Anregend unfertig
Die Broschüre der DKP über ihre wohnungs- und mietenpolitische Konferenz 2014

kurz besprochen von Karl Mueller

09-2014

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onlinezeitung

Auf dem 20. Parteitag der DKP am  2./3.März 2013 wurde die Durchführung  einer bundesweiten Konferenz unter Einbeziehung der SDAJ zur Wohnungs- und Mietenpolitik beschlossen, "mit dem Ziel eine Position zur derzeitigen Wohnungs- und Mietenpolitik zu entwickeln und Wohnungs- und mietenpolitische Forderungen der DKP zu erarbeiten."  Der Antrag der DKP Main-Kinzig wurde als Material für diese Konferenz angenommen. Er enthielt 13 Forderungen, die sich in der 64seitigen DIN A5 Broschüre der DKP über ihre wohnungs- und mietenpolitische Konferenz 2014 so nicht wiederfinden, ebensowenig wie die angekündigten programmatische Eckpunkte einer antikapitalistischen Wohnungs- und Mietenpolitik zu finden sind. Insofern dokumentiert diese Broschüre den gegenwärtigen unfertigen Diskussionstand innerhalb der DKP,  der sich durch themenspezifisch unterschiedlich gewichtete Beiträge darstellt. AktivistInnen aus anderen linken Spektren waren nicht eingeladen (?!).

Im Einleitungsreferat focussiert Wolfgang Richter (3-5) die zukünftige DKP-Wohnungspolitik auf Reformen, indem er dafür plakativ formuliert: "Kommunalisierung der Wohnungsversorgung und Regelungen für deren Gestaltung durch die BewohnerInnen." Daraus folgt für ihn notwendigerweise der "Wiedergewinn fachlicher Kompetenz".

Der erste Beitrag von Klaus Stein (5-15) widmet sich der Grundrente und ihren Auswirkungen auf die Mietpreise. Mit Zitaten aus dem III. Band des Kapitals definiert er die Grundrente und ihre ökonomische Wirkungsweise. Für ihn wirkt dabei namentlich in Stadtlagen die Grundrente als Diffentialrente. Dabei hat er insbesondere die Lage als Triebkraft des Bodenpreises im Auge, was einer Umkehrung des Sachverhalts gleichkommt, der darin besteht, dass hoher Bodenpreis als solcher dadurch entsteht, dass eine spezifische Lage in der Konkurrenz besonders nachgefragt ist. (Näheres siehe dazu in dieser Ausgabe: Die Monopolrente als Preis für die Nutzung des Bodens zu Wohnzwecken)

Der theoretisch anspruchsvollste Beitrag stammt von Klaus Linder (16-30). In gut der Hälfte des Textes werden die ökonomischen Bedingungen der kapitalistischen Wohnungswirtschaft dargestellt, wobei erfreulicher Weise klargestellt wird, dass die Mietpreise im wesentlichen durch die Produktionskosten und nur zu 10-20 Prozent durch die Grundrente bestimmt werden. Wie er auf diese Prozentzahlen kommt, bleibt jedoch sein Geheimnis. Schließlich liefert er im Sinne der Marxschen Kritik der Politischen Ökonomie den Hinweis, dass die Wohnung "Ware und zugleich zinstragendes Kapital in Warenform ist"(20). Für DKPlerInnen wahrscheinlich nicht - für andere Linke schon - ist seine Behauptung, der heutige Kapitalismus habe im Monopol seine Grundlage (21), eine reine ins Blaue Feststellung. Offensichtlich ist sie die theoretische Krücke, um der Taktik vom "antimonopolistischen Abwehrbündnis" (24) und der Qualifizierung heutiger Wohnungspolitik als "staatsmonopolitisch"(27)  Plausibilität zu verleihen. Die zweite Hälfte befasst sich mit der Rolle des Staates und gibt einen kurzen Überblick über die von der ArbeiterInnenbewegung durchgesetzten Reformen. Den Schluß bilden ein paar aktuelle Zahlen aus Berlin, die sich leider nicht mit dem "politökonomischen" Teil seiner Abhandlung vermitteln.

Der anschließende Aufsatz von Siw Mammitzsch (30-42) will einen Blick in den Alltagskampf gegen Wohnungsnot und Mietpreistreiberei im Ruhrgebiet vermitteln. Ausgehend von der Überlegung, dass eine Wohnung sowohl als Handels- und als auch Leihkapital verwertet werden kann, macht sie als am stärksten von der Profitmacherei im Wohnungsbereich Betroffene  "Bezieher der unteren und mittleren Einkommen" (33) aus.  Dies ist ein wenig befremdlich, legt doch der Titel der Broschüre nahe, sich mit der ArbeiterInnenklasse zu beschäftigen. In dieser Weise verkürzt, entsteht der Eindruck, dass sich die Klassenzugehörigkeit aus der Höhe des Einkommens ergäbe. Desweiteren erfahren wir, dass die Mietergemeinschaft Essen e.V. das zentrale politische Praxisfeld der DKP in Sachen Wohnungspolitik ist. Ihre kontinuierliche Mitarbeit war eine wesentliche Voraussetzung, dass dieser Verein seit 15 Jahren besteht und große Kampagnen wie zum Beispiel ein Bürgerbegehren organisiert hat. Auch sei eine Vernetzung zu einem "Mieterforum Ruhr" mit den Mietervereinen Dortmund, Witten und Bochum gelungen , dieses bilde im Deutschen Mieterbund eine "Fraktion". Neben der Verbandsarbeit wird dann die Basisarbeit der Essener dargestellt, die im wesentlichen sozialarbeiterische Funktionen erfüllt. Daher endet der Bericht auch einig wenig skeptisch: "Wenn wir es aber innerhalb dieser Initiativen schaffen, den Blick auf die Eigentumsfrage zu richten, die wahnsinnigen Profite in den Focus zu rücken, dann kommen wir kleine Schritte weiter."(42)

Ab Seite 42 bis 49 werden Diskussionbeiträge von der Konferenz wiedergegeben. Tine aus Berlin schildert Probleme der Wohnungsuche "junger Menschen".

Peter Lommes aus Krefeld stellt vier Punkte zur Diskussion: 1) "Wohnen ist eine Menschenrecht und damit eine besondere Ware." 2) Die DKP solle sich auch um genossenschaftlich Eigentumsformen kümmern, um "Wohnen weitestgehend aus der Kapitalverwertung herauszubrechen". 3) "Jegliche Beschneidung der Profitlogik" führt "unweigerlich zu höheren Mieten". 4) "Kleineigentümer", die bis zu 20 Wohnungen vermieten, sind durchaus als "Bündnispartner" der DKP anzusehen.

Philipp Kissel aus Frankfurt am Main bringt in seinem Beitrag die Kontrolle über die Städtischen Wohnungsbaugesellschaften ins Spiel und bezieht sich mit drei Schlussfolgerungen auf Klaus Linders Referat. 1) In der Vereinsarbeit muss über die Rolle des Staates und sein Zusammenspiel mit den Monopolen aufgeklärt werden, um die falsche Vorstellung von der Neutralität des Staates zu überwinden. 2) "Der Kampf um unsere mietenpolitischen Forderungen muss mit dem Lohnkampf verbunden werden, unsere Arbeit im Wohngebiet mit der im Betrieb und umgekehrt." 3) "Und schließlich sollten wir offensive Sozialismuspropaganda betreiben, denn die Arbeiterklasse hat gezeigt, dass sie es kann: Die Wohnungsfrage lösen. In der DDR war die Miete bezahlbar und trotz aller ökonomischen Widrigkeiten wurde für Wohnraum gesorgt, es gab keine Obdachlosigkeit. "

Die Broschüre wir schließlich komplettiert (50-62) durch zwei Aufsätze aus der UZ von Claus Schreer und Klaus Seibert, sowie dem Konferenz-Schlußwort von Patrick Köbele, dem Parteivorsitzenden.

Vergleicht man diese Broschüre mit der vulgärökonomischer Behandlung der Wohnungsfrage bei Andrej Holm in seinem Buch "Mietenwahnsinn", so ist diese, die sich der Marxschen Kritik der Politischen Ökonomie und dem sozialistischen Ziel verpflichtet sieht, heute ein wahrer Rausreißer. Gemessen am Auftrag des Parteitages wurde nicht viel erreicht. Doch das muss kein Nachteil sein. Gerade in seiner additiven Problembehandlung und den Illusionen, wie z.B. Kapital durch Genossenschaften zu neutralisieren, bietet diese Broschüre durch sein Festhalten an der Klassenfrage einen anregenden Ausgangspunkt für Debatten zur Herausbildung eines antikapitalistischen wohnungspolitischen Programms.

Unsere Zeit Dokumentation
Die Wohnungsfrage ist eine Klassenfrage
Wohnungs- und mietenpolitische Konferenz der DKP Franfurt am Main, 22. März 2014

64 Seiten  Din A5
Preis 5 Euro

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