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trend onlinezeitung für die alltägliche wut
Nr. 7-8/1998

aus *UZ* unsere zeit, Zeitung der DKP, Nr. 26

Gewerkschaftswahlen in Israel
Chadasch verdoppelte Stimmen

von Hans Lebrecht / Tel Aviv

Bei den Wahlen zu den Gremien der Histadruth
Gewerkschaftsunion in Israel erhielt der bisherige
Vorsitzende, MK (Mitglied der Knesseth - Arbeitspartei) Amir
Peretz 77.7 Prozent der Stimmen. Sein einziger
Gegenkandidat, MK Maxim Levy (Bruder des aus dem Netanjahu
Kabinett mit seiner Likud-Fraktion "Gescher" ausgeschiedenen
Außenministers David Levy) erhielt 22.3 Prozent der
gueltigen Stimmen. Von den 600.000 stimmberechtigten
Histadruth-Mitgliedern gaben allerdings nur 260.000 ihre
Stimme ab.


Bei den gleichzeitig stattgefundenen Wahlen zu der
Histadruth Landeskonferenz erhielt die unter der Fuehrung
von Peretz stehende gemeinsame Liste "AM" der Arbeitspartei,
der Gewerkschaftsfraktion des Likudblocks, der sephardischen
ultra-klerikalen Schass, der Einwandererpartei und der
arabisch-demokratischen Partei 56 Prozent der Mandate in der
Konferenz, die gemeinsame Liste der Meretz und Gescher
Parteien 23 Prozent, eine Liste von Betriebsräten 13 Prozent
und die Chadasch-Front mit den Kommunisten nahezu 8 Prozent
(1994 - 3.7 Prozent).

Auffällig bei diesen Wahlen ist der eindeutig mit grosser
Mehrheit wiedergewählte, auch von der Chadasch unterstützte
Gewerkschaftsführer Peretz. Ohne Zweifel ist dies das
Resultat der von ihm während der beiden letzten Jahren
angeführte Verteidigungskampf der Werktätigen Israels gegen
die arbeiterfeindliche, im Interesse des Grosskapitals
wirkende Netanjahu-Regierung, darunter, unter anderem, auch
zwei wichtige erfolgreiche Generalstreiks. Wie Peretz nach
seiner Wiederwahl betonte, waren diese Kämpfe erfolgreich,
weil sie von der Arbeiterschaft, in Zusammenwirkung einer
breiten Front von der Arbeitspartei, Likud und Parteilosen
angeführten Betriebsräte erwirkt wurden. Das habe den
Grundstock zu der von ihm geleiteten AM-Liste gelegt, welche
mit einer absoluten Mehrheit aus den Wahlen hervorgegangen
ist.

Bei diesen Wahlen wurde zum ersten Mal die Tradition der
nach den politischen Parteien in Israel ausgerichteten
Wahlen auf Grund der in der Knesseth vertretenen Parteien
gebrochen. Zum ersten Male traten die beiden grossen
Kandidatenlisten zur Landeskonferenz mehr oder weniger als
Blöcke auf, welche dem Anschein nach sich eigentlich
unmöglich anhören: die von Peretz angeführte AM Liste der
sozialdemokratischen, gegenüber der Regierung
oppositionellen Arbeitspartei mit Teilen der
Regierungskoalition (Likud, Schass, Einwandererpartei), und
andereseits ein Block der als "linke Friedenspartei"
eingestufte Meretz mit der rechten, vom Likud abgespaltenen
sozial-demagogisch auftretenden Gescher-Partei. Amir Peretz
konnte daher betonen, dass damit die Parteienabhängigkeit
der Gewerkschaftsfraktionen gebrochen wurde und die
Werktätigen, gleichgültig welcher Parteizugehörigkeit oder
Parteiunabhängigkeit, wie dies in den Gewerkschaften in der
kapitalistischen Welt schon immer üblich gewesen sei, direkt
vertreten sein werden. Das verspreche unter anderem, dass
unter seiner Leitung und im Einverständnis aller Teile der
Gewerkschaftsvertreter, die Histadruth sich unabhängig von
den Parteiführungen der in der Knesseth vertretenen
politischen Parteien noch besser als bisher an die Spitze
des gewerkschaftlichen Kampfes gegen die im Interesse des
Grosskapitals stehende Politik der Netanjahu-Regierung
stellen werde, versprach Peretz.


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Nr.7-8/1998