Stadtumbau & Stadtteilkämpfe
Volksbegehren für
ein Gesetz zur Vergesellschaftung von Grund und Boden
Beschlusstext für ein
Rekommunalisierungsgesetz in Berlin

erarbeitet von der Initiative "Deutsche Wohnen enteignen"(*)

5-6/2019

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Vorbemerkung: In der Nr. 11/2018 dokumentierten wir einen (vorläufigen) Beschlusstext der Initiative für ein Vergesellschaftungsgesetz von Grund und Boden. Mithilfe eines Volksbegehrens sollten folgende vier Punkte gesetzlich ermöglicht werden:

1) Private Wohnungsgesellschaften, die mehr als 3.000 Wohnungen besitzen, sollen nach Artikel 15 Grundgesetz enteignet und ihre Bestände in Gemeineigentum überführt werden.
2) Die betroffenen Unternehmen sollen deutlich unter Marktwert entschädigt werden.
3) Zur Verwaltung der Bestände soll eine Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) neu geschaffen werden. In deren Satzung wird festgehalten, dass die Bestände der AöR nicht privatisiert werden dürfen.
4) In der AöR sollen die in Gemeineigentum überführten Bestände unter mehrheitlich demokratischer Beteiligung von Stadtgesellschaft und Mieter*innen verwaltet werden.

Der Beschlusstext für dieses Volksbegehren musste jedoch überarbeitet werden, weil der Berliner Senat ihn juristisch nicht für zweckdienlich hielt.

Am 23.11. 2018 reichte die Initiative den nachfolgenden Beschlusstext beim Senat von Berlin ein und begann am 6. April 2019 mit der Unterschriftensammlung für das Volksbegehren.

Beschluss für ein Gesetz zur Vergesellschaftung von Grund und Boden (Rekommunalisierungsgesetz)

Eine soziale Wohnungsversorgung in Großstädten wie Berlin setzt in der Fläche dauerhaft sozial gebundene Wohnungen zu leistbaren Mieten voraus. Wer auch Haushalten mit geringen Einkommen Wohnungen zur Verfügung stellen will, muss unterdurchschnittliche Mieten sicherstellen. Dieses Ziel ist mit privaten Wohnungsunternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht nicht zu erreichen. Die Erfahrung zeigt, dass auch mit Steuerungsinstrumenten wie der Mietpreisbremse oder durch Vorkaufsrechte zugunsten der öffentlichen Hand die Wohnungsversorgung für Haushalte mit geringem Einkommen nicht hinreichend sichergestellt werden kann.

Wir brauchen eine groß angelegte Kommunalisierung beim Wohnungsbau und bei der Bereitstellung von Wohnungen, weil nur diese langfristig und auch in angespannten Situationen eine soziale Versorgung mit Wohnungen sicherstellen kann. Hierzu gehört auch eine Rekommunalisierung von Wohnungen, die einmal im öffentlichen Eigentum waren. Daher wird der Senat von Berlin zur Erarbeitung eines Gesetzes zur Überführung von Immobilien sowie Grund und Boden in Gemeineigentum zum Zwecke der Vergesellschaftung nach Art. 15 Grundgesetz aufgefordert.

Das Gesetz soll für Wohnimmobilien in Berlin sowie die Grundstücke, auf denen sie errichtet sind, gelten. Es findet Anwendung, sofern Wohnungen durch einen Eigentümer in einem Umfang gehalten werden, der im Gesetz als „vergesellschaftungsreif“ definiert wird. Alle Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht, gleich welcher Rechtsform, die Wohnungen in einer Anzahl über dieser Schwelle in ihrem Bestand haben, werden von der Vergesellschaftung erfasst. Wohnungsunternehmen, deren Töchter und nachgeordnete Wohnungsunternehmen mit Wohnimmobilien in Berlin gelten dabei als ein Wohnungsunternehmen. Soweit ein Wohnungsunternehmen eine bedeutende Beteiligung an einem dritten Wohnungsunternehmen hält, ist der Wohnungsbestand des dritten Wohnungsunternehmens in Berlin hinzuzurechnen. Ein unbebautes Grundstück im Eigentum des Wohnungsunternehmens gilt insoweit als Wohnung.

Als Schwelle für die Vergesellschaftungsreife schlagen wir einen Umfang von 3000 Wohnungen pro Unternehmen vor. Durch diese Höhe werden die Grundrechte auf Eigentum und Berufsfreiheit geschützt, gleichzeitig erfasst dieser Wert genug Unternehmen, um Gemeineigentum in einer Größenordnung zu schaffen, die den Begriff Vergesellschaftung rechtfertigt.

Ziel einer Vergesellschaftung ist die Schaffung von Gemeineigentum, weshalb Unternehmen im öffentlichen oder bereits kollektiven Besitz der Mieter*innenschaft oder gemeinwirtschaftlich verwaltete Unternehmen rechtssicher ausgenommen werden sollen.

Vergesellschaftung im Sinne von Art. 15 des Grundgesetzes bedeutet auch, dass die Verwaltung der in Gemeineigentum überführten Bestände unter mehrheitlicher demokratischer Beteiligung von Stadtgesellschaft, Mieter*innen und Belegschaft erfolgen muss. Vorgeschlagen wird daher eine neu zu schaffende Anstalt öffentlichen Rechts. In ihrer Satzung soll festgehalten sein, dass die Bestände der AöR nicht privatisiert werden. 

Die Höhe der Entschädigung ist im Gesetz zu regeln. Sie ist nach Sinn und Zweck des Art. 15 des Grundgesetzes deutlich unterhalb des Marktwertes anzusetzen.

Gebraucht werden bis zum 13. Juni 2019 20.000 Stimmen, um diesen juristischen Vorgang anzuschieben. Bereits am ersten Tag der Unterschriftensammlung im Rahmen der Demo gegen Mietenwahnsinn wurden laut Presse rund 15.000 Unterschriften gesammelt.

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*) In ihrer Selbstdarstellung heißt es: " Unsere Initiative besteht aus einigen Aktiven vom Mietenvolksentscheid 2015, der Initiative Kotti & Co., dem Mieter*innenprotest Deutsche Wohnen, der Akelius Vernetzung, vielen weiteren Mieter*inneninitiativen, der Interventionistischen Linken, Mitgliedern verschiedener Parteien sowie engagierten Einzelpersonen."

Quelle: https://www.dwenteignen.de/

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