Bernard Schmid berichtet aus Frankreich

Karneval ja, Burqa nein
Vermummungsverbot gibt’s im Sonderangebot dazu

7-8/10

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Frankreich verabschiedet als erstes europäisches Land – nachdem das belgische Gesetz vom April 10 der Auflösung des Parlaments zum Opfer fiel – ein Verbotsgesetz für bestimmte Formen von Gesichtsverschleierung. Das Tragen von „Burqa“ oder „Niqab“ im öffentlichen Raum steht künftig, sobald der vom Parlament angenommene Text in Kraft tritt, unter Androhung einer Geldstrafe. Ein Vermummungsverbot bei Demonstrationen gibt’s als Aufpreis. Die parlamentarische Linke blieb überwiegend der Abstimmung fern...

Karnevalsmasken sind nicht betroffen, wenn ein neues französisches Gesetz vorschreibt: „Niemand kann im öffentlichen Raum einen Aufzug tragen, der dazu bestimmt ist, das Gesicht zu maskieren.“ Denn der Text, der am vorletzten Dienstag, den 13. Juli 2010 in erster Lesung durch die französische Nationalversammlung angenommen wurde, sieht Ausnahmen vor: „Wenn sie (die Maskierung) zur Wahrung der Anonymität des Betreffenden erlaubt ist“, dabei ist beispielsweise an die Vermummung von Mitgliedern polizeilicher Sondereinheiten gedacht, oder „bei Vorliegen medizinischer Rechtfertigungsgründe“. Diskutierbar dürften in diesem Zusammenhang etwa die Atemschutzmasken von Fahrradfahrer/inne/n, die sich im Großstadtverkehr keinen Lungentod holen möchten, sein. 

Auch die Vermummung „im Rahmen von antiken oder traditionellen Festen oder Vorführungen“, also Theatervorstellungen und Karnevalszügen, bleibt erlaubt. Ansonsten gilt, dass unter das Verbot fällt, was nicht ausdrücklich gestattet ist. Nicht explizit wird gesagt, dass es das Hauptanliegen der Verbotsvorschrift ist, bestimmte Formen islamisch legitimierter Frauenverschleierung zu untersagen. Würde der Gesetzgeber nämlich schwarz auf weiß festschreiben, dass es um das Verbot von einzelnen Ausdrucksformen einer bestimmten Religion - oder was manche Menschen für solche halten -  gehe, wäre eine Zensur durch das Verfassungsgericht oder durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gewiss. In diesem Falle würden die Richter zweifelsohne eine rechtswidrige Diskriminierung beanstanden. 

Noch muss das neue Gesetz in Frankreich zwei weitere Hürden passieren: den Senat (das durch die Konservativen dominierte parlamentarische „Oberhaus“) sowie die verfassungsgerichtliche Überprüfung, bevor es nach Unterschrift des Staatspräsidenten in Kraft treten kann. 

Wenn es einmal in Kraft tritt, wird Frankreich das erste europäische Land mit explizitem Verbot der (durch manche Strömungen, Glaubensrichtungen oder politisierte Sekten) „islamisch“ legitimierten Gesichtsverhüllung sein. Bis dato war dieselbe in einzelnen Örtlichkeiten – etwa in Katalonien oder norditalienischen Städten, welch letztere i.d.R. durch die Lega Nord regiert werden – verboten worden[1]. Auch galt in mehreren Ländern ein teilweises Verbot der Ganzkörper- oder Gesichtsverhüllung, insbesondere in manchen öffentlichen Diensten. Nunmehr wird Frankreich das erste EU-Land mit vollständigem Verbot in der Öffentlichkeit auf dem gesamten Staatsgebiet sein. (Vgl. Graphik[2]) Belgien hatte bereits im April 2010 dazu angesetzt, der erste EU-Staat mit einem solchen Verbotsgesetz zu werden. Jedoch kam die Parlamentsauflösung am 26. April dieses Jahres und die Ausschreibung vorgezogener Neuwahlen dazwischen: Da das damalige Gesetzgebungsverfahren noch nicht abgeschlossen war, fiel der Text mit dem vorzeitigen Ende der Legislaturperiode hinten ’runter.[3] Möchte Belgien ihn in Kraft treten lassen, muss die (bisher noch nicht gebildete) künftige Regierung von Neuem ins Gesetzgebungsverfahren eintreten. In Spanien regte die oppositionelle, konservative und „post-franquistische“ Volkspartei (PP) ihrerseits die Verabschiedung eines solches Verbotsgesetzes an. Das spanische Parlament lehnte dieses Ansinnen jedoch am 20. Juli d.J. mehrheitlich ab[4]. Die Regierung Zapatero zieht es vor, demnächst ein allgemein formuliertes Gesetz über das Tragen religiöser Symbole in bestimmten öffentlichen Räumlichkeiten vorzulegen. 

Vermummung verboten, Mummenschanz erlaubt 

Hauptgegenstand des soeben verabschiedeten französischen Textes ist das so genannte Burqa-Verbot. Ansonsten hat das neue Gesetz auch den praktischen Nebeneffekt, dass es das Vermummungsverbot bei politischen Demonstrationen gleich mit abdeckt. Ein solches gab es bislang in Frankreich nicht, im Gegensatz zur Bundesrepublik, wo es 1988 gesetzlich festgeschrieben wurde. Doch im April 2009, infolge der Zusammenstöße am Rande des NATO-Gipfels in Strasbourg, wurde auch in Frankreich die Einführung eines solchen Verbots gefordert. Justizministerin Michèle Alliot-Marie sprach sich damals vehement dafür aus (vgl. http://abonnes.lemonde.fr und http://www.liberation.fr  oder http://www.20minutes.fr). Rund zweieinhalb Monate nach den Vorfällen von Strasbourg trat dann auch eine Verbotsverfügung – unter Androhung einer Geldstrafe in Höhe v. bis zu 1.500 Euro – in Kraft (vgl. http://abonnes.lemonde.fr und zur Vorstufe http://www.lexpress.fr/sowie auch zur Diskussion darum http://abonnes.lemonde.fr/l) Aber sie nur Verordnungskraft, keinen Gesetzesrang. 

Eine eigene Regelung dazu hat sich nun inzwischen jedoch erübrigt: Sie wird in einem Aufwasch zusammen mit dem Verbot der Burqa oder des Niqab, also von Formen islamisch legitimierter Ganzkörper- oder Gesichtsverschleierung, durch den neuen Gesetzestext abgedeckt. 

Um politisch motivierte Demonstranten ging es jedoch nicht bei der gut einjährigen Debatte, die der Verabschiedung des Gesetzentwurfs vorausging. Das Motiv, das die Befürworter des Verbotsgesetzes antrieb, war es tatsächlich, die bei einer kleinen Minderheit muslimischer Frauen verbreitete Vollverhüllung unter Verbot zu stellen. Umstrittene Aufzüge bei linken Demonstrationen abzulehnen, ist ein - nicht unerwünschter - Nebeneffekt, der nicht extra thematisiert worden ist.

Je nachdem, welche Formen von Verschleierung man in die Definition der Begriffe „Burqa“ oder „Niqab“ - die für die französische Debatte meistens ungenau verwendet werden - einbezieht, variiert die Zahl der Trägerinnen laut behördlichen Angaben zwischen 367[5] und rund 1900.

Dabei geht es im ersten Falle eher um die Trägerinnen von Burqas im engeren Sinne, also von zeltförmigen Bedeckungen, die den Kopf einer Frau von oben bis zu unten zudecken und nur vorne ein kleines Sichtfenster für die Augen freilassen. Solche Kleidungsstücke wurden ursprünglich - bei ihrem ersten historischen Auftauchen - von chinesischen Prinzessinnen getragen, die den Augen der Öffentlichkeit entzogen bleiben sollten. Später bürgerten sie sich von China her kommend als Frauenkleidung in Zentralasien und im muslimischen Teil Indiens ein, überwiegend in den späteren Staaten Afghanistan und Pakistan. Dort wurde diese aus China herkommende Tradition, (ursprünglich: sozial höher gestellte) Frauen vor der Öffentlichkeit zu verbergen, mit dem Verhüllungsgebot für Frauen aus dem orthodoxen Islam kombiniert. Letzteres leitet sich aus einer Vorschrift im Qoran ab, die ursprünglich ebenfalls gesellschaftlich „höher gestellte“ Frauen betraf, nämlich jene „des Propheten“: Letztere sollten nicht für die Augen der (männlichen) Öffentlichkeit sichtbar sein. Zu Anfang war damit lediglich gemeint, keine Blicke von auben ins Haus eindringen zu lassen. Über die Jahrhunderte und über mehrere Auslegungsstufen hinweg wurde dies jedoch immer strenger interpretiert – und verschärft noch, nachdem die muslimische geprägten Gesellschaften mit den „abendländischen“ in Kontakt & Konflikt eingetreten waren. Aber es war vor allem im heutigen Afghanistan und Pakistan, wo daraus eine extrem rigide und menschenfeindliche Verhüllungsform, die den Frauen gesellschaftlich aufgezwungen wird, resultierte.

Vor dem Gesicht getragene Verhüllungen im weiteren Sinne werden dagegen oft als „Niqab“ bezeichnet, nach einem Ausdruck für ein Kleidungsstück weißer Farbe, das man noch bei älteren Frauen in Nordafrika antrifft. Bei den jüngeren Generationen bspw. in Algerien hingegen ist es (anders als das einfache Kopftuch oder ,Hijab’) dort weitgehend verschwunden.

Das Gewicht der Konvertitinnen

In französischen Städten handelt es sich weder um einen Fortbestand der einen noch der anderen Tradition. Zumal kaum afghanische oder pakistanische Staatsbürger in Frankreich leben (oder nur seit kurzem eingereiste, männliche und meist sehr junge Bürgerkriegsflüchtlinge aus Afghanistan). Sondern eher um ein Utensil, mit dem die Zugehörigkeit zu sektenförmigen politisch-religiösen Kleingruppen oder -bewegungen kenntlich gemacht wird.

Ergänzend kommen bestimmte gesellschaftliche Dimensionen hinzu, die man auch bei anderen Sekten findet: einen Willen, mit der als  „verstörend“ oder „belästigend“ empfundenen Gesellschaft (die, politisch oder religiös verbrämt, als „unrein“ definiert werden kann) zu brechen. Und sich in den Kreis einer als „schützend“ erlebten Gruppe zurückzuziehen. Besonders auch auf Frauen, die negative Erfahrungen mit einer als unangenehm oder gewalttätig erlebten männerdominierten Gesellschaft gemacht haben können, vermag gerade das Tragen einer speziellen Kleidung diese Dimension hervorzuheben. Bei anderen Individuen steht sicherlich eher der Wunsch, die Mehrheitsgesellschaft – zum Teil auch die eigene Familie – zu provozieren, im Vordergrund. Und in Zeiten, wo in breiten gesellschaftlichen Kreisen als „der Feind“ eben nicht mehr „der Kommunismus“ (oder Maoismus) auftaucht, sondern eher „der islamische Extremismus“, dienen auch dessen Symbole eben als Anzeichen besonders krasser „Herausforderung“. Hinzu kommt das nicht eingelöste Gleichheitsversprechen der bürgerlichen Gesellschaft an die Adresse vieler Immigrantenkinder – auf das manche von ihnen eben just mit dem Wunsch nach dem stärksten möglichen Unterstreichen der „Differenz“ reagieren. (Was politisch nicht ungefährlich ist, aber ein Faktum bildet.) Auffällig ist ferner, dass in aller Regel die jungen Burqaträgerinnen aus – „urfranzösischen“ oder auch migrantischen – Familien kommen, in denen die Eltern, d.h. Mütter, selbst und die Schwestern in aller Regel keine Verschleierung tragen.

In einem Gutteil der Fälle (die Mindestschätzung liegt bei 25 %, andere eher näher bei 50 %) handelt es sich dabei offenkundig um Konvertitinnen, die aus nicht-muslimischen Familien stammen und sich im Erwachsenenalter zu einem Islam besonders extremer Auslegung bekehrt haben.

Bekannt wurde im April dieses Jahres Sandrine M., die mit einem solchen Kleidungsstück im westfranzösischen Nantes Auto fuhr (vgl. http://www.trend.infopartisan.net/trd0410/t510410.html). Da sie es ablehnte, einen ihr aufgrund von „Fahrzeugführung mit eingeschränkten Sichtmöglichkeiten“ ausgestellten Strafzettel zu bezahlen, muss sie nun am 13. November 2010 vor Gericht antanzen[6]. - Zwischenzeitlich waren sie und ihr algerischstämmiger Ehemann (sowie mutmablicher Sektenpatriarch) Liès Hebbadj Anfang Juni d.J. vorübergehend festgenommen, in Polizeigewahrsam genommen und verhört worden[7]. Im Anschluss daran wurde ein Strafverfahren wegen „betrügerischen Erschleichens von Sozialleistungen“ eingeleitet, weil Liès Hebbadj mehrere Ehefrauen gehabt habe, die als „Alleinerziehende“ Kindergeld bezogen hätten[8]; zumindest zivilrechtlich war er jedoch tatsächlich nicht mit ihnen verheiratet. Auch wenn eventuell willfährige Imame oder Pseudo-Imame zuvor Eheschlüsse auf rein religiöser Eben vollzogen haben mögen (was gesetzlich verboten ist, jedoch auch absolut unüberprüfbar bleibt), handelte es sich doch juristisch betrachtet nicht um Ehefrauen und damit Polygamie. Sondern um Freundinnen oder „Geliebte“, wie Hebbadj bei Ausbrechen der Affäre im April 2010 immer wieder behauptete. Der Minister „für Einwanderung und nationale Identität“ Eric Besson hatte jedoch seit April den „Skandal“ hochkochen lassen, um ein Exempel zu statuieren: Er möchte das Staatsbürgerschaftsrecht abändern lassen, um bei „Polygamie und Sozialbetrug“ gesetzlich den Entzug der französischen Nationalität zu ermöglichen[9]. Auch Innenminister Brice Hortefeux hat die „Affäre Liès Hebbadj“ in den letzten Monaten gerade zu einer persönliche Angelegenheit erhoben, wie ihm verschiedentlich auch vorgeworfen wurde[10]. Zumindest der Rechtsanwalt von Liès Hebbadj, Franck Boëzec, ist der Auffassung, auf juristischer Ebene könnten die Vorwürfe keinerlei Bestand haben. (Sein Kommentar dazu: „Und der Berg kreisste und gebar eine Maus“, vgl. http://www.nantes.maville.com )

In jüngster Zeit wurden noch weitere Geschichten von „Fahrzeugführung mit Niqab am Steuer“ bekannt und gingen sofort durch die Presse: Anfang Juni zunächst in Maubeuge an der belgischen Grenze ([11]), und wenige Tage danach im südfranzösischen Valson-la-Romaine im Raum Avignon (vgl. http://tempsreel.nouvelobs.com). Im zuletzt genannten Falle wurde durch die Verkehrspolizei präzisiert: „Sie sah offenkundig nichts“, woraus sich eventuell schlieben lässt, dass die werte Dame es nicht gewohnt war, in dieser Kluft Auto zu fahren (im Gegensatz zu jener von Nantes, die seit Jahren so am Steuer zu sitzen pflegte). Dies lässt zweierlei Schlüsse zu: Entweder fährt sie nicht oft Auto, oder aber sie entschied sich erst kurz vor dem fraglichen Moment dazu, es in diesem Aufzug zu tun. Allem Anschein nach hat es tatsächlich im Laufe dieses Frühjahrs eine Zunahme von „auf die Aktualität reagierenden“ Burqaträgerinnen gegeben, die gerade unter dem Eindruck der Verbotsdebatte – sowie unter dem Eindruck das „Falls von Nantes“ – in dieser Kleidung an die Öffentlichkeit traten. Sei es „aus Trotz“, oder sei es, um eine bestimmte politisch-ideologische Strömung/Sekte zu unterstützen.

Ebenso wie die Dame von Nantes sind viele Burqaträgerinnen „weißer“ Herkunft und kommen aus christlichen oder unreligiösen Familien. In Marseille sorgte im vergangenen Winter eine Konvertitin für Aufmerksamkeit, die mit Totalverschleierung in einem Wartesaal bei der Sozialversicherung saß und dabei lautstark Korankassetten auf ihrem Walkman hörte. Sie wurde öffentlich - und unter Zustimmung der übrigen Anwesenden - von einem älteren Imam ausgeschimpft, der ihr vorwarf, die Leute zu stören und mit ihrem Eiferertum nur ein schlechtes Bild von seiner Religion abzugeben. Auch eine Burqaträgerin, die einen Skandal verursachte, weil sie in den letzten Apriltagen im südfranzösischen Rodez in einem Rathaus auftauchte, um sich eine Geburtsurkunde abändern zu lassen (und über die die rechtsextreme Webseite ,NPI’ am o2. Mai ausführlich berichtete), war eine Konvertitin.

Kaum Änderung der Ideologie oder des Bewusstseins zu erwarten

Die so bekleideten Frauen sowie ihre Ehemänner gehören in der Regel zu Sekten, die etwa der salafistischen Bewegung oder dem eher pietistisch-unpolitischen „Tabligh“ zuzuordnen sind. Letztere bemühen sich tatsächlich in französischen Trabantenstädten - vor dem Hintergrund eines ideologischen Vakuums, das die Krise des dort früher stark verankerten Parteikommunismus und anderer politischer Kräfte hinterließ - um die Rekrutierung von Anhängern, wie andernorts auf der Welt auch.

Ihre Ideologie wird sich jedoch durch das nun auf den Weg gebrachte Verbotsgesetz kaum abändern lassen: Wie sich abzeichnet, werden sie auf die neue Verbotsvorschrift reagieren, indem sie eine Fatwa erlassen, dass es den weiblichen Anhängerinnen erlauben, unter diesem „äußeren Zwang“ die Burqa nun im Schrank zu lassen. Letztere, so lassen die Salafisten durchblicken, könne im Falle solcher „höherer Gewalt“ auch durch einfaches Kopftuch ersetzt werden. Der neue Formelkompromiss soll es den Kleingruppen erlauben, gleichzeitig ihren Anhängerinnen ein Minimum an gesellschaftlichem Leben zu ermöglichen (statt dem Totalausschluss zu verfallen) und den ideologischen Einfluss auf sie beizubehalten. - Eine andere Reaktion, die in unmittelbarer Zukunft zu erwarten ist, besteht darin, die absehbaren Geldstrafen hinzunehmen und diese aus einem extra dafür eingerichteten „Solidaritätsfonds“ für betroffenen Burqaträgerinnen zu bezahlen[12]

Sofern das Gesetz nicht vom Senat oder vom Verfassungsgericht noch abgeändert wird, droht zukünftig den Frauen, die dann noch mit einer Ganzkörperverschleierung angetroffen werden, eine Geldbuße in Höhe von 150 Euro. Ferner können sie zu einem Lehrgang, der in den Medien mal als „staatsbürgerlich“ und mal als „Umerziehung“ bezeichnet worden ist, verdonnert werden. Ursprünglich waren Geldstrafen von bis zu 750 Euro vorgesehen, doch wurde der Entwurf an diesem Punkt abgeändert. Empfindlich höhere Strafen drohen hingegen den Männern, die laut einer Hypothese des Gesetzgebers ihre Frauen, Schwestern oder Töchter zum Anlegen einer Burqa zwingen. Ihnen winken bis zu einem Jahr Haft sowie 15.000 Euro Geldstrafe. Auf französischem Boden, wo das Tragen solcher Kleidungsstücke überwiegend ideologisch motiviert ist und eine Sektenzugehörigkeit verrät, dürfte ein solches Anlegen der Burqa unter familiärem Druck höchst selten sein. Völlig anders sieht es natürlich in Ländern wie Afghanistan aus.  

Kritiker meinen, die bestehende Gesetzgebung, die etwa Freiheitsberaubung oder Gewalt auch in der Familie unter Strafe stellt, hätte als Instrument gegen einen solchen eventuellen Zwang genügt. Ferner ist etwa die französische Linke ebenso wie Bürgerrechtsorganisationen der Auffassung, ein Sondergesetz für einige hundert Fälle sei nicht gerechtfertigt. Es drohe nur zu einer falschen Polarisierung zwischen der Mehrheitsgesellschaft oder dem Staat einerseits und einer, für die französischen Moslems keinesfalls repräsentativen, extremen Minderheit andererseits zu führen. Amnesty international etwa forderte die Abgeordneten Anfang Juli 10 brieflich dazu auf, von einer Verabschiedung des Gesetzes abzusehen[13]. 

Internationale Reaktionen: im angelsächsischen... 

Auch die (konservativ-liberale) britische Regierung kritisierte, indirekt, den Beschluss des französischen Gesetzgebers und wertete ihn als Eingriff in die persönliche Freiheit. Zwar hat inzwischen auch in London ein konservativer Abgeordneter namens Philip Holobone einen Entwurf für ein vergleichbares Verbotsgesetz eingebracht, und scheint dafür auch einen gewissen Rückhalt in der Bevölkerung[14] zu besitzen. Doch der britische Einwanderungsminister Damian Green persönlich erwiderte ihm, ein solches Gesetz sei ,unbritish’ und stehe „dem Geist einer toleranten Gesellschaft entgegen“[15]. Premierminister David Cameron steht als Regierungschef dem Vorhaben eines solches Verbotsgesetzes ebenfalls ablehnend gegenüber[16]

In ähnlichem Sinne wird das Tragen einer solchen Kleidung im angelsächsischen Raum überwiegend als integraler Bestandteil der individuellen Freiheitsrechte betrachtet. Die ,New York Times’ vom 29. Januar dieses Jahres etwa ging scharf mit dem - damals in der Ausarbeitung steckenden - französischen Gesetzesvorhaben ins Gericht. Die Zeitung zog eine Parallele zwischen Bekleidungsvorschriften in Verbot eines Verbots in Frankreich, und in Form eines Gebots zur Vollverschleierung unter den Taliban in Afghanistan. (Wobei die strafrechtlichen, auch körperlichen, Konsequenzen im Falle der Übertretung im einen oder im anderen Falle – ähem – nicht eben dieselben sind.) 

Ihrerseits hat sich die US-Administration hat nicht nur gegen ein solches Verbotsgesetz ausgesprochen, sondern auch unmittelbar die französische Entscheidung kritisiert. Am 14. Juli – dem französischen Nationalfeiertag und Tag nach Annahme der Gesetzesvorlage durch die Nationalversammlung – erklärte Philip Crowley, Sprecher des US-Aubenministeriums (State Department): „Wir glauben nicht, dass man Gesetze machen soll darüber, was die Leute aufgrund ihrer religiösen Überzeugen tragen dürfen oder nicht. In den USA hätten wir andere Mabnahmen ergriffen, um das Gleichgewicht zwischen der Sicherheit einerseits“ (Anm.: hier geht es etwa um Risiko, dass Männer oder Frauen sich zwecks Banküberfällen unter einer Burqa verstecken könnten) „und dem Respekt der religiösen Freiheit und ihrer Symbole andererseits zu wahren.“[17] Tatsächlich gilt die Glaubensfreiheit im religiösen Bereich, auch für reaktionäre und fundamentalistische Strömungen und bis weit hinein in die öffentliche Praxis ihrer Glaubensvorstellungen, besonders in den USA als absoluter Grundsatz. 

Die ansonsten eher US-freundliche konservative Tageszeitung ,Le Figaro’ übertitelte einen Artikel dazu, unghalten: „Die USA belehren Frankreich.“[18] Der Quai d’Orsay, das französische Aubenministerium, antwortete seinerseits öffentlich auf die Kritik aus den USA. Sein offizieller Sprecher, Bernard Valero, erklärte dazu am 15. Juli: „Das amerikanische State Department ist über die französische Position bezüglich dieser Frage, und über die ähnliche Position europäischer Länder, genauestens informiert. Wir können mit unseren amerikanischen Freunden unterschiedlicher Auffassung über bestimmte Fragen sein, ich denke beispielsweise an  die Todesstrafe.“[19]  

Angeblich sind in den USA 65 % der Einwohner gegen ein Verbotsgesetz zum Niqab oder zur Vollverhüllung[20]. 

...und im arabischen Raum

 Im arabischen Raum sind die Reaktionen eher geteilt[21]. Zustimmung zum französischen Vorhaben kommt zum Teil von Feministinnen und Akademikern. Sie argumentieren aus ihrem gesellschaftlichen Kontext heraus, wo der Islam die dominierende Mehrheitsreligion ist und der familiäre oder gesellschaftliche Zwang ganz andere Formen als in Frankreich - wo bei familiärer Gewalt jederzeit Zuflucht zur Polizei oder in Frauenhäuser möglich ist - annimmt. Gleichzeitig warnen aber viele Verbände, auch Menschenrechtsorganisationen, vor dem Ausdruck einer rassistisch motivierten Islamfeindlichkeit in Europa, deren jüngste Welle mit dem Minarettverbot in der Schweiz begonnen habe.

Die saudi-arabische Bloggerin Eman el-Nafjan argumentierte, sie wolle lieber die Interessen „der einen Frau, die sich Gott näher glaubt“, wenn sie freiwillig eine Vollverschleierung trage, opfern - um nicht jene „hundert anderen, die sonst keine freie Wahl haben“ werden, ihrerseits im Stich zu lassen. Ähnlich argumentieren auch algerische oder marokkanische Frauenrechtlerinnen. Hingegen vertritt Khadija Riyadi, Vorsitzende der vom Staat unabhängigen „Marokkanischen Menschenrechtsvereinigung“ AMDH und Aktivmitglied der linksreformistischen und aus früheren Linksradikalen bestehenden Partei „Demokratischer Weg“ (An-Nadj al-dimokratij), eine Position, die darauf hinausläuft, sowohl die Vollverschleierung als auch ein spezielles Verbotsgesetz dagegen abzulehnen. 

Die halbsäkularen, autoritären Regimes in Ägypten (im universitären Bereich seit vergangenem Jahr, bestätigt durch staatliche Gerichte) und jüngst – kurz nach der Annahme des französischen Gesetzes – auch in Syrien haben die Gesichtsverschleierung im Schuldienst und an Universitäten verboten. In Syrien ist dabei jedoch auch an eine schrittweise Ausweitung auf den gesamten öffentlichen Raum gedacht[22]

In Pakistan wiederum (als nicht-arabischem, aber stark islamisch und auch fundamentalistisch geprägtem Staat) fand, am 18. Juli in Karachi, die obligatorische Demonstration wütender Islamisten gegen das französische Verbotsgesetz statt. Dort wurden von den UN „Mabnahmen“ gegen Frankreich gefordert. Quantitativ scheinen diese Proteste sich jedoch in engem Rahmen bewegt zu haben, die Rede ist von „einigen hundert Teilnehmern“[23]. Abzuwerten bleibt, ob nicht doch noch irgendeine Durchknalltruppe mit wüsten Attentatsdrohungen deswegen um die Ecke kommt. (Gegen Belgien soll es im Frühjahr, als das Land sich zur Verabschiedung eines Anti-Burqa-Gesetzes anschickte, solche Drohungen aus Richtung Pakistan gegeben haben.) 

Französische Linksparteien 

Auf dieser Position steht auch mehrheitlich die französische Linke, Abgesehen von der Sozialdemokratie, die in den letzten Monaten einen aus taktischen Gründen schwankenden Kurs hinlegte. Letztere lehnte im Frühjahr 2010 zunächst das Regierungsvorhaben deutlich ab, unter Berufung darauf, durch den aus konservativen Kreisen hergestellten Zusammenhang zwischen Burqaverbot und „Nationalidentitäts-“ und Staatsbürgerschaftsdebatte sei der Kontext  „kontaminiert“. So der sozialistische Fraktionsvorsitzende in der Nationalversammlung – dem „Unterhaus“ des französischen Parlaments -, Jean-Marc Ayrault.  

Anfang Juli dieses Jahres hingegen stellte die Partei sich dann überwiegend auf die Position, einen „republikanischen Konsens“ zu suchen[24]. Am 1. Juli präzisierte der Vorsitzende ihrer Parlamentsfraktion, Jean-Marc Ayrault, die Sozialistische Partei werde dem Gesetz jedenfalls „kein Hindernis entgegen setzen“. Und er präzisierte, man müsse „zu solchen Fragen eine verantwortungsvolle Haltung einnehmen“ (Interview in der Tageszeitung ,La Croix’, Ausgabe vom o2. Juli). Die Position der Fraktion als solcher schien jedoch zu diesem Zeitpunkt, laut Auffassung von Beobachtern, noch eher unentschieden und schwammig[25]. Noch am Vorabend des ersten Tages der Parlamentsdebatten hielten Pressestimmen es für wahrscheinlich, dass die Sozialistische Partei dem Verbotsgesetz letztendlich seine Zustimmung erteile[26]. Auf dieser Position stand allem Anschein nach besonders ihr Fraktionsvorsitzender Ayrault und auch Parteichefin Martine Aubry; so führte es jedenfalls Jean-Marc Ayrault aus. Aber kurz vor Beginn der parlamentarischen Beratungen beschloss die Parlamentsfraktion - innerhalb derer es unterschiedliche Standpunkte dazu gab - dann am Vormittag des 6. Juli doch noch, der Abstimmung am Schluss der Debatte fernzubleiben[27]. Vor dem Hintergrund einer „beispiellosen moralischen Krise“ der Republik – im Kontext des Korruptionssumpfs, auf den die Woerth-Bettencourt-Affäre den Blick freigegeben hat – beschloss die sozialistische Parlamentsfraktion fast einstimmig, zwar an der Aussprache, jedoch nicht an der Abstimmung in der Nationalversammlung teilzunehmen. Diese Kompromissformel, die das allzu sichtbare Hervortreten unterschiedlicher Sichtweisen verhindern konnte, war im Laufe der Fraktionssitzung durch Ayrault und Aubry vorgeschlagen worden.[28] 

An demselben 6. Juli – dem Tag, an dem ab 21.30 Uhr am Abend die Debatte zu dem Gesetzentwurf in der Nationalverssammlung losging - griff der konservative Minister François Baroin die Sozialdemokraten im Parlament scharf an. Und warf ihnen vor, falls sie nicht aufhörten, die Korruption der Regierung im Rahmen der „Bettencourt-Affäre“ zu kritisieren, seien sie direkt schuldig am Aufstieg der extremen Rechten und fügten „der Republik Schaden zu“. (Vgl. http://www.trend.infopartisan.net/trd7810/t367810.html) Die Sozialdemokraten waren empört über das, was sie als Erpressung (entweder zu den Konservativen oder den Rechtsextremen zu halten) und als unfairen Vorwurf erachteten. Ihre Abgeordneten zogen aus dem Parlament aus. Danach war das Klima zwischen Parlamentsopposition und Regierungslager angespannt, und auch die Idee eines möglichen Konsenses im Namen „republikanischer Werte“ wohl fürs Erste definitiv vom Tisch.

Im Endeffekt verabschiedete die Nationalversammlung das Gesetz fast nur mit den 335 Stimmen der regierenden Konservativen und Wirtschaftsliberalen. Bei einer einzigen Gegenstimme, die von einem bürgerlichen Abgeordneten kam – Daniel Garrigue, einem Dissidenten des konservativen Lagers und fraktionslosen Abgeordneten, der aus der Regierungspartei UMP ausgetreten ist und Sarkozys Rivalen, den früheren Premierminister Dominique de Villepin, unterstützt. Garrigue begründete sein Negativvotum wie folgt: „Um ein extremistisches Verhalten (Anm.: der Burqaträgerinnen und Salafisten) zu bekämpfen, geht man das Risiko hin, zu einer totalitären Gesellschaft hin abzugleiten.“

Sowohl die sozialistische Parlamentsopposition als auch die Grünen nahmen überwiegend nicht an der Abstimmung teil, die auch durch die KP-Abgeordneten boykottiert wurde[29]. Vor allem auf dem rechten Flügel der Sozialdemokraten – um den Abgeordneten (und Bürgermeister von Evry) Manuel Valls, vom blairistisch-autoritären und marktwirtschaftlichen Flügel – stimmten letztendlich jedoch 14 Abgeordnete der Vorlage zu[30]. Zwei Abgeordnete, Valls und der Abgeordnete (aus der Bretagne) Jean-Michel Boucheron, hatten ein solches Abstimmungsverhalten schon im Vorfeld und anlässlich der Fraktionssitzung vom o6. Juli angekündigt. Auch vier Abgeordnete der, teilweise mit den Sozialdemokraten verbündeten, linksbürgerlichen oder sozialliberalen „Radikalen Partei“ stimmten zu. 

Die Fraktion der französischen KP hatte dabei ihrerseits einen „Dissidenten“, den langjährigen Bürgermeister der Lyoner Vorstadt Vénissieux (von 1985 bis 2001 und nochmals ab 2008 und bis im Juni 2009), André Gerin. Er hatte die parlamentarische Kommission zum Thema Burqa-Verbot, die vor einem Jahr - im Juni 2009 - gebildet worden, bis im Januar dieses Jahres zusammen mit dem konservativen Parlamentarier Eric Raoult geleitet. Als Bürgermeister von Vénissieux war er sicherlich stärker als andere etablierte Politiker mit dem Phänomen konfrontiert gewesen: Während die Anzahl vvon Trägerinnen einer „Vollverhüllung“ frankreichweit auf circa 1.900 geschätzt wird, liegen Schätzungen allein für die Stadt Vénissieux bei rund 300. Dort konzentriert sich viel soziale Frustration einerseits, viele Anhänger eines moslemischen Kommunitarismus oder politisierten Islamismus andererseits. Gerin selbst zählt ferner zum traditionalistisch-etatistischen Flügel der Partei, legt jedoch in den letzten Jahren auch gesellschaftspolitisch konservative Tendenzen an den Tag. So bedauerte er, dass der Bezug auf die christlichen Wurzeln Europas 2005 aus dem EU-Verfassungsvertrag herausgenommen worden sei. Und er rechtfertigte viele Jahre im Nachhinein die umstrittene Rede Jacques Chirac von 1991, in denen er vom „Lärm und dem Geruch“ der Einwandererfamilien im sozialen Wohnungsbau gesprochen hatte. Als einziger Vertreter seiner Partei stimmte Gerin für den Regierungsentwurf zu dem Verbotsgesetz.  

Haltung der Frauenvereinigungen 

Die Frauenbewegung ist zu dieser Frage extrem gespalten, wie schon zuvor zum Kopftuchverbotsgesetz für Schülerinnen von 2004, auch wenn sie sicherlich mehrheitlich stark gegen Kopftuch wie (stärker noch) „Burqa“ und „Niqab“ eintritt.

Eine feministische Gruppe unter dem Namen Tumultueuses publizierte im Internet einen Aufruf gegen ein spezielles Verbotsgesetz für die Burqa, und bezeichnete die Berufung des Regierungslagers auf Frauenrecht darin als Augenwischerei[31]. Die Gruppe sprach davon, es gehe darum, „uns (Feministinnen) für ein rassistisches und freiheitsbedrohendes Vorhaben einzuverleiben“. Hingegen begrüßte die Frauenorganisation Ni Putes ni Soumises (NPNS, „Weder Nutten noch unterwürfig“) das Verbotsgesetz lautstark als wichtigen Erfolg gegen die Frauenunterdrückung. Die Vereinigung, die im Jahr 2003 eher im sozialdemokratischen Umfeld entstand, hat sich in den letzten Jahren deutlich an konservative Regierungskreise angenähert. Ihre langjährige Vorsitzende Fadela Amara, die noch immer eine indirekte Rolle über ihre frühere Organisation ausübt, ist seit 2007 Staatssekretärin für Städtebau in der Regierung Nicolas Sarkozy. Die Vereinigung war von links auch scharf dafür kritisiert worden, dass sie im letzten Winter die durch die Regierung verordnete „Debatte zur nationalen Identität“ unterstützt hat. NPNS hatte seit einigen Monaten intensive Lobbytätigkeit für die Annahme eines Verbotsgesetzes gegen die Burqa betrieben. 

Reaktionen von Rechts 

Die extreme Rechte, die aufgrund des seit 1988 geltenden Mehrheitswahlrechts nicht in der französischen Nationalversammlung vertreten ist, stand ihrerseits im Hintergrund im Wartestand. Selbstverständlich sollte sich das Burqa-Verbotsgesetz zum Teil auch an ihre Wähler richten, mit dem Signal: „Wir haben den Fremden einen Dämpfer versetzt, um das (christliche und/oder weibe) Abendland zu verteidigen.“ 

Eine solche „fremdenfeindliche“ Dimension wird nicht nur durch einige Aspekte im Verlauf der Debatte bestätigt, sondern auch durch deren jüngst zu Tage getretene Begleiterscheinungen in Gestalt von Gewalt oder „Aktivbürgertum“. So berichtete die französische Künstlerin Bérengère Lefranc, die just während eines Monats der aufgewühlten „Burqa-Debatte“ in der Öffentlichkeit zu Zwecken eines „Experiments“ mit einer Ganzkörperverhüllung herumlief, von ihren Erfahrungen: „Beschimpft, gekniffen, angespuckt“. Vgl. dazu http://www.heise.de)

 Marine Le Pen, die anders als manche anderen Vertreter oder Unterströmungen der extremen Rechten den Begriff „Laizismus“ positiv zu besetzen und in ihre Argumentation einzubauen versucht, reagierte auf die jüngste Annahme des Anti-Burqa-Gesetzes. Letzteres musste sie natürlich als ungenügend und absolut nicht hinreichend darstellen: Andernfalls würde sich die rechtsextreme Opposition als solche selbst abschaffen. In ihrer Stellungnahme führte Marine Le Pen aus, warum das Gesetz in ihren Augen völlig unzureichend sei: „Nicolas Sarkozy und die Regierung ignorieren die Gesamtheit der Probleme, die mit dem Anstieg des Kommunitarismus (Anm.: damit ist bei ihr der moslemische gemeint), dem Rückgang des Laizismus und der Intensivierung der Einwanderung einhergehen. (...) Man muss die Ablehnung jeglichen Kommunitarismus in der Verfassung festschreiben und die anti-republikanischen Praktiken positiver Diskriminierung, die heute von höchsten Stellen ermutigt werden, entschieden verbieten.“ (Vgl. http://www.lesindiscrets.com/)

Fußnoten

[1] Vgl. dazu http://www.lesechos.fr/info/inter/020658494864-une-loi-en-belgique-et-un-projet-limite-en-espagne.htm . - In Katalonien gilt das Verbot bis jetzt in neun Städten und Gemeinden mit relativ hohem marokkanischem oder pakistanischem Bevölkerungsanteil. Verabschiedet wurde es zuerst in der kleineren Stadt Lleida. Doch am 14.06. 2010 hatte der sozialistische Bürgermeister von Barcelona (Jordi Hereu) angekündigt, die katalanische Metropole werde ebenfalls folgen und das Tragen einer Ganzkörperverhüllung etwa in städtischen Räumlichkeiten und auf überdeckten Märkten verbieten. (Vgl. AFP-Meldung vom 14. Juni, 22.19 Uhr)

[2] Siehe Graphik unter http://abonnes.lemonde.fr

[11] Vgl. http://www.lefigaro.fr  und http://abonnes.lemonde.fr In diesem Falle musste die durch einen Polizisten verhängte Geldbuße kurz darauf annulliert werden, weil der Beamte nicht den richtigen Artikel der Strabenverkehrsordnung zitiert hatte. Vgl. dazu http://www.lepost.fr

[13] Vgl. http://www.elle.fr/elle/ ; vgl. auch  das Kommuniqué unter http://www.amnesty.fr/ sowie einen Artikel vom Mai 2010 zur Position von Amnesty international (referiert auf einer islamisch orientierten Webseite): http://www.ajib.fr

[14] Vgl. dazu jedenfalls folgenden Artikel in der (Hochglanz-)Frauenzeitschrift ,ELLE’ : Siehe auch : http://www.heise.de/tp/blogs/6/147994

[20] Vgl. dazu einen Artikel auf einer islamisch orientierten Webseite: http://www.ajib.fr

[21] Vgl. dazu auch an deutschsprachigen Artikeln: http://www.nzz.ch/ oder http://de.qantara.de sowie http://www.taz.de/

 

Editorische Anmerkung

Den Artikel erhielten wir vom Autor für diese Ausgabe.

Eine deutlich gekürzte Fassung dieses Artikels erschien in der Berliner Wochenzeitung ,Jungle World’. In der aktuellen Ausgabe, vom 22. Juli 2010, finden sich daneben auch mehrere Debatten- und Kommentar-Texte zu demselben Thema. (Vgl. http://jungle-world.com/thema/  )