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Aus:   cl.europa.deutschland, von   "Saeed Majeed" amurekharja_de@okay.net

Verfolgung der Ahmadi-Muslime in Pakistan
Öffentliche Mordaufrufe gegen den geistigen Führer

Von Yahya Hassan Bajwa*

12/1998
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Im Oktober hat die pakistanische Tageszeitung «Jura'at» gemeldet, dass der Präsident der Islamic National Front, Abdul Hamid Khan, während der Sitzung des zentralen Ratskomitees in Karachi je zehn Millionen Rupien Belohnung (umgerechnet rund 250 000 Franken) für die Ermordung des spirituellen Oberhaupts der Ahmadi-Muslime, Mirza Tahir Ahmad, ausgesetzt habe. Diese Summe soll der muslimische Kämpfer bar erhalten, der den Geistlichen tötet.

Gleichzeitig forderte Khan die muslimische Bevölkerung auf, die Ahmadis zu boykottieren; zudem erneuerte er auch das Todesurteil gegen den Schriftsteller Salman Rushdie.

Als muslimische Glaubensgruppe verboten

Ahmadi-Muslime gehen davon aus, dass Gott nach Muhammad auch noch weitere nicht gesetzbringende Propheten schicken kann. Hazrat Mirza Ghulam Ahmad, der Gründer der Bewegung, nahm diese Funktion für sich in Anspruch. Unter Zulfiqar Ali Bhutto, dem Vater der abgesetzten Premierministerin Benazir Bhutto, erklärte das pakistanische Parlament die Ahmadis per Dekret 1974 zu einer nicht islamischen Minderheit. Der Diktator Zia ul Haq verschärfte das Spezialgesetz weiter und verbot den Ahmadis, sich Muslime zu nennen und sich wie Muslime zu benehmen. Schon das Aussprechen des Grusses «assalamo-alaikum» durch einen Ahmadi kann heute mit bis zu drei Jahren Haft und einer Geldstrafe geahndet werden. 1986 führte Zia das Blasphemiegesetz ein: Wer den geheiligten Namen des Propheten Muhammad (Friede sei mit ihm) verunglimpft, wird mit dem Tod bestraft. Zia erklärte die Ahmadis indirekt für vogelfrei, als er sagte, dass jeder Gläubige bei Prophetenbeleidigung das Recht in die eigene Hand nehmen müsse.

Trotz der Rückgabe der Macht an zivile Instanzen und der Durchführung von Wahlen hat sich die Situation der Ahmadis in Pakistan weiter verschlechtert. Publikationen der Minderheit werden zensuriert, viele wurden verboten. Die Medien führen regelrechte Hetzkampagnen gegen Ahmadis durch; dabei werden die Leser dazu aufgefordert, sich nicht mit Anhängern der Ahmadis abzugeben oder sie sogar umzubringen. So geschah es mit dem Anwalt Muzaffar Sharma, dem vorgeworfen wurde, dass er für seinen Glauben werbe und dazu bei sich zu Hause Leute empfange. Obwohl er dies dementierte, wurden weitere Artikel mit der Aufforderung zu seiner Ermordung publiziert - so lange, bis er umgebracht wurde.

 

Staatliche Duldung?

Obwohl die Drahtzieher namentlich bekannt sind, da sie ihre Namen in Artikeln veröffentlichen, ist es dem Staat noch nie gelungen, Mörder von Ahmadi-Muslimen festzunehmen. Daraus kann man schliessen, dass der Staat die Verfolgungsmassnahmen duldet. Viele Anzeigen gegen Ahmadis werden direkt von der Polizei oder Staatsbeamten eingereicht. Oft wird aber im Gegenzug die Entgegennahme von Anzeigen von Ahmadis verweigert. Somit fehlt der staatliche Schutz für diese religiöse Minderheit, was ihre Anhänger verunsichert. Wenn den verschiedenen Regierungen, die in den letzten Jahren an der Macht waren, wirklich etwas an den Menschenrechten gelegen wäre, hätten sie die diskriminierenden Gesetzesartikel aus der Verfassung gestrichen. Dies ist aber auch nicht unter dem regierenden Premierminister Sharif geschehen: Sharif geht wie schon zuvor Bhutto Kompromisse mit den Fundamentalisten ein, da die Regierung auf deren Hilfe angewiesen ist. Die Leidtragenden sind die Ahmadi-Muslime und die Christen, die neuen Verfolgungen ausgesetzt sind. Polizeiposten und Gerichte werden von militanten Mullahs und deren Gefolgsleuten so lange belagert, bis die angeschuldigten Ahmadis oder Christen verurteilt werden.

Dass nun direkte Mordaufrufe in Zeitungen publiziert werden, stellt eine weitere Zuspitzung dar. Die Entwicklung kommt aber nicht überraschend: bereits im Juli hatte der offizielle Berater des Premierministers für religiöse Fragen, Israr, in einer in der Tageszeitung «Jang» zitierten Rede die Bevölkerung auffordert: «Tötet die Ahmadis öffentlich!» Zurzeit behandelt der Rat für islamische Ideologie ein neues Gesetz. Darin soll den Ahmadi-Muslimen der Besitz des Korans untersagt werden.

* Yahya Hassan Bajwa ist freier Journalist; er arbeitet unter anderem als Mitglied der Human Rights Commission of Pakistan.

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