Endes des Archivnutzungs- und Hausverbot am HIS in Sicht ...

Von Markus Mohr
06/06

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Liebe FreundInnnen,

Am 15. April 06 wurde an den Leiter des /Hamburger Institutes für Sozialforschung/ Herrn Professor. Doktor Reemtsma eine von über 50 Personen des öffentlichen Lebens unterschriebene Protesterklärung gegen das gegen mich verhängte Achivnutzungs- und Hausverbot übersendet.
Nähere Informationen zum Archivnutzungs- und Hausverbot am HIS gibt es in unserer Dokumentation: Neulich beim Reemtsma sein Institut...
 

Nach rund zwei Monaten völliger Sprachlosigkeit seitens des Adressaten bekam ich Grund zu der Befürchtung, das gegen das Anliegen in dieser  Angelegenheit eine noch aus dem -- nachträglich betrachtet --  eigentümlich friedlichen Regime des Dr. Kohl gut bekannte Methode des Aussitzens in Anschlag gebracht werden soll. Immerhin hatte ich in meiner letzten Rundmail versprochen, das ich mich beizeiten darum kümmern werde, "in geeigneter Weise eine Antwort darauf einzuklagen."

So waren Vorbereitungen zu der Durchführung einer Mahnwache zusammen mit meiner geliebten Tapezierleiter vor dem Institut bereits angelaufen, die sich an einem beliebigen Werktag auf die Zeit zwischen 11.00 -- 11.55 Uhr konzentriert hätte. In einem Entwurf für einen offenen Brief hätte ich mich u.a. auf einen jüngst vom HIS publizierten Tätigkeitsbericht
"Projekte / Veranstaltungen / Veröffentlichungen 2004-2007", bezogen, in  dem auch ein wenig Reklame für das unter dem Namen von Dr. Kraushaar publizierte Buch /Die Bombe im jüdischen Gemeindehaus/ gemacht wird. In einem dort diesbezüglich zitierten Rezensionsausriß aus der /Frankfurter Rundschau/ wird der Hoffnung Ausdruck verliehen, jenes Bombenbuch möge "zum Anlass einer ernsthaften Selbstaufklärung der Linken genommen werden". (S. 66)

Nun: In einer weiteren Protestaktion vor dem Institut wäre auch geltend gemacht worden, das ich an eben der Realisierung jenes von mir vorbehaltlos geteilten Anspruches sechs lang Monate durch das Verbot gehindert worden bin.

In der Zwischenzeit gab es von meinem Freund Hartmut Rübner einen Forschungsaufenthalt in anderer Sache im HIS-Archiv, bei dem er keinen Grund zur Klage hatte. Daraus ergab sich die Wiederaufnahme eines elektronischen Kontaktes mit dem Leiter des HIS-Archives Reinhart Schwarz. Er führte dazu, das ich am 14. Juni mit Datum vom 12. Juni  folgendes Schreiben mit Anlage erhielt.

"Sehr geehrter Herr Dr. Markus Mohr,

nach Unterzeichnung der beiliegenden Erklärung heben wir das am 6. Januar 2006 gegen Sie ausgesprochene Archiv- und Hausverbot auf. Termine für die Archivnutzung können nach Rücksendung der unterschriebenen Erklärung vereinbart werden.
Mit freundlichen Grüßen
Reinhart Schwarz"

Dem Schreiben war folgender Revers beigefügt:

" Ich, Dr. Markus Mohr, XXXX-Str. 46, XXXX Hamburg, erkläre hiermit, dass ich die Benutzerordnung, die Benutzungshinweise und die Anweisungen des Archivpersonals des Hamburger Instituts für Sozialforschung künftig wieder beachten und einhalten werde. Mir ist bekannt, dass Zuwiderhandlungen ggf ein Archiv- und Hausverbot nach sich ziehen.
Hamburg, den .... / Unterschrift"

Nach Rücksprache mit FreundInnen werde ich diesen Revers unterschreiben.  Natürlich signalisiert dieses Dokument mit Begriffen wie "Benutzerordnung", "Benutzungshinweisen" und "Anweisungen des Archivpersonals", das zumindest von der Bekleidung her nicht immer
sofort auf den ersten Blick zu erkennen ist, ein ganzes Labyrinth von Restriktionen. Und ob es mir selbst unter Aufbietung meines gesamten intellektuellen Vermögens gelingt, mich darin bei weiteren Archivbesuchen nicht zu verirren, muß die Zukunft erweisen. Und klar ist
mir auch, das der freie Genuss einer "schöönen Tasse Kaffee" -- wie man  in Schleswig-Holstein so sagt - in der Kantine des HIS nun für mich zu einem unerreichbaren Traum geworden ist.

Auf der anderen Seite kann ich aber nun ein paar aktuelle Projekte in  dem, zumindest hinsichtlich der Protestbewegungen Ende der 60er Jahre in diesem Land exzellent eingerichteten, Archiv, weiter verfolgen. Insofern habe ich allen Grund, mich auf die uneingeschränkte Unterstützung der stets hilfsbereiten Archivare des HIS bei meinen weiteren intensiven Recherchen zu freuen. Darüber hinaus kann ich endlich auch wieder in
aller Ungezwungenheit an öffentlichen Veranstaltungen des HIS mit  einigen zum Teil prominenten ReferentInnen teilnehmen. Und es kommt noch besser: Wenn mir deren Meinungen nicht gefallen, kann ich sogar das Recht in Anspruch nehmen, meine eigene Meinung in öffentlicher Rede dagegen zu setzen. Was kann es schöneres geben, als immer mal wieder die (gedankliche) Ordnung der Welt in der Perspektive des Glückes  fundamental in Frage zu stellen?

Wenn man bedenkt, dass das jetzt weggefallene Archivnutzungs- und Hausverbot am HIS unbefristet, sprich lebenslänglich galt, so kann ich die in diesem Zusammenhang erfahrene Zuwendung, Aufmerksamkeit und Unterstützung nicht hoch genug einschätzen. So möchte ich mich an dieser Stelle noch einmal von ganzem Herzen für die in diesem ernsten Konflikt
erfahrene Solidarität, ohne die die ganze Angelegenheit zu meinem  Nachteil -- und einfach so - vergessen worden wäre, bedanken.

Mit freundlichen Grüssen

Markus Mohr

Editorische Anmerkungen

Diesen Brief erhielten am 15.6.2006 wir von Markus Mohr mit der ausdrücklichen Bitte, ihn zu veröffentlichen.