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Ein folgenloser Taschenspielertrick

Karl Müller kommentiert die jüngsten Ereignisse im Partisan.net
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Als vor wenigen Jahren die PDS-Frau Angela Marquardt verlangte, daß ein Redakteur der Jungen Freiheit des Raumes verwiesen werden sollte, wo Linke miteinander diskutieren wollten, empfanden viele dieses Ansinnen als eher zu milde im Umgang mit Rechtsextremisten.

Heute kann die Zeitschrift Kalaschnikow unbehelligt den rechtsextremen FU-Professor Rabehl zur öffentlichen Diskussion in Anwesenheit weiteren braunen Gesindels ins Haus der Demokratie einladen und dafür noch 10 Mark Eintritt kassieren. Der für ideologische Zurichtungen neuerdings in der Kalaschnikow zuständige Ex-DKPler Charly Kneffel kann unangefochten in der Diktion der "neuen Rechten", die linken&radikalen Kräfte als Produkte der amerikanischen Reeducation bezeichnen, die es endlich abzuräumen gilt. Dieser Herr huldigt nicht nur einem "gesunden Antiamerikanismus", sondern schafft es, zentrale Thesen über das Wesen des Faschismus aufzustellen und dabei einfach den Holocaust zu vergessen. Drei Redakteure verließen aufgrund dieser Entwicklung die Kalaschnikow.

Auch die Betreiber des Partisan.net-Servers lehnten es ab, menschenverachtende, zu Gewalt gegen Minderheiten aufstachelnden Positionen zu verbreiten. Sie zwangen die Kalaschnikow-Leute mittels ihrer technischen Möglichkeiten, die Promotion für den rechtsextremen Rabehl auf dem Partisan.net-Server einzustellen. Das war quasi Notwehr: Es mußten zum Erhalt der sozialemanzipatorischen Ziele des Partisan.net die dafür geschaffenen formaldemokratischen Regeln übergangen werden. Konsequenterweise trat der erste Vorsitzende Erhard Kleps von seiner Funktion zurück und aus dem Verein aus.

Nun berufen sich diese Kräfte, die mittels ihrer rechten Propaganda gezielt das sozialemanzipatorische und libertäre Selbstverständnis des Partisan.net auszuhöhlen begannen, auf eben dieses Regelwerk, um ihre braunen Texte zukünftig wieder im Internet unter dem Partisan-Label verbreiten zu können. Dazu mißbrauchten sie die Wandzeitung des Partisan.net und erzwangen ihre vorübergehende Schließung. Außerdem riefen sie zu einer sogenannten Mitgliederversammlung auf, wo sie sich eine entsprechende Formallegitimation für ihr bisheriges Tun zu basteln versuchen. Doch dies wird ein folgenloser Taschenspielertrick bleiben.

Der Partisan.net Verein, war der Transformationsversuch der Partisan.net GbR für sozialemanzipatorische Ziele und Zwecke im Internet. Formal ist dieser Versuch als Vereinsprojekt infolge des Mißbrauchs der Domain für rechte Propaganda gescheitert. Warum? Der Verein hatte bisher sein politisches Ziel, als selbstorganisierter Gestalter und Verwalter der Partisan.net Domain zu fungieren, materiell noch nicht verwirklicht, denn die GbR hatte weder Rechte noch Verträge noch Konten dem Verein übertragen. Die GbR wird auch zukünftig keine Rechte an ihrem Server mit Zusammenschlüssen teilen oder denen überlassen, wo die Kalaschnikow-Gruppe (Kneffel, Pribnow, Röschert) - in welcher Verkleidung auch immer - personell beteiligt ist und/oder Positionen einer Promotion für Rechts die Grundlage bilden. Konsequenterweise hat die GbR daher sämtliche Verträge mit der Kalaschnikow-Gruppe zum 31.7.1999 frist- und formgerecht gekündigt. Desweiteren hat sie als Inhaber des Namensrechts der Kalaschnikow-Gruppe und anderen untersagt, den Namen "Partisan.net" in Verbindung mit dem Verein zu verwenden.

Trotz dieser unerfreulichen Ereignisse hat sich innerhalb eines Jahres das Partisan.net als Teil einer linken&radikalen Gegenöffentlichkeit im Internet etablieren können. Im Mai 1999 wurden 85.000 Dokumente allein von der Stammdomain, sowie der trend- und member-Subdomain abgerufen. Während der NATO-Bombardierungen waren die Partisan.net-Nachrichtenseiten wichtige Informationsquellen des linken&radikalen Widerstandes. Durch Sonderseiten wurden zuletzt die Aktionen gegen den "Kölner Gipfel" unterstützt. Rätekommunistische Projekte fanden im Partisan.net ebenso Raum für Veröffentlichungen wie libertär-anarchistische Positionen. Als Alt68ziger wie Rabehl, Mahler u.a. nach rechtsaußen konvertierten, richteten ihre ehemaligen GenossInnen im Partisan.net eine "SDS-Website" ein. Dort markierten sie ihren Trennungsstrich zu diesen sogenannten "nationalrevolutionären" Kräften. Weitere wichtige Nachrichtenquellen wie der Stressfaktor und das Gegeninformationsbüro kamen dazu. Die Kommunistischen Streitpunkte, AZ Wuppertal und viele AutorInnen aus dem linken&radikalen Spektrum nutzen das Partisan.net zur Verbreitung ihrer Ansichten via Internet. Deshalb hält die GbR nach wie vor an ihren Zielen der selbstorganisierten Webpäsenz fest und garantiert den uneingeschränkten Bestand der Partisan.net Domain für das linke&radikale Spektrum. Und sie ruft zu einem öffentlichen Ratschlag am 6. Juli 1999 auf. Denn sie verbindet damit die Hoffnung, daß sie gemeinsam mit den Kräften, die bisher das linke&radikale Profil des Partisan.net bestimmten, neue, d.h. tragfähigere, Formen der Kooperation entwickeln kann.

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