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Wir dokumentieren:

Geplante Neuregelungen zu 620,-- DM-Jobs durch die Bundesregierung

fax- und E-Mail-Aktion der IG MEDIEN-Frauen

12/1998
trdbook.gif (1270 Byte)
trend
online

Briefe oder Artikel:
kamue@partisan.net
ODER per Snail:
Anti-Quariat
Oranienstr. 45
D-10969 Berlin

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

wir haben die dringende Bitte an Euch, noch vor, waehrend und zwischen
den Feiertagen, die Fax- und E-Mail-Aktion des Hauptfrauenausschusses
zu unterstuetzen, indem Ihr
  • die mit diesem Schreiben verschickte E-Mail an die angefuehrten Adressen sendet und die E-Mail Betriebsraeten, Personalraeten, Fach- und Personengruppenvorstaenden *sowie interessierten Kolleginnen und Kollegen schickt, ebenfalls mit der Bitte, die Bonner Adressen anzufaxen*bzw. ihnen eine E-Mail zuschicken.
    [Anmerkung der trend-redaktion:
    Wer sich daran beteiligen will wendet sich an:
    IGMEDIEN-HV-ARCHIV@LINK-DO.soli.de   (Annette Showell-Moosbrugger)]

Warum dieser Aufwand noch in diesem Jahr?

Ende November hat die Bundesregierung ihre geplanten Aenderungen fuer
die geringfuegigen Beschaeftigungsverhaeltnisse vorgelegt. Im Januar/
Februar 1999 soll hierzu ein eigenstaendiger Gesetzentwurf eingebracht
werden.

Da die durch die Bundesregierung vorgeschlagene Neuregelung voellig
unzureichend ist, muessen wir bereits jetzt Druck entwickeln, wenn wir
noch etwas veraendern wollen.

Im einzelnen ist folgendes vorgesehen bzw. im Gespraech:

1. Alle geringfuegigen Beschaeftigungsverhaeltnisse bleiben bis zu
620,--DM (West und Ost) steuerfrei. Der Betrag von 620,-- DM wird
nicht dynamisiert.

2. Die Arbeitgeber muessen fuer diese Jobs 10% an die
Krankenversicherung und 12% an die Rentenversicherung abfuehren.
Aus diesen Pauschalbetraegen, die der Arbeitgeber entrichtet,
entstehen den geringfuegig Beschaeftigten keine (zusaetzlichen)
Ansprueche.

3. Die geringfuegig Beschaeftigten koennen - freiwillig - in die
Rentenversicherung (7,5%) einzahlen. Erst dann erwerben sie
individuelle Leistungsansprueche.

4. Wie auch schon vorher werden mehrere geringfuegige
Beschaeftigungsverhaeltnisse zusammengerechnet. Eine
Nebenbeschaeftigung bei einem anderen Arbeitgeber soll nicht
versicherungs- und steuerpflichtig werden.

5. Wie bisher muessen alle geringfuegigen Beschaeftigungsverhaeltnisse
der Sozialversicherung gemeldet werden. Neu ist, dass sie auch auf
der Lohnsteuerkarte zu vermerken sind.

6. Die Regelung soll zum 1. April 1999 in Kraft treten bei einer
gleichzeitigen Senkung des Rentenbeitrages auf 19,5%.

Mit dem sogenannten "Mainzer Modell" wird darauf abgezielt, ueber die
Subventionierung von Sozialversicherungsbeitraegen aus der Staatskasse
mehr Teilzeitarbeitsplaetze zu schaffen. Letztendlich ist dies aber
der Einstieg in den Niedriglohnsektor.

Sicherlich, geringfuegige Beschaeftigungsverhaeltnisse gab es schon
(fast) immer. Sie dienten urspruenglich dazu, zeitlich begrenzte
Arbeitsspitzen kurzfristig abzufangen. Das ist aber laengst nicht mehr
der Fall. Fast 6 Millionen Menschen sind heute in diesen
Beschaeftigungsverhaeltnissen taetig, Tendenz steigend. Das bedeutet,
dass immer weniger Menschen durch ihre Erwerbsarbeit kranken- renten-
und arbeitslosenversichert sind. 60% der geringfuegig Beschaeftigten
sind Frauen.

Die scheinbaren Vorteile fuer die geringfuegig Beschaeftigten lassen
sich schnell als eindeutige Nachteile entlarven, denn viele von den
Betroffenen kennen die eigenen Ansprueche gar nicht. Geringfuegig
Beschaeftigte arbeiten haeufig auf Abruf, verstehen sich oftmals als
Aushilfe ohne jeglichen Anspruch auf geltenden tarif- und
arbeitsrechtlichen Schutz - auch bei Kuendigungen.

Die Umwandlung von sozial geschuetzten Voll- und
Teilzeitarbeitsverhaeltnissen in ungeschuetzte nuetzt ausschliesslich
den Arbeitgebern. Auf Kosten der Beschaeftigten verschaffen sie sich
gegenueber ihren Konkurrenten Wettbewerbsvorteile, mit der Folge, dass
weitere hundertausende existenzsichernde Voll- und
Teilzeitarbeitsplaetze in geringfuegige Beschaeftigungsverhaeltnisse
umgewandelt werden.

Die Delegierten des 4. Gewerkschaftstages der IG Medien haben eine
schnelle Abschaffung der bisherigen Sozialversicherungsfreiheit fuer
sogenannte geringfuegig Beschaeftigte beschlossen und fordern die Bundesregierung und die politischen Parteien auf, sich fuer eine Abschaffung der Geringfuegigkeitsgrenze einzusetzen.

  • die Kommunen und die Landesregierungen auf, bei der Vergabe
    oeffentlicher Auftraege die Unternehmen zu bevorzugen, die ihre
    Leistungen ausschliesslich mit sozialversicherungspflichtigen
    Beschaeftigung erbringen
  • die Betriebs- und Personalraete in allen Branchen auf,
    Mitbestimmungsrechte bei personellen Einzelmassnahmen einzusetzen,
    um ein weiteres Ausufern geringfuegiger Beschaeftigung bis zur
    Abschaffung der Geringfuegigkeitsgrenze durch den Gesetzgeber zu
    verhindern;
  • die Vertrauensleute auf, sich aktiv fuer diese Forderungen
    einzusetzen;
  • Aufklaerung ueber gesellschaftliche Zusammenhaenge, wie
    beispielsweise der Rentenkassen durch die drastische Zuname
    derartiger Arbeitsverhaeltnisse oder die Lastenverteilung in der
    Krankenversicherung.

Wir hoffen sehr, dass Ihr zwischen Euren Weihnachtseinkaeufen, nach
dem Gaensebratenessen und vor dem Sektkorkenknallen noch etwas Zeit
findet, uns bei unserer fax- und E-Mail-Aktion zu unterstuetzen und
wuenschen Euch geruhsame Feiertage und einen guten Rutsch ins neue
Jahr.

Mit freundlichen Gruessen

Industriegewerkschaft Medien
Hauptvorstand

Inga Kulms
Frauensekretaerin

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