Dora Dick / Antonín Dick
                   Danksagung

11/09

trend
onlinezeitung

„Man setzt der Finsternis ein Ende und durchforscht
 bis zur äußersten Grenze das Gestein der Dunkelheit
 und Finsternis.“

 Hiob, 28,3

Als der Bürgermeister des Stadtbezirks Steglitz-Zehlendorf von Berlin Norbert Kopp (CDU) im Sommer 2008 auf einer Anti-NPD-Kundgebung unter dem Motto „Kein Platz für Nazis in Steglitz-Zehlendorf“ eine ebenso klarsichtige wie leidenschaftliche Rede gegen den Aufbau eines nazistischen Schulungszentrum in einer Zehlendorfer Villa hielt und sodann sein ganzes Amt in die Waagschale warf, diesem gemeingefährlichen Spuk ein Ende zu bereiten, ahnte er noch nicht, dass er im Herbst ebenso engagiert wird vorgehen müssen, dieses Mal jedoch nicht gegen einen Täter, sondern für ein Opfer. Es ging um meine versorgungsbedürftige Mutter Dora Dick, verfolgte Jüdin und aktive Widerstandskämpferin, Trägerin der „Medaille der Kämpfer gegen den Faschismus 1933 – 1945“, wohnhaft in dem von ihm geleiteten Stadtbezirk, die einzig und allein auf Grund ihres hohen Alters massiv in Bedrängnis geraten war. In einem „Offenen Brief an die Träger der Anti-NPD-Demonstration vom 19. Juli 2008 in Steglitz-Zehlendorf“ ersuchte ich die Organisatoren dieser Manifestation für Antifaschismus und Demokratie um einen wirksamen Schutz für meine Mutter vor jahrelangen Diskriminierungen und Repressionen seitens einer Gruppe von Mitarbeiterinnen des Bezirksamtes Steglitz-Zehlendorf von Berlin. 

Und der Bezirksbürgermeister ging engagiert vor, instruierte seine Mitarbeiter, initiierte kurzerhand ein ordentliches Petitionsverfahren unter dem Titel „Sicherstellung der Pflege von Frau Dora Dick“. Das traumatisch erlebte  Geschehen der Jahre 2002 bis 2008, dokumentiert in einer Petitionsschrift unter dem Titel „Die zweite Verfolgung“, wurde Gegenstand dieses Verfahrens. Die Besonderheit dieses gesetzlichen Verfahrens: In seinem Nachgang kam es ganz offenbar zu heftigen politischen Auseinandersetzungen innerhalb der Administration, eine Folge, die wir, meine Mutter und ich, mit unserer Initiative ganz bewusst angestrebt hatten.  Der persönliche Beauftragte des OSZE-Vorsitzenden für die Bekämpfung des Antisemitismus in Europa Prof. Gert Weisskirchen (SPD)  schaltete sich ein, solidarisierte sich mit uns, unterstützte den längst überfällig gewordenen politischen Klärungsprozess im System der Verwaltung. Im Ergebnis all dessen wurde als erste Maßnahme  dekretiert, die für die Versorgung meiner Mutter zuständige Referentin der Abteilung Soziales, Angehörige jener Gruppe, gegen einen professionell arbeitenden, offenen, feinfühligen und auf der Höhe der politischen Aufgaben stehenden Mitarbeiter auszuwechseln. Der Bann war gebrochen.  Eine Ära gelingender Kooperation auf der Grundlage von gegenseitigem Vertrauen und strikter Anwendung des Gesetzes über die Anerkennung und Versorgung der politisch, rassisch oder religiös Verfolgten des Nationalsozialismus setzte ein. Im Juli 2009 schließlich wurden seitens dieser staatlichen Dienststelle unbürokratisch, fachgerecht  und großzügig alle beantragten Versorgungsleistungen gemäß ermittelter Bedarfsplanung gewährt. Gegenwärtig ist die Bewilligung  weiterer Leistungen, die sich nach Prüfung inzwischen als erforderlich erwiesen haben, in Vorbereitung. Seit September 2009 erweiterte sich diese Kooperation nach und nach zu einer ständigen Beratung meiner Mutter in allen die Versorgung und Pflege berührenden Fragen seitens dieses verantwortungsbewusst arbeitenden Sozialreferenten des Bezirksamtes.

Das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf von Berlin ergriff couragiert die ihm zukommende Rolle als Schutzmacht für eine Überlebende des Holocaust.

Wir, meine Mutter und ich, bringen diesem vereinten Einsatz aller gesellschaftlichen Kräfte des Bezirkes  unsere ganze Hochachtung und Bewunderung entgegen.  Wir möchten uns auf diesem Wege bei allen Beteiligten dieser einzigartigen Rettung bedanken – beim Bezirksbürgermeister des Stadtbezirks Steglitz-Zehlendorf von Berlin Norbert Kopp, beim verantwortlichen Sozialstadtrat Norbert Schmidt, bei allen beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern  des Bezirksamtes, beim persönlichen Beauftragten des OSZE-Vorsitzenden für die Bekämpfung des Antisemitismus Prof. Gert Weisskirchen. Wir bedanken uns außerdem bei allen demokratischen Parteien und Organisationen des Bezirks, bei den zahlreichen antifaschistischen Gruppen und Initiativen sowie beim Vorstand der Berliner VVN-BdA – sie alle haben interveniert, haben sich für die Sicherstellung der materiellen Voraussetzungen des Überlebens einer Überlebenden stark gemacht. Unser Dank gilt nicht zuletzt auch der Redaktion von „trend Onlinezeitung“,  die über einen Zeitraum von über einem Jahr den Auseinandersetzungsprozess für den Schutz einer Verfolgten des Naziregimes beharrlich begleitete und in die Öffentlichkeit trug. Wir danken auch der Redaktion von „scharf-links“, einer weiteren Onlinezeitung, sowie dem Publizisten und Journalisten Peter Nowak für jahrelanges individuelles Engagement voller Hilfsbereitschaft.

Editorische Anmerkungen

Wir erhielten den Artikel und das Titelbild von den AutorInnen zur Veröffentlichung.

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