trend spezial: Die Debatte über die LL(L)-Demos am 13.1.2013 in Berlin

Offener Brief gegen Spaltung der LL(L)-Demo

von Jugendverband REBELL /14.12.12

12-2012

trend
onlinezeitung

Vorbemerkung: Das Bündnis „Rosa & Karl“  rief am 7.12. 2012 zu einer eigenen Demo zeitgleich zur traditionellen LL(L)-Demo am 13.12.2013 in Berlin auf. Dieser spalterische Schritt, über dessen politischen Motive allerlei Spekulationen umlaufen, hatte verschiedene Stellungnahmen zur Folge, die wir in diesem TREND SPEZIAL dokumentieren. / red trend.

An die Vorstände der Falken, Jusos, Naturfreunde Berlin, DGB-Jugend, BundessprecherInnenrat der Linksjugend solid
 

Werte Kolleginnen und Kollegen,

 

mit Empörung haben wir zur Kenntnis genommen, dass ihr ernsthaft beabsichtigt, die diesjährige LLL-Demonstration zu spalten und eine zweite Demonstration parallel zur traditionellen Bündnisdemonstration zu organisieren.  Dies ist ein Schlag ins Gesicht des Erbes von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Wir möchten dringend aufrufen, die lange Tradition der gemeinsamen LL(L)-Demonstration fortzusetzen und das Spaltungsmanöver zurückzuziehen.
 

Während ihr euch bisher gegen die Schröder’sche Extremismusklausel gewandt habt, wendet ihr sie nun in verkappter Form selbst an, indem ihr zwischen „guten“ und „bösen“ Linken unterscheidet und euch dazu auch gleich selbst das Recht anmaßt, darüber zu urteilen. Nicht nur das: ihr erwägt sogar ernsthaft das Verbot des Tragens von Stalin-, Mao- und Ho-Chi-Minh-Bildern. Im Aufruf der Jusos und der Linksjugend vom 7. April 2012 „Extremismusklausel kassieren!“ heißt es noch völlig zu Recht: „Sie soll(en) die Bewegung in einen ,bürgerlichen‘ und einen ,extremen‘ Teil spalten“ – genau das macht aber ihr hier. Ist euch wirklich soviel daran gelegen, zum „bürgerlichen“ Teil gehören zu dürfen? Dieser Kniefall vor dem modernen Antikommunismus der Herrschenden hat mit dem mutigen, revolutionären Leben Liebknechts und Luxemburgs nichts gemein.
 

In eurer Rechtfertigung zur Spaltung der LLL-Demo ist die Rede vom Fabelwesen eines ominösen „antiautoritären Sozialismus“, den angeblich„emanzipatorischen Alternativen“, die im unversöhnlichen Gegensatz zu jeder Form der „Repression und Diktatur“ stünden. Mit dieser abstrusen Konstruktion müsstet ihr folgerichtig auch Leben und Werk von Karl und Rosa selbst aus den LL(L)-Feierlichkeiten ausschließen. Denn Liebknecht und Luxemburg waren Revolutionäre, Marxisten, Leninisten und standen für den wissenschaftlichen Sozialismus.
 

Im Gründungsprogramm der KPD von 1918, maßgeblich von Liebknecht und Luxemburg formuliert, heißt es nämlich: „Eine solche Ausrüstung der kompakten arbeitenden Volksmasse mit der ganzen politischen Macht für die Aufgaben der Revolution, das ist die Diktatur des Proletariats und deshalb die wahre Demokratie. Nicht wo der Lohnsklave neben dem Kapitalisten, der Landproletarier neben dem Junker in verlogener Gleichheit sitzen, um über ihre Lebensfragen parlamentarisch zu debattieren: dort, wo die millionenköpfige Proletariermasse die ganze Staatsgewalt mit ihrer schwieligen Faust ergreift, um sie … den herrschenden Klassen aufs Haupt zu schmettern: dort allein ist die Demokratie, die kein Volksbetrug ist.“

 

Stalin, Mao und Ho-Chi-Minh standen für eben diese Art von Sozialismus, haben ihn praktiziert und weiterentwickelt. Unter ihrer Führung wurden dem Imperialismus einige seiner größten Niederlagen beigebracht. Wir können von uns sagen, dass wir eine sehr differenzierte Meinung von ihnen haben, auch Kritik üben. Wer sich jedoch wie ihr in dieser Art und Weise gegen sie richtet, sie nicht einmal mehr als Linke zählt, dem muss bewusst sein, dass er damit ebenso Liebknecht und Luxemburg angreift.
 

Natürlich kann und soll man über die Beurteilung des Erbes von Karl und Rosa in der Jugendbewegung kontrovers diskutieren – ihr rechtfertigt aber mit eurer verzerrten Darstellung ihres Lebens und Wirkens den Ausschluss all jener, die den revolutionären Kern ihres Lebenswerks als richtungsweisend ansehen.

 

Ausdrücklich bekräftigen möchten wir auch, die alljährliche Demonstration nicht nur zu Ehren von Rosa und Karl, sondern auch zu Ehren von Lenindurchzuführen. Er war nicht nur enger Berater und kritischer Freund der beiden, sondern auch Führer der ersten erfolgreichen sozialistischen Oktoberrevolution.

 

Zweifelsohne vertreten wir – und viele Beteiligte – unterschiedliche weltanschauliche Standpunkte. Und gerade deshalb ist die LLL-Demo ein hohes Gutund in dieser Form einmalig, weil sie die wohl bedeutendste Demonstration für den Sozialismus in Europa ist – übrigens mit Jahr für Jahr wachsender jugendlicher Beteiligung. Wir stehen auch verschiedenen Aussagen aus dem von uns unterzeichneten Aufruf des LL-Bündnisses kritisch gegenüber; es gibt in unseren Augen auch einige kritikwürdige linkssektiererische Verhaltensweisen auf der Demo usw. Die Teilnehmer der Demo eint jedoch, dass wir für eine Alternative des Sozialismus jenseits des Kapitalismus stehen. Darüber lässt sich diskutieren und streiten, was man auch muss! Absolutes„No go“ ist es jedoch, dass wir in der linken, fortschrittlichen Jugendbewegung antikommunistische Spaltung zulassen.

Wir richten an euch den dringenden Appell, die Einheit der Jugendbewegung auf Grundlage des Kampfes zu wahren und weiterzuentwickeln. Die tiefste Weltwirtschafts- und Finanzkrise in der Geschichte des Kapitalismus verschärft sich. Die besondere Ausbeutung und Unterdrückung der Masse der Jugend wird sich erheblich verschärfen. Das fordert den gemeinsamen Kampf – über weltanschauliche Grenzen hinweg – heraus: Gegen die Jugendarbeitslosigkeit, Hartz IV und massenhafte Verarmung vor allem unter Kindern und Jugendlichen, für die Rettung der Umwelt, die die Herrschenden sehenden Auges auf dem Altar ihrer Profitgier opfern (siehe Doha …), gegen die wachsende Kriegsgefahr und jede Form kapitalistischer Ausbeutung und Unterdrückung. Sollte das nicht wichtiger sein als die Anbiederung an die Führung der heutigen Sozialdemokratie, die doch auch nichts sehnlicher wünscht, als wieder an die Futtertröge der Macht zu kommen und die Geschäfte des allein herrschenden internationalen Finanzkapitals zu führen? Statt sich zum Werkzeug antikommunistischer Spaltung zu machen, ist dies die Aufgabe aller ehrlichen Erben von Lenin, Liebknecht und Luxemburg.

 

Wir fordern euch im Interesse der Jugend, im Gedenken an Karl und Rosa auf, die Spaltung zurückzunehmen!


 

Für die gemeinsame LL(L)-Demo! 


 

Mit revolutionären Grüßen

Lisa Gärtner

Vorsitzende des

Jugendverbands REBELL

 

Editorische Hinweise

Wir erhielten den Offenen Brief von den AutorInnen.