Editorial
Seit vierzig Jahren in der Sackgasse


Karl Mueller

10/08

trend
onlinezeitung

Am 27. September 2008 feierte die DKP in Recklinghausen den 40. Geburtstag der Gründung der Partei.  Trotz knackiger revolutionärer Parolen wie "Runter mit dem Rentenalter!" oder "Für die nationale und internationale Einheit der Linkskräfte!" und schicker Gimmicks - wie etwa der hier abgebildete Bierdeckel, wurden es nicht mehr als 400 Besucher im Bürgerhaus Süd. Kein Wunder bei dem anhaltenden Mitgliederschwund von ca. 40.000 in den 80er Jahren zu rund 4.000 GenossInnen im vorigen Jahr. So musste die UZ auch einräumen: "Bisher konnten wir den Mitgliederrückgang nicht stoppen, geschweige denn umkehren."

Ein Hauch von Internationalismus durchzog den mit SeniorInnen (Durchschnittsalter 59) befüllten Saal, als der kubanische Gesandte José Carlos Rodríguez Ruiz, Leiter der Bonner Außenstelle der kubanischen Botschaft, die Leistungen der DKP lobte und der venezolanische Kommunist Carolus Wimmer die Grüße seiner Partei entbot. Schließlich sprach auch ein Vertreter der georgischen Friedensbewegung und unter den Gästen weilte zudem die Linke-Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen. Gewissenmaßen stimmungsvoll am Herzen gewärmt, verklärte sich der Blick zurück, d.h. die Erinnerung an die alten linken Ziele.
In der  ERKLÄRUNG zur Neukonstituierung einer Kommunistischen Partei vom 22.9. 1968 hieß es diesbezüglich: "Unser Ziel ist die sozialistische Umgestaltung von Staat und Gesellschaft. Dieses Ziel kann nur verwirklicht werden durch die Arbeiterklasse, durch die große Mehrheit des Volkes, denn der Sozialismus setzt die Eroberung der politischen Macht durch die mit allen anderen arbeitenden Schichten des Volkes verbundene Arbeiterklasse voraus."


Impression von der DKP-Feier
Quelle des Fotos [http://www.dkp.de/]

Von der Möglichkeit der Erreichung jenes revisionistischen Zieles hat sich die DKP gleichsam um Lichtjahre entfernt, vergleicht mensch den damaligen Zustand der Partei mit ihrem heutigen. Dieser rasante Abwärtstrend, den die DKP mit anderen K-Gruppen teilt - auch die MLPD steht nach fast 40 Jahren Kampf für den echten Sozialismus auch nicht besser dar - ist nicht das Ergebnis von Verrat, sondern von Unvermögen.

Unvermögen sich von der Verwaltung einer Traditionslinie zu verabschieden, deren mensch sich vor Jahrzehnten aufgrund besonderer historischer Konstellationen zugewandt hatte. Die DKP eben als Erfüllungsgehilfe des Sozialimperialismus. Und so ist es einfach nur ätzend, wenn sich heute nach 40 Jahren Politik in der Sackgasse des politischen Reformismus die DKP nach wie vor als kritikloser Fan des "realen Sozialismus" geriert.

Jedoch nicht weniger unattraktiv sind Mao und Trotzki-Revivals, wo seit 40 Jahren immer wieder alter Wein in nicht mal neuen Schläuchen ins Angebot kommt. Und bitte nicht zu vergessen die Räte-, Links- und sonstigen KommunistInnen, AnarchistInnen und SyndikalistInnen, sowie runderneuerte Autonome.

Oder anders ausgedrückt: Es ist einfach bedauerlich, dass sich in den vielen linksradikalen Kleinstgruppen reihenweise gute Leute für politisch unsinnige Konzepte im Hier und Jetzt den "Arsch aufreißen".

Natürlich soll hier  nicht die Rede von der politischen Risikovermeidung durch Abwarten und Beobachten der Klassenauseinandersetzungen im Elfenbeinturm der "richtigen" Theorie sein. Vielmehr geht es um ein anderes - um das dialektische Verständnis von revolutionärer Praxis, die freilich ohne revolutionäre Theorie nicht zu machen sein wird. Und so versucht die vorliegende Ausgabe von TREND  - so unser publizistisches Selbstverständnis - erneut LeserInnen mit den uns zur Verfügung stehenden bescheidenen Einflussmöglichkeiten für eben dieses Theorie/Praxis-Verständnis aufzuschließen.

Es seien nur zwei Text dafür hervorgehoben:

Zum einen die scharfsinnige Abhandlung von Hans-Peter Büttner zum Verhältnis von Kredit, Kapital und Krise, welche ernst genommen zu einigen politisch-praktischen Paradigmenwechseln in Sachen Imperialismus und Klassenkampf "im eigenen Land" führen müsste.

Zum anderen Robert Schlossers kritische Würdigung der Schrift von Hanloser / Reitter über den Zirkulationsmarxismus, der zum ideologischen Arsenal des politischen Reformismus - linker Politik in der Sackgasse - gehört. Dort heißt es nämlich zutreffend bei Schlosser:

"Die Masse der Lohnabhängigen besteht nicht wirklich aus Ökonomen, auch wenn sie die Sprüche der Ökonomie häufig nachplappern. Die Ökonomen findet man woanders, im Management, in der Geschäftsführung und heute auch schon im „Co-Management“ von Gewerkschaften und Betriebsräten. Da sitzen Menschen, die aus dem Sachzwang ein praktisches Programm entwickeln und es dann auch, gestützt auf ihre Entscheidungs- oder Mitgestaltungsbefugnis, auf ihr Recht und ihre Macht, durch- und umsetzen. In aller Regel gegen die Mehrheit der betroffenen Lohnabhängigen. Weil der „Zirkulationsmarxismus“ sich für diese gesellschaftliche Praxis, der darin zum Ausdruck kommenden schroffen Widersprüchlichkeit und deren Dynamik nicht interessiert, weil er im Klassenkampf nichts als einen systemimmanten Motor für kapitalistische Entwicklung sehen kann, darum bleibt er Teil jenes theoretischen Denkens, dass die Welt nur interpretiert."

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Die BesucherInnenzahlen vom September 2008, in Klammern 2007, 2006

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