Der große Filz

von Peter Tiede und Mathew D. Rose

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Spenden und Postengeschacher: Neben der CDU ist auch die SPD tief im Berliner Filz verstrickt. 

Zu den Protagonisten des roten Sumpfes gehören nicht nur der frühere Finanzsenator Klaus Riebschläger, Ditmar Staffelt, Mitglied des Bundestages und der ehemalige Bausenator Wolfgang Nagel, sondern auch Klaus Böger. Der Senator für Jugend, Schule und Sport ist massiv in eine Spendenaffaire verwickelt, wie eine dem TIP vorliegende Überweisung belegt.

Spezial: Die Berlinkrise 
aus marxistischer Sicht
  • DKP
    Neuwahlen - und dann?
  • MLPD
    Die Hauptstadt braucht neue Politiker
  • Neue Einheit 
    Der Zusammenbruch der Berliner Bankgesellschaft

aus bürgerlicher Sicht

Uwe Schmidt hatte wieder einen großen Auftritt. Der gefürchtete Chefermittler des Landeskriminalamtes für Wirtschaftsdelikte sagte über seine Ermittlungen zum Großflughafen Schönefeld aus. Der Untersuchungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses hatte ihn am 22. Januar dieses Jahres vorgeladen - es ging um die Geschichte einer Parteispende: Ein Berliner Mandatsträger, so Schmidt, und der umstrittene Unternehmer Herbert Martin besprechen eine Parteispende an die Berliner SPD. Nun ist der SPDler Martin für den Ausschuss kein Unbekannter.

Martin hatte den Skandal um die Vergabe der Aufträge für den neuen Großflughafen Berlin Brandenburg International (BBI) ausgelöst: Martin hatte sowohl für den Ausschreiber, die Flughafenholding, als auch für eine Firma aus dem Bieterkonsortium um HochTief gearbeitet.

Und bei Martin, so Schmidt, seien Aufzeichnungen gefunden worden über das Gespräch mit dem Politiker - den Namen des Politikers wollte der Kriminalbeamte nicht nennen. Eigentlich habe Martin direkt an die SPD spenden wollen. Doch nach dem Politiker-Termin sei schließlich, so geht aus den Martin-Unterlagen hervor, die Zahlung an die kaum bekannte Sanitätsrat Dr. med. Arthur-Arnstein-Stiftung vereinbart worden. Warum das als Parteispende geplante Geld nun ausgerechnet an eine Stiftung gehen sollte, die sich mit der Unterstützung und Finanzierung von Forschungen auf dem Gebiet der Neurologie an Universitätseinrichtungen befasst, ist den Staatsanwälten bis heute ein Rätsel. Auch der alleinige Vorstand der Stiftung, Bernd Goldmann, in dessen Wohnung die Stiftung angemeldet ist, wirft eher Fragen auf. Goldmann ist Banker vom Beruf. Er wechselte 1993 von der Berliner Bank in den Vorstand der Köpenicker Bank, wo er 1996 Vorstandsvorsitzender wurde. Nachdem die Bank in eine Schieflage geraten war, berief das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen Goldmann als Vorständler ab.

Schmidt und die anderen Berliner Ermittler werden zumindest dieses Rätsel nicht mehr lösen können. Da das Parteienfinanzierungsgesetz den Parteien zwar viel verbietet, aber keinen Straftatbestand kennt, fehlt den Ermittlern die Handhabe für weitere Nachforschungen.

Das Rätsel können nur noch Martin und sein Gesprächspartner lösen: Senator Klaus Böger.

Hätte Ermittler Schmidt den Namen schon im Januar preisgegeben, die SPD um den Neu-Regierenden Klaus Wowereit hätte mit Böger nach dem Ende der Großen Koalition unter Umständen einen Neuanfänger weniger gehabt. Ein gemeinsamer Bekannter von Böger und Martin beschreibt deren Verhältnis zueinander so:

"Sie waren sehr gute Freunde. Das Verhältnis hat aber in der letzten Zeit etwas gelitten - wegen Martins Rolle in der Flughafenaffäre." Auch hatte Martin für Böger unter anderem den innerparteilichen Wahlkampf gegen Walter Momper vor der letzten Abgeordnetenhauswahl gemanagt und finanziell unterstützt.

Klaus Böger leugnet, mit Herbert Martin befreundet zu sein, räumt jedoch ein: "In der Urwahl der SPD zum Spitzenkandidaten haben mich viele Mitglieder und Nichtmitglieder der SPD ideell und materiell unterstützt. U.a. auch Herr Martin, der Mitglied der SPD ist." Dennoch weiß Böger weder etwas von Martins notiertem Spenden-Gespräch noch etwas über eine Spende von Martin an die Arthur-Arnstein-Stiftung.

Merkwürdig, denn in einem Bankauszug von Martins Firma WIB von 1998, der der Redaktion vorliegt, sind zwei Überweisungen an die Arthur-Arnstein-Stiftung vom 22. Dezember aufgeführt. Eine in Höhe von 8.000 Mark, mit dem Verwendungszweck "Spende Klaus Böger". Und eine weitere mit "Spende 1998" über 2.000 Mark.

Dass durch die bei Martin gefundenen Aufzeichnungen über den Termin mit Böger nun auch dieser in ein schiefes Licht gerät, erstaunt zumindest einige Genossen - wo doch Böger als besonders akkurat und ordentlich gilt.

Dass aber die SPD generell als fester Bestandteil des Berliner Filzes gilt, darüber kann selbst die Aufbruch-Mannschaft um Klaus Wowereit nicht hinwegtäuschen. Auch wenn der Schwarze Peter im Moment wegen der Banken-und Parteispendenaffäre bei der CDU und Landowsky liegt.

Der rote und der schwarze Klaus

Der Berliner Sumpf ist nicht allein das Gebiet der CDU. Ursprünglich war er alleiniges Terrain der SPD, die ihn für Berlin erfunden hat. Erst nachdem sie sich nach den Wahlen 1975 nur noch mit Hilfe der FDP an der Macht halten konnte, ließen die seit dem Krieg allein regierenden Sozialdemokraten die CDU mit an die Tröge. Die Christdemokraten stellten erstmals die stärkste Fraktion im Abgeordnetenhaus. Die Geburtsstunde des Großen Filzes.

Der Architekt dieses Filz-Konstruktes war der damalige Finanzsenator Klaus Riebschläger. Der 38-jährige Senkrechtstarter der Berliner SPD hatte eingesehen, dass der Berliner Kuchen groß genug war, um auch die CDU daran teilhaben zu lassen.

Bis dahin hatte die SPD alle wichtigen Ämter und Posten an eigene Leute vergeben und konnte so nach Gutdünken Subventionen und öffentliche Aufträge an ausgesuchte Unternehmen verteilen.

Für den politischen Brückenschlag wurde ein irisch gewähltes Mitglied der CDU-Fraktion auserkohren: Klaus Rüdiger Landowsky wurde das Pendant zu Klaus Riebschläger. Riebschläger und Landowsky saßen ab 1978 zusammen im Vorstand der Wohnungsbaukreditanstalt (WBK), die Milliarden an Subventionen für den sozialen Wohnungsbau an die Bauunternehmer zahlte.

Doch die Karriere des SPD-Wunderkindes Riebschläger erlitt früh herbe Rückschläge:

  • 1981 trat er im Zuge der Garski-Affäre als Finanzsenator zurück. Damals war der gesamte SPD-FDP-Senat über eine 115-Millio-nen-Mark-Bürgschaft des Landes Berlin für den Pleitier Dietrich Garski gestürzt.
  • 1985 geriet Riebschläger erneut in die Schlagzeilen. Im Zuge der Antes-Affäre wurde bekannt, dass er 130.000 Mark Spenden in bar vom Bauunternehmer Klaus Franke angenommen hatte. Bei Franke hatten Ermittler einen Kalender gefunden, in dem er fein säuberlich seine Spenden- und Schmiergeldzahlungen an Berliner CDU-, SPD- und FDP-Politiker notiert hatte. Riebschläger hatte außerdem von den Berliner Baulöwen Groth und Graalfs, mit denen die WBK eng verbandelt war, teure Präsente empfangen.
  • Erst nach der Wende kam auch Riebschläger wieder in die erste Reihe. Seine Partei schickte ihn als Aufsichtsratschef zur kommunalen Wohnungsbaugesellschaft Hohenschönhausen (Howoge). Doch auch dort fehlte dem promovierten Juristen - inzwischen Mitglied in einer prominenten Berliner Kanzlei - das Taktgefühl. Als die Howoge 1997 eine andere Wohnungsgesellschaft schluckt, lässt Aufsichtsratschef Riebschläger den 250-Millionen-Mark-Vetrag in seiner Kanzlei beurkunden - ein gutes Geschäft für die Kanzlei.
  • Ein Jahr später verfasste Rechtsanwalt Riebschläger für seine Howoge ein Gutachten über eine Immobilie. Der Rechtsanwalt forderte von seiner kommunalen Wohnungsbaugesellschaft 23.200 Mark.

23 Jahre nachdem sich der rote und der schwarze Klaus zusammen im Berliner Sumpf trafen, wurde beiden Grand Seigneurs des Filzes ihre Umtriebigkeit zum Verhängnis. Banker Landowsky stürzte Anfang des Jahres über den Bankenskandal und eine Spendenaffäre im Zusammenhang mit der Immobilienfirma Aubis, der seine Bank etwa 540 Millionen Mark Kredit eingeräumt hatte. Rechtsanwalt Riebschläger stolperte ebenfalls über Aubis: Gegen ihn wird im Zusammmenhang mit Aubis, die er vertrat, wegen Parteienverrats ermittelt. Bei Aubis und Riebschläger stand am 14. Juni die Staatsanwaltschaft mit Durchsuchungsbefehlen vor der Tür. Eine Woche zuvor hatte Riebschläger bereits sein Amt als SPD-Landesschatzmeister niedergelegt.

Vor dem inzwischen vom Abgeordnetenhaus eingerichteten Untersuchungsausschuss zum Banken- und Aubis-Skandal verweigerten die Fahrensmänner Riebschläger und Landowsky mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen gegen sie vorsichtshalber erst einmal die Aussage.

Die neue Generation

Doch beiden Parteien muss nach dem Abgang derbeiden alten Hasen nicht bange sein. Der Nachwuchs ist schon lange in der Spur. Mit der rot-grünen Koalition 1989 kam auch in der SPD, die die 80er Jahre in der Opposition verbracht hatte, eine neue Generation Politklüngel in die erste Reihe. Der promovierte Historiker Ditmar Staffelt gilt inzwischen als tragende Säule des Berliner SPD-Filzes. Anfang der 90er führte Staffelt seine Partei als Fraktionsvorsitzender im Berliner Abgeordnetenhaus und als Landesvorsitzender.

Zusammen mit seinen Parteifreunden Horst-Achim Kern und Joachim Niklas war Staffelt entscheidend, als 1994 wichtige Weichen für Berlins Zukunft gestellt wurden: die Schaffung der Bankgesellschaft Berlin (mit Landesbank Berlin, Berliner Bank, Berlin Hyp) und die Umwandlung der Berliner Eigenbetriebe in privatwirtschaftlich geführte Landesfirmen.

Die ganze Clique profitierte kräftig und kam bei den neuen Firmen unter; Staffelt im Aufsichtsrat der Landesbank Berlin, Kern im Aufsichtsrat der Berliner Bank und Niklas im Vorstand der neu strukturierten Berliner Verkehrsbetriebe (BVG).

Staffelt wurde 1997 zum Vorsitzenden des Ausschusses für Wirtschaft und Betriebe, einem der wichtigsten Gremien des Parlaments. Zeitgleich wurde er zum Protagonisten in einer Reihe fragwürdiger Geschäfte.

So etwa beim Verkauf privater Firmen, in denen er arbeitete, an landeseigene Gesellschaften, für deren Wohl er als Abgeordneter verantwortlich war.

Staffelt war Geschäftsführer bei der Firma Boran-Bodenreinigungsanlage im Berliner Westhafen. Obwohl technische Mängel festgestellt worden waren, wurde die Boran-Anlage Mitte 1997 für etwa 12 Millionen Mark von den landeseigenen Firmen Berliner Wasserbetriebe (BWB) und Berliner Straßenreinigung (BSR) erworben. Nach nur vier Monaten wurde die Anlage geschlossen.

Ähnlich war der Fall bei einer Müllverbrennungsanlage. Auch dort hieß der Geschäftsführer Staffelt. Er handelte mit der BSR einen Kaufpreis von 79 Millionen Mark aus. Doch diesmal war die BSR etwas schlauer. Da auch diese Anlage nicht funktionierte, überwies die Landestochter nur den Schrottpreis von rund fünf Millionen Mark.

Nach fast zehn Jahren im Abgeordnetenhaus ging Staffelt 1998 in den Bundestag und ist Geschäftsführer bei der zum Veba-Konzern gehörenden Kommunalpartner GmbH.

Auch sein Weggefährte Horst-Achim Kern, ehedem parlamentarischer Geschäftsführer der SPD im Abgeordnetenhaus, erlag dem Reiz der freien Wirtschaft. Er wechselte von der Fraktionsführung in die Führungsetage der Immobilienfirma Ren-taco. An der Spitze der Rentaco tummelten sich viele prominente CDUler. Finanziert wurde die Firma unter anderem von der Berliner Bank, wo Kern gleichzeitig im Aufsichtsrat saß, und von Landowskys Berlin Hyp. Doch auch bei Rentaco half das nicht viel: Anfang 2001 musste Rentaco Insolvenz anmelden.

Die CDUler waren bei der Pleite allerdings schon wieder unter sich. Kern hatte die Immobilienfirma rechtzeitig Richtung Anlagebranche verlassen. Auch wenn Kern nicht mehr in der Politik tätig ist, seine alten Kumpel Staffelt und Niklas sieht er regelmäßig. Die Treffen arrangiert Staffelt.

Die Hinterzimmer-Runde

Seit seinem Umzug vom Berliner Abgeordnetenhaus in den Reichstag zieht Staffelt seine Fäden vom Bundestagsbüro aus. Von dort ergehen regelmäßig Einladungen an einen illustren sozialdemokratischen Kreis. Der "Staffelt-Kreis" trifft sich meist einmal im Monat im Grand Hotel Esplanade im Hinterzimmer der Berliner Restauration. Außer Staffelt, Kern und Niklas kommen unter anderen:

  • Herbert Martin, Protagonist der Großflughafenaffäre,
  • Peter Danckert, berüchtigter Berliner Prominenten-Anwalt und für die SPD im Bundestag,
  • Peter Klein, Ex-Vorstand bei der Berliner Bank und der Bank Systracom,
  • Jürgen Kriebel, MdA, Aufsichtsrat beim Liegenschaftsfonds des Landes Berlin,
  • Jörg Rommerskirchen, SPD-Staatssekretär a.D., heute im Vorstand der Gasag.

Ein Teilnehmer der Runde beschreibt deren Charakter so: "Eigentlich geht es wohl darum, den rechten Parteiflügel auszurichten. Aber natürlich wird dort auch über die Geschäfte und die Privatisierung von Landeseigentum gesprochen."

Die SPD-Filiale

Auch in der Bankgesellschaft Berlin ließ die SPD sich nicht lumpen. Fast alle prominenten SPD-Politiker waren in Aufsichtsräten der Bankgesellschaft vertreten. Genützt hat die versammelte Politprominenz auch hier nicht viel. Im Gegenteil, wie sich seit Monaten an der Bankenkrise zeigt.

Während CDU-Mann Klaus Landowsky in der Berlin Hyp herrschte und dort auch loyale Parteimitglieder unterbrachte, hatte die SPD einen anderen Teil der Bankgesellschaft für sich reklamiert: die Immobilien und | Baumanagement der Bankgesellschaft Berlin GmbH (IBG).

Besonders am Beispiel der IBG wird deutlich, dass die Krise der Bankgesellschaft nicht nur von Funktionären mit CDU-Parteibuch verschuldet worden ist. Die im Fondsgeschäft tätige IBG hat Milliarden-Risiken angehäuft, die die Bank und die Berliner Steuerzahler schwer belasten.

Hans Görler, bis zu seinem Abgang im April dieses Jahres Geschäftsführer, war einer der führenden Strategen der IBG. Der SPD-Mann wurde 1989 vom damaligen Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) zum Staatssekretär gekürt. Nur knapp zwei Jahre später ließ sich Görler für zehn Jahre beurlauben, um als Vorstandsmitglied der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Gehag ans große Geld zu kommen. Nach vier Jahren wechselte Görler zur Bankgesellschaft.

Von dort aus half IBG-Chef Görler seinem alten Chef Nagel 1995, indem die IBG rund 5000 Plattenwohnungen von der in der Klemme sitzenden Wohnungsbaugesellschaft Hellersdorf aufkaufte. Insider sprechen von einem immensen Verlust für die Banktochter.

Die IBG sprang auch ein, als das Lieblingsprojekt von Bausenator Nagel, die Wasserstadt Oberhavel, nicht wie geplant lief. Sie investierte massiv und packte schließlich die schlecht vermietbaren Immobilien in ihre Fonds. Die sind heute eine schwere Hypothek für den Berliner Steuerzahler, da die Bankgesellschaft - und damit das Land - gegenüber den Anlegern für die Risiken gebürgt hat.

Solche Deals wie bei der Wasserstadt kamen die Steuerzahler nicht nur über die Bankgesellschaft teuer zu stehen. Obwohl die meisten - ohnehin schon mit immensem Steueraufwand geförderten - Entwicklungsgebiete schlecht liefen, pumpte der Senat noch einmal kräftig Geld hinein: unter anderem mit Hilfe der Wohnungsbauförderung.

Zuständig für Entwicklungsgebiete und Wohnungsbauförderung in der Bauverwaltung war über Jahre der Sozi Günter Fuderholz, ein Dutzfreund von IBG-Chef Görler.

1998 wechselte Fuderholz unter merkwürdigen Begleiterscheinungen zu einer IBG-Toch-ter. Noch als Abteilungsleiter der Bauverwaltung hatte er 1998 für das Land Berlin die Verträge mit den Investoren Berliner Landesentwicklungsgesellschaft und IBG über ein Landesgrundstück in Pankow ausgehandelt. Branchenkenner beurteilten seinerzeit die darin getroffenen Konditionen als äußerst günstig für die Investorenseite. Wenige Monate nach Vertragsunterzeichnung wurde Fuderholz Geschäftsführer bei der IBG-Tochter DSK. Er hatte schon kurz vor Unterzeichnung des Entwicklungsvertrages beim Senat seine Kündigung eingereicht.

Auch andere Sozis wie der frühere persönliche Referent von Walter Momper, der Diplom-Politologe Reiner Nittka, und der Sohn von Bausenator Nagel, Jens Nagel, kamen bei der IBG unter.

Das Pyramiden-Spiel

Papa Nagel, von 1989 bis 1995 Bausenator, hatte es 1996 auf den Immobilienmarkt gezogen. Am Tag der Arbeit trat er seinen neuen Job als kaufmännischer Geschäftsführer bei einer Firma der Fundus-Gruppe an.

Fundus zeichnete neben anderen Objekten auch für zwei der auffälligsten Bauwerke der Stadt verantwortlich: das charmant verfallene Tacheles in der Oranienburger Straße und für den Neubau des Bürohauses Pyramide Ecke Rhinstraße/Landsberger Allee in Marzahn.

Während beim Tacheles die Mieter Arger machten, ärgerte sich Fundus in der Pyramide mit Leerstand herum.

Doch da sprang 1998 die kommunale Wohnungsbaugesellschaft Howoge den gestressten Fundus-Managern zur Seite. Die Howoge, mit Wohnungsbeständen in Hohenschönhausen und Lichtenberg, entschied sich für einen neuen Geschäftssitz in Marzahn, statt im eigenen Objekt zu bleiben. So mieteten die Manager der kommunalen Gesellschaft satte 8000 Quadratmeter in der Fundus-Pyramide an.

Bei der Howoge war neben dem SPD-Urgestein und Aufsichtsratsvorsitzenden Riebschläger auch ein anderer Bekannter Nagels untergekommen:

Sozialdemokrat Eckart Baum. Ihn hatte Nagel als Senator gefördert. Nachdem Baum als Baustadtrat von Hohenschönhausen aufhörte, verhalf ihm Nagel zum Posten als Geschäftsführer der Howoge.

Rettung nach Betriebsunfall

Auch wenn mal etwas nicht so läuft wie geplant, wissen die Genossen Rat. Besonders kreativ bewahrten sie ihren Parteifreund, das damalige Abgeordnetenhausmitglied Rudolf Kujath, vor einem schweren Schicksalsschlag. Kujath - bis dahin Prokurist bei der Wohnungsbaugesellschaft Friedrichshain -sollte eigentlich Anfang 1998 Vorstand bei der kommunalen Baugesellschaft Stadt und Land werden. Doch dann kam es zu einem Betriebsunfall im Berliner Räderwerk. Wider Erwarten entschied man sich bei Stadt und Land für einen qualifizierteren Kandidaten.

Doch die Genossen hievten Kujath im Oktober 1998 kurzerhand auf den Chefsessel der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft Hellersdorf. Der Plan war simpel und raffiniert. Knapp sechs Monate später schluckten auf Senatsbeschluss die Hellersdorfer die Stadt und Land - und Kujath wurde doch noch Geschäftsführer von Stadt und Land. Ein Happy End - zumindest für Kujath und Genossen.

Nur der Landesrechnungshof war not amused. Die Prüfer nörgeln in ihrem aktuellen Jahresbericht. Denn statt zwei der nun vier Geschäftsführer bei den fusionierten Unternehmen einzusparen, hatte der Aufsichtsrat auf Vorschlag der Geschäftsführer entschieden, alle im Amt zu belassen. Die Prüfer monierten, "dass die Vertreter Berlins diese wirtschaftlich nachteilige und auch unübliche Entscheidung mitgetragen haben". Eigentlich hatten die Hüter der Steuergelder "erhebliche Einsparungen u.a. bei der Geschäftsführung" erwartet.

Doch solange dieser rotschwarze Filz weiterbesteht, werden in Berlin auch künftig die Millionen versenkt.

Quelle: tip Berlin Magazin Nr. 14/01
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GEGENDARSTELLUNG
Im tip-Magazin vom 5.7. bis 18.7.2001 verbreiten Sie unter der Überschrift "Der große Filz" unzutreffende Darstellungen über mich:

1. Sie schreiben im Zusammenhang damit, dass ich erklärt habe, weder über ein Gespräch mit Herrn Martin über eine Umleitung einer für die SPD bestimmten Spende über ein Konto der Dr. Arthur-Arnstein-Stiftung noch etwas über eine Spende Martins an diese Stiftung zu wissen: "Merkwürdig, denn in einem Bankallszug von Martins Firma WIE von 1998... sind zwei Überweisungen an die Arthur-Arnstein-Stiftung vom 22. Dezember 1998 aufgeführt. Eine in Höhe von 8.000 Mark, mit dem Verwendungszweck "Spende Klaus Böger". Sie veröffentlichen einen Ausriß, in dem unter anderem steht:
"Dr. Med. Arthur Arnstein Sti. 510 000 Spende Klaus Böger. Wir bitten um Spendenbescheinigung BFG Bank Berlin 22.12.1998 0011583 602212980926 8.000 DEM 22.12.98 0.20". Darunter schreiben Sie: "Klaus Böger weiß von nichts:
Bankauszug von Martins Firma WIB an die Arthur-Arnstein-Stiftung". Dazu stelle ich fest: Der Überweisungsbeleg der Fa. WIB des Unternehmers Martin, mit dem die Überweisung der Spende an die SPD von 8.000.- DM getätigt wurde, hat in Wahrheit unter anderem folgenden Inhalt: "Ü00028 8.000.00 SPD Landesverband Bln. Steglitz K-to: 1111403200 Biz. 10010111 bei BfG Bank Berlin Verw.: Spende Klaus Böger, wir bitten um Spendenbescheinigung." Das in diesem Bankbeleg aufgeführte Empfängerkonto 1111403200 ist tatsächlich das Konto der SPD-Steglitz, Martin hat die Spende also direkt an die SPD-Steglitz überwiesen am 22. 12. 1998. Dieses Geld wurde nicht über ein Konto der Dr. Arthur-Arnstein-Stiftung umgeleitet. Die weitere auf dem von Ihnen verbreiteten Ausriß aufgeführte Spende über DM 2.000.- war tatsächlich nicht für die SPD bestimmt, sondern für die Dr. Arthur-Arnstein-Stiftung. Dieser Betrag ist auch an diese Stiftung gezahlt und von dieser nicht an die SPD weiter geleitet worden.

2. Ich habe entgegen Ihrer Darstellung die Urwahl gegen Walter Momper im Januar 1999 nicht gewonnen, sondern verloren.

Berlin, den 5.7.2001
Rechtsanwalt Johannes Eisenberg 
für Bürgermeister und Senator 
für Schule, Jugend und Sport Klaus Böger

Stellungnahme der Redaktion:
Dem TIP liegt eine Gutschrift der SPD-Hausbank BfG zur Spende an die SPD Steglitz mit dem Vermerk: "Spende Klaus Böger. Wir bitten um Spendenbescheinigung" vor. Auf diesem Beleg [siehe Foto) steht im Empfängerfeld "Dr. med. Arthur Arnstein-Sti". Dieser Beleg wurde bei Beantragung der obigen Gegendarstellung bei Gericht nicht vorgelegt.

Quelle: tip Berlin Magazin Nr. 15/01
OCR-Scan by Red. trend