Editorial

Wo der Pfeffer wächst
von Karl Müller

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Rebecca Ebstein hatte im Editorial der Ausgabe 6/2000 als Quintessenz an die Adresse rechter und "linker" nationaler Sozialisten formuliert: "Wer die soziale Frage nur im Kontext der nationalen behandeln will, der soll sich seine politischen Partner für dieses Vorhaben dort suchen , wo dies bereits geschieht. Nämlich bei Horst Mahler und seinen völkischen Parteigängern."

Dem ist im wesentlichen zuzustimmen. Befremdlich dagegen ist, daß Rebecca in ihrem Kommentar eine Sekte glatt vergißt, für die die Behandlung der "nationalen Frage" erste Bürgerpflicht ist. Die sogenannten Antideutschen. Jüngstes Beispiel: ihr Beitrag zur aktuellen Krise der Interim "Deutschland will Europameister werden".  

"In Ansätzen und nur stark verkürzt" formulieren sie dort ihr Credo: "Tun wir also was Sinnvolles und stellen die Weltrevolution mal kurz einen Augenblick zurück. weil sie so bald nicht zu erwarten ist. Focussieren wir in der Zwischenzeit lieber auf Deutschland." 

Gerüstet mit jener Attitüde reformistischer Bescheidenheit machen die "Antideutschen" jede/n als reaktionär nieder, der irgendwie seit 1848 im deutschsprachigen Raum mit linkem Anspruch politisch aktiv war. Diese Kräfte - ganz gleich ob weiland die KPD oder heute die Autonomen - verhinderten deshalb - so die simple antideutsche Lesart - den wirklichen historischen Fortschritt, weil sie immer  an das "Gute im deutschen Durchschnittsmenschen" glaubten. Der wirkliche historische Fortschritt aber kommt nur im Bündnis mit außen: "Na und! Besser im Ausland relativ wahllos Partner gegen Deutschland suchen, als mit der deutschen Bevölkerung selbst das Übel zur Zielgruppe erklären." lautet daher die politisch-praktische Konsequenz für eine antideutsche Realpolitik.

Hatten bislang antideutsche Kommentare bei geringem Erkenntniswert immerhin einen gewissen Unterhaltungswert, so versucht mensch in diesem Geschreibe vergeblich nach den beliebten & bekannten kabarettistischen Einlagen.  Selbstkritisch bezeichnen daher die AutorInnnen ihr Pennäler-Geschreibe als "Gemecker". Doch warum solche Bescheidenheit gegenüber den in diesem Pamphlet geäußerten antideutschen Grundwerten?

Für Antideutsche gibt es offensichtlich nur noch ein einziges Politikfeld: nämlich die Nation - und zwar in ihrer besonderen Ausformung als deutsche. Historischer Kontext und internationale Machtkonstellationen fehlen in dieser Betrachtung vollends. Antideutsche schweben gleichsam als spezifisch deutsche Inkarnation des Hegelschen Weltgeists über dem deutschen Ganzen, berufen das deutsche Wesen antithetisch in ein nichtdeutsches aufzuheben.

Bei dieser Imagination eines historischem Zusichkommens der Deutschen als Nichtvolk im Wege einer von außen inszenierten Implosion sind Ausbeutung und Unterdrückung natürlich zu vernachlässigende Größen. Kurzum: Die Lösung der sozialen Frage ist für Antideutsche kein Gegenstand der Betrachtung mehr und folglich als Politikfeld out.

Und wen wundert´s daher: Mithilfe eines Mix aus dummfrechen Geschichtsklitterungen phantasieren sie sich moralinsauer einen Begriff von Nation zusammen, der ambivalent bis deckungsgleich zum völkischen Begriff der Rechten ist. Ihre daraus abgeleiteten kulturalistischen Einschätzungen sind folgerichtig spiegelbildlich verkehrt identisch (am deutschen Wesen soll die Welt nicht genesen) mit Positionen, wie sie von rechten Kräften schon immer vertreten wurden.

Daher sollte Rebeccas Quintessenz um folgenden Satz ergänzt werden:

Wer die nationale Frage ohne die soziale Frage als antideutsche behandeln will, der soll bleiben, wo der Pfeffer wächst.

Es grüßt aus den Weiten des Cyberspace.

kamue