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Völker hört die Signale?
Eine autonome Position zum Krieg und zur wiedererlangten deutschen Normalität

aus: ZECK - das Info aus der Roten Flora Nr. 79 Mai 99
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Hurra es ist wieder soweit. Die von allerlei Walsers und Augsteins beklagte, fehlende Normalität Deutschlands, hat uns eingeholt. Deutschland darf wieder mitmorden und Angriffskriege führen. Zwar hat es bisher. noch nicht für einen Bodeneinsatz gereicht, aber was nicht ist, kann ja noch kommen. Der punktgenaue, chirurgische Schlag liegt im übrigen in bester Sturzkampfbomber-Tradition und entspricht der deutschen Mentalität wesentlich mehr, als der pluralistische angloamerikanische Bombenteppich. Für ihren letzten großen Bodeneinsatz 1939 - 45 übten deutsche Soldaten schon einmal mit chirurgischen Schlägen während des Spanischen Bürgerkrieges. Mit der Perfektionierung des Luftkrieges war dann auch die Zeit reif von filigraner Mechanik zum groben Handwerk überzugehen. Das vorläufige Ende vom Lied ist bekannt- Nämlich das, was als fehlende Normalität diskutiert wurde und was mit den Nato-Bombardierungen unter deutscher Beteiligung ein Ende gefunden hat. Der derzeitige Angriffskrieg von Deutschland ist Zeichen für den Versuch die Geschichte des Nationalsozialismus und der Massenvernichtung abzuwickeln.

Die Staatsideologie der BRD nach dem Krieg, von deutschem Boden dürfe nie wieder Krieg ausgehen, wurde nur von außen aufgezwängt. Ihr wurde nur deshalb bereitwillig zugestimmt, um eine nationale Reorganisierung nicht scheitern zu lassen. Konsequent wurde daher auch der Weg zur Wiederbewaffnung verfolgt Sollte einst jedem Deutschen die Hand abfallen, der wieder eine Waffe anfaßt, war dies kurz darauf vergessen. Erst sollten deutsche Soldaten nur zur Verteidigung des Landes, dann zur Umsetzung von UN-Missionen, schließlich heute zur aktiven Teilnahme am Nato-Angriffskrieg dienen. Es wird nur eine Frage der Zeit sein, bis unter dem Dogma, daß der Zweck die Mittel heilige, auch deutsche Bodeneinsätze und Alleingänge machbar werden.

Der antiseptische Krieg !

Der albanische Exodus aus dem Kosovo und die Opfer unter der Zivilbevölkerung sind mit Beginn des Luftkrieges erst massiv entstanden. Vor den Luftschlägen gab es nur wenige Opfer unter der Zivilbevölkerung, kaum Vertreibungen und ethnische Säuberungen. Der Kriegs-Konflikt war vor allem ein militärischer zwischen bewaffneten Einheiten der UCK und der serbischen Sonderpolizei. Der politische Konfliktkern um die Autonomie des Kosovo und um mehr Minderheitenrechte für die albanische Bevölkerung war noch ein diplomatisch auflösbarer. Weder besaß die UCK das albanische Mandat noch Millosevic eine oppositionslose Militärherrschaft über Serbien. Eine friedliche Verhandlungslösung war an den wesentlichen Punkten bereits

zustande gekommen. Gescheitert ist sie entgegen der Legende nicht an Millosevic, sondern am unbedingten Willen der Nato, den Krieg zu führen. Die Forderung nach einer Stationierung von Nato-Truppen im Kosovo und ganz Jugoslawien mit den faktischen Rechten einer Besatzungsmacht ist die Ursache der Kämpfe und der Vertreibung in ganz Jugoslawien. Ein solches Vorgehen ist nur als Kriegsführung mit diplomatischen Mitteln zu bezeichnen. Bei aller Kritik am serbischen Nationalismus. Die Führung eines Nationalstaats die feindliche Truppen ins Land läßt, ist politisch im eigenen Land erledigt Kein Nationalstaat wird der Stationierung feindlicher Truppen im eigenen Land zustimmen. Auch der Nato ist dies klar. Humane Ziele werden mit einer solchen Politik nicht verfolgt. Der einzige Grund für den Kriegseinsatz sind unterschiedliche nationale Interessen der Nato-Mitgliedsstaaten. Den USA liegt am Erhalt ihrer Vormachtstellung auf der Welt. Ein Krieg in Europa darf nicht ohne die USA stattfinden. Die USA wäre eine schlechte alleinige Weltmacht (wie sie sich sieht), wenn sie diesen Konflikt nicht nutzen würde, ihren außenpolitischen Anspruch zu zementieren und die UNO politisch auszuschalten.

Die Bundesrepublik backt derzeit bekanntermaßen noch kleinere Brötchen. In Deutschland geht es darum, wieder mitmischen zu dürfen, der "Verantwortung in der Welt" wieder gerecht zu werden. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die BRD sich im Kosovo-Konflikt von Anfang an mit politischen Alleingängen hin zu einer Intervention profiliert.

Die Verharmlosung des Nationalsozialismus, der Vergleich von Millosewitsch und Hitler, von Vertreibung und Mord mit dem Holocaust dienten dazu eine vermeintlich besondere Verantwortung Deutschlands aufzubauen. Eine Umdefinierung deutscher Geschichte fand statt. Anstelle deutscher Verantwortung für Krieg und die Opfer des Nationalsozialismus wurde eine Verallgemeinerung des Holocaust gesetzt, die deutsche Militäraktionen quasi als "bewaffnete Sühne" einfordert. Außen- und Kriegsminister Fischer hat dies mit der Formulierung auf den Punkt gebracht, er habe nicht nur

"nie wieder Krieg", sondern "auch nie wieder Ausschwitz gelernt". Diese Abwicklung deutscher Geschichte steht im Mittelpunkt der deutschen Beteiligung am Nato-Angriffskrieg in Jugoslawien. Der Krieg ist die Konsequenz dieser Politik. Die Nato hat im Prinzip weder militärische, noch wirtschaftliche und schon gar nicht humanitäre Interessen auf dem Balkan, sondern in erster Linie jeweilige strategische.

Um Autonomie im Kosovo geht es ihr genausowenig, wie um die Einhaltung von Menschenrechten. Die Verlogenheit deutscher Humanität entlarvt sich angesichts der Weigerung Kriegsflüchtlinge aufzunehmen von selbst Grenzen schließen, Bomben werfen, so die Dialektik der deutschen Friedensmission Die Opfer dieser Politik, insbesondere die Kosovo-albanische Zivilbevölkerung, werden innerhalb der verarmten Länder Mazedonien und Albanien interniert Apokalyptische Bilder aus Flüchtlingslagern dienen der Rechtfertigung des Krieges.

Auch in der Nato existiert schließlich der Nationalstaatsgedanke. Ein solcher duldet keine unbegrenzte Anwesenheit verschiedener "Völker" auf dem gleichen Territorium. Die heiße Form von ethnischen Säuberungen ist Krieg, die kalte Form sind Abschiebungen und Ausländergesetze. Deutschland ist da ganz vorne mit dabei. Pogrome , rassistische Mobilisierung und faschistische Organisierung sind die Garanten der ethnischen Reinhaltung in Deutschland. Der Westen möchte im aktuellen Konflikt gar nicht erst gezwungen sein, mittels Abschiebungen sein Territorium säubern zu müssen. Die Flüchtlinge sollen da bleiben, wo sie sind, im Elend und im Dreck, in einem sich aufgrund des Nato-Krieges destabilisierenden Balkan. Die bisherigen Aufnahmequoten sind daher völlig lachhaft und dienen, wie Spenden in die Region, lediglich der Gewissensberuhigung.

Neben der Forderung nach einem Ende der Luftangriffe muß die Forderung nach einer Öffnung der deutschen Grenzen und nach Bleiberecht für alle Flüchtlinge eine zentrale Bedeutung in einer Anti-Nato-Kriegspolitik haben. Perspektivisch muß sich hier ein Widerstand gegen den Einsatz von Bodentruppen und gegen ein Nato-Protektorat Kosovo entwickeln. An einer Autonomie des Kosovo innerhalb einer jugoslawischen föderalistischen Republik - An Minderheitenrechten für die albanische Bevölkerung in Serbien und die serbische Bevölkerung im Kosovo - An diesen Punkten, geht keine friedliche Lösung des Konflikts vorbei. Die NATO kann und darf als Kriegspartei keine "Vermittlerrolle" einnehmen, für sie darf es nur darum gehen sich vom Balkan militärisch und politisch zurückzuziehen. Die Einleitung von Reparationszahlungen für die angerichteten Schäden sollte die einzige deutsche Initiative auf dem Balkan werden.

Es ist Krieg ... aber wo ist die radikale Linke?

Überraschend ist der relativ breite Widerwillen in der Bevölkerung der Bundesrepublik gegen diesen Krieg. Trotz der Zackigkeit mit der die rotgrüne Regierung ins Gefecht marschiert. Wer hätte nicht gedacht, daß gleich das ganze Volk mitzieht, wenn es wieder heißt "The Germans to the Front". Einhellige Pro-Nato Kriegsbe-richterstattung in der Tagespresse blieb

aber bisher ebenso aus wie patriotische Volksaufläufe.

Doch trotz dieser eher positiven Ausgangsposition für eine Mobilisierung gegen den Krieg mag sich bei Autonomen und anderen Linken keine günstige Sozialrevolutionäre Prognose einstellen. Die außerparlamentarische Linke hat den ersten deutschen Kriegseinsatz seit 1945 verschlafen. Der Widerstand gegen den Krieg entwickelte sich nicht aus der Agitation der Friedensbewegung oder der aktionistischen Hektik einer radikalen Linken, sondern über manche kritische Kriegsberichterstattung in den Medien und parlamentarische linke Abweichlerinnen, wie Ströbele oder die PDS. Diese Lähmung der außerparlamentarischen Linken ist etwas neues und wäre in dieser Form vor einigen Jahren nicht vorstellbar gewesen. Zwar gibt es auch heute eine Mobilisierung gegen den Krieg, Demos und Aktionen, aber bisher sind diese Behmühungen im Vergleich z.B: zum Golfkrieg gering. Nur warum?!

Auf zum Ostermarsch?

Die traditionelle Friedensbewegung ist zahnlos wie nie zuvor. Ein außerparlamentarisches Abbild der Grünen. Die Friedensbewegung bietet daher für viele keinen politischen Ansatz für einen gemeinsamen Widerstand. Da möchten Christen, daß über Ostern nicht gebombt wird (Gehört sich ja auch nicht). Mütter wiederum fürchten mehr ihre Söhne zu verlieren, als den Gedanken daran, wie viele Menschen von diesen in Kampfeinsätzen hinweggerafft werden. So wird um das Leben der deutschen Soldaten gebetet. Dabei würde skurilerweise jeder abgeschossene Tornado weniger Tote bedeuten (und vermutlich auch ein baldiges Ende des Kriegseinsatzes). Andere machen sich in ganz bismarkscher Tradition Sorgen um eine vernünftige Bündnispolitik und fordern daher UNO-Mandate für ein völkergerechtes Morden. Da die Deutschen schon im WK l und II eine grandios schlechte Bündnisspolitik betrieben haben, gabs zweimal auch kräftig auf die Pickelhaube. Diese Scharte soll nun ausgewetzt werden. Kriegseinsätze schon, aber nur noch auf Seiten der Gewinner, so die Logik aus der Uno-Resolutionsecke. Und dann gibt es da noch diejenigen, die mit dem Krieg eigentlich überhaupt keine Probleme haben. Na ja, außer der Sorge, daß der heimische Gemüsegarten verstrahlt wird, wenn der durchgeknallte Russe mit seinen taktischen Atomraketen ernst macht. Es gibt zwar sicherlich auch politisch radikale Pazifistinnen innerhalb der Friedensbewegung, aber insgesamt befindet sie sich in der Krise.

Ein Ausweg ist ohne eine inhaltliche Zuspitzung nicht in Sicht- Der gemeinsame Nenner "gegen den Krieg" zu sein, wird langfristig nicht ausreichen um eine politische Dynamik zu entwickeln. Stärker als bisher müssen Hintergründe und Zusammenhänge thematisiert werden. Auch das eigene historische Scheitern, mit dem Weg vom radikalen Pazifismus zur

Bejahung der Kriegspolitik von weiten Teilen der alten Friedensbewegung. Bündnisse mit der Friedensbewegung sollten sich dabei für die linksradikale Szene nicht ausschließen, aber stärker an eigenen Inhalten orientieren.

Warum nur...

... ist die linksradikale Szene so attraktiv wie Schweißfüße?

Die Antworten und Fragen der radikalen Linken ins nächste Jahrtausend sind leider erschreckend abschreckend. Gerade in der Eskalation des Krieges fällt dies auf. Die MLPD verbreitet Aufkleber mit rechtsradikalen Sprüchen ("Keine deutschen Soldaten ins Ausland", "Für das Selbstbestimmungsrecht aller Völker und Nationen"). "Revolutionäre Kommunisten" projezieren deutsche Großmachtinteressen in den Balkan, als ob der große Vaterländische Krieg nicht schon SO Jahre her sei. Derweil fachsimpeln Antiimps (in Völkerrechtsfragen Expertinnen) über die Notwendigkeit des serbischen Widerstandes gegen die Sezession. Die linke Tageszeitung "Junge Welt" fordert zur Solidarität mit dem geschundenen serbischen Volk auf und beklagt die Feigheit der Luftangriffe (wollen die lieber mutige Bodeneinsätze?). Selbst die Antinationale stellt sich nur als Diapositiv dar und schießt wie üblich wieder über das Ziel hinaus. So schreibt einer ihrer Vertreter in der "Jungle Worid" über die destabilisierende Wirkung der hohen albanischen Geburtenrate in der Region. Die zwanghafte Fixierung auf Deutschland innerhalb der antinationalen Linken und damit einhergehenden abstrußen Thesen geben sowenig Ansätze zum Widerstand, wie alle anderen der radikalen Linken auch.

Das Vakuum zwischen Hörsaal und Straßenkampf

Eine Ursache für den abschreckenden Zustand der Anti-Kriegsbewegung ist die Schwäche der autonomen und undogmatischen Linken. In den letzten Jahren fand eine Zuspitzung innerhalb der linksradikalen Szene statt Von einem Teil der Szene wird unheimlich kritisch auf einer rein akademischen Ebene theorethisiert. Von anderen Teilen auf dogmatische und platte Konzepte oder einfache Kämpfe zurückgegriffen. Differenzierte Sichtweisen haben fast nur noch unter der Lufthoheit des universitären Diskurs Raum. Sie werden zum elitären Freizeitvergnügen Einzelner und verschwinden aus dem Zusammmenhang der Praxis, aus dem öffentlichen Raum schlechthin. Praxisorientiertere Genossinnen orientieren sich derweil oft an einfachen Thesen. Nicht umsonst hat die eher dogmatische Linke wieder Zulauf. Eine breite und anerkannte Praxis der undogmatischen und autonomen Linken gibt es vor allem noch innerhalb der Antifa. Dort steht der Feind, hier stehen wir. Nichts gegen Antifa, die ist notwendig und macht viele sinnvolle Sachen (zudem sollte Antifa auch ein Teilbereich aller Linken sein).

Dennoch, eine (Gesamt-) Linke, deren einzige politische Praxis der Straßenkampf gegen Nazis ist, muß theoretisch in der Plattheit enden. Theorie entwickelt sich immer an der Praxis und umgekehrt. Wo nur einfache Kämpfe geführt werden, wird sich auch keine differenzierte Theorie entwickeln. Stattdessen perspektivisch nur Mummenschanz und Rückgriffe auf Bewährtes.

Das gegenseitige Zugeständnis, Theoriearbeit in den Hörsaal und die Praxis an vermeintlich unreflektierte Fighterinnen zu delegieren, nützt wohl der Lufthoheit über dem eigenen Stammtisch, aber nicht der radikalen Linken. Politische Kämpfe schaffen ihre eigene Theorie und eine Theorie, die sich nicht positiv auf die Praxis bezieht, verliert sich in der Beliebigkeit. Diese Räume gilt es, innerhalb der Linken neu zu füllen.

Sieg im Volkskrieg?

Abschreckend wirken auch die Positionen vieler antiimperialistischer Zusammenhänge. Wenn z.B. vehement eingefordert wird, den Krieg in Jugoslawien als imperialistisch zu bezeichnen, dann ist dieses zwar formell und im Prinzip schon richtig, aber eigentlich auch nichtssagend. Wenn heute von Imperialismus geredet wird, dann muß erstmal geklärt werden, wie dieser Begriff gefüllt werden soll. Schließlich ist die RAF nicht an der Bundesanwaltschaft oder der Isolationshaft gescheitert, sondern an ihrem Imperialismusmodell. Ebenso die anderen antimperialistischen Szenen. Sicher ist dem Begriff des Imperialismus durchaus noch Leben und Bedeutung einzuhauchen. Aber der Reflex nach Titulierung und Zuordnung, als Voraussetzung für eine Diskussion und Füllung dieses Begriffs, verheißt eher alte Zöpfe statt neue Ansätze. Wo es doch gerade heute, was Schlagwörter angeht, heißt Weniger ist mehr. Unsere gebets-mühlenartig vorgetragene Phrasendrescherei schreckt jedenfalls mehr Menschen ab , als sie anzusprechen vermag. Wir müssen Redensarten und einen Sprachgebrauch finden, der dies überwindet. Der vielleicht auch Schlagworte benutzt aber diese deutlich und wahrnehmbar neu besetzt. Im Jugoslawien-Konflikt gibt es für eine internationalistische Politik kaum traditionelle Anknüpfungspunkte. Die Zuordnung der Solidaritätsarbeit an positive Idole fällt uns spätestens jetzt auf die Füße. Ob Vietnam, El Salvador oder Chiapas, immer wurde ein politisches Verhalten mit der Suche nach einer revolutionären, guten Seite verknüpft. Entweder wurde sich in Solidarität geübt, der Befreiungskampf glorifiziert und sich mit den Akteurinnen identifiziert, oder das Ganze ging uns schnell am Arsch vorbei. In Konflikten ohne eine solche Zuordnung hat sich die Autonome und linksradikale Szene früher einfach nicht verhalten. Da der Kriegskonflikt oftmals weit weit weg war, schien dies auch nicht nötig. Es wundert daher auch nicht, daß es heute keine geführte Diskussion, keinen Stand innerhalb unserer Szenen gibt, der eine größere Mobilisierung erlaubt. Wir werden nicht drum herum kommen, uns neue Positionen zu entwickeln. Erstens weil der Krieg in Jugoslawien in verschiedenen Formen noch lange andauern wird. Zweitens weil die Kriege der Zukunft immer weniger von positiven Anknüpfungspunkten definiert sein werden.

Also alles ganz anders ... ... in der Praxis ...

Wenn wir weiterhin eine radikale Linke in der BRD entwickeln wollen, müssen wir als solche auch Antworten, Diskussionen und Aktionen gegen die neue Phase der deutschen Kriegspolitik finden. Der Widerstand gegen das organisierte Vergessen der deutschen nationalsozialistischen Geschichte ist darin ein zentraler Punkt. Eine Mobilisierung zu dieser Thematik könnte schon am 8. Mai stattfinden. Wie wärs denn mit einer bundesweiten Demo zum Reichstag an diesem Tag?!!

... in der Theorie ...

Wir glauben unseren klaren Antworten und Parolen doch oft schon lange selbst nicht mehr. Unsere Fragezeichen sprechen deshalb weitaus mehr an als unsere Ausrufezeichen. Nur wenn wir eine differenzierte, aber handlungsorientierte, radikale Sichtweise entwickeln, werden wir wieder Anziehungskraft ausstrahlen. Mit dem Modell des Befreiungsnationalismus wird uns das, bei aller Solidarität, nicht gelingen. Mit antinationaler Klugscheißerei auch nicht. Aber in beidem können Ausgangspunkte liegen. Theoretisch haben wir mit den Leiern über Dekonstruktion und Differenz schon lange eine Grundlage für eine kritische, aktive Positionierung. Wir müssen sie nur vom universitären Diskurs befreien, um sie der Praxisferne zu entreißen. Wir brauchen keine Foucault-Lesegruppen, aber einen Umgang, der diese Sichtweisen in unseren (politischen) Alltag übersetzt.

... und im täglichen Trott!

Jede Bewegung hat ihren Alltag. Ein politisches Leben kann sich nicht nur in Parolen oder der Anhäufung von Wissen ausdrükken. Es braucht Erfahrungszusammenhänge und ein politisches Verständnis, das unsere Lebensrealitäten einbindet, ohne uns in das System einzubinden. Eine solche Mobilisierung braucht einen Umgang von uns, der unsere Unsicherheiten und Planlosigkeit offen zugibt. Einen Umgang, der aber auch keinen Zweifel an unserer Unversöhnlichkeit mit dem hier und jetzt läßt. Nur keine Angst. Alles wird besser. Die Forderung des Unmöglichen war schon immer unsere einzige Chance. Die Verrücktheit der einzige Weg aus der Normalität. Aus der deutschen sowieso.

Zerhackt die deutsche Normalität Kampf dem Nato-Angriffskrieg in Jugoslawien
Grenzen öffnen - Beiberecht für alle Flüchtlinge
Kein Friede mit Deutschland

Roger Rabbit

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