Bernard Schmid berichtet aus Frankreich

Neue Arbeitsrechts-„Reform“
Blockaden in der Normanie - in der Bretagne..., Fernfahrerstreik...

Teil 26 – Stand vom 18. Mai 2016

06/2016

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Mancherorts zieht die französische Sozialprotestbewegung nun andere Saiten auf: Blockaden in der Normanie, in der Bretagne..., Fernfahrerstreik hat seit gestern begonnen * Die Regierung spielt in Rennes und Nantes Bürgerkrieg, unter Mitwirkung der autonomen Szene; Entsendung der polizeilichen Elite-Einheit RAID (vergleichbar mit der deutschen GSG9) zur Räumung in Rennes * Zum wiederholten Male: gewaltförmige Reibereien zwischen gewerkschaftlichen Ordnerdiensten und Autonomen-Umfeld in Paris, mittlerweile auch in Bordeaux * Eisenbahner/innen der CGT nehmen nun doch den Rückzug des geplanten „Arbeitsgesetzes“ in ihren Forderungskatalog auf, wollen aber noch immer einen planlosen Stop-and-Go-Streik zwei Tage pro Woche * Polizei-Demo in Paris am heutigen Mittwoch lässt die Spannung steigen * Polizeiliche Aufenthaltsverbote am gestrigen Tag (gegen Menschen aus dem Autonomen-Umfeld und einen Fotojournalisten) wurden überwiegend gerichtlich aufgehoben * Am Sonntag strahlte die „Global Debout“-Platzbesetzung unterdessen in 500 Städte weltweit aus

Divide et imperat, also „Teile & herrsche“, ist eine alte und bereits im Römischen Reich der Antike bekannte Herrschaftspraxis. Es ist zu befürchten, dass eine ebensolche Strategie in den letzten Tagen zumindest teilweise aufgegangen ist, insbesondere zwischen Teilen der Gewerkschaften auf der einen Seite und Teilen der Jugendbewegung – unter Einflussnahme der Autonomen – auf der anderen Seite. Ihr zugrunde liegt eine Pressemitteilung der Pariser Polizeipräfektur (= Polizeidirektion, die „Präfekten“ sind im französischen Staatsaufbau seit Napoléon I. die Vertreter des Zentralstaats in einem Verwaltungsbezirk) im Vorfeld der Demonstration vom vergangenen Donnerstag, den 12. Mai. An jenem Tag, und erneut am gestrigen Dienstag, waren die Auswirkungen davon zu spüren. Doch der Reihe nach.

Diese Demonstration vom 12. Mai war mit Anspannung erwartet worden, da sie in die Nähe der Nationalversammlung führte – und zeitgleich mit der Abstimmung dort über den Misstrauensantrag der konservativen Parlamentsopposition gegen die Regierung Valls stattfand. Bei ihr hätten die Abgeordneten der „parlamentarischen Linken“, hätten sie es denn gewollt, die Regierung Valls zu Fall bringen können. Das wäre auch ihre einzige Chance gewesen, das geplante „Arbeitsgesetz“ (in erster Lesung) zu stoppen, da durch den Einsatz des Verfassungsartikels 49-3 die Sachdebatte ausgehebelt und durch eine „Vertrauensabstimmung“ ersetzt worden war.

 

Es hätte nun genügt, dass die 56 „linken“ Abgeordneten, die zuvor einen eigenen Misstrauensantrag gegen die Regierung formuliert hatten (welcher jedoch nicht verhandelt wurde, da dafür 58 Unterschriften erforderlich gewesen wären), zusammen mit der bürgerlichen Rechtsopposition für ihren Misstrauensantrag stimmen. Das wollte zwar auch die konservative Opposition eigentlich gar nicht, da sie ihre Rolle als „Opposition“ eben nur zur Show wahrnahm, wie etwa der bürgerliche Abgeordnete Philippe Gosselin in der Presse umgehend klarstellte. Das Ende vom Lied: Alle, ja, tatsächlich ALLE sozialdemokratischen Abgeordneten im Parlament stimmten schlussendlich gegen das Misstrauensvotum und für die Regierung. Dagegen stimmten die französische KP und eine Minderheit bei den französischen Grünen für einen Sturz der Regierung Valls. So weit zum Thema „was von sozialdemokratischer ,Opposition’ zu halten ist“, hahaha hihi.

Draußen vor den Türen ging es unterdessen hoch her. Nicht unbedingt aufgrund der Anzahl der Demonstrantinnen und Demonstranten: Diese war zwar schwer zu schätzen, da der Protestzug unter anderem (aber nicht nur) aufgrund des Eingreifens der Polizei auseinandergerupft wurde. Es dürften an dem Tag in Paris real zwischen 10.000 und 15.000 Menschen gewesen sein, was auf dem Höhepunkt einer landesweit geführten, zentralen Auseinandersetzung mit der Regierung um ein offen „klassenpolitische“ Vorhaben nicht sonderlich viel ist. Die Atmosphäre und insbesondere die Medienberichterstattung in den letzten Tagen und Wochen, die vor allen anderen Dingen die Frage von „Gewalt“ oder Militanz allein in den Fokus rückte, hat dazu sicherlich beigetragen. Viele „Normalo“-Lohnabhängige haben vor diesem Hintergrund zwar ihre Position zum geplanten „Arbeitsgesetz“ nicht verändert – in Umfragen in den herrschenden Medien beträgt dessen Ablehnung nach wie vor zwischen 71 und 74 Prozent -, bleiben aber den Demonstrationen tendenziell fern und überlassen „Jüngeren“ das Feld.

Zu einer tiefen Spaltung führte jedoch, wie oben bereits erwähnt, eine Pressemitteilung der Pariser Polizeipräfektur. Diese teilte darin lapidar mit, ihre Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften und ihren Ordnerdiensten sei ausgezeichnet. Was, dies stellte etwa der Gewerkschaftzusammenschluss Union syndicale Solidaires in der Folgezeit dar, in der behaupteten Form gar nicht zutrifft: Ihr zufolge beschränkt sich die „Zusammenarbeit“ darauf, dass die Polizeiführung Auflagen erteilt und jeder Gewerkschaftsorganisation einen polizeilichen „Verbindungsoffizier“ aufzwingt. (Vgl. etwa http://www.alternativelibertaire.org/

In der Rückbetrachtung kann man dieses Vorgehen jedoch als gelungene „Operation psychologischer Kriegsführung“ einstufen. Das Resultat des Ganzen war nämlich, dass rund 300 junge Leute aus dem Umfeld der Autonomen am jenem Donnerstag, den 12. Mai auf den gewerkschaftlichen Ordnerdienst von CGT und FO losgingen. Dabei flogen von Seiten der, nun ja, „Kritiker“ auch Wurfgeschosse und diverse Gegenstände. Als es dem Ordnerdienst der beiden Gewerkschaftsdachverbände – der auch nicht nur, sagen wir, aus übersensiblen Pazifist/inn/en besteht – zu dumm wurde, setzte er seinerseits Tränengas-Sprühflaschen ein und fuhr Teleskop-Schlagstöcke aus, was auf der Seite der „Anderen“ die Wut noch beträchtlich steigerte. Seitdem greifen in deren Reihen nun Slogans wie „Ordnerdienst, Schwein, Mörder“ (eine Abwandlung des ebenfalls nicht besonders subtilen Spruchs „flic, Schwein, Mörder“, den die autonome Szene nach dem Polizeimord an dem Jugendlichen Nikolas im Jahr 2008 in Athen prompt aus Griechenland übernommen hat) oder „Ordnerdienst, CRS (Bereitschaftspolizei), ein Kampf!“ um sich. Ein weiteres Resultat war, dass die Demoblöcke der CGT daraufhin an eben jenem Donnerstag noch vor Erreichen des Invalidenplatzes – unweit der Nationalversammlung, wo die Demo zu ihrem Abschluss kommen sollte – kehrt machten und in umgekehrter Richtung zurückgingen, um sich aufzulösen. Die Polizeieinheiten, denen es nur gelegen kam, keine lästige Protestmenge in so unmittelbarer Nähe zum Parlamentsgebäude tolerieren zu müssen, nutzten die Gelegenheit für ein großzügiges bzw. großflächiges Einsprühen des Platzes mit Tränengas.

Am gestrigen Dienstag nun erfolgte gewissermaßen das „Rückspiel“. Erneut lief, im Rahmen eines gewerkschaftlichen Aktionstags, eine Demonstration durch Paris (und daneben fanden Demos in zahlreichen weiteren französischen Städten statt). Laut Zählungen des Verfassers betrug die Teilnehmer/innen/zahl zwischen 10.000 und 15.000, auf der Grundlage einer Dauer des Vorbeiziehens von rund 25 Minuten. In der Breite liefen durchschnittlich rund zwanzig Personen pro Reihe; zwar ließ die Straßenbreite es zu, dass auch 35 bis 40 Personen auf einmal durchgehen konnte, doch nutzten vor allem die Demoblöcke der CGT – die die Mehrheit der Teilnehmenden stellte – faktisch nur eine Straßenhälfte. Am Abend gab die Polizei die Teilnehmerzahl für Paris mit „11.000“ an ujnd die CGT mit „55.000“. Auf quantitativer Ebene (nicht bei den Inhalten!) liegt die Wahrheit in diesem Falle eindeutig, völlig eindeutig näher bei der erstgenannten Quelle.

Frankreichweit demonstrierten laut Innenministerium „84.000“ und laut CGT „200.000“ Menschen. Das ist auf dem Höhepunkt eines zentralen klassenpolitischen Konflikts zwischen (Teilen der) Arbeiterbewegung und einer Regierung nicht allzu viel. Diese Bewegung weist einen langen Atem auf – sie dauert seit zwei über Monaten an -, hat sich inhaltlich vertieft, und ist teilweise radikal(isiert). Aber sie ist auch minoritär, nicht unbedingt, was den Rückhalt in der Gesellschaft betreffend das „Arbeitsgesetz“ betrifft (vgl. oben); aber was die Aktivität betrifft, ja.

Vor dem Erreichen des Vorplatzes des Lokalbahnhofs Denfert-Rocherau, wo die Auflösung stattfinden sollte, kam es erneut zu gewaltförmigen Konfrontationen zwischen dem Ordnerdienst von CGT und FO einerseits und 200 bis 300 jungen Demonstranten, mehrheitlich Vermummten, auf der anderen Seite. Laut Augenzeugenberichten aus dem ersten Moment (zu dem Zeitpunkt befand der Verfasser sich woanders in der Demo) ging die erste Attacke dieses Mal vom Ordnerdienst aus. In der Folgezeit standen sich beide Seite rund 45 Minuten lang feindselig auf dem Boulevard Raspail, kurz vor seiner Einmündung auf dem „Platz mit dem Löwen“, gegenüber. Dabei wurde von verschiedenen Anwesenden ein verschärfter Ton angeschlagen. (Der Verfasser, der sich zu dem Zeitpunkt dicht hinter den Ketten des Ordnerdiensts der CGT befand, hörte etwa von einem jüngeren Anhänger des Linkssozialisten Jean-Luc Mélenchon im CGT-Block den Wunsch, die Leute auf der Gegenseite aus dem Weg zu kehren, „und wenn es einem von denen seine gesamten Zähne kosten sollte“.) Im Endeffekt löste der CGT-Ordnerdienst die Quasi-Blockade des Boulevards dann nach dreiviertelstündigem feindseligem Anstarren auf, und die CGT zog nach hinten hin – statt nach vorne auf den Platz – ab.

Es ist durchaus zu befürchten, dass solche Vorkommnisse noch für längere Zeit hin für böses Blut sorgen werden.

Unterdessen ist ebenfalls sonnenklar, dass die autonome Szene und ihr (heterogenes) Umfeld aus den letzten Wochen gestärkt hervor gingen. Dies ist auch ein Produkt einer „Strategie der Spannung“ seitens der Regierung, die seit dem 17. März auf eine gewaltsame Eskalationsstrategie vor allem gegenüber der Jugendbewegung – speziell gegen die Versuche, Oberschulgebäude zu blockieren, und ihre Blöcke in den Demonstrationen – gesetzt hat. Dies hat wiederum in Teilen des Protestspektrums die Vorstellung faktisch verstärkt, der Hauptgegner sei vielleicht die Polizei; und in einer Minderheit auch die (mehr oder minder irre) Vorstellung, der Horizont des Protests bestehe darin, diese irgendwann militärisch zu besiegen, gleichsam in offener Feldschlacht.

Die Militanzstrategie wird dabei von unterschiedlichen Kräften und aus unterschiedlichen Motiven getragen. Dazu gehören Personen, die dies tatsächlich als ernsthafte politische Strategie verfolgen, ebenso wie erlebnisorientierte Jugendliche (,à la recherche de sensations fortes’, auf der Suche nach einer Steigerung des Adrenalinspiegels) mit einer z.T. quasi hooliganähnlichen Haltung, aber auch und vielleicht überwiegend „echte Empörte“. Letztere sind über das, was in den letzten Wochen von Seiten der Polizei zu erleben war, mehr und mehr wütend. Hinzu kommen wiederum polizeiliche Spitzel und Provokateure, die wiederum in den offenen Strukturen der Vermummtenszene innerhalb der Demonstrationen agieren. Eine dem Verfasser seit 17 Jahren bekannte CGT-Kollegin beobachtete etwa, wie Vermummte bei der Demonstration am 12. Mai seelenruhig vor den Reihen der Polizei Steine und Bauschutt in dicke Säcke packten, ohne dass die in unmittelbarer Nähe stehenden Beamten eingegriffen hätten. Ein CFDT-Kollege des Verfassers, welcher (völlig im Gegensatz zum Rest seiner Organisation) aktiv an den Protesten teilnimmt, erhielt wiederum direkt von einer Führungskraft der Pariser Polizei eine Bestätigung dafür, dass diese auch Provokateure in den Demos unterhält.

Diese Akteure mit ihren völlig unterschiedlich zu bewertenden Strategien mischen sich bei dem ganzen Geschehen. Dies sorgt für eine komplexe Situation, auf die wiederum die Polizeigewerkschaften – vielleicht wohlmeinend, oder auch nicht – reagieren, indem sie gewissermaßen die reine, gute und richtige Repression (statt der schlechten Gewalteskalation) einfordern. „Gebt uns die Mittel an die Hand, um (gezielt) gegen die Störer vorzugehen“, fordern etwa mehrere Polizeigewerkschaften mit unterschiedlicher Orientierung, welche sich jedoch zumindest an diesem Punkt einig sind, quasi unisono. Am heutigen Mittwoch um die Mittagszeit wollen nun, auf unterschiedlicher inhaltlicher Grundlage, sowohl die rechtsgerichtete stärkste Polizeigewerkschaft Alliance als auch die eher linksorientierten Minderheitsgewerkschaften CGT-police und SUD-Intérieur (SUD beim Innenministerium) protestieren. Und zwar auf der Pariser place de la République, welche seit dem 31. März durch die Platzbesetzerbewegung okkupiert ist. Davon wurde ein gewisses Eskalationsrisiko erwartet. Einen Bericht dazu finden unsere verehrten Leser/innen am Freitag dieser Woche bei Labournet.de. Am Vorabend (gestern Nacht) wurden die Namen zahlreicher Todesopfer von Polizeieinsätzen der letzten rund fünfzig Jahren mit weißer und roter Farbe auf die Steinplatten des Platzes gepinselt.

Eine Gegendemonstration dazu, zu der ein Kollektiv gegen Polizeigewalt für 11 Uhr am selben Mittwoch (heute) aufrief, war früher am Vormittag per Einstweilige Verfügung gerichtlich verboten worden. Vgl. http://www.lefigaro.fr/

Eine mächtige Eskalation erfolgte in den letzten Tagen und Wochen vor allem in den westfranzösischen Städten Nantes und Rennes, wo die anarchistisch-autonome Szene traditionell stark ist und wo die Staatsmacht quasi Bürgerkrieg spielt, allerdings bislang noch ohne scharf zu schießen.

Rennes und Nantes: Eskalation

Am Freitag, den 13. Mai wurde in Rennes die polizeiliche Eliteeinheit RAID – vergleichbar mit der deutschen GSG9, und normalerweise für Geiselnahmen und Terrorattacken bestimmt – eingesetzt, um einen seit zehn Tagen von der Protestbewegung besetzten Konzertsaal zu räumen. (Vgl. http://www.lemonde.fr/les-decodeurs/article/2016/05/13/pourquoi-la-prefecture-a-t-elle-envoye-le-raid-pour-deloger-les-occupants-d-une-salle-de-concert-a-rennes_4919319_4355770.html ) Am Samstag, den 14. Mai wollten deswegen Teile des Protestspektrums „gegen Polizeigewalt“ demonstrieren. Cazeneuve verbot alle Demonstrationen und forderte die Bevölkerung auf, das Stadtzentrum zu meiden. Rund 700 Menschen versuchten dennoch, zu protestieren, und wurden mit Gummigeschossen konfrontiert. Am Sonntag, den 15. Mai trat der rechtssozialdemokratische Innenminister Cazeneuve dann, wie ein Feldherr nach der Schlacht, in Rennes auf. Vgl. http://www.lefigaro.fr/flash-actu/2016/05/15/97001-20160515FILWWW00017-cazeneuve-a-rennes-ce-dimanche.php In dieser westfranzösischen Stadt herrscht unterdessen derzeit ein akuter Mangel an Bargeld, weil die autonome Szene und Umfeld sich unter anderem darauf spezialisiert haben, Geldautomaten an Banken zu attackieren und funktionsunfähig zu machen.. ; vgl. http://www.metronews.fr/info/loi-travail-rennes-a-court-de-billets-tant-les-distributeurs-ont-ete-vandalises/mpeq!G7fIvRwYjS1No/ und http://www.boursorama.com/actualites/apres-les-violences-penurie-d-argent-liquide-a-rennes-46b7348c4bdad44bfe05ab6ba98d18ca

Laut Innenminister Bernard Cazeneuve gab es bei den Demonstrationen der letzten zwei Monate gegen das „Arbeitsgesetz“ bislang 1.300 Festnahmen, 819 Fälle von polizeilicher Gewahrsamnahme zur Aufnahme von Strafverfolgungen und 51 Verurteilungen in Schnellverfahren. (Vgl. http://www.lefigaro.fr/flash-actu/2016/05/15/97001-20160515FILWWW00047-manifestations-violentes-la-fermete-sera-totale-assure-cazeneuve.php ) . In Paris wie in Nantes belaufen sich die Höchststrafen für Demonstranten bislang auf sechs Monate ohne Bewährung. Erst am gestrigen Dienstag wurden in Rennes und im nordfranzösischen Lille erneut zwei Haftstrafen in Höhe von sechs Monaten respektive fünf Monaten OHNE Bewährung verhängt. Vgl. http://www.lefigaro.fr/flash-actu/2016/05/17/97001-20160517FILWWW00333-loi-travail-un-homme-condamne-a-six-mois-ferme-pour-avoir-lance-des-projectiles-sur-les-forces-de-l-ordre.php und http://www.lefigaro.fr/flash-actu/2016/05/17/97001-20160517FILWWW00317-loi-travail-5-mois-ferme-pour-un-manifestant-accuse-de-violences-contre-la-police.php

In Paris waren, unter Berufung auf den Ausnahmezustand – welcher seit dem 14. November 2015 und bis jetzt ununterbrochen gilt -, Aufenthaltsverbote für potenzielle Demonstrant/inn/en im Vorfeld der gestrigen Dienstags-Demonstration in mehreren Stadtteilen verhängt. (Vgl. http://www.lefigaro.fr/actualite-france/2016/05/16/01016-20160516ARTFIG00054-des-militants-opposes-a-la-loi-travail-interdits-de-manifester-mardi-a-paris.php )Betroffen waren nach bisherigem Kenntnisstand Angehörige eines Kollektivs aus der autonomen Jugendbewegung (unter dem Namen MILI), der ,Action antifasciste Paris-banlieue’ (ungefähr als ‚autonome Antifa’ einzustufen) sowie ein Fotojournalist, welcher in jüngster Zeit vor allem zum Thema Polizeigewalt arbeitete; vgl. zu ihm: http://www.lemonde.fr/police-justice/twitter/2016/05/17/l-interdiction-de-manifester-qui-visait-le-photographe-nnoman-formellement-annulee_4920603_1653578.html . Zehn Personen erhoben in Paris Eilklage gegen die Verfügungen, welche in neun der zehn Fälle am Vormittag gerichtlich aufgehoben wurden. (Vgl. http://www.la-croix.com/Economie/Social/Loi-travail-des-interdictions-de-manifester-levees-2016-05-17-1200760693 ) Mittlerweile erfuhr man jedoch, dass insgesamt um die fünfzig Personen von solchen präventiven Platzverweisen bzw. Aufenthaltsverboten betroffen waren oder sind.

Einen Ausweg aus der falschen Polarisierung zwischen autonomer „Militanzstrategie“, in direkter Konfrontation mit der Polizei (stärker als mit dem herrschenden Kapital), einerseits und Staatsgewalt auf der anderen Seite bieten können natürlich Streiks, Blockaden mit wirtschaftlicher Wirkung, Massenaktionen.

Streik, Blockaden

Solche haben in der ersten Wochenhälfte, seit dem Abend des Pfingstmontag, nun ebenfalls in größerem Ausmaß begonnen, „endlich“. Etwa die Blockade der Zufahrt zu Supermärkten bzw. ihren Warenannahme-Zentren durch streikend LKW-Fahrer und Aktivisten der Platzbesetzerbewegung Nuit debout; vgl. http://www.lefigaro.fr/flash-eco/2016/05/17/97002-20160517FILWWW00003-des-routiers-bloquent-une-centrale-d-achats.php Oder Straßenblockaden in der Normandie, etwa bei Le Havre und Caen; vgl. http://www.lefigaro.fr/flash-eco/2016/05/18/97002-20160518FILWWW00075-barrages-contre-la-loi-travail-en-normandie.php Oder eine Blockade des Hafens in Lorient in der Bretagne;, seit vier Uhr heute früh: vgl. http://canempechepasnicolas.over-blog.com/2016/05/lorient-le-port-de-peche-est-bloque-depuis-4h-ce-matin-video.html?utm_source=_ob_email&utm_medium=_ob_notification&utm_campaign=_ob_pushmail Und die CGT bei der Eisenbahn hat nun immerhin, neben SUD-Rail, die Forderung nach Rücknahme des „Arbeitsgesetzes“ – und nicht mehr allein bahninterne Streitpunkte – in ihren Forderungskatalog mit aufgenommen. Dies verweigern bislang hingegen die rechteren Gewerkschaften CFDT und UNSA bei der Bahn, die nur für spezifische Probleme der Bahnbeschäftigten streiken – und überhaupt erst am 31. Mai eine Entscheidung über einen weitergehenden Streik fällen, bis dahin die weitere Entwicklung „des sozialen Dialogs bei der Bahn (SNCF)“ abwarten möchten. AUSFÜHRLICHERES ZUM HEUTE BEGONNEN STREIK DER BAHNBESCHÄFTIGTEN FOLGT AM FREITAG MIT UNSEREM NÄCHSTEN BERICHT

Zwar behauptet der Journalist und „Gewerkschaftsspezialist“ der Pariser Abendzeitung Le Monde, Michel Noblecourt – dieser Publizist propagiert deutlich vor allem die Positionen des Gewerkschaftsdachverbands CFDT, welcher in der derzeitigen Auseinandersetzung klar die Regierung unterstützt -, die CGT setze hierbei nun „ihre letzte Munition“ ein. (Vgl. http://www.lemonde.fr/politique/article/2016/05/17/mobilisation-contre-la-loi-travail-la-cgt-joue-son-va-tout_4920493_823448.html ) In Wirklichkeit könnte gerade die Verbreiterung und „Vermassung“ solcher Aktionen, wenn diese denn gelingt – und die CGT ruft ihrerseits vielerorts dazu auf – dazu führen, dass doch noch das Tor zu einem Erfolg der Sozialbewegung gegen das geplante „Arbeitsgesetz“ aufgestoßen wird.

Von der Jugendbewegung ist derzeit kein weiteres Anwachsen mehr zu erwarten; und die Studierenden sind allerorten in ihre Prüfungsphase eingetreten. Wie bei einem Meeting zur „Konvergenz der Kämpfe“ am gestrigen Abend in einem Hörsaal (300 Plätze) an der Pariser Hochschule für Sozialwissenschaften EHESS zu erfahren war, umfasst die „Nationale Studierenden-Koordination“ derzeit noch Delegierte aus zehn bis fünfzehn Hochschulen, an denen Aktionen laufen; vor zwei Monaten umfasste sie noch Delegationen von siebzig Universitäten. Und eine Strategie der gewaltförmigen Zuspitzung gegen die Polizei, als vermeintlicher hauptsächlicher Verkörperung der Staatsmacht, ist längst an ihre Grenzen gestoßen..

Eine gewisse internationale Ausweitung, derzeit in bestimmten Grenzen, verkörperte das #Global Debout-Meeting am vergangenen Sonntag, den 15. Mai. Ausführliches dazu folgt mit unserem nächsten Bericht am kommenden Freitag...

Editorische Hinweise

Den Artikel erhielten wir vom Autor für diese Ausgabe.