Editorial
Reduktionistische Wahrnehmung

Karl Mueller

09/08

trend
onlinezeitung

"Baustelle", so hieß bis zum 17.9.2008 das Editorial dieser Ausgabe. Bis zu diesem Datum konnten jetzt ausreichend Artikel in alle Rubriken dieser Ausgabe ins Netz eingestellt werden, so dass dazu auch ein ordentliches Editorial verfasst werden konnte.

Wichtig war uns im Zusammenhang mit der Rubrik "Remember 1968" zu dokumentieren, wie die entstehende ML-Bewegung an der historischen Schnittstelle "Die Linke und das Ende des "Prager Frühlings" politisches Profil entwickelte, während dessen die Jugend- und Studentenbewegung an ihren Wendepunkt gekommen war. Tatsächlich war es so, dass die sich 1969/70 gründenden K-Gruppen die unmittelbare organisatorische Wende einer sich auflösenden Bewegung durch Verschmelzung mit proletarischen Kernen darstellten. Bis Mitte der 1970er Jahre prägten diese am Maoismus orientierten ML-Gruppen das Erscheinungsbild der außerparlamentarischen Opposition in der BRD und Westberlin.

Dieser Zusammenhang wird in den staatsbürgerlichen Unterweisungen der Kraushaars & Co vorwiegend in der Abteilung der Terrorismus behandelt und entsprechend denunziert.

Auch bei denen, die sich aus einem linken Anspruch an die Aufarbeitung der Geschichte der 68er Bewegung wagen, bleibt dieser Zusammenhang charmant ausgeblendet. So spricht z. B. die Veranstaltergruppe der so genannten Konferenz zu den 68er Jahren am 6. und 7.9.2008 im Hinblick darauf nur von "der Neuauflage revolutionärer Traditionen der Arbeiterbewegung" und meint natürlich die K-Gruppen. Indem sie in ihrer Konferenzankündigung aber K-Gruppen derart kryptisch labelt und zudem in folgende Auszählung einpasst: avantgardistische Konzepte, Revolutionierung des Ichs und des Alltags, Anlehnung an Modelle erfolgreicher Revolutionen, verdunkelt sie die damaligen ideologischen und Kräfteverhältnisse in der revolutionären Linken und alle Katzen werden grau. Dass dann auf der Konferenz bis auf Kai Ehlers keine VertreterIn dieser damaligen Strömungen als ReferentIn auftrat, war nur folgerichtig. Stattdessen agierten VertreterInnen aus dem reformistisch bzw. revisionistischen DKP/SEW-Lager und solche mit gemäßigt trotzkistischem Background.

Schmerzlicher dagegen war, dass auch auf dieser Konferenz wie auch auf der des Studierenden Verbandes der Linkspartei, Fragen nach dem Zustand und der Aktualisierung der revolutionären Theorie und ihr Verhältnis zu den ökonomischen und politischen Kämpfen des Proletariats nicht gestellt wurden. Solch reduktionistische Wahrnehmung war dann hier wie dort der Grund, dass auf beiden Konferenzen letztlich mehr als Kampagnen- und Bündnisfragen nicht erörtert wurden.

Unter der Parole: "Kriegseinsätze stoppen – Militarisierung bekämpfen" wird es am 20. September in Berlin und Stuttgart massenhafte Demonstrationen gegen Krieg und Besatzung in Afghanistan geben. Ob sich unsere linken Geschichtsfreunde dabei in den Antikapitalistischen Block einreihen, bleibt abzuwarten. Wir würden es jedenfalls begrüßen!

Trotzdem! Für uns bleibt die Beschäftigung mit der revolutionären Theorie weiterhin die Hauptseite. Und daher hat auch diese TREND-Ausgabe wieder einiges in Sachen Theorie zu bieten. Sei es der Reprint von Oskar Blums Kritik an  Max Adler. Oder ganz aktuell: Mark Staskiewicz Aufsatz über den Neokolonialismus des deutschen Imperialismus.

Dass die Geschichte die Geschichte von Klassenkämpfen ist, ist eine Binsenweisheit. Doch wenn uns diese dann anhand des 11.9. 1973, als das Pentagon in Chile zuschlug, durch Zahlen - Daten - Fakten wieder vor Augen geführt wird, dann greift nur noch kalte Wut um sich. Und daher erheischt jeder Versuch, sich mit listigen und militanten Methoden sich sozusagen im Kleinen also im Alltag gegen Ausbeutung und Unterdrückung zu wehren - wie es die Gewerkschaft für Schwarzfahrer in Stockholm tut, unsere Hochachtung.

Schlussendlich sollte aber nicht übersehen werden, dass es auch ideologische Fragen für die Linke gibt, die mal einer Klärung zugeführt werden sollten. Solche Fragen werfen die Anmerkungen zur Zerstörung der Natur von Peter Engels und der Artikel von "lesender arbeiter" über Antifa & Islamkritik auf. Gegenstandpunkte dazu sind ausdrücklich für die Oktoberausgabe oder auch für später erwünscht.
 

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Die BesucherInnenzahlen vom August 2008, in Klammern 2007, 2006

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Der am meisten gelesene TREND-Artikel der 7-8/2008- Ausgabe im August:
http://trend.infopartisan.net/trd7808/edit7808.html  286
Editorial: Sommerzeit

Baustelle

Erst meldete sich Miriam berufsbedingt für die September-Ausgabe ab, dann folgte Peter. So allein gelassen und dann noch kränkelnd konnte ich für September erstmal nur eine Art Rumpfausgabe bzw. Baustelle ins Netz stellen. An Aufschub war nicht zu denken, da auf jeden Fall die Petitionsschrift von Antonín Dick  so schnell als möglich veröffentlicht werden musste.

Gerade für die Rubriken  Information & Diskussion,  Hintergründe & Gegenstandpunkte, sowie für die Bereiche Geschichte und Ökonomie liegen noch Artikel vor, die hier bald nachgereicht werden.

Dann wird auch das Editorial ein wenig inhaltsreicher gestaltet sein.

kamue/2-9-08