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aus *UZ* unsere zeit, Zeitung der DKP, Nr. 49
4. Dezember 1998

IG Metall-Gewerkschaftskongreß
Der Regierung fehlt es an Schwung

12/1998
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Der Auftakt des außerordentlichen Gewerkschaftstages der IG
Metall in Mannheim stand ganz im Zeichen der Bewertung der
Politik der neuen Bundesregierung und von politischen
Schlußfolgerungen, die der Vorsitzende der IG Metall, Klaus
Zwickel, in einer Rede vor den über 600 Delegierten zog.

Zu Beginn warb Bundeskanzler Gerhard Schröder für die
Regierungspolitik. Beim Bündnis für Arbeit komme es nicht
auf "Appelle und Versprechungen" an, betonte Schröder.
Vielmehr erwarte er "zählbare Taten". Der Bundeskanzler
forderte die Delegierten auf, "Druck in den Betrieben" zu
machen, damit "die gewaltige Aufgabe", neue Beschäftigung zu
schaffen, "nicht beim Staat alleine" hängen bleibt.

Daniela Fertig von der IG Metall-Jugend Mannheim griff das
sofort auf. Mit weiteren Mitgliedern zusammen forderte sie,
jetzt ein Gesetz zur Verpflichtung der Unternehmer zur
Ausbildung zu beschließen. Und damit dies nicht in
Vergessenheit gerät, erhielt Kanzler Schröder eine brennende
Kerze zum 1. Advent.

Klaus Zwickel warb nachhaltig für die Unterstützung der
neuen Regierung. Er forderte allerdings auch weiter zu
gehen: "Den Aufbruch wagen ist das Gebot der Stunde."
Nachdrücklich warb er bei den Delegierten für die Neuauflage
seiner alten Forderung nach einem Bündnis für Arbeit, bei
dem sich die Beteiligten auf konkrete Beschäftigungsziele
verständigen müßten. Zumindest müßten die Arbeitgeber bereit
sein, so Zwickel, "Bandbreiten für Beschäftigungsziele" zu
vereinbaren. Sollten die Verhandlungen scheitern, müsse die
Bundesregierung "das Notwendige auf jeden Fall durch
politisches Handeln" auf den Weg bringen Hauptziel der
Regierung müßten deutlich mehr Arbeits- und
Ausbildungsplätze sein. Er kritisierte die Entscheidung der
Bundesregierung, 620-Mark-Jobs von der bisher erhobenen
Pauschalsteuer freizustellen und dafür mit
Sozialversicherungsabgaben zu belegen. Dadurch werde die
Zahl der geringfügigen Arbeitsverhältnisse nicht
eingeschränkt und darüber sei "das letzte Wort noch nicht
gesprochen".

Klaus Zwickel forderte eine Politik für mehr Gerechtigkeit
in der Gesellschaft, die Globalisierung sozial zu gestalten
und trat dafür ein, daß jetzt eine Zukunftsdiskussion in der
Gesellschaft beginnen müsse. Zu dieser Frage kritisierte er
die Regierungserklärung als zu "farblos" und der "es an
Schwung fehle." Das Ziel einer Politik der Reformen müsse
aus seiner Sicht eine grundlegende Alternative sein, eine
Gesellschaft, in der der Mensch im Mittelpunkt stehe. Daß
Klaus Zwickel diese Möglichkeit durch Reform dieser
Gesellschaft sieht, dürfte niemanden wundern, der seine
politischen Grundüberzeugungen kennt.

Nachdem auch Kanzler Schröder von einer Erneuerung der Idee
des Dritten Weges sprach, zeigte sich hier für Kommunisten
die Chance, in diese Zukunftsdiskussion mit unseren
marxistischen Auffassungen und konkreten
Sozialismusvorstellungen einzugreifen.

Die leider nur von zehn Delegierten genutzte anschließende
Debatte lieferte dazu einen Beitrag. Linke Gewerkschafter,
darunter auch Mitglieder der DKP, verlangten sehr
überzeugend eine gründliche Überprüfung des Bündnisses für
Arbeit. Sie warnten vor Illusionen und verwiesen auf die
notwendige Orientierung gewerkschaftlicher Strategie auf
politische Interessenvertretung und auf Antikapitalismus.

Klaus Zwickels Erwiderung hierzu, daß das Bündnis für Arbeit
auch Ausdruck der Schwäche der Organisation (als Beispiel
führte er den Siemenskonzern an) wäre, konnte wenig
überzeugen.

Horst Schmitthenner, Mitglied des geschäftsführenden
Hauptvorstandes der IG Metall, erhielt für seinen Beitrag
zur Ablehnung der von Klaus Zwickel empfohlenen
Tariffond-Lösung für die Renten-Finanzierung hingegen den
ungeteilten Beifall der Delegierten.

Die Wahl von Jürgen Peters zum Nachfolger für Walter Riester
kann Zeichen setzen. Er gilt als Linker und war nicht der
Wunschkandidat Klaus Zwickels.

Die Bewährungsprobe der IGM wird schon bald kommen, die
Tarifverhandlungen mit dem formulierten Ziel, ein "Ende der
Bescheidenheit" zu setzen.

In den folgenden Ausgaben der UZ werden wir ausführlicher
und auch über die Hauptvorhaben dieses Kongresses berichten,
eine Organisationsreform zu diskutieren und zu beschließen.

Afp/EB
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