Bernard Schmid berichtet aus Frankreich

Skandal um Umfragenfinanzierung rückt Sarkozys Rechtsaußen-Berater ins Tageslicht: Patrick Buisson, der Mann fürs Grobe

7/8-09

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Im Laufe des Juli 2009 wirbelte ein Skandal um die Finanzierung von bestimmten Umfragen durch den Elysée-Palast (also das französische Präsidentenamt) einigen Staub auf. Der Vorwurf lautet auf mutmabliche Vetternwirtschaft: Das Institut eines einflussreichen Beraters von Staatschef Nicolas Sarkozy, Publifact – das dem Stichwortgeber des Staatsoberhaupts, Patrick Buisson, gehört – hatte fette Honorare für die Durchführung von Meinungsumfragen kassiert. Diese hatte das Präsidialamt ihm, deutlich „über Marktwert“, bezahlt. Dieselben Umfrage bzw. ihre Resultate konnte man aber, haargenau identisch, zur selben Zeit auch in französischen Zeitungen und insbesondere im ‚Figaro’ nachlesen.

Der französische Rechnungshof (la Cour des comptes) hat sich zwischenzeitlich eingeschaltet und hat nun einige Unregelmäbigkeiten unterstrichen. So bezahlte das französische Präsidialamt dem Unternehmen Publifact 392.288 Euro für ein paar Umfragen, die vom Meinungsforschungsinstitut OpinionWay durchgeführt worden waren – und für die OpinionWay ihm wiederum annähernd 190.000 Euro berechnet hatte. Diese Umfragen wurden zugleich auch durch die konservative Tageszeitung ‚Le Figaro’ und den Kabelfernsehsender LCI (der dem Konzern des seit 1987 privatisierten ersten Fernsehkanals, TF1, gehört) publiziert. Es stellte sich ferner heraus, dass LCI/TF1 und ‚Le Figaro’ im Laufe des Jahres 2008 insgesamt die Ergebnisse von rund 30 Umfragen bei OpinionWay erworben haben – für insgesamt 50.000 Euro im gesamten Jahr. Dies wäre eine Summe, die deutlich unterhalb des üblichen Marktpreises läge: mit rund 200 Euro pro beim Publikum getestete Fragestellung, gegenüber einem marktüblichen Preis in Höhe von rund 700 Euro.

Nun liegt der Verdacht nahe, dass der Präsidentenpalast gleich in doppelter Richtung korrupt agiert, d.h. politische und persönliche Freunde finanziert hat: Einerseits zugunsten des ‚Figaro’ (als relativ einflussreicher Pro-Regierungs-Zeitung) und des privaten Fernsehkonzerns von TFA; dessen Eigentümer(-Erbe), Martin Bouygues, ist ein Duzfreund Nicolas Sarkozys. Um Anderen aber auch zugunsten von Patrick Buisson und seines Büros Publifact, das Honorare – die in seinem Auftrag, oder für mehrere Auftraggeber zugleich, durch OpinionWay durchgeführt worden sind - weit über die realen Kosten hinaus kassiert haben dürfte.

Uns interessant nun in diesem Zusammenhang nicht der (überaus reale) Aspekt der Korruption, der an der ganzen Geschichte mit daran hängt. Brisant ist in unseren Augen zuvörderst das politische Profil des Begünstigten Patrick Buisson, der auf diese Weise aus dem Füllhorn des französischen Staatsvermögens finanziert worden ist und der zugleich als einer der einflussreichsten Ratgeber Präsident Sarkozys gilt – auch wenn er nicht so sehr im Lichte der Öffentlichkeit steht wie dessen „offizielle“ Berater, Claude Guéant (konservativ-wirtschaftsliberal, ein pragmatischer Machtpolitiker) und sein  Redenschreiber Henri Guaino (schwülstig-patriotisch; ein EU-skeptischer und „sozial“ auftretender Gaullist).

Aufgrund und „dank“ der aktuellen Affäre wurden nunmehr die Scheinwerfer ein bisschen stärker auf das Treiben desselben Patrick Buisson gelenkt. Dieser war zwar kein gänzlich Unbekannter: Am 20. November 2008 hatte das sozialliberale Wochenmagazin ‚Le Nouvel Observateur’ ein ausführliches Portrait Buissons veröffentlicht, aus dem u.a. seine Rechtsauben-Vergangenheit – jüngeren Datums – klar hervor ging. Man erfuhr dort auch, dass es Buisson war, auf den u.a. die Idee der Einrichtung eines „Ministeriums für Einwanderung und nationale Identität“ (das seit dem Wahlsieg Nicolas Sarkozys im Mai 2007 real besteht) zurückgeht. Doch dem breiten Publikum blieb dieser Präsidentenberater, als ein Mann des Schattens, eher unbekannt.

Nun publizierte, nachdem der aktuelle Skandal einen günstigen Moment dafür bot, die linksliberale Tageszeitung ‚Libération’ in ihrer Ausgabe vom 23. Juli 2009 ein politisches Portrait Patrick Buissons. Einige Auszüge davon sind ausgesprochen brisant. Und hier einige Kostproben davon:

„(...) Die Herkunft, die kulturellen und intellektuellen Bezüge und die Werte: Alles macht aus (Buisson), dem aktuellen Chef des Geschichtssenders ‚Histoire’ – einer Filiale des Fernsehsenders TF1 – einen Mann der extremen Rechten, auch wenn er nie einen Mitgliedsausweis bei einer ihrer Gruppierungen besessen hat. (...) Er war lediglich zeitweiliges Mitglied bei der ‚Nationalen Studentenvereinigung’ FNEF, während seiner Studierendenjahre in Nanterre rund um das Jahr 1968 herum. Dort begegnete er u.a. Marie-France Stirbois (Anm.: frühere FN-Abgeordnete, die im April 2006 verstarb) und Bruno Gollnisch, auch wenn der letztgenannte FN-Vizepräsident heute angibt, ‚keinerlei Beziehung, auch nicht privat, zu Patrick Buisson zu unterhalten’.

Bevor er spätestens 2005 einer der wichtigsten informellen Berater des damaligen Präsidentschaftskandidaten Nicolas Sarkozy wurde, war Patrick Buisson immer ein Anhänger einer ‚Union aller Rechten’ (Anm.: das bedeutet, einer Allianz unter Einschluss des rechtsextremen Front National) gewesen. <Ab 1984 (Anm.: Jahr des Durchbruchs des FN zur erfolgreichen Wahlpartei bei den damaligen Europaparlamentswahlen) (...) trat er aktiv für ein Bündnis zwischen der Partei von Jean-Marie Le Pen und der Parteien der klassischen/traditionellen Rechten ein>, vertraut uns einer der wenigen Freunde des Mannes an. Er (Buisson) ist im Übrigen einer der Hintermänner der Annäherung zwischen Bruno Mégret, der damals (Anm. BhS: nachdem er 1982 den neogaullistischen RPR bzw. seine frühere einflussreiche Position dort verlieb) an der Spitze der <Republikanischen Aktionskomitees> CAR stand, und dem Chef des Front National, mit welch letzterem Patrick Buisson damals auch weiterhin regelmäbige Kontakte unterhält. In den Jahren 1986 und 87 leitet er die Redaktion der (Anm.: rechtsextremen aber relativ parteiunabhängigen) Wochenzeitung <Minute> und wird dann Chefredakteur bei <Valeurs Actuelles> (Anm.: Wochenmagazin, das zwischen Konservativen und Rechtsextremen angesiedelt ist, vgl. http://www.trend.infopartisan.net/trd0107/t120107.html ). Dort begegnet er dem englisschen Milliardär Jimmy Goldsmith (Anm.: der Urheber der britischen EU-feindlichen Partei UKIP) und (dem nationalkonservativen französischen Katholiken) Philippe de Villiers. Dessen Berater wird er sehr schnell, bei den Europaparlamentswahlen 1994 (Anm. BhS: wo Philippe de Villiers mit über 12 % der Stimmen seinen ersten Wahlsieg feiert, als Anführer einer zeitweilig erfolgreichen Kraft zwischen Konservativen und FN) und noch bis Anfang 2005.

Während er (Anm.: ab 2005) offiziell bereits für Nicolas Sarkozy tätig war, <telefonierte er mit Philippe de Villiers, um ihm zu sagen, dass dieses oder jenes Wort oder Konzept, das er für den Wahlkampf Sarkozys getestet hatte, eher/ziemlich gut funktionierte. Und die Umfragen, die er in Auftrag gab, wurden zugunsten von Philippe de Villiers korrigiert>. So erzählt es ein ehemaliges Mitglied im Wahlkampfstab von (Philippe de VIlliers) bei der Präsidentschaftswahl (Anm. BhS: im April 2007, wo der Nationalkatholik und Europaparlaments-Abgeordnete jedoch nur gut 2 Prozent der Stimmen erhielt, während Sarkozy erfolgreich seine und auch Le Pens Wählerschaft umwarb). <Patrick war schon immer in der Position, die er heute einnimmt, die eines Zwischengängers und Schattenberaters. Er funktioniert er als einsamer Wolf denn als Mitglied eines Teams oder einer Clique>, erklärt ein früherer Journalist bei <Minute>. (...)“

Nicht unbrisant, wen Nicolas Sarkozy sich da so als Berater aushält...

Editorische Anmerkungen

Der Text erhielten wir vom Autor für diese Ausgabe.