zurück

BIOLOGISCHE VIELFALT
GRÜNE REVOLUTION
UND GENTECHNOLOGIE

von Rigmor Tollan

(Die Verfasserin dieses Beitrags ist Mitglied des Landwirtschaftsausschusses der AKP)

12/1998
trdbook.gif (1270 Byte)
trend
online

Briefe oder Artikel:
kamue@partisan.net
ODER per Snail:
Anti-Quariat
Oranienstr. 45
D-10969 Berlin

Mittels Genbanken, Grüner Revolution, Gentechnologie und Patent hat das Kapital das Bestimmungsrecht über die genetischen Ressourcen der Erde übernommen.

Im Verlauf der letzten Jahrzehnte haben die transnationalen Gesellschaften die Kontrolle über die Landwirtschaft bekommen. Anstelle einer gesicherten Nahrungsmittelversorgung, biologischer Vielfalt und Gesundheit ist es der Handel mit Nahrungsmitteln, der prioritiert wird.

Weltbank, Internationaler Währungsfond und WTO(Welthandelsorganisation, ehemals GATT) sind die Unterstützer der Großunternehmen, und auch die rund um die Welt ansässigen politischen Marionetten, die ihre Länder zum Beitritt in die WTO gemeldet haben, tragen Verantwortung dafür, daß Ernährungspolitik heute gleichbedeutend mit dem freien Handel von Nahrungsmitteln ist. Selbst die genetischen Ressourcen der Erde bleiben hiervon nicht unberührt. Sie werden jetzt als Waren auf dem Weltmarkt verkauft, und die Unternehmen lassen sich bestimmte Tier- und Pflanzensamen patentieren, um das Monopol zum Verkauf von Nahrungsmitteln zu erlangen, die diese Gene enthalten. Zur Zeit erleben wir einen internationalen Kampf gegen transnationale Unternehmen und die WTO, um kapitalstarke Interessenten an der Patentierung von Lebensformen zu hindern. Aber dieser Kampf wird auch gegen das Schleifen der biologischen Vielfalt durch moderne Landwirtschaftsforschung geführt.

Der Begriff "biologische Vielfalt"

Die biologische Vielfalt - auch mit dem Begriff Biodiversität bezeichnet - bezieht sich auf die Vielfalt lebender Organismen, die von Urbevölkerungen und lokalen bäuerlichen Gesellschaften über Jahrtausende hindurch verwaltet, instand gehalten und veredelt wurde. Die größte Vielfalt findet sich bei denjenigen Arten, die wild in der Natur überleben, und bei ihnen handelt es sich sowohl um Pflanzen als auch um Tiere und Mikroorganismen. In diesem Beitrag ist der Begriff eingeschränkt auf die Bezeichnung von Pflanzen, die durch landwirtschaftliche Tätigkeit kultiviert worden sind. Dies ist ein wichtiges Arbeitsfeld, mit dem sich u.a. die FAO, die Organisation der Vereinten Nationen(VN) für Ernährung und Landwirtschaft, über mehrere Jahrzehnte hinweg beschäftigt hat und was im Jahre 1983 dazu führte, daß die FAO eine freiwillige internationale Übereinkunft über pflanzengenetische Ressourcen verabschiedete. Diese Arbeit war weitergeführt worden, und wurde ernstlich auf die Tagesordnung gesetzt während der Rio-Konferenz für Umwelt und Entwicklung im Jahre 1992.

Monokulturen und die Grüne Revolution

Nicht ohne Grund hat die Organisation der Vereinten Nationen über einen langen Zeitraum die biologische Vielfalt als eine hoch prioritierte Aufgabe angesehen, sowohl ausgehend von der Ernährungs- als auch von der Umweltperspektive. Denn die Artenvielfalt ist ernstlich bedroht. Mit Hilfe von Genbanken, Grüner Revolution, Gentechnologie und Patent hat das Kapital das Bestimmungsrecht über die genetischen Ressourcen der Erde übernommen. Wenn die VN Maßnahmen zur Erhaltung der Artenvielfalt ergriffen hat, geschah dies mittels der Organe UNEP(Umweltprogramm der VN) und FAO(Organisation der VN für Ernährung und Landwirtschaft). Dies sollte darauf hinweisen, daß sowohl der Umweltaspekt als auch der Kampf für eine ausreichende Nahrungsmittelversorgung in dieser Sache für die VN wichtig ist. Beide Problemfelder stehen in direktem Zusammenhang mit der Grünen Revolution und den Veränderungen in der biolgischen Vielfalt, die diese Revolution mit sich führte. Es wurde zuallererst auf diejenigen Arten gesetzt, die in den Forschungslaboratorien einen großen Ertrag lieferten, sogenannte High-response-Arten. Anstelle der Verbesserung und Entwicklung verschiedener Varianten, die den lokalen Ökosystemen angepaßt sind, in denen die Pflanzen wachsen, konzentrierten sich die Forschungen auf eine sehr geringe Anzahl von Arten, die sog. Monokulturen. Diese sind weltweit angesiedelt worden.

Die Architekten, die hinter diesem gigantischen Nahrungsmittelversorgungsprojekt standen, hatten schon edle Absichten. Aber im Nachhinein ist leicht zu erkennen, wie die Grüne Revolution sich schnell in Richtung eines Zweifrontenkampfes des Kapitals gegen die Natur und gegen die Menschen entwickelte. Fruchtbarer Boden wurde zu Wüste umgewandelt. Die Ernteergebnisse waren rückläufig, und Pflanzenkrankheiten florierten trotz unermüdlichen Einsatzes von Spritzmitteln. Landarbeiter und Bauern wurden krank oder starben aufgrund der angewendeten Produktionsmethoden, und Millionen starben in der 3.Welt vor Hunger. Alles dies durfte sich weiterhin fortsetzen, da die Grüne Revolution sich als eine Goldgrube für diejenigen Unternehmen erwies, die Kunstdünger, Pflanzenschutzmittel und Maschinen für die landwirtschaftliche Produktion lieferten. Monsanto und die anderen Giganten waren damit beschäftigt, die Entwicklung gemeinsam mit der Weltbank zu steuern.

Diejenigen, die alle Macht haben

Monsanto ist einer derjenigen Giganten, die in großen Mengen Geld abgeschöpft und gleichzeitig der Natur und den Menschen ernstliche Schäden zugefügt haben. Das Unternehmen hat sich jetzt auf die Genforschung gestürzt, wo neue Samensorten mit Erbanlagen erschaffen werden, die die Pflanze im Kampf gegen Krankheiten stärken sollen. Jetzt glaube aber nicht, daß Monsanto dies macht, um der Welt die Pflanzenschutzmittel zu ersparen! Das Unternehmen produziert das Unkrautmittel Roundup und hat enorme Summen verwendet, um eine Pflanze zu entwickeln, die gegen eben dieses Roundup widerstandsfähig ist. Mit dem Patent auf ihre genmanipulierte Pflanze erhält das Unternehmen das alleinige Verkaufsrecht auf selbige und sichert sich gleichzeitig einen gediegenen Umsatz seiner Unkrautmittel. Viel geschickter läßt sich dies kaum durchführen.

Gleichzeitig enthüllt dies den Zynismus im modernen Agrobusiness und zeigt in aller Deutlichkeit, daß die Vereinten Nationen nicht nur vereinzelte, vorsichtige Beschlüsse zur Wiedereinführung einer größeren Biodiversität in der Landwirtschaft hätten anstoßen sollen. Es hätten verschiedene härtere Hilfsmittel eingesetzt werden müssen, um den eisernen Griff der transnationalen Unternehmen um die biologischen Ressourcen der Erde zu lockern. Die Bauern und die verbliebenen Urbevölkerungen müssen das Bestimmungsrecht über diese Ressourcen zurückerhalten. Wird dieser Kampf nicht gewonnen, werden die Vereinten Nationen niemals mit den Problemen der Sicherung der globalen Nahrungsmittelversorgung und der Verunreinigung der Umwelt durch die Landwirtschaft fertig werden.

Wir wollen uns jetzt anschauen, wie das Kapital den Kampf in zwei Phasen gewann.

Phase 1: Die Grüne Revolution

Wir schrieben die 60er Jahre, als die neuen hochtreibenden Pflanzensorten in der Landwirtschaft eingeführt wurden. Zunächst ein Gewerbe, das in hohem Grade die ganze Familie beschäftigte und nur in geringem Umfang von äußeren Einsatzfaktoren abhängig war, ist die Landwirtschaft seit der Grünen Revolution gänzlich abhängig vom Agrobusiness gewesen, d.h. von kostspieligen Betriebsfaktoren wie Kunstdünger, Pflanzenschutzmittel, Bewässerungsanlagen und Maschinen. Die Triebkraft hinter dieser Kursänderung war ein Netzwerk internationaler Landwirtschaftsforschung, das CGIAR genannt wird. Das Netzwerk wurde begründet von Ford und Rockefeller Foundations, wird aber heute hauptsächlich von der Weltbank und dem Entwicklungshilfeministerium der USA finanziert. Das japanische und das deutsche Kapital zählen auch zu den großen Beiträgern. Insgesamt erhalten die 16 Forschungsstationen des CGIAR jährliche Bewilligungen in Höhe von 300 Millionen Dollar. Es sollte vielleicht auch erwähnt werden, daß auch die drei Organe der VN für Ernährung/Landwirtschaft, Umwelt und Entwicklungshilfe auf der Sponsorenliste des CGIAR stehen, obgleich diese Landwirtschaftsforschung außerhalb der VN betrieben wird. Die Bewilligungen der Vereinten Nationen haben schon etwas damit zu tun, daß die 16 Stationen in Entwicklungsländern plaziert sind. Aber es ist sowohl tragisch als auch ironisch, daß Forschung, die in Hungerkatastrophen, Massenarbeitslosigkeit und Umweltzerstörungen in der 3.Welt resultiert, etwas von den Ernährungssicherungs-, Umwelt- und Entwicklungshilfemitteln der VN erhalten soll.

Kontrolle über die Samensorten der Welt

Zusätzlich zu seiner Rolle als Triebkraft der Industrialisierung des Ackerbaus, war CGIAR weltweit der größte Verwalter von landwirtschaftsbezogenem Genmaterial, das in reinen Samenbanken oder in Genbanken gelagert ist, die sowohl Samensorten als auch Saat und Mikroorganismen umfassen. Viele Entwicklungsländer besaßen nicht das notwendige ökonomische Potential, um derartige Sicherungsspeicher für ihre Pflanzensorten hervorzubringen. Dies betrifft u.a. viele Länder Afrikas. Stattdessen sind ihre Samensorten in anderen Teilen der Welt gelagert. Mit anderen Worten: Ihr Genmaterial wurde von den Kapitalkräften des Nordens gestohlen.

Schwächen der Genbanken

Zusätzlich zu den Problemen rund um das Bestimmungsrecht über die Genbänke zeigt es sich, daß die Verwalter ziemlich nachlässig gewesen sind, soweit es sich um die Sicherheitskopierung handelt. Zur Absicherung sollte jede Genbank Kopien ihrer Samensorten anfertigen und sie andernorts lagern. Aber die Duplizierung ist sehr unsystematisch und von Eigeninteresse geprägt gewesen: Es sind viele Kopien gezogen worden, an denen der Norden interessiert ist, während es nur wenige oder keine Kopien von Gewächsen gibt, die von speziellem Interesse für die Naturalwirtschaft und den zum Überleben notwendigen Ackerbau im Süden gibt.

Inzwischen zeigt es sich, daß dieses rücksichtslose Vorgehen gegenüber dem Süden nicht die einzige Katastrophe im Zusammenhang mit den Samenressourcen sein wird. Es ist nämlich erwiesen, daß Samen, der über längere Zeit gelagert wird, ohne in den gewöhnlichen Zeitabständen erneuert zu werden, eine zweifelhafte Gesundheit und Keimfähigkeit aufweist. Darum haben sich die Verwalter nicht gekümmert. Ein aktueller Report zeigt, daß die Hälfte der Samenbestände der Welt eine zügige Auffrischung benötigt. Für einige von ihnen ist es bereits zu spät, um noch etwas retten zu können. Fehlende Finanzierung führt mit anderen Worten dazu, daß in Genbanken gelagerte Gene vielleicht ebenso rasch verschwinden, wie sie durch Raubbau in der freien Natur ausgerottet werden. Dies ist besonders ernst, weil es die wirtschaftlich bedeutendsten Nutzpflanzen, die die Menschen zur Nahrungsmittelproduktion verwendet haben, sind, die zum Zwecke der Samenverfügbarkeit gelagert sind.

"Ex situ" oder "in situ"?

Die Bewahrung der Artenvielfalt im Ackerbau ist wichtig. Es stellt sich nur die Frage, wo das Genmaterial aufbewahrt werden soll, entfernt von seinem Lebensort (ex situ) oder an seinem Lebensort (in situ)? Als eine Konsequenz sowohl des fehlenden Bestimmungsrechts über das Genmaterial als auch aus den Schwächen, die mit den Genbanken verbunden sind, hat sich unter den Bauern weltweit ein gewachsenes Verständnis für die Bedeutung des bäuerlichen Hofes als Samenaufbewahrungsort entwickelt. Sich um die Hege und Entwicklung von Genressourcen auf dem häuslichen Hof zu kümmern, ist sowohl billiger als auch politisch sicherer, als am Genbankensystem beteiligt zu sein. Zusätzlich impliziert es eine größere wissenschaftliche Sicherheit. Durch das Begleiten der Art und Weise, wie das genetische Material sich in Bezug auf die Klimavariationen und Anbausysteme verhält, wird der Bauer zum besten Samen- und Pflanzenexperten, den die Welt sich wünschen kann.

Phase 2: Gentechnologie und Patent

Wie die Genbänke heutzutage verwaltet werden, haben sie ihre Rolle als Sicherheitslager für Samen, die aufgrund von Raubbau im Ackerbau zerstört werden, verspielt. Wenn diese Genbänke für das Kapital weiterhin so interessant sind, ist dies nicht dem Bestimmungsrecht über die Samenreserven an sich, dem enormen Wert, den diese Reserven als Grundlage für die Genforschung und Patentrechte besitzen, geschuldet. Zwei internationale Abkommen haben nämlich dafür gesorgt, daß das Kapital auf diesem Gebiet einen völlig freien Spielraum besitzt. Zum ersten wurden 1991 dem Zugang zu Genmaterial Beschränkungen auferlegt. Wenn es keinen freien Zugang mehr gibt, können die großen Kapitalinteressen die Genmaterialien dieser Welt unter sich aufteilen, ungefähr auf die gleiche Art und Weise, wie seinerzeit die europäischen Großmächte die zur Ausbeutung geeigneten Gebiete der Welt kolonisierten. Damit aber dieses Genmaterial in handelsmäßiger Hinsicht ausgenutzt und zur Goldgrube für die transnationalen Gesellschaften werden kann, wurde es für die WTO erforderlich zu beschließen, daß genmanipulierte Organismen patentfähig werden können. Dies geschah 1995, als das Patentabkommen der WTO Patente auf biologische Stoffe und Prozesse genehmigte. Das Abkommen weist darauf hin, daß Genmaterial, welches von Forschern in neuen Pflanzenspielarten "erfunden" wird, unter den rechtlichen Begriff "intellektuelles Eigentum" gefaßt werden soll. (Unter dem "intellektuellen Eigentumsrecht" wird das Eigentumsrecht über alle Dinge verstanden, die Menschen mittels ihres menschlichen Gehirns entwickelt haben). Da Erfindungen durch Patente geschützt werden können, kann niemand verhindern, daß nach 1995 Patente auf Lebensformen ausgestellt werden. Das Patentabkommen der WTO wird auf vielen verschiedenen Gebieten Konsequenzen nach sich ziehen, nicht zuletzt innerhalb des Agrobusiness, und ich glaube, daß wir uns heute kaum vorstellen können, welche Umstellungen im Nahrungsmittelsektor wir zu erwarten haben.

Vom Beschützen der Pflanzen - zum Beschützen des Kapitals

Die Patentregelung der WTO ist keine große Überraschung, sondern der Schlußpunkt einer geradlinigen Entwicklung, die sich über mehrere Jahrzehnte hinweg vollzogen hat. 1961 wurde eine internationale Konvention über den Schutz neuer Pflanzenspielarten unterzeichnet. Sie wurde UPOV (Union for Protection of New Varieties of Plants) genannt. In dem Maße, wie der Druck des internationalen Kapitals zunahm, wurde das UPOV-Abkommen mehrere Male abgeändert. Dies fand u.a. 1978 und 1991 statt. Betrachten wir uns die Abänderung von 1978, so sehen wir, daß es den Bauern noch gestattet ist, mit den uralten Anbaumethoden fortzufahren:

Die Bauern können Samen aus der eigenen Erzeugung zurücklegen und ihn im nächsten Jahr als Aussaat verwenden. Dies ist auf der Grundlage eines unformellen Austausches der Aussaat zwischen den Bauern gestattet, und selbst besondere Pflanzenarten und Samensorten, die eigentlich rechtlich geschützt sind, kann der Landwirt als urbare Grundlage verwenden, wenn sich dieses Pflanzenmaterial auf dem Hof findet. Im großen und ganzen haben die Bauern einen freien Zugang zum existierenden Genmaterial. Dies wird als "des Bauern Ausnahmeregel" oder "Privilegien" bezeichnet.

Auch für die Pflanzenveredler ist in der 1978er-Version der UPOV eine ähnliche Ausnahmeregelung festgeschrieben. Selbst wenn es sich um rechtlich geschützte Pflanzenspielarten handelt, hat jeder Züchter - bei Berücksichtigung seiner Meldepflicht - freien Zugang zu existierendem Genmaterial, um dieses weiterzuentwickeln. Dieser freie Zugang schließt Lizenzabgaben aus. Es ist noch nicht einmal notwendig, eine Genehmigung zur Verwendung des Genmateriales zu erwirken, welches von Dritten durch Forschungen entwickelt wurde. Diese freie Verwendung hängt damit zusammen, daß die UPOV'78 einem Pflanzenveredler nur gestattet, sein Produkt dahingehend zu schützen, eine andere Person daran zu hindern, die Erfindung zu stehlen und sie als ihre eigene zu verkaufen. Aber die Weiterentwicklung der Erfindung in einem Laboratorium ist völlig in Ordnung. Rein technisch wird dies als Beschützen des Produktes, aber nicht des Prozesses bezeichnet. Bewegen wir uns 13 Jahre weiter nach vorne, zur UPOV'91, so finden wir Beschränkungen des Zugangs zum Genmaterial. Außerdem wird eine Rangunterscheidung zwischen herkömmlichen Pflanzenveredlern und Gentechnologen vorgenommen. Und die Patentierung einer Genressource, für die man ein Pflanzenveredlungsrecht bekommen hat, wird zugelassen.

Die UPOV illustriert auf glänzende Weise, wie sich die begrenzten Rechte der Pflanzenveredler im Laufe einiger Jahrzehnte in Richtung Patent entwickeln. Ein Patent ist ein verbrieftes Recht, das zum ersten dem Besitzer ein zwanzigjähriges exslusives Eigentumsrecht für eine Erfindung sichert und überdies anderen Nutzern die Zahlung einer Patentabgabe auferlegt. Die UPOV'91 erledigte ihren Job bis zu einem Grade, bei dem man fast sagen könnte, die WTO fand einen gedeckten Tisch vor, als 1995 die Patentfähigkeit von Lebensformen beschlossen wurde. Für Norwegen und andere WTO-Mitglieder ist es daher eine Wahl zwischen "Pest und Cholera", wenn wir jetzt gezwungen werden zu beschließen, auf welche Art und Weise wir den Schutz des intellektuellen Aufzuchtrechts über unsere Pflanzenspielarten zu gestalten wünschen. Die WTO-Bestimmungen über das handelsbezogene intellektuelle Eigentumsrecht erfordern nämlich eine gesetzliche Regulierung dieses Gebiets, und da haben wir die Wahl zwischen Patent und einem UPOV-ähnlichen Regelwerk.

Rechte zur Lebensvielfalt

Die oben beschriebene Entwicklung wirft viele Fragen auf. Zum ersten: Soll es überhaupt akzeptiert werden, daß irgend jemand Rechte über die Lebensvielfalt besitzt, oder müssen die Genressourcen als Gemeinschaftserbe der Menschheit betrachtet werden? Und, wenn wir Eigentumsrecht zulassen, wer soll dann dieses Recht bekommen? Die Bauern, die das Genmaterial zur Nahrungsmittelproduktion verwenden? Der einzelne Forscher, der neue Pflanzenspielarten hervorbringt? Vielleicht der Nationalstaat? Oder sind es Privatfirmen, die die Besitzer der Lebensvielfalt werden sollen?

Es finden sich geteilte Meinungen zu dieser Sache rundum in verschiedenen Organisationen und Zusammenschlüssen. Ich werde zwei verschiedene Auffassungen darstellen, die dennoch eine Gemeinsamkeit aufweisen: Sie weisen die Forderungen von WTO/Agrobusiness nach einem Patentmonopol für Privatunternehmen zurück.

Die FAO

Diese Organisation der VN für Ernährung und Landwirtschaft hat bereits seit 1963 mit pflanzengenetischen Ressourcen gearbeitet. Im Jahre 1983 führte die FAO ein eigenes, freiwilliges Übereinkommen für pflanzengenetische Ressourcen ein. Dieses Übereinkommen legte fest, daß pflanzengenetische Ressourcen ein globales Allgemeingut sind, das uneingeschränkt zugänglich sein soll. Durch einen Zusatz von 1989 wurden darüber hinaus die Rechte der Bauern bezüglich der biologischen Vielfalt in dem Übereinkommen präzisiert. Neben ihrer Ausformulierung von Richtlinien zum Eigentumsrecht hat die FAO auch praktische Politik auf diesem Gebiet betrieben. Ein zwischenzeitlicher Sieg war das Akommen, welches 1994 mit der CGIAR unterzeichnet wurde. Es war ein bindender Beschluß über die Plazierung von 12 der CGIARschen Genbanken unter die Verwaltung der FAO. Aber leider soll dieses Abkommen, wie bereits zuvor in diesem Beitrag erwähnt, bereits 1997 neu verhandelt werden. Es besteht die große Gefahr, daß es die Weltbank sein wird, die dann die Kontrolle über die Genressourcen übernimmt. Das Argument für eine derartige Lösung lautet u.a., daß nur die Weltbank die Mittel besitzt, um die schlecht gepflegten Genbänke aufzurüsten.

Die UNEP

Das Umweltorgan der VN hat eine Konvention über die biologische Vielfalt ausgestaltet. Hier wird die biologische Vielfalt als "nationales Eigentum des Landes" anerkannt. Zusätzlich befürwortet die Übereinkunft sowohl das intellektuelle Eigentumsrecht als auch die Rechte der Bauern und Urbevölkerungen. Als dieses UNEP-Dokument kürzlich mit dem FAO-Akommen harmonisiert werden sollte, zeigte es sich, daß der Abschnitt über die Rechte der Bauern Probleme bereitete. Mehrere Länder, u.a. Brasilien, betonten das Prinzip der nationalen Souveränität und wiesen die Forderung bezüglich der Rechte der Bauern zurück. Dies hat wohl einen Zusammenhang damit, daß an Genressourcen reiche Länder des Südens in dem Verkauf ihres Genmaterials an transnationale Gesellschaften große Möglichkeiten zur Vermehrung ihrer Staatseinnahmen sehen. Aber derartige Handelstransaktionen sind natürlich davon abhängig, daß es der Nationalstaat, und nicht der einzelne Bauer oder die einzelne örtliche Gemeinschaft ist, die das Eigentumsrecht über die biologische Vielfalt des Landes besitzt.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig anzumerken, daß die Nationalstaaten immer häufiger die internationalen Großunternehmen repräsentieren. Der Schutz der Einwohnerinnen und Einwohner und der lokalen Gemeinschaft des Landes ist allmählich unwesentlich geworden. Protektionismus ist gleichbedeutend mit dem Schutz der Kapitalkräfte, und da am liebsten der im Lande etablierten transnationalen Gesellschaften geworden. Bei internationalen Verhandlungsrunden ist es daher wichtig, daß wir aus dem Norden uns darüber im klaren sind, in wessem Auftrag die Repräsentanten aus dem Süden dort reden. Wir müssen die Forderung aufstellen, daß die nationale Souveränität die Volkssouveränität bedeuten soll. Wichtiger als Kontakt mit Nationalstaaten zu haben, ist mittlerweile die Zusammenarbeit mit dem Netzwerk für Urbevölkerungen, örtliche Gemeinschaften und Bauern geworden. Denn sie sind es, die den letztendlichen Rahmen dafür setzen müssen, wie die landwirtschaftliche Genvielfalt verwaltet werden soll.


Quelle: http://home.sol.no/~eness/deutsch.htm

(Übersetzt von Per K. Losch)

nach oben