Probleme der Linken  (TEIL IV)
Die "Interim" & Israel
Eine Text-Auswahl aus der Interim 555

09/02
 

trend
onlinezeitung
Briefe oder Artikel info@trend.partisan.net ODER per Snail: trend c/o Anti-Quariat 610610 Postfach 10937 Berlin
Nachdem es in der Nr. 550 & 551 der  INTERIM, dem Verlautbarungsorgans der (west)berliner Autonomen, zu Kontroversen über die Parteinahme gegen Antisemitismus und die Behandlung der Nahostfrage gekommen war, dokumentierte der trend 6/02 die wichtigsten Artikel. Dann schien erstmal Schluss mit dem Austausch von Standpunkten. In der am 18.7.2002 erschienenen INTERIM Nr. 554 wurde die Debatte nun sogar als "Schwerpunkt" der Ausgabe wieder aufgenommen. Die wichtigsten Artikel daraus dokumentierten wir in der Nr. 7-8/02. In der INTERIM 555 wurde die Auseinandersetzung fortgesetzt.

555 / Seite 12

Dem Geschichtsrevisionismus keinen Raum!
Eine Antwort auf das Plattform-Papier und auf Timurs Truppen (Nr. 554)

Dem Aufruf der letzten Interim-Redaktion folgend wollen wir mit diesem Diskussionsbeitrag zum letzten Heft zur konstruktiven Auseinandersetzung um die Israel- bzw. Palästina-Solidarität beitragen. Besonders ärgerlich war der Beitrag von Timur und seinen Truppen. Zunächst wollen wir aber auf das Plattform-Papier der Interim-Mehrheit eingehen.

Im Großen und Ganzen bleibt das Papier im Ungefähren und Allgemeinen, ein typisches Konsenspapier halt. Allerdings haben wir bei einigen Passagen doch starke Bauchschmerzen. Da wird beispielsweise bedauert, dass ein „positiver Bezug auf einen palästinensischen Befreiungskampf angesichts des Erstarkens von Gruppen wie Hamas oder islamischer Dschihad und dem schwindenden Einfluss fortschrittlicher Kräfte bei den Palästinenserinnen sehr viel schwieriger geworden ist Nicht erklärt wird, weshalb man sich überhaupt positiv auf diesen sogenannten „Befreiungskampf" beziehen sollte.

Als Linke müssen wir doch fragen, wer sich denn da von was befreien will. Der berechtigte Widerstand der Palästinenser gegen soziale Ungerechtigkeit und Diskriminierung ist doch kein „Befreiungskampf"; es sei denn unsere gewerkschaftlichen oder antirassistischen Kämpfe hier würden auch als „Befreiungskampf" bezeichnet. Werden sie aber nicht. Sondern es ist immer dann von Befreiungskampf die Rede, wenn es um Nationalismen geht. Wenn ethnisch konstruierte Volksgemeinschaften sich von vermeintlichen „Fremdherrschern" befreien wollen. Daran ist aber unserer Ansicht nach nichts Linkes zu finden. Wir ergreifen nicht deshalb Partei für einen palästinensischen Staat, weil wir denken, dass das „palästinensische Volk" ein Recht auf nationale Selbstbestimmung habe, sondern weil wir momentan leider keine andere Möglichkeit für einen Frieden sehen, der jedoch wiederum für die Existenz Israels absolut notwendig ist.

Selbstbestimmung ist kein Recht von Volksgemeinschaften, sondern von gesellschaftlichen Betroffenengemeinschaften oder Individuen. Alles andere ist typisch Rechts. (Womit niemand, der so argumentiert gleich als Nazi bezeichnet werden soll - um Missverständnissen vorzubeugen.) Leider argumentieren gerade die meisten Palästinenser so, auch solche die sich als Links bezeichnen, auch jene Aktivistinnen in Berlin. Dass sie damit dem ganzen rechts-nationalen Volksgemeinschaftsquatsch auf den Leim gehen, scheint ihnen leider nicht klar zu sein oder es ist ihnen egal.

Das andere, was an dem Text absolut inakzeptabel ist, ist die Bezeichnung der israelischen Bevölkerungspolitik als rassistisch („Rassismus pur"). Man muss diese Politik nicht toll finden, aber Israel ist eben kein Staat wie alle anderen. Er ist als Schutzraum der überall in der Welt von Antisemitismus betroffenen Jüdinnen und Juden geplant und aufgebaut worden. Es ist der einzige Flecken Erde, wo sich Juden und Jüdinnen selbstständig gegen antisemitische Angriffe verteidigen können (und leider müssen). Das funktioniert natürlich nur, wenn die als Juden (zumindest immer potentiell - und nicht nur in Deutschland) Verfolgten dort auch die Gesellschaft prägen. Wenn dort 80 Prozent nichtjüdische Araberinnen leben würden (und die würden da gerne leben!) und wenn jene dann konsequenterweise auch die Regierung stellen würden, hätte der Staat als Schutzzone der Jüdinnen/Juden - und

das ist seine Legitimität und Notwendigkeit - seinen Sinn verloren. Dies mit aggressivem Rassismus gleichzusetzen, ist wirklich dumm und verkennt völlig das Spezifische der Existenz Israels. Wir fragen uns, weshalb Ihr dann überhaupt für das Existenzrecht Israels seid?! Wir sind GEGEN die Existenz von Staaten - auch eines israelischen - wenn der nicht als selbstorganisierter Schutzraum für Juden und Jüdinnen funktioniert. Das aber soll und muss er! DESHALB: Solidarität mit Israel!

Ganz perfide jedoch ist das Papier von Timur und sein Trupp. Hier wird in bester neurechter, geschichtsrevisionistischer Art der Holocaust relativiert, in dem ihm seine Einzigartigkeit abgesprochen wird. Dass so etwas in der Interim möglich ist, finden wir schon krass... Massenmord gibt es immer wieder, auch sogenannten Völkermord. Aber einen INDUSTRIALISIERTEN Massenmord, praktisch am Fließband, das hat es sonst nirgendwo gegeben. Sechs Millionen Jüdinnen und Juden wurden nicht einfach umgebracht oder im Blutrausch abgeschlachtet, sondern planmäßig, maschinell vernichtet, wie Unkraut, und ihre Überreste verwertet, wie Rohstoffe. Und fast die ganze deutsche Bevölkerung hat geschwiegen, zugeschaut und profitiert, denn diese fabrikmäßige Vernichtung entsprach dem Willen der Mehrheit. Das IST einzigartig! Wer das - gerade als Deutsche/r - relativiert, muss sich fragen, ob er/sie in der Linken richtig aufgehoben ist... Wir finden eindeutig nein!

Israel ist - siehe oben - nicht „irgendeiner von über 150 Nationalstaaten auf der Welt". Wer das als Linksradikaler sagt (und wir setzen hier einmal voraus, dass Linksradikale wie wir Nationalstaaten im Prinzip ablehnen), die/der erkennt das Existenzrecht Israels nicht an. Wir sind - um es noch einmal zusagen - nicht Solidarisch mit Israel, weil wir einen israelischen Nationalstaat toll finden, sondern weil die Existenz dieses Staates die einzige Möglichkeit für Juden und Jüdinnen ist, sich kollektiv zu verteidigen und - als über Jahrhunderte überall auf der Welt immer wieder Verfolgte - selbstorganisiert frei von Antisemitismus zu leben. Und es ist eine historische Konsequenz aus dem Holocaust!!!

Richtig ist die Forderung von Timur, deutsche Autonome sollten sich nicht als Außenminister üben und so tun, als wenn sie eine Lösung für den Nahost-Konflikt entwickeln müssten. Das ist richtig. Auch die Forderung, sich nicht zu verhalten und zu hoffen, dass die „Konfliktparteien" die „Tragödie" „doch bitte einfach beenden", ist zwar anti-politisch, aber immer noch nachvollziehbar. Nur haben „die Antideutschen" nicht wie unterstellt damit angefangen, Waffen für Israel zu sammeln. Sie reagieren vielmehr auf die rechte wie vermeintlich linke Solidaritätsbewegung mit der palästinensischen Intifada, die nicht nur für Palästina, sondern auch gegen Israel ausgerichtet ist. Dagegen nehmen wir Stellung! Wir akzeptieren diese Angriffe auf den israelischen Staat und seine Existenz nicht! Es sind doch im Gegenteil immer jene Intifada-Freunde, die das (nicht zu leugnende) Elend der Palästinenserinnen, also die konkrete Situation im Nahen Osten heranziehen, um ihr Engagement gegen Israel zu rechtfertigen. SIE stellen Forderungen an den israelischen Staat (Rückzug aus den besetzten Gebieten etc.) und an die Bundesregierung und organisieren auch derart ausgerichtete Demos. Von Israel-Solidaritäts-Seite hingegen wird hauptsächlich Solidarität mit der Existenz Israels bekundet und gegen den Antisemitismus in dem ganzen Nahost-Diskurs protestiert. Und das sollten eigentlich alle Linken tun, denn wie die Interim-Mehrheit richtig schreibt, ist der Kampf gegen Antisemitismus eine linke Grundauffassung, hinter der niemand zurückgehen darf.

Interim-Lesezirkel Friedrichshain-Süd

555 / Seite 14/15

Über die erstarkende Feindschaft gegen die Juden im Deutschland des 21. Jahrhunderts

Er macht sich wieder breit, wird stärker, frecher, argumentiert schembar gar, gibt sich mal national, mal internationalistisch. Und er wird von Personen, die Name und Adresse haben betrieben. Er -wird von scheinbar sich widersprechenden politischen Kräften propagiert von PDS bis Möllemann, von Schröder bis Walser und Mahler. Er hat seine Facetten und ein schier unerschöpfliches Arsenal an oft verbluffenden Dummheiten und abgrundtiefer Brutalität Im Hintergrund: Nicht nur Pogrome, Vertreibung, Mord und Raubmord, sondern die Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, Treblinka, Sobibor, Chelmw, Majdanek-Lublin.... Die Rede ist vom Antisemitismus, der Feindschaft und dem Haß gegen die Juden. Ganz aktuell schwimmt der Antisemitismus auf einer Welle, die so neu nicht ist: Um den „Zionismus" soll es momentan angeblich gehen, um den Krieg zwischen der israelischen Armee und den bewaffneten Kräften in den palästinensischen Autonomiegebieten, tönt es. Tatsache aber ist, dass Synagogen angezündet und angegriffen werden, dass „ Tod den Juden" auf Transparenten zu lesen ist, dass zudem im faktischen Organ der PDS „Neues Deutschland" vom FDP-Möllemann der Wahlsieg von Haiders FPÖ als „Emanzipation der Demokraten" gefeiert wird. Und aller Orten wird gemurmelt „Da ist doch was dran". Lohnt es sich, solche „ unter aller Kritik " stehenden Behauptungen aus dem Arsenal des Antisemitismus zu widerlegen? Nun, gegen eingefleischte Antisemiten kommt niemand mit Argumenten an, da müssen andere Mittel her. Aber immerhin ist auch eine gegen diese Strömung eingestellte Tendenz bei den antifaschistisch und revolutionär orientierten Kräften in Deutschlandzuverzeichnen. Insofern muß die These: „Die Juden sind selbst an der Judenfeindschaft schuld" Gegenstand unserer Kritik sein. Denn der sich verstärkende Antisemitismus ist eine zunehmend gefährlicher werdende Waffe des deutschen Imperialismus nach innen und nach außen.

Das ganze demagogische Denkmuster „Die Juden sind selbst schuld am Antisemitismus" ist tief verwurzelt in der Geschichte der Feindschaft gegen die Juden. Immer schon schoben die Judenfeinde scheinbare „Argumente" dieser Art vor: Der religiöse christliche Antisemitismus hatte die Floskel der christlichen Bibel, dass ..die Juden" Schuld an der Kreuzigung von Jesus seien als Grund für Pogrome und Kreuzzüge. Der wirtschaftliche Antisemitismus behauptete als Legitimation für seine Raubmorde die „armen Leute" würden „von den Juden" durch Übervorteilung im Handel und Geldhandel ausgebeutet, die reichen Juden wären halt zu reich und die armen Juden wären halt zu arm. Der rassistische Antisemitismus der Nazis, der auf die vorangegangenen Aspekte nicht verzichtete, konzentrierte sich auf die Konstruktion einer angeblich „minderwertigen und lebensunwerten Rasse der Juden", die wie die als „Zigeuner" diffamierten Sinti und Roma zutiefst schlecht seien und nicht gebessert werden könnten, sondern wie Bazillen seien, mit denen man ja auch nicht verhandelt oder die man ja auch nicht erzieht, eben vernichtet werden müssen. Die bloße Existenz der Juden ist nach Ansicht der Antisemiten das Problem, würden sie nicht existieren, gäbe es auch keinen Grund mehr zur Feindschaft gegen die Juden. Es ist bekannt, daß dieses Programm der Vernichtung der Juden durch die Nazis im großen Maßstab durchgeführt wurde. Doch ganz haben dies die Nazis trotz ihrer Deportationen in die Vernichtungslager, trotz ihrer Versuche der Nazi-Armee unter General Rommel, Palästina zu erobern, nicht erreicht. Die Rote Armee als Kem der Anti-Hitler-Koalition befreite Auschwitz und Europa von der Nazi-Mörder-Herrschaft, die Anti-Hitlerkoalition, darunter nicht wenige jüdische Soldaten und Partisanen, besiegte Nazi-Deutschland. Der Nazifaschismus war militärisch besiegt, die große Masse der Nazis in Deutschland wechselten das Hemd und das Parteiabzeichen.

Deutschland wurde gemäß dem Potsdamer Abkommen 1945 besetzt. Die Nazi-Parole, dass der „Stärkere recht hatte" und die Tatsache, dass die Anti-Hitler-Koalition stärker war, führte in der Tat, gepaart mit dem schielen auf den momentan „Stärkeren" zu einer oberflächlichen Abwendung von Hitler. Und die Verbrechen der Nazis? Der Völkermord an den Juden, wurde von all jenen, die ihn nicht abstreiten oder abschwächen konnten, als große Schmach empfunden. Was aber schmerzte? Die ermordeten jüdischen Familien? In Einzelfällen vielleicht, aber was schmerzte war eigentlich, daß „Deutschlands Ehre" beschädigt sei!! Der deutsche Nationalismus war der Grundton im propagandistischen Dreiklang der Nazis. „Deutschland erwache", bildete in vielerlei Hinsicht die Basis fat„Juda verrecke" und „Tod dem Bolschewismus". Wenn in einem Dreiklang der dritte Ton eine Weile zu fehlen scheint, dann schwingt er dennoch mit: Nach 1945 wurde ohne Pause am Wiederaufstieg „Deutschlands", des stark geschwächten deutschen Imperialismus gearbeitet. „Tod dem Bolschewismus", gerichtet gegen die siegreiche sozialistische Sowjetunion mit Stalin an der Spitze, wurde gar noch verstärkt. Und „Juda verrecke" schien verstummt zu sein. Ja, die alten Nazis die wieder in Amt und Würde waren, schmückten sich vor allem international fast ohne Ausnahme mit .Jüdischen Freunden", erwiesen scheinbar „Respekt" und hielten Sonntagsreden, wie schlimm alles gewesen sei, und daß jetzt alles besser werde.

Der deutsche Imperialismus erstarkte, die durch Bürokratismus und Revisionismus längst revolutionärer Inhalte beraubte, nun selbst imperialistisch auftretenden Sowjetunion löste sich unter dem Druck der anderen imperialistischen Großmächten weitgehend auf, verkaufte vorher noch die ebenfalls vom Bürokratismus und Revisionismus zerfressene Karikatur auf einen sozialistischen Staat darstellende DDR an den deutschen Imperialismus. Deutsche Soldaten kämpfen gemeinsam mit dem feindlichen „Freund", dem US-Imperialismus in fast allen Erdteilen. Deutschland ist wieder erwacht. Alles was nur im entferntesten am Bolschewismus erinnert, alles was nur nach Revolution riechen könnte wird bekämpft und die deutsche Geschichte scheint endgültig „bewältigt".

Die deutsche Basis ist erwacht, und der deutsche Überbau schreitet zudem voran, mal mehr mal weniger. Die Revision der Geschichte, die Revision des Siegs der Anti-Hitler-Koalition über den Nazi-Faschismus hat längst begonnen. Das Umschreiben der Geschichte begann direkt 1945. Ab und zu gab es ein paar Skandale auf diesem Weg, die in größerem Umfang öffentlich wurden. Irgendjemand „störte" da, der dritte Ton des Dreiklangs der Nazi-Ideologie wurde mobilisiert. „Der Jude stört", das Credo des Antisemitismus nach Auschwitz wegen Auschwitz!! „Die Deutschen werden den Juden Auschwitz nie verzeihen", heißt es zu Recht sarkastisch und polemisch gesprochen: die Erinnerung an diese massenmörderische Tat des Nazi-Deutschlands, die in der bloßen Existenz überlebender Juden enthalten ist. Die heutige Fassung des „Juda, verrecke"!

„Der Jude stört" - tönte es als in Bitburg 1985 jüdische Demonstranten dagegen protestierten, daß von höchsten Repräsentanten des westdeutschen Imperialismus Kränze auch an Gräbern von SS-Mördem niedergelegt wurden.

„Der Jude stört" - tönte es als die Spitze deutscher Historiker mit Noite 1989 im sogenannten „Historikerstreit" die Massenvemichtung der europäischen Juden als doch angeblich „berechtigte" Antwort auf den Bolschewismus „erklärte".

„Der Jude stört" beim Streben des deutschen Imperialismus, im Bündnis und in Rivalität mit dem US-Imperialismus wieder alte und neue Macht und Herrlichkeit in Europa und der Welt zu errichten. Der Antisemitismus, auf der Straße durch Nazi-Schläger und Nazi-Mordbanden präsent, ist auch in den verschiedenen oberen Abteilungen des deutschen Imperialismus - mal mit verteilten Rollen, mal in gleichem Tonfall - präsent, aktiv und zudem ein Trumpf-As im Ärmel, wenn es gilt, Hindernisse aus dem Weg zu räumen.

Schröder, Waiser und Möllemann schrieben in den letzten Wochen, in denen auch in Deutschland verstärkt Tag und Nacht antisemitische Anschläge durchgeführt werden, in dieser unendlichen Geschichte das vorläufig aktuelle Kapitel.

Waiser, praktizierender Antisemit, hatte vor Jahren bereits sein „Deutschland erwache" mit dem Kampf gegen die angebliche „Auschwitzkeule" als „Friedenspreisträger" unter dem tosenden Beifall der oberen Tausend des Überbaus des deutschen Imperialismus vorgetragen. Schröder, der vorschlug, daß endlich deutsche Soldaten im arabisch-israelischen Konflikt mal militärisch eingreifen und da für Ruhe und Ordnung sorgen sollten, so daß endlich mal wieder „normal" und im „Interesse des Friedens" deutsche Soldaten „Juden erschlossen gehen", traf sich zum 8. Mai 2002 zur Aussprache mit dem literarischen Chef des Antisemitismus, Martin Waiser, um über das Programm des „Deutschland erwache" zu schwadronieren. Das war die politische Rückendeckung für die wenig später erfolgende Walser-Haß-Tirade über den „Tod des jüdischen Kritikers", den er herbeisehnt, der aber nicht kommt, immer noch nicht kommt, denn diese Juden sind zäh und ewig, klagen Deutschland an durch ihre bloße Existenz, so tönt es. In dieser Zeitspanne eröffnete eine Abteilung des deutschen Imperialismus mit Möllemann an der Spitze die Kampagne, in Deutschland auch eine Abteilung ähnlich Le Pens und Haiders zu stabilisieren -mit dem Programm des Bündnisses mit diversen reaktionären Regimes des Erdballs in zunehmender Opposition gegen den US-Imperialismus und verschärftem Antisemitismus.

„Der Jude stört" auch bei diesen Manövern der führenden Persönlichkeiten des deutschen Imperialismus, er protestiert gar gegen die politische Popularisierung der antisemitischen Grundfigur, dass „der Jude doch selbst schuld sei", ohne Juden gäbe es auch kein Antisemitismus, und wenn sie den Mund aufmachen würden, bekämen sie eben aufs Maul.

Obwohl es fast nebensächlich ist, dass Möllemann den sich verstärkenden Antisemitismus an der Person Michel Friedmanns und an der Person Sharons (an der heutigen Politik Israels) festmachte, und so den -aus seiner Sicht berechtigten - verstärkten Judenhaß legitimierte, sei folgende rhetorische Frage zur Widerlegung erlaubt:

Wäre Israel heute kein reaktionärer Staat, sondern ein fortschrittlicher Staat, der konsequent den deutschen Imperialismus anprangern und bekämpfen würde, wäre dann der Antisemitismus in Deutschland geringer?

Wäre Michel Friedman, ein CDU-Mitglied, und gewiß kein konsequenter Demokrat, um es vorsichtig auszudrücken, in seiner Funktion als Mitglied des Zentralrats der Juden in Deutschland, konsequenter, unerbittlicher, rücksichtsloser, - wäre dann der Antisemitismus in Deutschland geringer?

Der Antisemitismus in Deutschland als fester Bestandteil der Ideologie der deutschen Herrenmenschen ist im Kommen, ist populär bis hinein in sich selbst gar als „links" begreifende Teile der Bevölkerung auf dem Weg des Aufstiegs des deutschen Imperialismus.

Der Antisemitismus ist von wirklich antifaschistischen und revolutionären Kräften konsequent und in all seinen Facetten - nicht erst der eleminatorischen - als Todfeind zu bekämpfen, ihm sind keinerlei Zugeständnisse zu machen, in Solidarität mit den toten und lebenden Juden, im Bewußtsein, dass der Antisemitismus gemeinsam mit dem deutschen Nationalismus und Antikommunismus einer der schärfsten Waffen der deutsch-imperialistischen Reaktion ist.

555 / Seite 15

RECHTSDREHENDE KULTUREN IN DER LINKEN

Eigentlich wollten wir einen ahnlichen Text, wie .Notwendige Intervention..." und .Israel S Interim: es geht um mehr!" schreiben. Da ihre Kritik wesentlich mit unserer übereinstimmt, wollen wir nun einiges zur Einschätzung über die Gruppen Bahamas, Antideutsche Kommunistinnen, AAB, AutonomeAntifaNordOst u.a. ergänzen. Insbesondere bei den Bahamas sehen wir, daß sie den Rechtsruck in der Linken forcieren und die Theorie dafür liefern. Gewisse Antifazusammenhänge packen auch mal gerne zu, machen den Saalschutz auf Veranstaltungen und greifen Leute auf Demonstrationen an.

Die Behauptung der Bahamas, .links" zu sein, dient nur dazu, theoretisch intervenieren zu können und sich wichtig zu machen. Ihre Inhalte und Positionen unterscheiden sich nur wenig von denen rechter Demagogen.

Ausgangsbasis ihres politischen Konzepts ist (nachdem sie 1995 „erkannt" haben, daß „politische Praxis nur ein falscher Traum" ist), daß „ein loser Verband kritischer Zirkel, die einzig derzeit möglich linke Praxis ist." Die politische Praxis abzulehnen, kennen wir von Adorno / Frankfurter Schule und ist ausgesprochen „Erste Welt" zentristisch.

Wir fragen uns, was sind das für Leute, die es sich leisten können, ausschließlich in ihren Theoriezirkeln zu sitzen? Doch nur Leute, die keine Angst zu haben brauchen, aus Wohnung, Job oder sozialem Netz raugeschmissen zu werden, keine Angst zu haben brauchen, aufgrund ihrer Hautfarbe oder Religion angegriffen oder getötet, oder aufgrund ihres Geschlechts vergewaltigt zu werden.

Ihr angeblicher Anspruch „vorwärts durch Kritik" entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als dessen Gegenteil; sie bewirken eine weitere Spaltung, Lähmung und einen Roll-Back in der Linken. Aber wie fortschrittlich sind ihre Ansprüche? Ohne darauf weiter einzugehen (Artikel gab's genug) erwähnen wir hier nur noch mal die Knüller:

Ihre „Kritik" führte zur Rechtfertigung/ Legitimation von Vergewaltigungen und der Behauptung, das Patriarchat in der „Ersten Welt" sei abgeschafft und nur noch in Familien von Immigrantinnen zu finden (Artikel .Infantile Inquisition").

Nach dem Zusammenbruch des „Ostblocks" kam als neues Feindbild der westlichen Industrienationen der Islam auf. Parallel dazu versuchen die Bahamas, dieses in der Linken zu etablieren So behaupten sie in ihrer Erklärung zum 11 9.01, daß der Islam im Gegensatz zur westlichen Zivilisation gar keine Kultur ist/hat, sondern als moderne Form der Elendsverwaltung nur deren „finstere und mörderische Kehrseite" darstellt. Die Islamisierung sei „die Befreiung von jeder Möglichkeit der Befreiung" und „nur "von außen", d.h. mit der vereinten militärischen Gewalt der anderen Staaten, zu brechen. Die Befürwortung dieser Kriegseinsatze ist aggressiver Rassismus nach dem Motto: Die intellektuelle Erste Welt bringt den Barbaren die Zivilisation!

Ihre Meinung zur Transsexualität steht der von Nazis in nichts nach So äußerte einer der Redakteure auf einer Veranstaltung zu einem Plakat welches ein erotisches Torsomotiv des Zwitters und Fotographen Del La Grace Volcano verwendetete: „So sehr der Lust beraubt, daß der ideale Träger der Lust wie ein Bild aus dem Kuriositätenkabinett körperlicher Anomalien daherkommt, wie man es vor 100 Jahren mit wohligem Gruseln zu beschauen gewohnt war, gibt sich der Gender-Diskursant als wahrhaft desexualisiertes Ungeheuer zu erkennen". Er tritt dafür ein, die Zwitter in möglichst früher Kindheit chirurgisch und hormoneil in eines der zwei offiziellen Geschlechter zu zwingen, da sie sonst später kein „Höchstmaß an sexuellem Glück" erfahren könnten. Der Preis, der für diese Normierung der Körper bezahlt werden muß, sind oft lebenslange psychische und körperliche Schmerzen. Uns wundert warum sie nicht gleich vorschlagen, solche „Anomalien" abzutreiben.

Allein durch ihre Wortwahl und aufhetzende Rhetorik versuchen sie die Leserinnen emotional für ihre jeweiligen Positionen zu mobilisieren. Dafür benutzen sie auch die üblichen gesellschaftlichen Feindbilder - sexuell frustierte Emanzen, durchgeknallte Araber usw. Eine fortschrittliche Diskussion zeichnet sich durch Dialektik und damit das Gegenüberstellen und Widerlegen der verschiedenen Argumente aus. Die Bahamas stellen eine Behauptung auf und polemisieren nur in diese eine Richtung Die Flut der Beschimpfungen soll Leserinnen verunsichern und davon abhalten ihre Behauptungen kritisch zu hinterfragen. Das ist Demagogie.

All das zeigt, daß die Bahamas und ihr politisches Umfeld schon längst keine Linken mehr sind. Wir raten allen, sich ihre Texte durchzulesen. (Vorsicht Kotzgefahr!) Wir halten es für falsch zu hoffen, daß sie von alleine verschwinden, wenn mensch sie nur lange genug ignoriert.

Ihnen sollte kein Raum mehr innerhalb der Linken gegeben werden

Theoriezirkel Pyrogener Progressiv Purgantischer Plebs!

Quellen:

  • Erste Erklärung der Bahamas zum 11.09.01 (www.linkeseite.de)

  • Editorial der Bahamas # 18 und # 28

  • Artikel der Bahamas „Infantile Inquisition" (www.redaktion-bahamas.de)

  • Artikel „Notwendige Intervention"

  • Artikel "Interim & lsrael: Es geht um mehr!" (www.indymedia de)

  • Artikel zur Veranstaltung der Gruppe Les Madelaines zum Thema .Subjekt und sexuelle Verhältnisse", bei der ein   Redakteur   der   Bahamas   zum   Thema „Entsexualisierung der linken Szene" schwadroniert hat. (http://www.x-berg.de/gender/)