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taz ruhr 12.11.1998

It's a Sony

Interview mit Alfred Schobert vom Duisburger Institut fuer Sprach- und Sozialforschung ( DISS )

 

taz ruhr: Laut Spiegel haben Sie den Frontmann der Band Weissglut als "Nazi" bezeichnet. Josef Klumb hat Sie draufhin angezeigt.

Alfred Schobert: Ja, dem Spiegel zufolge haette ich Klumb eine Ehre erwiesen. Denn der meinte als Saenger von Weissglut und Forthcoming Fire im Fruehjahr 1997, er wuerde "auch wenn ich es tausendmal nicht waere oder bin", nun "ehrenhalber" die Bezeichnung "Neonazi" in Kauf nehmen. Nun, mir liegt es fern Klumb eine Ehre zu erweisen. Ich habe lediglich in einem Radiointerview auf die rechtsextremistischen Zusammenhaenge hingewiesen, in denen Klumb steht. Erstens hat seine Band 'Forthcomming Fire' eine Zeitlang versucht, als eine Art Hausband der rechtsextremen 'Jungen Freiheit' zu reussieren.  Zweitens hat Klumb noch dieses Jahr fuer das rechtsextreme Kommerzunternehmen VAWS -Verlag und Agentur Werner Symanek - gearbeitet; er war beteiligt an der Zusammenstellung einer CD zu Ehren der Nazi-Kultur-Ikone Leni Riefenstahl, und er ist auf einer diesem Herbst erschienenen Compilation zu Ehren des Nazi-Bildhauers Josef Thorak vertreten. Zudem hat Klumb auf der Frankfurter Buchmesse gleichzeitig Flyer fuer ein Weissglut-Konzert und die Unabhaengigen Nachrichten verteilt. Diese Zeitung ist das Organ einer Gruppe, zu der auch verurteilte Rechtsextremisten gehoeren, die Unabhaengigen Freundeskreise ( UFK )

Das Umfeld von Klumb ist also offensichtlich rechtsextremistisch. Gibt es neben den erwaehnten Aktivitaeten auch Rueckschlusse auf seine Weltsicht?

"Rechtsextremistisch" ist nicht die praeziseste Bezeichnung fuer jemand, wie Ekkehard Weil von den UFK, der ein Sprengstoffattentat auf Simon Wiesenthal veruebte. Was Klumbs "Weltanschauung" angeht, will ich nur einen Brief verweisen, in dem Klumb fragt: "Wer weiss schon wie tief der angebliche Nazi-Jaeger Simon  Wiesenthal in frueher Zeit mit der Gestapo kollabierte." Im selben Text schreibt er: "Zionismus ist Faschismus in Perfektion." Klumb wettert, wie der traditionelle harte Antisemitismus gegen "Hochfinanz", seine Verschwoerungstheorie ist lediglich durch massive Anleihen bei seinem Freund Jan Udo Holey alias Jan van Helsing "modernisiert", eben auf Esoterik getrimmt. - Nun es ist schon ein Symbol, ausgerechnet am 9. November zu erfahren, dass dieser Lautsprecher des esoterischen Antisemitismis mich wegen Verleumdung anzeigt, und gleichzeitig zu lesen, die Sony halte zu Weissglut.

Mit Sony sprechen Sie ja auch mit einen Grund an, warum eine noch unbekannte Band Schlagzeilen macht. Weissglut ist bei einem Major-Label gelander. Ist die "Neue Deutsche Haerte", zu der ja auch, gegen seinen Willen, Witt und Rammstein gezaehlt werden mit Vorsicht zu geniessen?

Zwischen Witt und 'Rammstein' auf der einen, Weissglut auf der anderen Seite sollte unterschieden werden: Der Anfuehrer von Weissglut ist seit Jahren und bis diesen Herbst in den organisierten Rechtsextremismus verstrickt, das macht einen qualitativen Unterschied aus. Rammstein kalkulieren mit den Riefenstahl-Nackedeis geschmacklos und mit fatalen politischen Effekten auf Skandal, Klumb von Weissglut ist politischer Ueberzeugungstaete, und das muesste der Sony klar sein.

In der 'Musikwoche' wird unterstellt, dass Sie eine "persoenliche Hexenjagd" betreiben und Klumb das Opfer sein koennte. Sind sie als Mitarbeiter des DISS solche Angriffe gewohnt oder trifft Sie diese Beurteilung ihrer Arbeit?

Ich nehme die Formulierung von der "Hexenjagd eines eifrigen Soziologen" lachend zur Kenntnis. Von Klumb kenne ich den "paranoiden Politologen", den "Berufshetzer" und als besonderes Highlight in einem Brief von 1997 an einen Journalisten und Musiker  den Satz: "Ich sehe in Schobert einen geisteskramlrm vom Staat bezahlten alten Kommunistenarsch, der hier einen heiligen Krieg vom Zaun brechen moechte". Widerwillig gewoehnt man sich an so etwas. Wenn, was wir beim DISS ab und an erleben, Gewaltandrohungen ins Spiel kommen, wird's flau im Magen. Als Klumbs Freund Symanek von VAWS in Muelheim/Ruhr ein Fotokopfgeld auf sich aussetzte, war mir nicht sonderlich wohl. Jetzt befuerchten zu muessen, dass die Rechtsabteilung eines bisher voellig uneinsichtigen Konzerns sich hinter Klumb stellen koennte, ist auch nicht erheiternd. Doch deshalb aufgeben? Ich glaube die Struktur des DISS und der Personalzusammenhang ist so gut und unsere Argumente sind stark genug, dass klein beigeben jetzt nicht angesagt ist.

Interview: Thomas Schad

Alfred Schobert, Mitarbeiter an dem Buch "Das Plagiat. Der voelkische Nationalismus der Jungen Freiheit" (1994); bereitet zur Zeit eine Publikation zum Thema Dark Wave und "Neue Rechte" vor.


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