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Erich Schreier
Röthenbach/Pegnitz
Vorsitzender des
DKP-Kreisverbandes Nürnberger Land


80 Jahre Kommunistische Partei Deutschlands

Aus: Der Vogtlandbote Nr. 12/98

12/1998
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Der Kaiser davon gejagt, der Krieg beendet. Aufstand der Matrosen in Kiel. Umwälzungen von ungekannten Ausmaß in Europa. In Berlin entstand 1918/1919
die KPD. An ihrer Spitze Karl Liebknecht. Rosa Luxemburg, Franz Mehring,
Wilhelm Pieck, Leo Jochiges und Klara Zetkin. Rosa , Karl und Leo fielen
dem Mordterror der Soldateska zum Opfer, die unter der Regierung Ebert,
Scheidemann und Noske ihre Verbrechen durchführten.
80 Jahre KPD bedeuten viele Fragen zur Geschichte der kommunistischen
Bewegung in Deutschland - und neuer Antworten. Die Niederlage des
Sozialismus in Europa stellt Fragen nach der historischen Fehlentwicklung
auf. Gleichzeitig müssen wir uns fragen, was bewahrenswert für die Zukunft
ist, für den Kampf um eine gerechtere, friedliche und sozialistische
Gesellschaft . Unter diesen Gesichtspunkten sollte man die Geschichte der
KPD erforschen, diskutieren und niederschreiben für künftige
Generationen.

Der antimilitaristische Kampf ,die Auseinandersetzungen mit dem
Revisionismus und Opportunismus in der SPD standen an der Wiege der KPD.
Das Aufbäumen gegen den Klassenverrat der SPD-Führung 1914, der Kampf gegen
den Verrat an der Novemberrevolution gehört zu den Seiten, die nicht neu
geschrieben werden müssen. Nicht zurückzunehmen sind auch die Entscheidungen
für einen revolutionären Weg und die Absage an den Revisionismus. Gültig
muß auch bleiben, daß die Gründung der KPD nicht die organisatorische
Spaltung der Arbeiterbewegung war, sondern der notwendige Schritt des
ideologischen und politischen Bruchs mit den Grundsätzen der damaligen
SPD-Führung. Die Gründung der KPD war notwendig, kam sogar zu spät, wie
die gescheiterte Revolution zeigt.

Nach der Oktoberrevolution in Rußland war die KPD die erste kommunistische
Partei in einen hochentwickelten kapitalistischen Land und es bestanden
reale Möglichkeiten, die Oktoberrevolution in Deutschland fortzusetzen. Die
Welt sähe anders aus. Doch sie scheiterte am Bündnis der SPD-Führung mit
des Kaisers Generalen und den konservativen Kräften . Die KPD wollte von
den Bolschewiki lernen. Das führte zu Fehlern, Schematismus, falschen
Nachahmungen, Blindheiten. Alles erklärbar, nur nicht in wenigen
Zeilen.

Die Haltung der KPD zur Weimarer Republik muß noch kritisch aufgearbeitet
werden. In der Weimarer Republik konnten die konterrevolutionären Freikorps
ihr Unwesen treiben. Die junge KPD dagegen stand in diesen Jahren vor
Problemen, für die es keinerlei Erfahrungen oder Lehrbuchweisheiten gab.
Die KPD nutzte die parlamentarischen Möglichkeiten und organisierte den
außerparlamentarischen Kampf zur direkten Interessenvertretung der
arbeitenden Menschen. Ungeachtet aller Unterschiede bemühte sich die KPD
um das gemeinsame Wirken mit den sozialdemokratischen Massen. Man erinnere
aber auch daran, daß unter Reichspräsident Friedrich Ebert die
sozialdemokratisch-kommunistischen Regierungen von Sachsen und Thüringen
abgesetzt wurden. Dagegen wurde von den LINKEN der Kapp-Putsch hinweggefegt.
Die KPD führte auch entschieden den Kampf gegen die Besetzung des
Ruhrgebietes durch die Franzosen. Die Politik blieb in der Partei nicht
ohne innere Auseinandersetzungen und erst unter Ernst Thälmann hatte die
KPD eine anerkannte Führung und fast 6 Millionen Wähler - hundert
Abgeordnete im Reichstag.

Es gab sicherlich auch Fehleinschätzungen des Faschismus. Man hielt lange
am Ziel für ein sozialistisches Deutschland fest, obwohl die Notwendigkeit
des gemeinsamen Kampfes gegen den Faschismus hätte längst im Vordergrund
stehen müssen. Bereits 1932 saßen 7000 Kommunisten in den Gefängnissen,
und es waren unter den Kugeln der sozialdemokratisch geführten preußischen
Polizei mehr Kommunisten gestorben als unter den Dolchen der Nazis.
Dennoch war die SPD keine faschistische Partei. Es bedarf noch viel
Studien, Untersuchungen usf., um diese finstere Zeit der Weimarer Republik,
der Haltung der verschiedensten Funktionäre der KPD und des Einflusses der
Komintern aufzuklären - auch des Wirkens von Stalin und
Molotow.

Die Fehler der Vergangenheit müssen aufgearbeitet werden. Dabei gilt es
hervorzuheben, daß die KPD im antifaschistischen Kampf gegen Hitler und
dessen Kriegsvorbereitungen den entschiedensten Beitrag leistete und
Zehntausende von Kommunisten in den Konzentrationslagern und Zuchthäusern
umgebracht wurden. Deshalb kamen auch nach 1945 KPD-Mitglieder in
verantwortungsvolle Funktionen in den Gewerkschaften, Betriebsräten,
Stadt- und Landesparlamenten, wurden Minister und Staatssekretäre . Diese
Leistungen gehören auf das Pluskonto der KPD. Der kalte Krieg und die
Wiederherstellung der Macht der Konzerne führten zu neuen Antikommunismus.
Weil die Kommunisten das Haupthindernis für die Wiederaufrüstung bildeten,
wurde die KPD am 17. August 1956 erneut verboten. Es gab 100000
Ermittlungsverfahren. 15000 Prozesse und Hunderte KPD-Mitglieder sowie
deren Sympathisanten landeten in den Gefängnissen. Willi Brandt führte
die Berufsverbote ein. Kommunisten durften nicht einmal Friedhofswärter
sein. Nicht an allen Niederlagen war der Klassengegner schuld. Heute
müssen wir unsere eigenen Fehler erkennen, um ihre Wiederholung zu
verhindern.

Trotz der sehr unterschiedlichen Entwicklung haben wir nach 80 Jahren
keinen Grund, die Geschichte unseres Kampfe gegen Kapitalherrschaft,
imperialistischen Krieg und Faschismus .für eine sozialistische Ordnung
und Zukunft zu verleugnen. Wir wissen als Kommunisten, daß die Lehren
von Marx, Engels und auch Lenin noch Gültigkeit haben, denn die
Herrschenden und ihr System können kein Problem unserer Zeit wirklich
lösen. Dazu ist eine neue Gesellschaftsordnung erforderlich - eine
Gesellschaftsordnung, für die die KPD seit ihrer Gründung eingetreten
ist und die auch - trotz aller Niederlagen - eine
Perspektive hat.

Nachbemerkung: Die trend-Redaktion wird im Laufe dieser Ausgabe noch weitere Texte zum Komplex "80 Jahre KPD" veröffentlichen.

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