Zur Geschichte der Rätebewegung 1918/19
Die Organisation des Magdeburger Arbeiter- und Soldatenrates und des Soldatenrates

Leseauszug aus der Dissertation von Martin Gohlke

12/2017

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Die ordentliche Konstituierung des ASR mit einer aus allgemeinen Wahlen hervorge­henden Vollversammlung wurde vom Exekutivausschuß am 14. November 1918 mit der Veröffentlichung einer Wahlordnung eingeleitet. Die Wahlordnung vergab das Wahlrecht an alle Arbeiter, Angestellte und Beamte beiderlei Geschlechts ab dem 21. Lebensjahr. Der Exekutivausschuß gab sich die Kompetenz, selbständigen Berufsgruppen das Recht zur Delegation zu geben. Die Zahl der Delegierten aus den Be­trieben und Verwaltungen wurde entsprechend der Größe der Belegschaften be­stimmt, die jeweilige Wahlbeteiligung spielte dabei keine Rolle: Für je 250 Beschäftigte eines Betriebes durfte ein Delegierter gewählt werden. Bei mehr als 125 zusätzlichen Beschäftigten durfte ein weiterer Delegierter entsendet werden. Kleinere Betriebe wur­den zusammengelegt. Als Wahlleiter fungierten die Arbeiter- und An­gestelltenausschüsse der Gewerkschaften. Sie sollten auch in denjenigen Klein- und Mittelbetrieben die Wahlen organisieren, in denen es keine gewerkschaftliche Organi­sation gab. Die Wahlen sollten bis zum 20. November 1918 abgeschlossen sein, um die Vollversammlung so schnell wie möglich einberufen zu können. Die Wahlordnung sah keine neuen Wahlen unter den Soldaten vor. Sie sollten durch die bereits ordent­lich gewählten Mitglieder des Soldatenrates vertreten werden, was dem angestrebten Delegiertenschlüssel von 250 Personen pro Abgeordneten ungefähr entsprach(116).

Der Exekutivausschuß bemühte sich um eine hohe Wahlbeteiligung und hatte im we­sentlichen Erfolg damit: Sofern die Betriebe bis zum 20. November 1918 von den Ar­beiter- und Angstelltenausschüssen nicht erfaßt werden konnten, nahmen die Arbeiter fast ausnahmslos an den Wahlen teil. 60 000 Arbeiter wählten auf betrieblichen oder überbetrieblichen Versammlungen 281 Delegierte in die Vollversammlung. In der Re­gel wurden die Abstimmungen geheim durchgeführt, manchmal aber auch mit Hand­zeichen(117).

Die Wahlen für die 10 000 Angestellten in der Privatwirtschaft wurden auf zwei zen­tralen Versammlungen durchgeführt. Das Fernbleiben von einem Drittel der Ange­stellten war nicht politisch motiviert, sondern eine Folge des Kohlenmangels, der viele Angestellten aufgrund unbeheizter Straßenbahnen von einem Veranstaltungsbesuch Abstand nehmen ließ (118). Die beiden Wahlversammlungen wählten 38 Abgeordnete für die Vollversammlung.

Ebenfalls auf einer großen Versammlung wählten die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes ihre Delegierten. Mittlere und höhere Beamte waren von der Wahl ausge­schlossen(119). Lediglich vier bis fünftausend der insgesamt gut 10 000 Staatsdiener -damals noch allesamt Beamte - wählten 41 Delegierte. Die Wahlbeteiligung wurde negativ dadurch beeinflußt, daß es im öffentlichen Dienst nicht die Tradition einer ge­werkschaftlichen Vertretung wie in der Privatwirtschaft mit den Arbeiter- und Angestelltenausschüssen gab. Auch ideologische Vorbehalte gegen einen Arbeiter- und Soldatenrat spielten bei einer stärkeren Minderheit der Beamten eine Rolle. Sie be­fürchteten, daß ein starker ASR die Entlassung vieler ihm nicht genehmer Oberbeam­ten durchsetzen könnte.

Die Bemühungen des Exekutivausschusses für eine hohe Wahlbeteiligung wurden auch von berufsübergreifenden, kulturell und politisch rechts orientierten Ver­einigungen gehört, denen das Wahlrecht nicht zugesprochen worden war. Ver­sammlungen der Hausbesitzer, der Pensionäre und anderer Vereine aus den wohlha­benderen Schichten stellten beim Exekutivausschuß den Antrag, eigene Delegierte in die Vollversammlung entsenden zu dürfen. Der Exekutivausschuß lehnte die Anträge mit der Begründung ab, daß die Wahlordnung einzelnen Vereinen kein besonderes Wahlrecht zugestehen könne. Darüber hinaus begründete der Exekutivausschuß seine Ablehnung auch politisch, indem er den Antragstellern ihre frühere Ablehnung aller Forderungen der Arbeiterbewegung vorwarf: Die arbeiterfeindliche Vergangenheit ent­ziehe den Antragstellern das Recht auf jede Mitarbeit in einem Parlament, in dem die Anerkennung der Idee der Gleichberechtigung der Arbeiterschaft ungeschriebenes Gesetz sei (120).

Mit dieser politischen Begründung besaß der Exekutivausschuß die Möglichkeit, die Anträge freier Berufsgruppen differenziert zu behandeln, so wie es schon in der Aus­wahl der Versammlung zum Arbeiter- und Soldatenrat am 10. November 1918 ge­schehen war. Wer sich im Kaiserreich verständnisvoller gegenüber den Forderungen der Lohnabhängigen gezeigt hatte, erhielt das Recht auf Delegation in die Voll­versammlung. So bekamen die Magdeburger Ärzte - durch die ständige Konfrontation mit dem Elend oft schon im Kaiserreich zu Gegnern der Monarchie geworden - einen Vertreter für die Vollversammlung. Abschlägig beschieden wurden die Anträge der Obst- und Gemüsehändler, Gastwirte und anderer Selbständiger(121). Wer von diesen abgelehnten Berufsinhabem jedoch Mitglied der linksliberalen FVP oder des rechtsli­beralen NLV war, konnte auf diese Weise die Zusammensetzung der Vollversammlung mitbestimmen, da beiden Parteien das Recht auf die Entsendung von jeweils fünf De­legierten zugesprochen wurde (122).

Den 10 Liberalen standen in der Vollversammlung 430 Mehrheitssozialisten, 50 Unabhängige Sozialdemokraten und ein oder zwei organisierte Kommunisten gegenüber(123). Die summa summarum 491 Delegierten, davon 120 Soldatenräte, festigten und er­weiterten auf der ersten Vollversammlung am 9. Dezember 1918 die organisatori­schen Strukturen des ASR. Sie bestätigten die vom Exekutivausschuß getätigten Ein­stellungen von jeweils 30 haupt- und nebenamtlichen Mitarbeitern. Dabei paßten sich die Delegierten in einem Beschluß zur Entlohnung der Beschäftigten den Gegeben­heiten ihrer Zeit einerseits an, andererseits brachen sie aber auch mit ihnen: Unab­hängig vom Inhalt der Arbeit erhielten alle Mitarbeiter den gleichen Lohn - ob sie nun als politische Berater der Beauftragten des ASR, als Sachbearbeiter in der Verwaltung oder als Hilfsarbeiter in der Druckerei arbeiteten. Das Einkommen entsprach dem, was ein qualifizierter Facharbeiter in der Industrie mit ein paar Zulagen auch erreichen konnte. So selbstverständlich dieser Beschluß zustandekam, so selbstverständlich wurde aber auch einer ungerechten Tradition entsprochen: Die weiblichen Mitarbeite­rinnen erhielten durchschnittlich ein Drittel weniger Geld als ihre männlichen Kollegen (124).

Die erste Vollversammlung beschloß Maßnahmen zur Entlastung des drei- bis viermal wöchentlich bis spät in die Nacht tagenden Exekutivausschusses. 18 Fachausschüsse sollten Beschlußvorlagen für den Exekutivausschuß ausarbeiten. Außerdem sollten die Ausschüsse die Arbeit der Beauftragten des ASR bei der Stadtverwaltung und beim Militär unterstützen, deren Zahl im Verlauf des November auf 60 angewachsen war (125).

In Anlehnung an die Forderung des Bürgerrates vom 11. November 1918 sollten die Fachausschüsse obligatorisch Experten aus dem Bürgerrat heranziehen. Die jeweils sieben Mitglieder der Fachausschüsse wurden entsprechend den Vorschlägen des Exekutivausschusses ernannt, für ordentliche Wahlen blieb keine Zeit, sie sollten auf der nächsten Vollversammlung nachgeholt werden. Die Ausschüsse nahmen unmit­telbar nach der Vollversammlung ihre Arbeit auf und erwiesen sich sofort als arbeitsfä-hig (126).

Die organisatorische Entwicklung des Magdeburger Soldatenrates besaß eine ähnliche Dynamik wie der Ausbau des ASR. Heimkehrende Soldaten vergrößerten die Zahl der anwesenden Truppeneinheiten und damit auch die Zahl der Soldatenräte. Stärker als die Zahl der Heimkehrer bewirkte eine Neuorganisation des Soldatenrates die Erhö­hung seiner Mitgliederzahl: Nachdem es aus den Kompanien Beschwerden über eine mangelhafte Einbeziehung in den Informations- und Entscheidungsfluß gegeben hatte, wurde ihnen das Recht zur direkten Vertretung im Soldatenrat zugestanden. Bis zur 1. Vollversammlung tagte der vergrößerte Soldatenrat lediglich einmal am 26. November 1918, wahrscheinlich umfaßte er 170 Personen. Dabei kam es zur Wahl eines sieben­köpfigen Vorstands, von dem vier Mitglieder der SPD und drei Mitglieder der USPD angehörten; Vorsitzender war ein Mehrheitssozialist. Die Versammlung des vergrö­ßerten Soldatenrates konzentrierte ihre Diskussionen auf Fragen der Dienst­verhältnisse in der Garnison. An der Erörterung allgemeiner stadtpolitischer Themen zeigte man kein Interesse. Man war damit zufrieden, daß man über seine beiden Mit­glieder im Exekutivausschuß einen gewissen Einfluß auf die Entwicklung nichtmilitäri­scher Angelegenheiten besaß (127).

Räte hatten sich nicht nur in der Stadtgemeinde Magdeburg gegründet, sondern dar­über hinaus in allen Kreisstädten und in nahezu allen Landgemeinden und nichtselb­ständigen Städten im Regierungsbezirk Magdeburg. Ebenso wie im ganzen deutschen Reich gab es auch in den Regierungsbezirken der Provinz Sachsen ab Mitte November 1918 Versuche zur organisatorischen Verknüpfung der örtlichen ASRe. Motiviert waren die regionalen Rätezusammenschlüsse von dem Bestreben, den staatlichen Vertretern auf allen Verwaltungs- und Regierungsebenen in organisierter Form gegen­übertreten zu können.

Im Regierungsbezirk Magdeburg kamen die Initiativen zum einheitlichen institutionellen Aufbau der Räte allesamt vom Magdeburger ASR. Am 18. November 1918 erklärte sich der Exekutivausschuß des Magdeburger ASR zum beschlußfähigen Leitungsor­gan aller ASRe des Regierungsbezirkes(128). Zudem organisierte der Exekutivausschuß für den 26. November und für den 11. Dezember 1918 regionale Rätekonferenzen. Die erste Konferenz folgte einer Beschlußvorlage des Exekutivausschusses zur organisa­torischen Gliederung, die sich bewußt an den staatlichen Verwaltungsaufbau anlehnte: Die Arbeiterräte der Landgemeinden, der nichtselbständigen Städte und der Kreis­städte schickten jeweils einen Vertreter in einen Kreis-Arbeiterrat und in einen Bezirks-Arbeiterrat, auch Bezirkskonferenz der ASRe genannt. In den Bezirks-Arbeiterrat de­legierten auch die Soldatenräte eigene Vertreter. Die Bezirkskonferenz wählte die De­legierten für die reichsweiten Rätekongresse(129).

Der Beschluß zur bezirklichen Organisation schränkte die Selbständigkeit der lokalen Räte deutlich ein. Die unteren Leitungsgremien mußten sich den Beschlüssen der obe­ren Leitungsorgane unterordnen. Die lokalen Räte durften nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des Exekutivausschusses Beamte entlassen.

Die Zusammensetzung der zweiten Bezirkskonferenz am 11. Dezember 1918 ent­sprach nicht exakt dem Beschluß zur Entsendung von jeweils einem Vertreter pro Ortsrat. Der Magdeburger ASR wurde bevorteilt, indem er sieben Delegierte entsen­den durfte. Alle anderen 119 Ortsräte im Regierungsbezirk mußten sich auf die Ent­sendung eines Abgeordneten beschränken(130). Magdeburgs führende Rolle bestimmte auch den vorläufigen Abschluß des bezirklichen Organisationsaufbaus: Die Leitung der Bezirksgeschäftsstelle wurde Hermann Beims übertragen, auch die weiteren Mit­arbeiter wurden überwiegend von Magdeburgern gestellt. Die politische Leitung zwi­schen den Bezirkskonferenzen blieb beim Magdeburger Exekutivausschuß.

Die Soldatenräte der Garnisonen unternahmen - unabhängig von ihrer Mitarbeit im Bezirks-Arbeiterrat - Schritte zum eigenständigen überörtlichen Zusammenschluß. Die organisatorische Verknüpfung umfaßte dabei nicht nur die acht Garnisonen im Regie­rungsbezirk, sondern auch die 26 außerhalb der Bezirksgrenzen stationierten Garni­sonen des 4. Armeekorps. Die Initiative für den Aufbau regionaler Strukturen kam auch bei den Soldaten aus Magdeburg. Der hiesige Soldatenrat lud für den 14. und 20. November 1918 alle Soldatenräte des 4. Armeekorps zu Vertreterversammlungen ins Rathaus ein, wo seine Vorschläge zur gemeinsamen Organisation einstimmig ange­nommen wurden: Danach deputierten die Soldatenräte der 34 Garnisonen des 4. Ar­meekorps jeweils einen Vertreter in einen gemeinsamen Soldatenrat. Aus seiner Mitte wurde am 27. November 1918 ein siebenköpfiger Vorstand gewählt, der sogenannte Zentralsoldatenrat des IV. Armeekorps(131). Magdeburger Mitglieder des Zentralsolda­tenrats waren der Mehrheitssozialist Anders und der Unabhängige Sozialdemokrat Bock, der auch Vorsitzender des Zentralsoldatenrates wurde(132).
 

Fußnoten

116) Vgl. zur Wahlordnung: MZ, 14.11.1918 Abendblatt.

117) Die Erfassung der Werktätigen in den Kleinbetrieben machte den Wahlleitern mehr Mühe, als vom Exekutivausschuß vermutet worden war. Die Gründe lagen in der geringen ge­werkschaftlichen Organisation und in den besseren Möglichkeiten der Kleinunternehmer, die ge­sellschaftlichen Tätigkeiten ihrer Mitarbeiter zu kontrollieren und zu lenken. Vgl. zum Wahler­gebnis in der Arbeiterschaft: MGA, 22.11.1918: Wahlen. Vier der sechs Berichte in der sozial­demokratischen Presse über wahlausübende Branchenversammlungen zeigen den re­volutionären Pathos dieser Tage. Man war stolz, erstmals über die Zusammensetzung eines machtvollen Pariaments entscheiden zu dürfen. Vgl. zu den Wahlen der Arbeiter: VS, 17.11.1918; VS, 19.11.1918: Arbeiter; VS, 20.11.1918: Anzeigen; VS, 22.11.1918.

118) Medikamentenmangel führte zu großer Grippeangst - im Laufe des Winters sollte eine welt­weite Grippeepidemie ausbrechen, von der auch Magdeburg leicht berührt wurde. Vgl.: MA, 16.11.1918; MZ, 16.11.1918 Abendblatt.

119) Vgl. zur Wahlversammlung der Beamtenschaft insbesondere: MA, 17.11.1918.

120) Die Quellen nennen die Vereine, die neben den Hausbesitzern und verbeamteten Pensionä­ren eine Delegation in das Räteparlament anstrebten, nicht mit Namen. Vgl. dazu und zur Reak­tion des ASR: MZ, 22.11.1918 Abendblatt, VS, 24.11.1918: Bürgertum.

121) Die Berufsbezeichnungen der anderen abgelehnten Selbständigen nennen die Quellen nicht. Vgl. zur Ärzteversammlung, auch zum politischen Wandel der Ärzteschaft: VS, 20.11.1918: Versammlungen. Vgl zu den abgelehnten Berufsgruppen insbesondere: MGA, 11.12.1918: Sitzung.

122) Die Vertretung von Parteien war in der Wahlordnung nicht vorgesehen. Der Exekutivaus­schuß beschloß jedoch das Delegationsrecht für FVP und NLV, um die bittenden Liberalen nicht zu frustrieren. Man fühlte sich unwohl mit dieser rechtlich nicht korrekten Entscheidung und betonte deren vorläufigen Charakter bis zur Klärung der Frage durch einen reichsweiten Räte-kongress. Das Entgegenkommen des Exekutivausschusses hatte aber Grenzen, als FVP und NLV in Folge ihrer anwachsenden Mitgliederbestände im November 1918 wiederholt eine Erhö­hung ihrer Delegiertenzahl verlangten. Der Exekutivausschuß lehnte das ab: Die angegebenen Mitgliederzahlen waren falsch - öffentliche Versammlungen wurden zu Mit­gliederversammlungen umbenannt -, auch revidierte Zahlenangaben waren nicht glaubwürdig. Vgl.: Ebenda; MA, 7.12.1918: Verein; VS, 11.12.1918: Arbeiterparlament.

123) Wahrscheinliche Mandatsverteilung auf der 1. Vollversammlung des ASR vom 9.12.1918:



Vgl. zur Zusammensetzung der Vollversammlung: CA, 11.12.1918; MGA, 11.12.1918; VS, 11.12.1918: Magdeburger.

124) Die Vollversammlung hatte nur wenig Zeit zur Erörterung der Frage der Entlohnung. So wur­den kurzerhand die üblichen Abmachungen in der Wirtschaft übernommen - soweit sie dem eigenen Problembewußtsein nicht zuwider liefen: Eine gleiche Entlohnung der Geschlechter wurde in der Magdeburger Arbeiterschaft nicht gefordert. Dagegen war es eine verbreitete Auf­fassung, daß die Lohnschere bei den Berufen zu groß sei - so stritt man nicht lange über eine Einordnung der unterschiedlichen Tätigkeiten der Mitarbeiter des Exekutivausschusses, sondern bezahlte einfach alle gleich. Vgl. zu diesem Meinungsbild in der Arbeiterschaft: Vgl.: CA, 11.12.1918.

125) Die hohe Zahl von ASR-Verwaltungsbeauftragten im Verhältnis zur Zahl der Fachausschüsse erklärt sich durch Doppelbesetzungen sowie durch eine größere Verzweigung der städtischen Verwaltung.

126) Die 18 Ausschüsse im einzelnen: Ausschuß für Rechtswesen, Schulwesen, Kunst und Wis­senschaft, soziale Fürsorge, Handel und Industrie, Pressewesen. Ausschuß für Angestellten-, Finanz-, Emährungs-, Beamten-, Verkehrs-, Wohnungs-, Gesundheits-, Sicherheit^, Gewerbe-und Handwerks-, Arbeiter-, Heeres-, Landwirtschaftsfragen. Vgl. zur Einsetzung und Konstituie­rung der Fachausschüsse: MZ, 11.12.1918 Morgenblatt; MGA, 5.1.1919: Vollversammlung.

127) Neben dem Vorsitzenden Kegel gehörten Lohrengel, Müller, Neumann, Schmidt, Schmidt und Schräder dem Vorstand an (Quellenangaben ohne Vornamen). Nach der Vergrößerung des Sol­datenrates kam es noch einmal zu einer Versammlung des Soldatenrates ohne die Vertreter aus den Kompanien. Kurzzeitig gab es die Überlegung, einen .engen" und einen .erweiterten" Soldatenrat parallel zu institutionalisieren. Als man jedoch die Erfahrung machte, daß eine sol­che Konstruktion für eine effiziente Arbeitsweise des Soldatenrates wenig nützlich war, verwarf man den Gedanken umgehend. Vgl. zum organisatorischen Ausbau des Soldatenrates insbe­sondere: VS, 29.11.1918: Soldatenrat; CA, 28.11.1918: Sitzung. Vgl. zum Delegiertensystem des Soldatenrates näher: Kapitel III.1.2.2 Gründung des Soldatenrates.

128) Am 11.11.1918 hatte der Oberpräsident den halbherzigen Versuch des Exekutivausschusses zur Ausdehnung seiner Leitungstätigkeit auf die ganze Provinz abgelehnt. Bei der neuen In­itiative war der Exekutivausschuss mit der Beschränkung auf den Regierungsbezirk bescheide­ner, sein Auftreten aber mutiger: Weder Ober- und Regierungspräsident noch die anderen Räte wurden gefragt - dabei hätte man nichts zu befürchten gehabt: An der Autorität des Exekuti­vausschusses für den Regierungsbezirk zweifelten die Regierungsbehörden nicht, auch störten sich die anderen Ortsräte nicht an dem Führungsanspruch des Exekutivausschusses, da sie allesamt dem Magdeburger ASR politisch nahestanden. Vgl. zur Erklärung des Exekutivaus­schusses: VS, 19.11.1918: Arbeiter.

129) Vgl. zur bezirklichen Organisation der Räte insbesondere: LHA, Rep. C 20 I, Ib Nr.69 Bd.l Bl.285-288: Nachrichtenblatt Nr.1 des EA für die ASRe im Regierungsbezirk Magdeburg; MGA, 1.12.1918; VS, 1.12.1918; VS, 13.12.1918.

130) Nur zwei der sieben Magdeburger Delegierten sind mit Namen bekannt (Beims und Brandes). Die Bevorteilung des Magdeburger ASR widersprach dem Beschluß des Exekutivausschusses vom 18.11.1918 - die Bevorteilung muß eine informelle Abmachung gewesen sein, die der Be­deutung des Magdeburger ASR entsprach und an der sich deswegen niemand störte Zusätzlich entsandte Magdeburg einen Vertreter über den Soldatenrat, insgesamt gab es acht Sol­datendelegierte - aus jeder Garnison des Regierungsbezirks kam einer. Vgl.: Ebenda. Vgl. zum Folgenden: VS, 13.12.1918.

131) Die Bezeichnung Zentralsoldatenrat wurde erst ab Februar 1919 gewählt. Vorher nannte man sich Exekutivausschuß, besaß also den gleichen Namen wie das Exekutivorgan des ASR. Die identische Namensgebung führte zu einigen Mißverständnissen, die erst mit der Umbenennung endeten. Der Einfachheit halber spreche ich im Folgenden nur vom Zentralsoldatenrat.

132) Vgl. zur überörtlichen Organisation der Soldatenräte: MA, 16.11.1918: Zusammenkunft; MGA, 19.11.1918; VS, 3.12.1918: Exekutivausschuß.

Editorische Hinweise

Quelle: Martin Gohlke, Die Räte in der Revolution von 1918/19 in Magdeburg, Dissertation an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, 1999

Zur Person von Martin Gohlke siehe: http://www.martin-gohlke.de/

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„Wolfgang kann nicht lesen", das musste er sich in der Schule von Werner gefallen lassen. Wolf­gangs Vater ist im Krieg ums Leben gekommen, Werners Vater dagegen hält seinem Sohn alle Tü­ren zu einem bürgerlichen Leben offen. Ilona ent­scheidet sich für Werner. Daran ändert sich auch nichts, als Ilona und Wolfgang sich 1968 an der Frankfurter Uni wiedersehen. Gemeinsam erfor­schen sie den nationalsozialistischen Terror in ihrem Heimatdorf, was für Wolfgang zu einer Le­bensaufgabe wird. Irgendwann scheint er sich da­bei für die schlechte Tat zu entscheiden, um besser leben zu können. Im Hospiz wird Wolfgang klar, dass er doch noch etwas klären muss... Martin Gohlke macht mit einem fesselnden Ro­man über Liebe, Rache und den Tod die Geschich­te der westdeutschen Intelligenz lebendig. Erzählt wird eine Lebensgeschichte aus der Generation, die gegen das bleierne Schweigen der Nach­kriegszeit, die bürgerliche Enge und den Atom­staat kämpfte.