Editorial
DANKE!!!

von Karl Mueller
02/06

trend
onlinezeitung
Selbst der Berlin TIP hatte auf unser Veranstaltungswochenende  „10 Jahre TREND. Kommunismus. Was sonst.“ hingewiesen. Dies war schon außergewöhnlich, denn normalerweise sind  Hinweise auf solche Veranstaltungen nur im Stressfaktor, in der INTERIM und in der Jungen Welt zu finden.

Doch auch die TAZ kündigte uns an. Im ND gab es außerdem noch ein Interview und bei Telepolis einen einschätzenden Bericht über uns. Im Internet verwiesen eine Reihe linker Projekte auf unser Jubiläum. Dennoch fand kein Massenandrang statt, als wir am Freitagabend, den 20.1.06 um 20 Uhr zur Eröffnungsveranstaltung einließen. Es war eben so, dass an diesem Wochenende die GenossInnen zusammenkamen, die quasi den Berliner LeserInnenkreis des TREND im engeren Sinne ausmachen. Immerhin rund 300 bezogen auf alle Veranstaltungen. Das Veranstaltungsheft, welches in Berlin ja als TREND-Print 3/05 stadtweit verteilt worden war, wurde  sozusagen "von außerhalb" 1.524 Mal aus dem Internet geladen. Am Tag seines Erscheinens besuchten allein 765 LeserInnen des Telepolis-Artikels direkt den TREND.

Doch genug der Zahlen. Kommen wir zu den Inhalten dieses Wochenendes.  In einer Korrespondenz an uns heißt es dazu:

„Besonders gut fand ich die starke Beteiligung von Gewerkschaftslinken z.B. bei der Sozialforumsveranstaltung und auch Robert Schlossers Veranstaltung war sehr gut. Ich frage mich daher auch, wie eine intensivere Auseinandersetzung mit seinen praktischen Erfahrungen (bzw. auch mit unseren eigenen) aussehen könnte? Auch wenn es sicherlich kleinere ideologische Differenzen gibt, finde ich, dass die Wahrnehmung der Arbeitsrealität in den unterschiedlichen Beschäftigungsverhältnissen (Facharbeiter bei Opel, prekäre Jobs von Angestellten, Studentenjobs oder prekäre Akademikerjobs) ein sehr interessantes Thema ist (insbesondere auch die daraus resultierenden bzw. möglichen gewerkschaftlichen Organisierungen bzw. kapitalismuskritischen Diskussionen). Wir hatten beispielsweise in dem Sozialforums-Workshop diskutiert, ob in prekären und ständig wechselnden Beschäftigungsverhältnissen eine betriebliche Organisierung überhaupt noch möglich ist oder ob alternativ eine Sozialforums- oder Stadtteilorganisierung notwendig ist.

Ein anderer schreibt uns:

"Die Arbeitsgruppen und Workshops an denen ich aktiv oder als Zuhörer teilnahm, fand ich alle gelungen. Die TeilnehmerInnenzahl war gut und es gab überall eine rege Diskussion, so dass die Zeit manchmal vergessen wurde.  Es war nirgends so, dass niemand was sagen wollte und die Zeit rumgebracht werden musste. Besonders positiv machte sich in den unterschiedlichen Debatten die Teilnahme von ehemaligen oder aktuellen AktivistInnen aus den Betrieben bemerkbar. Die Debatte blieb daher nicht im Abstrakten hängen, sondern hatte eine Erdung im politischen Alltag.  Ich denke, hier liegt auch die große Stärke von TREND, dass die Zeitung aus linken Gewerkschaftszusammenhängen kommt und weiterhin den Kontakt dahin nicht verloren hat. Wenn mensch manche Debatten im linken Wolkenkuckucksheim verfolgt, kann mensch erst ermessen, wie wichtig diese Anbindung an Debatten in den Betrieben etc. ist. Ich finde darauf sollte bei den nächsten Veranstaltungen aufgebaut werden."

Ich selber habe dieses Wochenende deshalb als ausgesprochen positiv erlebt, weil in allen Diskussionen ein solidarisches Klima herrschte. Ganz gleich, ob jemand aus dem anarchosyndikalistischem oder rätekommunistischen Spektrum kam und auf eine Position stieß, die mensch bei der MLPD oder bei der Linkspartei verorten konnte, es wurde zugehört und argumentativ aufeinander eingegangen.

Besondere Freude bereitete mir die Eröffnungsveranstaltung mit Helmut Höge und Detlev K. Erwies sich doch hier ein wiederholtes Mal, dass die Vermittlung von Linkssein nicht allein über cool rezipierte Theorie sondern gerade auch über das Ansprechen von Gefühlen und Stimmungslagen laufen kann und muss. Darin sind beide wirklich Meister ihres Faches.

Allerdings hätte dieses Wochenende nicht ohne die vielen HelferInnen ablaufen können, die Hand anlegten, um die Veranstaltungsräume herzurichten, Getränke und Speisen heranzufahren, und und und...

DANKE!

Ende Februar wird es eine interne Auswertungsrunde mit befreundeten GenossInnen und Gästen des Veranstaltungswochenendes geben. Seitens der Herausgeber liege Pläne über weitere Veranstaltungen vor, die es dann dort zu besprechen und untereinander abzustimmen gilt. In diesem Sinne wird mit der vorliegenden Ausgabe versucht, Themen vom Wochenende in den virtuellen Raum zu verlängern, dort zu verbreiten und wieder "nach draußen" zurückzugeben.

Den Anfang macht Robert Schlosser. "Die oft sehr anregenden und produktiven Diskussion auf dem Trend-Kongress, auch das kritische Hinterfragen meiner vorgetragenen Positionen haben mich nicht ruhen lassen und so möchte ich mit den folgenden Ausführungen einen Beitrag zur Weiterführung der Diskussion leisten." schreibt er und stellt einen neuen bzw. weiterentwickelten Text zur Frage der sozialen Emanzipation zu Diskussion.

Wenn Robert Schlosser auf dem wichtigen Zusammenhang von gesellschaftlicher Praxis und sozialer Emanzipation insistiert, so versuchen wir das journalistisch umzusetzen, indem wir Berichte von den Kämpfen in den Betrieben und von den anderen Feldern des Klassenkampfes verbreiten. In der Februarausgabe berichtet daher Bernhard Schmid über das Weltsozialforum in Bamako.

Aber der Klassenkampf findet nicht nur als politischer oder ökonomischer Kampf statt, sondern ein Gegenstandsbereich dieser gesellschaftlichen Praxis ist die ideologische Auseinandersetzung. Für uns als strömungsübergreifendes Projekt kommt ihr daher eine besondere Bedeutung zu. Lafontaines Rede  wird in der parteinahen Presse der Linkspartei gefeiert. Wir dokumentierten seine Rede in der letzen Ausgabe, weil es für uns ein "schwarzes" Dokument ist, das nicht in Vergessenheit geraten darf, sondern mit dem es sich auseinanderzusetzen gilt. Wir warten auf Artikel. Vorerst werfen wir einen Blick ins aufreibende Parteileben, getitel "Bericht von einer Berliner WASG-Veranstaltung".

In der jetzigen Ausgabe halten wir wieder einen sehr widersprüchlichen Text für Euch bereit: Kapital und Nation von Daniel Knoll. Über weite Strecken führt dieser Text in einen systemtheoretischen Marxismus ein, wie er von Michael Heinrich verbreitet wird. Bar jeder Dialektik und fernab davon, das Verhältnis von Logischem und Historischem zu begreifen, landet Knolls Text - nun wie ein Selbstläufer - beim antideutschen Stereotyp: "In Deutschland bestimmt sich die Nation immer im Verhältnis zum Nationalsozialismus und zur Shoah."  Trotzdem stellt dieser Artikel wegen seiner Kritik an der Warenproduktion  sozusagen ein erfrischendes Gegenwicht zu solchen Hauruckformulierungen dar, wie sie etwa aus der Ecke der DKP kommen, wenn diese den normalen Geschäftsgang im Kapitalismus als "Raubtierkapitalismus" bezeichnen. Unbeschadet dessen haben Knoll & Co unsere volle Solidarität, bei ihrem Kampf zum Erhalt des "Instituts für Vergleichende Irrelevanz" (IVI).

Von Michael Heinrich haben wir mal seine Fleißarbeit "Kommentierte Literaturliste zur Kritik der politischen Ökonomie" aufgenommen, schon um zu zeigen, dass es erheblicher Anstrengungen bedarf und auch nicht ganz billig ist, wollte Mensch nur ein Bruchteil der in dieser Liste erwähnten Bücher sein eigen nennen, die Marxsche Kritik auf eine formtheoretische Systemkritik herunter zu brechen. Da kam uns die Wildcat`sche Kritik  gerade Recht.  

Den aufmerksamen LeserInnen durfte es nicht entgangen sein, dass in der Januarausgabe der fünfte Teil der Kritik von Karl-Heinz Schubert an Kraushaars "Bombenbuch"  fehlte - zu sehr war er mit den Vorbereitungen des TREND-Jubiläums beschäftigt. Im Februar sollte der fünfte Teil fertig werden, so hörten wir von ihm. Zwischenzeitlich gab es eine lobende Erwähnung seiner Kraushaar Kritik seitens der militanten gruppe (mg), die ihrerseits in der Nr. 629 der Interim vom 12.1.06 eine umfassende und lesenswerte Kritik an dem Kraushaarschen Machwerk veröffentlichen ließ.