Beim
letzten Mal, am 20. September, gingen
allein in Deutschland 1,4 Millionen
Menschen auf die Straße. Mit 6383
Aktionen mit mindestens sieben Millionen
Menschen in 170 Ländern war dies die
größte weltweite
Umwelt-Massendemonstration in der
Geschichte. In Betrieben und
Gewerkschaften und in der jugendlich
geprägten Umweltbewegung entfaltete sich
die Diskussion über den gemeinsamen
Kampf von Arbeiter- und Umweltbewegung,
um Arbeitsplätze und Umweltschutz und um
eine gesellschaftsverändernde
Perspektive. Was hat sich seitdem getan?
…
Die
Bundesregierung ist mit ihrem im Oktober
beschlossenen „Klimaschutz“gesetz als
Tiger gesprungen – und als harmloses
Schoßhündchen auf dem Bettvorleger der
herrschenden Monopole gelandet. Es ist –
angesichts der dringend notwendigen
Sofortmaßnahmen für wirksamen Klima- und
Umweltschutz – eine ökologische und
soziale Provokation gegenüber den
Millionen Menschen umfassenden
Umwelt-Protesten. Mit einer
CO2-Bepreisung oder -Steuer werden die
Massen zur Kasse gebeten – und nicht die
hauptverantwortlichen Klimakiller. Beim
Endenergieverbrauch von 2558
Terawattstunden in Deutschland 2017
entfielen aber 741 auf die Industrie,
768 auf den Verkehr (zu einem großen
Teil auch für die Industrie), 398 auf
Gewerbe und Handel und nur 651 (25,4
Prozent) auf die Haushalte.(1)
Eine im Vorfeld von den Herrschenden
entfachte Kampagne nimmt dagegen die
internationalen Konzerne aus der
Schusslinie. Sie suggeriert, dass „die
Verbraucher“ schuld an allem seien und
mit finanziellem Druck zu
umweltbewusstem Verhalten gelenkt werden
müssten. Der Biss ins Wurstbrot wird da
schnell zum Umweltverbrechen. Zugleich
werden kriminelle Manager wie der
VW-Betrüger Martin Winterkorn oder die
RAG mit ihrer Giftmüllverklappung
untertage hinter dieser allgemeinen
Konsumentenschelte versteckt gehalten.
Schamlos
wird die Bereitschaft zu einem
umweltbewussten Verhalten ausgenutzt.
Auch die Bundestagsfraktion der Grünen
schlägt in diese Kerbe und erklärt: Um
„auf einen klimaverantwortlichen
Entwicklungspfad um(zu)schwenken,
brauchen wir … die richtigen
Preissignale.“(2)
Einmal mehr machen sie deutlich, auf
welcher Seite sie wirklich stehen. Vor
diesen „grünen“ Preissignalen warnt
Klaus Müller, Chef des Bundesverbands
der Verbraucherzentralen: „Haushalte mit
geringem und mittleren Einkommen werden
– relativ zur Höhe ihres Einkommens – am
stärksten belastet“.(3)
In Schleswig-Holstein fordern die Grünen
dazu auf, eine Volksinitiative gegen
Trinkwasser gefährdendes Fracking
nicht zu unterstützen. Unter
anderem wegen der Sorge, dass
Unternehmen ihre bisher wohlgehüteten
Geschäftsgeheimnisse aufdecken müssten.
Und der grüne Ministerpräsident von
Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann,
ist federführend bei der
Monopol-Initiative „Autoschiene“, die
für die kriminellen Automonopole noch
mehr und maßgeschneiderte Subventionen
fordert. Kein Wunder, dass die Grünen
bei der Landtagswahl in Thüringen dafür
eine berechtigte Abfuhr erhielten.
Umweltschutz auf Kosten der Profite
Die
nüchterne Realität: Nicht ein einziges
Gramm CO2 wurde mit dem bereits seit
Jahren laufenden CO2-Emissionshandel
reduziert. Und das wird es auch nicht
durch das Klimagesetz der
Bundesregierung. Die Bundesregierung
produziert mit ihrem „Klimaschutz“gesetz
sogar noch ein riesiges
Subventionsprogramm für die Konzerne,
vor allem der Autoindustrie,
Bauindustrie und Energiewirtschaft.
Diesen soll aus dem EKF („Energie- und
Klimafonds der Bundesregierung“) eine
dreistellige Milliardensumme in die
Kassen gespült werden.(4)
Sie träumen davon, sich auf dem
Weltmarkt bei der E-Mobilität gegenüber
der enteilten Konkurrenz wieder nach
vorne zu arbeiten. Bei der
Wasserstoff-Technologie wollen sie
gleich von Anfang die
Weltmarktbeherrschung.
Fridays-for-Future ruft nun zum 29.
November auf mit der Losung:
„#NeustartKlima – laut, wütend und
unbequem – Klimagerechtigkeit jetzt!“(5)
Wut ist sicher berechtigt. Sie muss sich
aber gegen die wirklich
Hauptverantwortlichen richten. So lange
wie die Minderheit der Kapitalisten über
die große Mehrheit der Ausgebeuteten und
Unterdrückten herrscht und ihr
Profit-Diktat über die ganze
Gesellschaft verhängt, wird es keine
Gerechtigkeit geben können – weder für
das Klima, noch für die Umwelt, und erst
recht nicht für die Ausgebeuteten und
Unterdrückten. Die dringend notwendigen
Sofortmaßnahmen im Umweltschutz können
nur auf Kosten der Profite erkämpft
werden.
Es ist
deshalb ein Rückfall im zentralen Aufruf
der FFF-Bewegung, dass nicht mehr auf
einen gemeinsamen Streiktag der
Arbeiter- und Umweltbewegung orientiert
wird. Aktiver Widerstand ist nötig. Aber
nicht von den Schülern und Studenten
allein. Eine überlegene Kraft kann nur
entstehen, wenn die Automobil-, Stahl-,
Chemie-, Bergarbeiter usw. sich an die
Spitze des Kampfs zur Rettung der Umwelt
stellen und sich die rebellierende
Jugendumweltbewegung eng mit ihnen
verbindet – in Einheit mit dem Kampf
gegen die angekündigte Vernichtung von
Industriearbeitsplätzen. Die
Arbeiterinnen und Arbeiter in den
industriellen Großbetrieben stehen den
internationalen Monopolen als Gegner
direkt gegenüber. Die Betriebs- und
Umweltgruppen der MLPD werden sich dafür
starkmachen, dass sie am 29. November
fester und starker Bestandteil des
Protests werden.
Katastrophenalarm ist angesagt
Wir
erleben Anfang Dezember mittlerweile die
25. Klimakonferenz, und es wird nach wie
vor über „Fahrpläne“,
„Absichtserklärungen“ und „Vorhaben“
diskutiert. Gleichzeitig stieg in der
Realität der weltweite jährliche
CO2-Ausstoß von 1990 bis heute von 22,18
Milliarden auf 36,15 Milliarden Tonnen
und der Atmosphärenanteil von 354 ppm
(parts per millionen – Teile auf
Millionen) auf über 407 ppm. Im
Interesse der Profite der Monopole wird
an der Verbrennung fossiler Brennstoffe
festgehalten. Dieser Crash-Kurs wird mit
der Rechtsentwicklung vieler Regierungen
auf der Welt noch weiter verschärft.
11000
Wissenschaftler aus 153 Ländern warnen
in einer am 5. November veröffentlichten
Erklärung vor einem weltweiten
„Klima-Notfall“. Der Menschheit stünde
„nie dagewesenes Leid“ bevor, wenn sich
nichts grundlegend ändert. Der
Klima-Notfall ist schon eine Annäherung
an den richtigen Begriff, den nämlich
einer drohenden Umweltkatastrophe. Wobei
bisher sogar oft nur von Klimawandel
gesprochen wird, an den man sich auch
noch „anpassen“ solle. Eine gefährliche
Verharmlosung dessen, was auf die
Menschheit zukommt. Zugleich wird das
Problem einseitig auf das Klima
reduziert und der drohende
Katastrophencharakter weiter
unterschätzt.
Die MLPD
qualifizierte bereits 2014 treffend in
ihrer fundierten Streitschrift
„Katastrophenalarm! – Was tun gegen die
mutwillige Zerstörung der Einheit von
Mensch und Natur?“: „Immer mehr lokale
und regionale ökologische Katastrophen
drangsalieren die Menschheit. Sie
kennzeichnen einen Prozess des
beschleunigten Umschlags in eine globale
Umweltkatastrophe.“ Die heraufziehende
Weltklimakatastrophe ist nur
ein umweltpolitisches Problem
des ganzen menschheitsgefährdenden und
umweltzerstörerischen Wegs des
Imperialismus. Schon heute wirken noch
acht weitere Hauptfaktoren – zwischen
ihnen bestehen zusätzliche verstärkende
Wechselwirkungen.(6)
Diese menschheitsbedrohende Entwicklung
kann und muss gestoppt werden – aber
wie?
Scharfe weltweite Polarisierung
Für immer
mehr Menschen werden zwei sich
entgegenstehende Pole deutlicher
erkennbar:
-
hier
das kapitalistische Profitsystem mit
seinem gesetzmäßigen Zwang zur
rücksichtslosen Ausbeutung und
Zerstörung von Mensch und Natur, um
das chronisch überakkumulierte
Kapital noch irgendwie Maximalprofit
bringend zu verwerten;
-
dort
eine weltweite, wachsende, im
Gegenwind erstarkende Massenbewegung
für konsequenten Umweltschutz, mit
der MLPD und der ICOR(7)
darin als gesellschaftsverändernder,
revolutionärer Pol. Sie
repräsentieren die sozialistische
Alternative, um dem Übel der
Umweltzerstörung radikal und
konsequent an die Wurzel zu gehen.
Ein
intensiver Klärungsprozess ist
notwendig, um zu verstehen, dass diese
beiden Pole unversöhnlich sind.
Forderungen wie „System change – not
climate change“ oder „burn capitalism,
not the coal“(8)
bringen die wachsende Suche nach einem
Ausweg aus dem zerstörerischen
Kapitalismus zum Ausdruck. In einem sich
entwickelnden Umweltbewusstsein rücken
zunehmend auch die internationalen
führenden Monopole ins Visier der
Proteste. Für eine wirkliche
Systemänderung muss der Kapitalismus mit
seinen Gesetzmäßigkeiten revolutionär
überwunden werden. Da schrillen bei den
Herrschenden die Alarmglocken.
Imperialistischen Ökologismus bekämpfen
Auch
angesichts einer seit Sommer 2018
eingeleiteten Weltwirtschaftskrise warnt
Dieter Kempf, Präsident des
Bundesverbands der Deutschen Industrie
(BDI), in der Frankfurter
Allgemeinen Zeitung vor einem
„Klimaeifer“, der „die
Wettbewerbsfähigkeit der deutschen
Industrie“ gefährde … „Keiner sollte aus
dem Klimaschutz eine Religion, einen
Glaubenskrieg machen“.(9)
Aber an der Religion und dem Paradigma
der Profitmaximierung für die
Konkurrenzfähigkeit soll gefälligst
nicht gerüttelt werden – koste es, was
es wolle, auch wenn die Menschheit
sehenden Auges und mutwillig zugrunde
geht.
Ganz in
diesem Sinne propagiert die im Juni
erschienene BDI-Studie „Klimapfade für
Deutschland“(10)
auch, Klimaziele nicht auf Kosten der
Industrie anzustreben. Also den
notwendigen konsequenten Umweltschutz
händchenhaltend gerade mit den
hauptverantwortlichen Umweltzerstörern
erreichen? Umweltschutz höchstens, wenn
er nicht auf Kosten der Profite geht?
Gerade das beförderte die heraufziehende
Klimakatastrophe, zu der die erwähnten
11000 Forscher schreiben: „Sie ist
schwerwiegender als gedacht und bedroht
natürliche Ökosysteme und die Zukunft
der Menschheit.“ Das könnte zu einer
„katastrophalen ‚Treibhaus-Erde‘„
führen, „die nicht mehr von Menschen
kontrollierbar ist“.
Der
RWE-Konzern bleibt trotz einiger
angehefteter „grüner Technologien“ einer
der weltgrößten Klimakiller und sichert
sich Kapazitäten im geplanten
Flüssigerdgas(LNG)-Terminal in
Brunsbüttel: Mit dreckigem
Fracking-Erdgas aus den USA Milliarden
verdienen und das als „Alternative zur
Kohle“ verkaufen. Auch der BDI verfolgt
in seiner Studie „den selektiven Einsatz
aktuell unpopulärer Technologien wie
Carbon-Capture-and-Storage“, sprich:
nicht die Verminderung des
CO2-Ausstoßes, sondern seine untertägige
Speicherung. Frei nach dem Motto „Weiter
so – aber nur woandershin“.
Umweltbewusst, gesellschaftsverändernd,
revolutionär!
Zweifellos
geht es auch um verschiedene
individuelle Verhaltensänderungen, die
jede und jeder selbst in der Hand hat.
Diese alleine führen aber noch lange
nicht zu dem notwendigen radikalen
Paradigmenwechsel der ganzen Lebensweise
der Menschheit, erklärt Stefan Engel,
der Autor des Buchs „Katastrophenalarm!
…“. „In einer kapitalistischen
Gesellschaft ist das gar nicht möglich“,
so Stefan Engel, der noch vor wenigen
Wochen als einer der Spitzenkandidaten
der Internationalistischen Liste
/ MLPD im Landtagswahlkampf in
Thüringen aktiv war: „Die gegenwärtige
Umweltkrise ist ein Produkt der
monopolisierten Großindustrie und der
heute verbreiteten kapitalistischen
Lebensweise, die der Menschheit
aufgezwungen wird. Das kann erst
beseitigt werden, wenn wir eine neue,
eine sozialistische Gesellschaft haben,
in der tatsächlich der Mensch und der
Schutz der natürlichen Welt im
Mittelpunkt stehen.“ Nur so kann das in
der FFF-Bewegung und von mehreren
führenden Wissenschaftlern geforderte
„komplette Umsteuern“ verwirklicht
werden.
Sich am
aktiven Widerstand zum wirksamen
Umweltschutz zu beteiligen und dafür zu
sorgen, dass der Umweltkampf einen
tatsächlich gesellschaftsverändernden
Charakter annimmt – das ist kein
Widerspruch und die richtige und
notwendige Schlussfolgerung aus der
Situation. Der beste Platz und die
richtige Entscheidung dafür ist,
Mitglied der MLPD und des Jugendverbands
REBELL zu werden – für konsequenten
Umweltschutz mit einer konsequent
antikapitalistischen Perspektive! So wie
die Umweltgruppe Gelsenkirchen-Nord-Ost.
Sie sammelt von Wohnungstür zu
Wohnungstür und an Infoständen im
Wohngebiet Unterschriften gegen die
hochgiftige Öl-Pellet-Verbrennung durch
den BP-Konzern. Gemeinsam mit anderen
bereitet sie ein öffentliches Tribunal
gegen die bewusst betriebene chronische
Volksvergiftung vor. Dabei verzichtet
sie natürlich nicht auf die
grundsätzliche Kritik am Kapitalismus.
Diese
Perspektive wollen verschiedene
Vertreter bürgerlicher Kräfte, wie der
Grünen oder von Campact in der
Fridays-for-Future-Bewegung verhindern.
Kläglich scheiterten jedoch die Versuche
von liquidatorischen (zerstörerischen)
Kräften, MLPD und REBELL auszugrenzen
und hinauszusäubern. Ihnen war und ist
im Zusammenspiel mit dem Staatsapparat
und der Hetze des Geheimdienstes jedes
schäbige und handgreifliche Mittel
recht, um gerade die revolutionäre
Gesellschaftsperspektive herauszuhalten.
Sie beweisen damit, dass es ihnen
weniger um die Umwelt geht, sondern vor
allem um die Verteidigung der
kapitalistischen Verhältnisse. Und um
die eine oder andere Wählerstimme für
die kapitalismuskonformen Grünen. Wer
eine solche Spaltung und Unterdrückung
im Interesse der Herrschenden betreibt,
hat im Umweltkampf nichts zu suchen.
Dieser Richtungskampf in der
Fridays-for-Future-Bewegung muss
ausgetragen werden, will sie nicht zu
einem Anhängsel der Regierung und der
internationalen Monopole werden – und
scheitern.
Deswegen
kommt es darauf an, zum 29. November
breit zu mobilisieren und gemeinsame
demokratische Vorbereitungstreffen
durchzuführen. Zur Entwicklung der
notwendigen weltanschaulichen Offenheit,
solidarischen Streitkultur und
demokratischer Strukturen ist es auch
wichtig, die Hetze und Unterdrückung
gegen die MLPD und andere revolutionäre
Kräfte gemeinsam zurückzuweisen und das
Demonstrations- und Versammlungsrecht
auf antifaschistischer und
demokratischer Grundlage zu verteidigen.
Die ICOR ruft auf allen fünf Kontinenten
zur breiten Beteiligung auf und begeht
diesen Tag als ihren jährlichen
Umweltkampftag.