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From: "J.Bernlef" sb279re@uni-duisburg.de

Bolschewik Extra - Gruppe Spartakus

Ob schwarz-gelb oder "rot"-grün:
Staatsrassismus und Repression gehen weiter

12/1998
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Anfang August hatte der damalige CDU-Innenminister Kanther mit dem Verbot von DHKP-C, THKP-C und der Zeitung Kurtulus zu einem erneuten Schlag gegen linke Immigrantenorganisationen ausgeholt. Solches Handeln ist jedoch kein Privileg der CDU, sondern ein selbstverständliches Vorgehen für alle "wehrhaften" bürgerlichen Demokraten: Seit Jahren werden im SPD-regierten Duisburg - gedeckt von einer "rot"-grünen Landesregierung - linke türkische und kurdische Kulturvereine massiv unterdrückt. Dies trifft gezielt solche Vereine, die mit Parteien in Verbindung gebracht werden, welche sich als revolutionär verstehen und einen bewaffneten Kampf gegen das vom deutschen Staat unterstützte türkische Terrorregime führen. Im September 1998 wurde neben zwei türkischen Vereinen auch das linke Kulturzentrum Fabrik durchsucht, das sich mit den Immigrantenvereinen solidarisiert hatte. Die Übergriffe auf die Immigrantenvereine sind zum einen Teil der von staatlichen Stellen und bürgerlichen Medien betriebenen Stimmungsmache gegen Zugewanderte und Flüchtlinge. Zum anderen ist es "das erkennbare Ziel dieser Polizeiübergriffe ..., eine freie politische Betätigung und Organisierung (insbesondere von ImmigrantInnen) zu kriminalisieren und die politische Zusammenarbeit deutscher, türkischer und kurdischer Linker zu unterdrücken" (siehe die von uns initiierte Solidaritätserklärung auf der Rückseite). Bei den staatlichen Übergriffen in Duisburg greifen in beispielhafter Weise Staatsrassismus und Repression in der bürgerlichen Demokratie ineinander. Ein Angriff auf einen ist ein Angriff auf alle! Deshalb gilt es unabhängig von politischen Differenzen die Verfolgung linker Organisationen zurückzuschlagen. Weg mit den Verboten von PKK, DHKP-C, THKP-C und

Kurtulus! Weg mit den Paragraphen 129/129a! Sofortige Freilassung aller linken Gefangenen! Der Kampf gegen den Staatsrassismus muß sich gegen alle Einwanderungsbeschränkungen und Abschiebungen richten und volle Staatsbürgerrechte für alle ImmigrantInnen fordern.  

Wie dem Staat entgegentreten? 

Protesterklärungen und Protestdemonstrationen sind ein Mittel, um dem Staat die Solidarität mit den unterdrückten Gruppen zu signalisieren und ArbeiterInnen, ImmigrantInnen und Jugendliche für den Kampf gegen die Polizeirepression zu interessieren. Doch weder mit Protest allein noch mit öffentlichem Druck sind staatliche Angriffe auf demokratische Rechte wirklich zu stoppen. Nach einer Duisburger Protestdemonstration im November 1997 (siehe unsere Kritik in Bolschewik 10) gab es zwar eine vorübergehende Abschwächung der Hausdurchsuchungen, aber schon einige Monate später werden die staatlichen Übergriffe wieder verschärft. Der bürgerliche Staat - auch in seiner parlamentarisch-demokratischen Form - ist als Organ kapitalistischer Herrschaft zwangsläufig repressiv und rassistisch. Um die Rahmenbedingungen kapitalistischer Profitmacherei zu verteidigen und zu verbessern und damit den "Standort Deutschland" im internationalen Wettbewerb nach vorne zu bringen, kombiniert er die Mittel direkter Unterdrückung mit den Mitteln rassistischer und nationalistischer Spaltung: Deutsche Arbeiter sollen zwischen "In- und Ausländern" unterscheiden und damit "ausländische" Sündenböcke für das kapitalistische Elend ausmachen. Solange dieser Staat existiert wird sich daran nichts ändern. Nur die revolutionäre Überwindung des kapitalistischen Systems kann daher der Repression der Linken und dem Rassismus ein Ende bereiten. Entgegen dieser grundlegenden Einsicht antworten große Teile der Linken auf politische und (staats-) rassistische Angriffe auf Linke und ImmigrantInnen immer wieder mit dem Ruf nach "richtiger" oder mehr Demokratie. So fordern sie z.B. ein demokratischeres Vorgehen der Polizei oder appellieren an den Staat, faschistische Organisationen zu verbieten. Oder es wird versucht die "undemokratischen", "willkürlichen" Polizeiübergriffe dem "demokratischen" Recht bzw. Grundgesetz entgegenzustellen. Sie "übersehen" dabei, daß das staatliche Vorgehen gegen Linke und ImmigrantInnen fester Bestandteil bürgerlicher Demokratie und staatlich verankerten Rechts ist, weil die Bundesrepublik eben keine "Demokratie an sich", sondern nur die demokratische Form kapitalistischer Klassenherrschaft ist. Gegen diese kann erfolgreich nur mit Mitteln des konsequenten Klassenkampfes vorgegangen werden.

Die Arbeiterklasse in Deutschland ist ihrer Zusammensetzung nach schon längst international. Gegen staatliche Angriffe wie auch die täglichen faschistischen Überfälle muß sich die Arbeiterbewegung wehren: Für den Aufbau gewerkschaftlich organisierter Selbstverteidigungsgruppen! ImmigrantInnen und Jugendliche müssen um diese Achse des Klassenkampfes herum in die notwendige Massenmobilisierung integriert werden. 

Brecht mit dem Reformismus! 

Diese beschriebene Politik erfordert vor allem eine revolutionäre Arbeit und Mobilisierung in den Gewerkschaften. Sie kann nur verwirklicht werden im Kampf gegen die (sozialdemokratischen) BürokratInnen, die natürlich versuchen werden, jede unabhängige Aktivität der Gewerkschaften gegen ihre "Genossen" Minister zu verhindern. Bestenfalls werden sich die einen oder anderen noch dazu verpflichtet fühlen, an die regierende SPD zu appellieren, womit sie nur Illusionen schüren, daß es möglich wäre, den Staat von seinem strategischen Vorgehen gegen Organisationen der Linken abzubringen. Auch Gewerkschaftsführer selbst blasen offen in das rassistische Horn oder lassen wie in Berlin 1996 zu, daß die Polizei auf kurdische TeilnehmerInnen der Mai-Demonstration einprügelt.

Doch wurden die "Genossen" Minister auch mit Wahlunterstützung von Teilen der Linken, darunter vorgeblich revolutionäre Organisationen wie Linksruck, Internationale Sozialistische Organisation (ISO), Internationale Sozialisten (IS) und Gruppe Arbeitermacht, gewählt. Die Aktionen der staatlichen Organe in Duisburg zeigen, daß jegliches "kritische" Vertrauen in die SPD fehl am Platze ist. "Rot"-grüne Landesregierungen haben gezeigt, daß sie weder in puncto Repression der Linken noch Rassismus (z.B. Abschiebungen) der CDU/CSU etwas nachstehen. Schröder hat bereits im Wahlkampf den starken Staat propagiert und gegen Eingewanderte gehetzt. Sowohl SPD, Grüne/Bündnis 90 als auch PDS stehen zu diesem Staat und seiner Verfassung. Die bürgerlich-demokratische BRD ist aber laut Grundgesetz als der Staat der Deutschen verfaßt, was eine sofortige und völlige rechtliche Gleichstellung aller Einwanderer ausschließt. Veränderungen des Einbürgerungsrechts wie von PDS und Grünen gefordert oder von der neuen Bundesregierung beabsichtigt, mögen zwar Einzelnen eine Verbesserung bringen, ändern aber nichts an der grundsätzlichen nationalistisch-rassistischen Ausgrenzungslogik auf der dieser Staat wie jeder bürgerliche Nationalstaat beruht! Die PDS regiert in Mecklenburg-Vorpommern mit, ohne den sofortigen Stopp aller Abschiebungen zur Koalitionsbedingung erhoben zu haben, d.h. die PDS ist nicht nur wie bisher in Sachsen-Anhalt bereit eine Abschiebe-Regierung zu tolerieren, sie will selbst eine mit bilden. Reformistische Flausen wie die Forderung von PDS-Kreisen nach Abschaffung des Verfassungsschutzes - natürlich ohne Revolution im Rahmen des bürgerlichen Staates - sind illusionär. Die (von Gysi empfohlene) Zustimmung von mehreren PDS-Bundestagsabgeordneten zum "Großen Lauschangriff" der SPD belegt das. So wie ein grüner Polizeipräsident in Münster energisch gegen AtomkraftgegnerInnen und Anti-FaschistInnen vorgeht, so werden auch SPD/PDS-Regierungen verläßlich ihren "rechtsstaatlichen Auftrag" erfüllen und gegen von ihnen unbeeinflußbare Linke (sog. "Linksextremisten") vorgehen. In diesem Sinne lassen die aktuellen Landesregierungen in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt zwar nicht die regierende bzw. tolerierende PDS insgesamt überwachen, aber doch die partei-internen DissidentInnen in Gysis bunter Truppe - also Kommunistische Plattform, Marxistisches Forum, AG Junger GenossInnen. Unter den im Bundestag vertretenen Parteien sind es dennoch v.a. Teile der PDS-Basis wie die PDS-Duisburg und die Kommunistische Plattform NRW, die sich mit den betroffenen Vereinen solidarisch erklären. Grundsätzlich streben wir trotz politischer Differenzen eine gemeinsame Arbeit mit anderen Linken in der Praxis an und hoffen, daß sich über Solidaritätserklärungen hinaus konkrete gemeinsame Aktionen etwa zur Verteidigung der Vereine gegen Polizeiübergriffe entwickeln. Ein entschlossener und erfolgreicher Kampf gegen die staatliche Repression würde jedoch zwangsläufig in Konflikt mit den reformistischen Fesseln der PDS-Führung geraten. Deshalb ist es nötig auch mit dem PDS-Reformismus zu brechen. Statt dessen gab der Teil der Linken, der die SPD nicht wählen wollte, eben dieser PDS seine zum Teil kritische (Sozialistische Aktion/AKP) bis völlig unkritische (RSB) Wahlunterstützung. Linke Organisationen wie Linksruck, Revolutionär-Sozialistischer Bund (RSB), Voran, MLPD u.a. übernehmen die Aufgabe mit pseudo-revolutionären Phrasen diejenigen aufzufangen, die sich nach links radikalisieren und sie letztlich wieder an die Sozialdemokratie zu binden. Sie sind nur Kettenglieder zum Reformismus und seinem Würgegriff über die Arbeiterbewegung und Linke. Dieser muß gebrochen werden, denn die notwendige Massenmobilisierung gegen Repression und Rassismus um die Achse des Klassenkampfes ist nur möglich, wenn die ArbeiterInnen in ihren alltäglichen Kämpfen es wieder lernen, konsequent und erfolgreich für ihre internationalen Klasseninteressen zu kämpfen. Dazu muß eine revolutionäre Führung aufgebaut werden, die politisch fähig ist, die Kämpfe für die unmittelbaren Interessen der Ausgebeuteten und Unterdrückten miteinander und mit dem revolutionären Ziel zu verbinden. Deshalb kommt es heute darauf an für den Wiederaufbau einer revolutionären Partei und Internationale auf einem trotzkistischen Programm einzutreten. 

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