jahresprämie, deren Einrichtung Emmanuel Macron am 10. Dezember 2018 in seiner TV-Ansprache in Reaktion auf die „Gelbwesten“proteste ankündigte) diese auf freiwilliger Basis durch die Arbeitgeber ausgeschüttet. Statt üblicherweise 1.000 Euro sollen die Unternehmen in dieser Spezialperiode dabei bis zu 2.000 Euro pro Lohnabhängige/n von der zu versteuernden Umsatzsumme abziehen können.

Es hört sich – bei aller manifesten Begrenztheit der Maßnahme, dauerhafte Lohnerhöhungen wären die positive Alternative dazu – jedenfalls im Grundsatz nicht übel an. Doch die Teufel stecken im Detail, respektive in der Umsetzung. Nun wird die relativ, relativ wohlklingende Ankündigung nämlich bereits wieder in Frage gestellt.

So waren für die Lohnabhängigen in den Supermärkten in der Woche des Lock-outs, d.h. der Einführung der Ausgangsbeschränkungen (welche seit dem 17. März dieses Jahres und voraussichtlich noch bis zum 11.05.20 gelten), spezielle Jahresprämien für die Arbeit während der sanitären Krise in Aussicht gestellt worden. Vgl. bspw. : https://www.la-croix.com/ und https://www.capital.fr/ oder http://www.leparisien.fr/ (Ähnlich auch in Belgien, dort allerdings in Form v. Einkaufsbons, die im eigenen Laden einzulösen sein sollen.. : https://www.gondola.be

Nun will Alles wieder nicht ganz so gemeint gewesen sein, wie es sich anhört, oder nicht so heiß – ähm, lauwarm – gegessen wurde, wie es gekocht zu werden schien. So soll nur in den „Genuss“ einer Jahresprämie von, hümm hümm, stattlichen 1.000 Euro infolge der Arbeit in der sanitären Krise kommen, wer entweder Vollzeit arbeitet oder einen Teilzeitvertrag für mindestens 28 Wochenstunden aufweist (gegenüber 35 Wochenstunden gesetzlicher Regelarbeitszeit; diese beschreibt keine regelmäßige Arbeitswoche, sondern einen Mittelwert, welcher in einem Ausgleichszeitraum erreicht werden muss – seit dem Arbeitsrechts„reform“ vom 08.08.2016 beträgt dieser maximal drei Monate bei einseitiger Festlegung durch den Arbeitgeber, maximal drei Jahre bei Vorliegen einer Vereinbarung mit Gewerkschaften). Dies gilt etwa für viele Kassierer/innen jedoch nicht. Wer einen Teilzeitvertrag mit niedrigerer Nominal-Arbeitszeit (ohne zusätzliche Überstunden) aufweist, soll „anteilmäßig“ in den Genuss der Jahresprämie kommen, d.h. deren Höhe soll proportional zur Anwesenheitszeit im Unternehmen während der Dauer des „sanitären Notstands“ bemessen werden. Bemessungsgrundlage dafür ist vorläufig der Zeitraum zwischen dem 15. März und dem 18. April dieses Jahres. Wer jedoch im Arbeitsvertrag weniger als zehn Stunden wöchentlich stehen hat, wird mit einer Prämie in Höhe von … fünfzig Euro abgespeist.

Vgl. dazu https://www.cnews.fr/ und https://www.francetvinfo.fr/ sowie https://www.businessinsider.fr

Dies gilt bspw. für studentische „Aushilfskräfte“, die nur am Wochenende arbeiten. Just die Studierenden werden derzeit jedoch besonders hat getroffen, denn die Hochschulen wurden ab dem Montag, den 16. März d.J. geschlossen, jedoch auch viele Wohnheime und alle Universitäts-Restaurants respektive Kantinen, in denen preisvergünstigtes Essen angeboten wurde. „Notleidende“ Studierende, vor allem wenn sie eine bourse (ungefähre Entsprechung zum deutschen Bafög) beziehen, können jedoch finanzielle Sonderhilfen beantragen. Eine Voraussetzung dafür, boursier zu sein, ist es jedoch, die französische Staatsbürgerschaft zu beziehen, mit Ausnahmeregelungen für bestimmte Angehörige anderer Nationalitäten (anerkannte politische Flüchtlinge oder Ausländer/innen mit dauerhaftem Aufenthaltsstatuts, d.h. einer automatisch verlängerbaren Zehn-Jahres-Karte, wenn sie seit mindestens zwei Jahren vor dem Antrag in der Besitz waren). Ausländische Studierende werden also besonders knallhart getroffen. An einer Universität wie Paris-VIII in Saint-Denis, mit einem besonders hohen Anteil von ausländischen Studierenden, fanden zu Anfang dieser Woche bereits Lebensmittelverteilungen statt. (Diese Hochschule befindet sich im Département Seine-Saint-Denis, das nördlich und nordöstlich von Paris in der Trabantenstadtzone liegt; in diesem Verwaltungsbezirk sollen derzeit insgesamt 15.000 bis 20.000 Menschen im Wortsinne von Hunger bedroht sein. Im Internet finden bereits Spendensammlungen für Nothilfe statt!)

Ökonomische Gewinner und Verlierer der Krise im Handelssektor

Die Supermärkte zählen derzeit zu den dicken Gewinnern der (sanitären) Krise, allerdings mit einer Umschichtung innerhalb des Sektors. Denn zu diesen ökonomischen Krisengewinnern nicht die größten Strukturen – die in den städtischen Peripheriezonen angesiedelten shopping-malls (französisch hypermarchés) -, sondern weitaus eher die Stadtteil-Supermärkte (genannt supermarchés und, für die kleineren, mini-marchés). Erstere sollen während der ersten Woche der Ausgangsbeschränkungen (16. bis 23. März dieses Jahres) -24 % ihres bisherigen Umsatzes verloren haben (Anm.: dies gilt jedoch nur für die größten Strukturen ab 7.500 Quadratmetern Verkaufsfläche, vgl.: https://www.bfmtv.com/. Und dies, weil da die Kundschaft derzeit nicht mit dem Auto zum Einkaufen nach außerhalb fährt… während der Supermarkthandel jedoch insgesamt um +30 % an Umsatz zulegte. (Vgl. https://www.ecommercemag.fr/ ) Hingegen gewannen die örtlichen Supermärkte erheblich an Kundschaft hinzu, nicht nur wegen der anfänglichen Hamsterkäufe beim Einstieg in die Corona-Krise, sondern auch danach, nämlich vor allem, weil die Straßenmärkte/Wochenmärkte im Verlauf der Woche des 23. März d.J. geschlossen wurden.

Überdies integrieren nunmehr viele Supermarktketten weitaus stärker ortsnahe und regionale „Erzeuger“ (Landwirtinnen und Landwirte, Obstbaumbesitzer…) als bisher in ihre An- und Verkaufsketten, wodurch manche Obst- und Gemüsepreise mehr oder minder leicht anstiegen, allerdings auch das Image bei den Verbraucher/inne/n sich erheblich verbessert. Agrarprodukte, die bis dahin auf den Wochen-/Straßenmärkten landeten, werden nunmehr verstärkt über die Supermärkte vertrieben, allerdings nicht so sehr in den besonders zentralisierten Strukturen mit riesiger Verkaufsfläche, sondern in den mittleren und kleineren, eher innenstädtischen. Gigantisch zugelegt, nämlich um +65 %, hat dabei auch die Sparte des – wie man es in Frankreich nennt – drive, also des Supermarktverkaufs mit Vorabbestellung im Internet und anschließender Lieferung der Waren zu den Kund/inne/n nach Hause oder aber Abholung des vorbestellten Warenpakets im Eingangsbereich, ohne Schlange-Stehen und ohne sich durch die Verkaufsregale zu schieben. ((Vgl. https://www.bfmtv.com/) Noch ist natürlich unklar, wie sich diese Veränderungen längerfristig – über den geplanten Fortfall der Ausgangsbeschränkungen, in Frankreich mutmalich ab dem 11.05.20, hinaus – auswirken werden. Erste Umfragen bürgerlicher Meinungsforschungsinstitute deuten jedoch an, dass es, zu längerfristigen Umorienterungen im „Verbraucherverhalten“ kommen bzw. bei ihnen bleiben wird, etwa zu Lasten der größten zentralisierten Verkaufsflächen oder hypermarchés und zugunsten mittlerer Supermärkte, insbesondere jedoch des Online-Verkaufs. (Vgl. https://www.bfmtv.com/)

Lohnprämie im Gesundheitssektor

Und was die Arbeitskräfte im öffentlichen Gesundheitswesen betrifft, so wird die Sonderprämie ebenfalls gestaffelt. Diese zusätzliche Jahresprämie soll im Mai dieses Jahres ausgeschüttet werden und 1.500 Euro für jene, die „in besonders von der COVID-19-Epidemie betroffenen Regionen und/oder in für COVID19-Patient/inn/en reservierten Einheiten“ arbeiten, betragen; für die anderen Beschäftigten im Gesundheitswesen jedoch 500 Euro. (Vgl. https://www.businessinsider.fr/l) Immerhin sollen die Überstundenzuschläge für die Sonderperiode nun auf 50 %, statt sonst üblichen 25 % bzw. (für die vier ersten) 10 %, angehoben werden.

Allerdings bleiben auch hier bestimmte Beschäftigtengruppen von der Prämienzahlung ausgeschlossen, zum Teil sogar gänzlich; dies gilt insbesondere für Ärztinnen und Ärzte in der Ausbildungsphase, die nunmehr für den Krisendienst in der Covid-19-Seuchenbekämpfung abgestellt wurden. (Vgl. https://assawra.blogspot.com/)

Sozialhilfeempfänger/innen

An Sozialhilfeempfänger/innen (französisch: allocataires du RSA) sollen lt. Regierungsankündigung Sonderhilfen von 150 Euro einmalig pro Familie ausgeschüttet werden. Auch dies hängt damit zusammen, dass viele Örtlichkeiten, an denen sonst verbilligtes Essen möglich ist, derzeit geschlossen bleiben, Schulkantinen für die Kinder (für diese Familien i.d.R. kostenlos) - eingeschlossen.

Leiharbeiter/innen

Leiharbeitskräfte sowie prekär Beschäftigte werden derzeit in einem doppelten Sinne hart durch die sanitäre Krise getroffen. Zum Einen wegen der Beendigung ihrer Tätigkeit. Denn zwar sind in derzeitigen Krise jedenfalls laut verbalen Ankündigungen der Regierung „Kündigungen verboten“ (jedenfalls laut Arbeitsministerin Muriel Pénicauds Einlassungen zu Krisenbeginn; ihr Chef, Premierminister Edouard Philippe, mochte gleichzeitig auf einer Pressekonferenz von einem allgemeinen Entlassungsverbot nichts hören…) oder jedenfalls vor einem Arbeitsgericht schwer zu rechtfertigen sein werden, sofern der Arbeitgeber als Alternative auf staatlich finanzierte Kurzarbeit zurückgreifen kann. Derzeit hat die Anzahl der Kurzarbeitenden die Zehn-Millionen-Grenze überschritten. Aber dies verhindert nicht, dass, ohne eine Einstufung als gesetzwidrig zu riskieren, viele Arbeitsverhältnisse nun schlicht durch das Auslaufen und die Nichtverlängerung von befristeten Verträgen, Zeih- und Leiharbeitsverhältnissen verschwinden. Die Pariser Abendzeitung Le Monde schätzte am Dienstag, den 21. April d.J., dass dadurch im Verlauf der akuten Krise 460.000 zusätzliche Arbeitslose anfielen.

Zum Anderen, und auch damit zusammenhängend, können solche prekär Beschäftigten derzeit nicht in vergleichbarer Weise wie „fest angestellte“ Lohnabhängige Schutzmaßnahmen einfordern können, sofern der Arbeit„geber“ nicht ohnehin dafür aufkommt. Nun geht in Texten bereits das geflügelte Wort vom „Kanonenfutter“ (vgl. http://www.leparisien.fr/) der sanitären Krise um.

Vgl. dazu ausführlicher:

Amazon

Am heutigen Freitag, den 24. April 20 wird das zweitinstanzliche Urteil gegen Amazon in Frankreich wegen akuter Gesundheitsgefährdung in der sanitären Krise, infolge des erstinstanzlichen Urteils vom 14.04.d.J. (wir berichteten), erwartet. Es fällt beim Berufungsgericht (der Cour d’appel) in Versailles. Zur Stunde des Redaktionsschlusses stand es jedoch noch aus. Wir werden unsere Leser/innen zeitnahe dazu unterrichtet halten.

Amazon seinerseits plant derzeit, eventuell seine Kundschaft auf französischem Territorium über seine Logistikzentren im europäischen Ausland zu beliefern; vgl. https://www.laprovence.com/ Einstweilen scheint seine französische Bestellungsseite jedoch down zu sein, allerdings wohl ( ?offiziell ?) aus technischen Gründen bzw. aufgrund technischen Versagens; vgl. http://www.economiematin.fr

FNAC / Darty

Eine Reihe von größeren Dienstleistungsunternehmen in Frankreich hat angekündigt, dem Personal für die Dauer der Schließung während der (akuten) sanitären Krise das Kurzarbeitergeld aufzustocken, um auf den monatlichen Normallohn zu kommen. Dieses Kurzarbeitergeld beträgt in Frankreich 77 % des Brutto- oder, sofern dies die bessere Zahl ergibt (was in der Regel der Fall ist), 84 % des Nettogehalts. (In Deutschland waren es bislang 60 %, doch die regierende GroKo kündigte diese Woche offenkundig eine Anhebung auf 87 % an.)

Die u.a. Kultur-, Informatik- und Heimbedarf-Produkte anbietende Unternehmensgruppe FNAC-Darty – die vor einigen Monaten aus der Fusion des Kulturkaufhauses FNAC und der Handels- und Lieferkette Darty hervorging – kam auf den originellen Einfall, dem eigenen Personal eine solche Aufstockung anzubieten; doch verbunden mit dem (ordentlich vergifteten) Angebot, dafür alle Kollektivvereinbarungen zum Thema Arbeitszeit / Freizeitausgleich zur Dispotion zu stellen… Vgl. bspw. : http://www.communisteslibertairescgt.org

Steuerflüchter begünstigt?!

Der amtierende französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire verkündete zunächst, nur solche Unternehmen dürften in naher Zukunft in den Genuss der Staatshilfen zur Abfederung der Krise & damit verbundenen Umsatzverluste – seine Regierung legte ein Hilfspaket in Höhe von 110 Milliarden Euro auf -, die nicht Filialen in bekannten Steuer(flucht)paradiesen unterhielten. Offenkundig kennt er dabei die betreffenden Pappenheimer ziemlich genau!

Einschränkend wurde dabei von Regierungsseite von Anfang an hinzugefügt, es gehe nur um Steuerparadiese, die auf einer offiziellen Liste betreffender Länder verzeichnet seien. Diese umfasst neun Staaten (Brunei, Nauru, die Bahamas-Inseln, die Seychellen…); dabei ist die in der Europäischen Union geltende Liste der Kommission umfangreicher (diese umfasst zusätzlich etwa die Amerikanischen Samoa-Inseln, Guam, den Golfstaat Oman…). Nicht umfasst werden jedoch alle innereuropäischen Steuerfluchtstaaten wie etwa Luxemburg – huch -, Irland oder Malta.

Gut gebrüllt, Löwe. Doch fiel diese mehr oder minder lautstark getätigte Ankündigung allem Anschein nach zu kapitalfeindlich (hihihöhö) aus. Inzwischen wurde nämlich noch die Einschränkung hinterhergeschoben – es gab wohl Verhandlungen zwischen der Macron-Mehrheit in der Nationalversammlung und dem konservativ dominierten Senat -, französische Unternehmen seien in einem solche Falle dann von finanziellen Staatshilfen ausgeschlossen, wenn die Filiale im fraglichen Steuerparadies „keine wirtschaftliche Substanz aufweist“, also keinen eigenen Umsatz aufweist, sondern ganz offensichtlich nur aus einem aufgemotzten Briefkasten besteht. Vgl. etwa: https://www.arretsurimages.net/

Naja, ein bisschen Mühe sollten die Unternehmen bzw. französischen Banken sich beim Austüfteln ihrer Steuer-Umgehungsstrategien doch bitte geben. Sonst wird es in den ministeriellen Büros ja langweilig, wenn die Herrschaften vom Kapital es gar zu anspruchslos bzw. intellektuell dürftig anstellen!

Lustig ist das Ka-pi-ta-lis-ten-Leben, fariafaria-oh (unter Persiflage eines halbrassistischen Kinderlieds)…

Bildungswesen: Umstrittene Wiederaufnahme des Unterrichts

Nach wie vor heftig umstritten bleiben die Regierungspläne, die Schulen ab dem Montag, den 11.05.20 wieder für den Unterricht zu öffnen (Kindertagesstätten für Kleinkinder hingegen ab dem 25.05.d.J.), während Universitäten ihrerseits erst wieder im September dieses Jahres aufmachen sollen. In breiten Kreisen wird dies als Instrumentalisierung der Lehrkräfte, wie auch der Kinder und Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen, für das „Wiederanfahren“ breiterer Sektoren der Ökonomie ohne Rücksicht auf ihre Gesundheit betrachtet. Ähnliche Diskussionen finden ja allem Augenschein nach auch in Deutschland statt, vgl. unter anderem ein Video von Renzo dazu… (Was nun nicht bedeutet, dass es keinerlei pädagogische oder soziale/psychologische Probleme damit geben würde, wenn die Unterrichtsanstalten geschlossen bleiben. Treten die Schüler/innen doch dem Angebot an „Tele-Unterricht“ mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen gegenüber, was etwa die Wohnverhältnisse, die mögliche, vorhandene oder aber fehlende familiäre Unterstützung sowie die Ausstattung mit Informatikmaterial & Kommunikationstechnologien betrifft. Selbstverständlich gibt es in diesem Zusammenhang keine völlig unproblematische Lösung, ja Wunderrezepte.)

Zur Wochenmitte hin ruderte die französische Regierung diesbezüglich ein Stück weit zurück: Am Donnerstag, den 23. April 20 kündigte sie an, die Wiederaufnahme des Unterrichts solle vorläufig „auf freiwilliger Basis“ erfolgen, sofern die nicht die Schulen aufsuchenden Kinder & Heranwachsenden respektive ihre Familien nachwiesen, dass auf andere Weise (etwa on-line) einem Unterrichtsangebot gefolgt wird.

Nun stellt sich am heutigen Freitag früh – 24.04.20 – heraus, dass fast zwei Drittel der befragten Einwohner/innen Frankreichs (ihrer 64 %) in einer Umfrage angeben, nicht die Absicht zu hegen, eines oder mehrerer Kinder zum offiziell angesetzten Unterrichtsbeginn am 11. Mai d.J. dorthin zu schicken. (Vgl. https://www.lavoixdunord.fr/744934/article/2020-04-24/retour-l-ecole-deux-francais-sur-trois-ne-comptent-pas-renvoyer-leurs-enfants-en und https://assawra.blogspot.com/2020/04/six-francais-sur-dix-sont-opposes-la.html)

Asylanträge: Totalstopp aufgehoben

Im Raum Paris hatten die Behörden im Kontexte der sanitären Krise beschlossen, schlicht & einfach die Registrierung von Asylanträgen während deren Dauer zu beenden (diese erfolgt zuerst telephonisch und im Anschluss dann durch einen Termin an einem speziellen Behördenschalter, dem GUDA). Dies bedeutet aber auch für Betreffende, just während dieser Krise etwa keinerlei Anspruch auf Unterbringung oder die Sozialleistung für Asylsuchende (abgekürzt ADA) geltend machen zu können.

Sicherlich ging die Zahl von Asylantragstellenden zurück, da die beiden Flughäfen im Raum Paris - Roissy und Orly - heruntergefahren und geschlossen wurden, die Außengrenzen des Schengen-Raums voraussichtlich sogar bis im September 20 dicht bleiben könnten (ein EU-Gipfel entscheidet Näheres zum Ende des Monat) und derzeit auch an den Staatsgrenzen innerhalb der EU Kontrollen stattfinden. Auf Null steht diese Zahl jedoch nicht, da etwa Personen vor Ausbruch der akuten sanitären Krise eingereist sein können und bislang noch keinen Zugang zum Asylverfahren fanden – für die telephonische erste Terminvereinbarung waren in den letzten Monaten oft mehrwöchige Einwählversuche erforderlich.

Nun ordnete das Verwaltungsgericht in Paris (TA Paris) jedoch in einem Urteil vom Dienstag, den 21. April 20 an, dass dieser Totalstopp der Registrierung von Asylanträgen rechtswidrig sei.

Editorischer Hinweis

Den Artikel erhielten wir vom Autor für diese Ausgabe.

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